Wieder war das Bootshaus überfüllt. Diesmal wie nie zuvor. Sogar die Hocker
mußten vom Boden geholt werden. Und dann mußten noch Verschiedene stehen.
Der Vereinsführer des FRV eröffnete den fünften Vortragsabend. Er sagte u. a.:
"Wenn in der Fastnachtszeit so viele Jugendliche erscheinen, so ist dies ein
erneuter Beweis dafür, daß die Jugend besser ist als ihr Ruf."
Nach einem kurzen Bericht des Ruderlehrers Ehlert von seiner Reise zu den
einzelnen Vereinen an Mittelrhein, Lahn, Mosel, Neckar und Main zur Teilnahme an
der Flörsheimer Pfingst-Regatta, die nach seiner Meinung eine wesentlich größere
aktive Beteiligung vonseiten der Ruderer erfahren wird, als dies im Vorjahre
bereits der Fall war, nahm der sportliche Leiter der Rudergemeinschaft, Fritz
Brumme, das Wort. Er ließ uns einen Blick tun in seinen Werdegang als Ruderer
und Trainer.
1926 habe er im Raunheimer RC angefangen. 19 Jahre war er damals alt und da er
ein „leichtes Kerlchen" war, so durfte er in der ersten Zeit nur Steuermann
spielen. Zu seinem Leidwesen. Ging ein Rennen verloren, so war er daran schuld.
Es war eine harte Schule für ihn. Zwei Jahre später trat er in den Ruderverein
Rüsselsheim ein und machte dort sein erstes Wintertraining mit.
Trainer Fritz Brumme schickt Karl-Heinz
Messerschmidt und Gustav "Gummi" Schäfer 1949 mit einem neuen Doppelzweier
aufs Wasser |
Albert Meixner aus Frankfurt war sein
erster Trainer. Mit seinen nunmehr 65 kg kam er in den Jungmannachter. Das
Vorstandsmitglied Dr. Brandt meinte: "Laßt ihn
sich doch mal auf dem Schlagplatz versuchen!" Das geschah. Und nun wurde an
jedem Abend die Strecke "abgekloppt". Die Folge war, daß die Mannschaften zwar
Jahr für Jahr im Anfang ihre Rennen gewannen, dann aber von der Mitte bis zum
Schluß der Rudersaison immer schlechter wurden. So hörte er auf und versuchte
sich, auf Anraten vom Ruderwart Friedrich Traiser, unserem heutigen "Pip", als
Trainer. Er unterwies zunächst die Jugend und es klappte gut. Von den ersten
fünf Rennen wurden vier gewonnen. Im nächsten Jahr gewannen seine
Jugendmannschaften bereits alle Vierer- und Achterrennen. 1932 war seine Jugend
ungeschlagen. 1933 ging sie in die Jungmannklasse über. 1934 fiel der Achter
durch sechs Abgänge auseinander. So mußte er wieder von vorn anfangen. Erst 1937
hatte er zum ersten Male eine aktive Mannschaft. Sie brachte es bis zur 2.
Seniorklasse. 1938 wurden zum ersten Male an einer Meisterschaft teilgenommen.
Es reichte zwar nicht zum Sieg, aber es wurde immerhin der Henleysieger von
1937, "Wiking" Berlin, geschlagen. 1939 war das erste wahre große Jahr. Es gab
große Rennen gegen "Amicitia", den Mainzer RV und "Hungaria" Budapest.
Unvergessen das große Rennen in Mainz, das unglücklich mit einer halben Länge
gegen "Hungaria" verloren ging. Bei der Meisterschaft in Hannover kostete ihn
der Bootswechsel den Sieg im Achter. Dann kam der Krieg. 1941 begann er wieder
mit vier Jungen, die sich die Jugendmeisterschaft holten. In Renngemeinschaft
mit den Flörsheimer RV wurde 1943 die Jugend-Meisterschaft im Vierer gewonnen.
Der Achter ging knapp verloren. Nach dem Zusammenbruch waren ihm vier Ruderer
verblieben. Sie sitzen auch heute noch im Achter. Die Erfolge sind bekannt. 1947
gab es zwei Meisterschaften, 1948 und 1949 je zwei, also in drei Jahren sieben
Meisterschaften.
Die Arbeit selbst und die Trainingsweise sei aus ihm heraus geboren: durch
eigene Beobachtung, durch Versuche und durch vieles Trainieren. Auch im Rudern
gäbe es Steher und Sprinter. Daher müsse man seine Leute genau kennen und sie
dementsprechend im Training behandeln. Oft sei er gefragt worden, warum er im
Training niemals Strecke fahren ließe. Nach seiner Meinung sei dies Gift für die
Mannschaften. Ihm sei es viel wichtiger, die Technik zu fördern. Man muß der
Mannschaft Zeit geben, sich zu entwickeln und allmählich heranzureifen. Sie kann
demzufolge zu Pfingsten noch nicht so schnell sein, als zur Meisterschaft im
Herbst. Man müsse den Menschen, seinen Beruf, seine Veranlagung, seine
Eigenarten und alle Umstände gründlich studieren und scharf beobachten, wenn man
zu großen Erfolgen kommen wolle. Dazu müsse man von Haus aus mitbringen: das
Auge, das Gefühl der Mannschaftsbehandlung, die Methode der Entwicklung.
Als die Verfechter der Fairbairnlehre mich aufforderten, auch meine Meinung zu
äußern, da lehnte ich dies ab. Ich lehnte ab, weil ich nicht mit dieser Methode
in vielen Punkten einverstanden war. Ich habe mich bis heute nicht beirren
lassen und habe auch damit Erfolg gehabt. Ich werde auch in Zukunft bei "meinem"
Stil bleiben, ohne etwa gegen Neuerungen zu sein. Aber, sie müssen mich wirklich
überzeugen.
Zum Schluß rief er den Aktiven zu: "Ihr habt hier in der Rudergemeinschaft alle
Möglichkeiten, einmal große Ruderer zu werden. Nützt sie aus. Seid mit Lust und
Liebe dabei. Dann werden schon zur Pfingst-Regatta 90 % von Euch dabei sein
können. Alle Voraussetzungen sind dafür gegeben. Jetzt liegt es an Euch!
Starker Beifall war der Dank der
Aktiven für zwei interessante und fesselnde Stunden, die nicht umsonst
gesprochen waren. Kamen sie doch von dem Manne, dem die Rudergemeinschaft
unendlich viel zu danken hat.