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Über Mitglieder des
RRK (1979)
Fritz Schmidt |
Der Alte (Hockey-)Fritz oder:
36 Jahre alt und noch kein bißchen müde
In Heidelberg spielt er heute um den Titel
Von Michael Lennartz
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Wenn der deutsche Hockey-Titel gebacken werden könnte, dann hätte ihn der
Rüsselsheimer RK im Dauerabonnement. Denn er verfügt mit Fritz Schmidt, dem
unverwüstlichen, nicht nur über einen ausgezeichneten Trainer und Spieler,
sondern auch über einen gestandenen Bäckermeister. 36 Jahre ist er jetzt alt und
hat schon oft vom Aufhören gesprochen, weil sein Beruf als Juniorchef im
väterlichen Konditorei- und Bäckereibetrieb sich mit dem Hockeyspielen nicht so
recht vertragen will, aber dann hat er es doch nicht übers Herz gebracht.
So wurde er gewissermaßen zum "Sigi Held des Hockeys" und wie der Fußball-Profi
mit der Fußball-Lehrer-Lizenz fühlt er sich auch, "körperlich bin ich noch
völlig fit" beteuert er. Zwar haben ihn die längeren Laufstrecken auf dem Feld
im Freien oft an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit geführt, aber in der
Halle hat er noch keinerlei Probleme, werden seine physischen Reserven nicht
ausgeschöpft. "Da halte ich mit den jüngeren Spielern noch mühelos mit."
Die brauchen ihn auch noch als kämpferisches Vorbild und mit seiner Erfahrung
aus 146 Länderspielen und kaum noch zu zählenden Einsätzen für seinen Klub. Wenn
er so zurückblickt auf sein Schwanken "Soll ich noch mal oder nicht..." dann
kann er lachen: "Ich glaube ich spiele noch beim RRK, wenn ich schon einen
langen grauen Bart trage."
Fritz Schmidt mit Meisterschale und "Silberner
Hockeykugel", daneben der Frankenthaler Peter Trump, der Gewinner der
"Silbernen Hockeykugel" 1978 |
Aber die Zeit, die er für seinen
Sport hat, wird immer knapper. Wenn sich beispielsweise die Gegner bei der
Endrunde um die deutsche Meisterschaft am heutigen Samstag in der Eppelheimer
(Heidelberg) Rhein-Neckar-Halle in Ruhe auf ihren Eintritt
vorbereitet haben, hat Fritz Schmidt bereits einen harten Arbeitstag hinter
sich. Für ihn beginnt der Tag schon in der Nacht um 0.30 Uhr, wenn für andere
der Freitag noch gar nicht zu Ende gegangen ist. Bis 9 Uhr steht er in der
Backstube, erledigt für seinen Vater, der zur Zeit im Krankenhaus liegt, noch
den anfallenden Papierkrieg und hofft kurz nach 13 Uhr noch vier, fünf Stunden
schlafen zu können, ehe er sich zum Einsatz rüstet. Zum Glück sind die
Rüsselsheimer erst in der zweiten Halbfinalbegegnung gegen Schwarzweiß Köln
(19.45 Uhr) dran.
Die Kölner, selbst noch nie Meister,
vereitelten schon einmal dem RRK, zu Hause in der Walter-Köbel-Halle, den Einzug ins Finale. Dennoch hält Fritz Schmidt
eine Endspielteilnahme diesmal durchaus für realistisch: "Köln hat sich in der
Nordgruppe zwar sehr locker durchgesetzt, aber allgemein gilt die Südgruppe als
die spielstärkere. Dennoch stehen unsere Chancen nicht
schlecht. Klarer Favorit für den Titelgewinn ist auch für mich Titelverteidiger
VfR Frankenthal. Mit unserer vierten Meisterschaft in der Halle wird es diesmal
deswegen wohl nichts werden. Aber ich habe ja noch lange Zeit ..."
Aus "hockey-Zeitung" vom 07.03.1979:
Silberne Hockey-Kugel für Fritz
Schmidt
Zum zweiten Mal wurde in diesem Jahr,
die von Fernseh-Sportreporter Fritz Klein als Wanderpreis zur Verfügung
gestellte Silberne Hockeykugel für den besten Spieler des Endrunden-Turniers
vergeben. Die Wahl fiel der Jury, die sich aus den Sportjournalisten Achim
Leyenberg (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Claus-Peter Doetsch
(Sport-Informationsdienst Düsseldorf) und Bert Bramer ("hockey") zusammensetzte,
leicht. Der 146-malige Ex-Nationalspieler Fritz Schmidt war an beiden Tagen die
überragende Spielerpersönlichkeit, so dass seine Wahl einstimmig erfolgte. Erster
Preisträger war im vergangenen Jahr der Frankenthaler Peter Trump.
Hockeyspieler Fritz Schmidt: Eine
Betriebsnudel mit Kämpferherz
Von HANS-JOACHIM LEYENBERG (aus "FAZ")
EPPELHEIM. Bei der deutschen
Hallenhockey-Meisterschaft in Eppelheim bei Heidelberg erhielt er die "Silberne
Kugel", den Wanderpreis für den besten Spieler des Turniers; für seinen Verein,
den Rüsselsheimer Ruder-Klub, ist Fritz Schmidt Gold wert. Unter seiner Regie
wurde der "RRK" achtmal deutscher Meister - zu den fünf Titeln auf dem Feld kam
jetzt der dritte in der Halle. Bei aller Wertschätzung des Rüsselsheimer Teams:
Was für eine Rudercrew der Schlagmann, ist für seine Mannschaft dieser Kapitän,
und zwar rund um die Uhr. "Normal kann man nicht sein", sagt er im Rückblick auf
sein Pensum der letzten Tage. Doch der Einmann-Betrieb funktioniert blendend. In
Vertretung des Vorstandes (Urlaub) kümmerte er sich um den Bus für die Fans, die
Trikots, den Kartenvorverkauf und die Abrechnung mit dem Veranstalter HC
Heidelberg. Wer wollte, der kriegte neben den Brötchen von Konditormeister
Schmidt auch noch den Fahrschein zur deutschen Meisterschaft.
Am Samstag, dem Halbfinaltag, hat er
die Nacht in einer Backstube zugebracht, sich um 11 Uhr morgens aufs Ohr gelegt,
ist trotz etlichen Anrufen nach dem Wie und Wo in Eppelheim gegen 12 Uhr
eingeschlafen und um 15 Uhr wieder aufgestanden, "denn man muss eine Stunde vor
der Abfahrt hochkommen, um munter zu sein". Drei Stunden später, beim Anpfiff,
war er dann so hellwach und konzentriert, wie man es einem 35 Jahre alten
Hochleistungssportler gemeinhin nicht mehr zutraut. In den sechzig Spielminuten
gönnte er sich gerade vier Minuten Pause; im Finale war er überhaupt nicht vom
Parkett zu kriegen.
Fritz Schmidt ist eine Betriebsnudel
mit Kämpferherz, die Seele vom Ganzen. Der hundertsechsundvierzigmalige
Nationalspieler fühlt sich oft genug als Alleinunterhalter. Aber ohne Belastung
kann er nicht sein. "Ich gehe manchmal widerwillig ins Training. Aber wenn die
Halle in den Ferien acht Tage dicht ist, brauche ich etwas zum Abreagieren."
Nach mittlerweile 13 Jahren Hockey ist noch kein Abnutzungseffekt zu erkennen,
der Elan und das Temperament ungebrochen. Fritz Schmidt muss immer um etwas
spielen, und sei es "im Training um ein Bier". Wie lange er diesen Spieltrieb
noch im Hockey austoben wird, entscheidet sich kurzfristig. Konditor Schmidt
sucht einen Bäcker. Wenn der Betrieb läuft, wird auch Fritz Schmidt
weiterlaufen. Bislang hat er noch alle auf Trab gebracht.
DHB-Präsident Jürg Schaefer, Fritz
Schmidt |
Mit der Ehrung nicht
gerechnet
Fritz Schmidt erhält
Paul-Reinberg-Plakette
Aus "Rüsselsheimer Echo" vom 07.05.1979 (pp). Fritz Schmidt, Ex-Hockeynationalspieler des amtierenden deutschen
Doppelmeisters Rüsselsheimer RK, ist um eine Ehrung reicher. Beim 32.
Ordentlichen Bundestag des Deutschen Hockey-Bundes in Gernsbach bekam der
sympathische Konditormeister aus der Opelstadt an diesem Wochenende die
Paul-Reinberg-Plakette für seine Verdienste um den Hockeysport verliehen.
Schmidt, mit 146 Länderspielen Rekordnationalspieler, wusste zwar erst gar nicht,
dass es so etwas gibt, doch um so mehr freute er sich über diese überraschende
Ehrung, mit der er, nach eigenem Bekunden wirklich nicht im entferntesten
gerechnet hatte. Diese, im Gedenken an den verstorbenen Hamburger DHB-Präsidenten und
Vizepräsidenten des Hockey-Weltverbandes (FIH) gestiftete Trophäe wurde erst zum
zweiten Mal verliehen. Erstmals damit ausgezeichnet wurde 1977 die
Braunschweigerin Gudrun Scholz, die im Weltmeisterschaftsfinale 1976 in Berlin
beim 2:0 gegen Argentinien beide deutschen Treffer erzielte. Der mittlerweile 36 Jahre alte Fritz Schmidt, der noch lange nicht aus der
Mannschaft des Rüsselsheimer RK wegzudenken ist, erlebte in seiner sportlichen
Laufbahn viele Höhepunkte, hatte allerdings auch Rückschläge zu verdauen. Am 2.
Oktober 1963 bestritt er als 20jähriger beim 0:0 gegen Frankreich in Lyon sein
erstes Länderspiel. Dreizehn Jahre lang trug er das deutsche
Nationaltrikot und nahm unter anderem an je drei olympischen Turnieren (Mexiko,
München, Montreal) und Weltmeisterschaften (Barcelona, Amsterdam, Kuala Lumpur)
teil. Der größte Triumph blieb ihm 1972 allerdings versagt. Als die deutsche
Nationalmannschaft in München durch einen 1:0-Endspielsieg gegen Pakistan die
Goldmedaille gewann, saß Schmidt nur auf der Reservebank. Er hatte sich kurz vor
dem olympischen Turnier in einem Trainingsspiel gegen Holland die Hand
gebrochen. Schmidt kam zwar im letzten Gruppenspiel gegen
Frankreich für 29 Minuten zum Einsatz, doch verzichtete er im Interesse der
Mannschaft auf weitere Einsätze, da die Verletzung noch nicht ausgeheilt war. Nach dem etwas enttäuschenden Abschneiden beim Olympia-Turnier 1976 in Montreal
beendete Schmidt seine internationale Karriere. Doch mit seiner
Mannschaft, dem Rüsselsheimer RK blieb er weiter im Blickpunkt. Fünfmal gewannen
die Rüsselsheimer mit Schmidt den deutschen Titel auf dem Feld und dreimal in
der Halle. Erst bei der letzten Endrunde im März in Heidelberg wurde Schmidt als
bester Spieler des Turniers mit der von Fritz Klein, Sportchef des Norddeutschen
Rundfunks, gestifteten "Silbernen Kugel" ausgezeichnet. Und da Fritz Schmidt
noch nicht ans Aufhören denkt ("Solange es geht, mache ich noch mit. Und
offenbar können sie mich ja immer noch ein bisschen brauchen"), wird er
sicherlich auch weiter im Blickpunkt bleiben. |
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