Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 19.03.2018)
Normalerweise wäre
Fritz Schmidt am heutigen Vormittag wieder für rund drei Stunden auf dem
Golfplatz "Bachgrund" in Worfelden anzutreffen. "Um ein bisschen zu arbeiten",
wie er schmunzelnd anmerkt. Dass er heute zu Hause bleibt, ist einer
abklingenden Grippe und den neuerlichen Schneefällen nur bedingt geschuldet. An
diesem Montag wird der frühere Rüsselsheimer Hockey-Nationalspieler und
Bäckermeister 75 Jahre alt. "Und auch wenn ich erst wieder mit 80 größer feiern
will, so bin ich doch auf eine kleinere Besuchergruppe eingestellt", sagt der
Jubilar, inzwischen am südlichen Rande des Ostparks zu Hause.
Wer Schmidt in
diesen Tagen sieht, wird kaum vermuten, einen 75-Jährigen vor sich zu haben. Die
in der Regel fünftägigen Golfrunden pro Woche halten den dreimaligen aktiven
Olympia-Teilnehmer (1964 war er zudem als einer von 22 Härtefall-Zuschauern in
Tokio dabei, die in ihren Sportarten die interne Ausscheidung gegen die "DDR"
verloren hatten) und Goldmedaillengewinner von 1972 erkennbar fit und sorgen für
einen frischen Teint. Und auch wenn er schon lange den 17 Jahre als
Spielertrainer brillant gehandhabten Hockeyschläger zugunsten der deutlich
umfangreicheren Golfausrüstung bei Seite gelegt hat, so ist die einst intensive
Beziehung zum Sommerdamm und zum Rüsselsheimer Ruder-Klub (RRK) in jüngster
Vergangenheit wieder enger geworden. "Mein Enkel spielt ja jetzt auch, und da
muss ich natürlich zugucken", sagt Schmidt, dessen gleichnamiger Sohn zudem seit
einem Jahr das Amt des Ersten Vorsitzenden im RRK innehat.
Dass er nach acht
deutschen Meistertiteln – darunter drei in der Halle – zwischen 1968 und 1979
sowie 146 Länderspielen seit etlichen Jahren sehr erfolgreich dem Golfsport
(aktuelles Handicap 5,7) "verfallen" ist, hat seinen Ursprung bei einer
Hockey-Reise nach Spanien. "Da habe ich einfach gefragt, ob ich auch mal gegen
den Ball hauen dürfte", erinnert sich Schmidt, in Rüsselsheim als "Schimmi"
weithin bekannt. Richtig losgelegt mit Annähern und Einlochen wurde aber erst,
nachdem er mit 40 "Lenzen" aufgehört und fortan das Traineramt beim RRK
bekleidet hatte. "Es war für mich viel schlimmer, nur zuzusehen und nicht mehr
direkt mithelfen zu können", begründet Schmidt seinen Abschied vom Hockey Ende
der 80er Jahre.
Auch wenn er sagt,
"dass es mir um jeden Tag leidtut, an dem ich zu spät begonnen habe", so weiß
der zweifache Vater seine Leistung mit dem kleineren Golfball realistisch
einzuschätzen. "Mein bestes Handicap war 4,1 und ich bin auch zwei, drei Mal in
die hessische Seniorenauswahl berufen worden. Aber neulich habe ich mal mit
Martin Kaymer gespielt und wir haben beide etwa 180 Meter weit geschlagen. Ich
mit einem Holz drei, er mit einem Eisen fünf – das sind Welten."
Auf dem Hockeyfeld
waren seine Fähigkeiten unbestritten, wobei es einige gab, die dem gelernten
Konditor auch eine große Karriere als Fußballer zugetraut hätten. Obwohl er 1972
in München aufgrund einer gebrochenen Hand nur in einer Vorrundenpartie dabei
sein konnte und wegen seiner nächtlichen Arbeitszeiten in der Backstube –
alleine die Firma Opel wurde mitunter mit 10.000 Brötchen pro Tag beliefert –
manchmal extra zu Länderspielen nachreisen musste, führte er das Nationalteam
als Kapitän die folgenden vier Jahre an. "In Montreal hatten wir eigentlich die
bessere Mannschaft, aber leider einen Bundestrainer, der uns während des
Turniers unsinnigerweise total viel trainieren ließ", so Schmidts Erklärung für
den enttäuschenden fünften Platz.
Geblieben sind aus
der langen und sehr erfolgreichen Hockeyzeit aber vor allem tiefe
Freundschaften. Und so wundert es nicht, dass neben der Familie etwa der
langjährige RRK-Mitstreiter Rainer Seifert oder auch Ex-Widersacher Peter Trump
(TG Frankenthal) zum 75. Geburtstag eingeladen sind. Sie alle werden bestimmt
beide Daumen drücken, dass "Schimmis" Wünsche zu seinem Ehrentag in Erfüllung
gehen mögen: "Ich möchte gesund bleiben, sonst eigentlich nichts. Und vielleicht
noch ein paar Mal mit meinem Austin Healey an den Gardasee fahren."