Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (2022)                                  

Peter Kraus, Rainer Seifert, Fritz Schmidt

Rainer Seifert, Peter Kraus und Fritz Schmidt mit einer von der Opel-Designabteilung für Kraus angefertigten Medaille aus Hartschaum (Durchmesser 1,30 Meter).

 

 

 

 

 

 

"War ein Riesenfest damals"

Die Rüsselsheimer Olympiasieger Peter Kraus, Rainer Seifert und Fritz Schmidt erinnern sich an das Hockey-Turnier 1972 in München / Feierstunde zum 50-jährigen Jubiläum

Das Interview führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 10.09.2022)

Nach jeweils 70 Minuten ohne Gegentreffer im Halbfinale und Endspiel der Olympischen Spiele 1972 spielt ausgerechnet jetzt die Gesundheit nicht mit. "Das ist schon sehr bitter", sagt Peter Kraus, Torwart des Hockey-Nationalteams, das am 10. September vor exakt 50 Jahren in München Titelverteidiger Pakistan vor 16.000 Zuschauern mit 1:0 bezwang. Während die anderen zehn noch lebenden Akteure des ersten deutschen Goldmedaillenteams an diesem Samstag zunächst die Gedenkstätte im Olympiapark besuchen und am frühen Abend beim ASV München empfangen werden, wird der 81-jährige Kraus daheim in Rüsselsheim in Gedanken dabei sein – und sicher den einen oder anderen Schnappschuss aus erster Hand erhalten. Schließlich sind mit Fritz Schmidt (79) und Rainer Seifert (74) weitere Helden des Rüsselsheimer RK vor Ort, die ebenfalls zum 18-köpfigen Kader des im Januar verstorbenen Bundestrainers Werner Delmes gehörten.

Herr Kraus, wie sehr schmerzt es Sie, bei der Jubiläumsfeier in München nicht dabei sein zu können?

Das ist schon sehr, sehr traurig, zumal ich bislang immer dabei war, seitdem wir uns 1982 das erste Mal getroffen haben. Aber immerhin bin ich irgendwie ja doch vertreten, denn meine Torwartschienen und mein rotes Ausgeh-Jackett von damals sind ja in einer Sonderausstellung im Mineralogica-Museum zu sehen. Und ich konnte Anfang Juli ja beim Zusammentreffen aller west- und ostdeutschen Medaillengewinner in München dabei sein, was wirklich eine fantastisch organisierte Veranstaltung war. Von den rund 150 Personen kamen 80 Prozent aus dem Osten, und es war wirklich sehr interessant, mal mit denen zu reden und zu hören, wie die das damals erlebt haben.

Herr Seifert, Herr Schmidt, im Gegensatz zu Peter Kraus, der in fünf Begegnungen zwischen den Pfosten stand und unter anderem bereits mit zwei gehaltenen Siebenmetern beim 2:1-Sieg im Gruppenspiel gegen Pakistan geglänzt hatte, waren Sie beide deutlich weniger am Ball und haben ihre Goldmedaillen auch erst im Nachhinein in Bonn überreicht bekommen. Ist das Gefühl, zum Triumph beigetragen zu haben, deshalb weniger ausgeprägt oder bleibt es trotzdem der größte Erfolg Ihrer Laufbahn?

Schmidt: Auf jeden Fall ist das der größte Erfolg gewesen. Ich war einfach froh, überhaupt dabei zu sein. Ich hatte mir ja im letzten Vorbereitungsspiel die Hand gebrochen, und da der Meldeschluss vorbei war, konnte Dirk Michel nicht mehr nachrücken. Ich habe zwar im letzten Gruppenspiel beim 4:0 gegen Frankreich 20 Minuten gespielt, mich aber dann nach der Frage des Bundestrainers, wie es aussieht, entschieden, zu verzichten. Wenn ich nominiert worden wäre und hätte schlecht gespielt und das Ding wäre in die Hose gegangen, wäre das Geschrei groß gewesen. Aber ohne den Rainer wären wir gar nicht so weit gekommen. Der hat ja beim 2:1-Sieg über Argentinien beide Tore geschossen.

Seifert: Ich war ebenfalls in erster Linie froh, dabei zu sein. Natürlich wäre ich gerne mehr als zweimal zum Einsatz gekommen, aber es gab damals Leute, die konnten weniger gut zurückstehen.

Gibt es spezielle Erinnerungen an die 70 finalen Minuten?

Seifert: Ich erinnere mich, dass Horst Dröse im Endspiel alleine vor dem Tor stand und den Ball nicht reingemacht hat. Für mich war Pakistan im Vorfeld immer noch der Favorit.

Kraus: Ich weiß noch, dass der argentinische Schiedsrichter extrem arrogant rumgemacht hat. Vor dem Finale habe ich mich Schlafen gelegt, was den damaligen Co-Trainer Klaus Kleiter total auf die Palme gebracht hat. Aber so bin ich dann ganz ausgeruht in mein letztes Länderspiel gegangen.

Wurde die Siegesfreude in der DHB-Mannschaft dadurch getrübt, dass die erfolgsverwöhnten Pakistani sich bei der Siegerehrung beispiellos daneben benommen und unter anderem ihre Silbermedaillen in die Badelatschen gesteckt haben?

ZU DEN PERSONEN

Peter Kraus (81) hat zwischen 1969 und 1972 in 26 Länderspielen das DHB-Trikot getragen, wobei nach dem EM-Triumph 1970 das letzte von Olympiagold gekrönt wurde. Der gebürtige Rüsselsheimer war 46 Jahre lang als Polsterer bei Opel beschäftigt und hat seine Goldmedaille inzwischen seinem ältesten Sohn überlassen. Mit dem Rüsselsheimer RK wurde er sechs Mal Deutscher Meister.

Rainer Seifert (74) war als gelernter Dekorateur bis 2006 als technischer Zeichner im Opel-Werk tätig und setzt seine künstlerisch, gestalterischen Talente immer wieder speziell für den 72er-Olympiakreis um. Für die 50-Jahr-Feier hat der trickreiche und torgefährliche Stürmer (122 Länderspiele) ein Armbändchen sowie eine Glastafel designt und selbst angefertigt.

Fritz Schmidt (79) hat mit insgesamt fünf Filialen bis 2003 die Rüsselsheimer Bevölkerung und die Firma Opel mit Backwaren versorgt. Analog zu Seifert war er an allen acht DM-Titelgewinnen des RRK zwischen 1968 und 1981 beteiligt und führte in etlichen seiner insgesamt 146 Länderspiele zwischen 1963 und 1976 die Nationalmannschaft als Kapitän aufs Feld. Seit vielen Jahren hat sich der zweifache Vater und Großvater dem Golfsport verschrieben, mit einem niedrigen einstelligen Handicap.

Schmidt: Ich saß ja wie Rainer auf der Tribüne und habe das erst nachträglich richtig mitgekriegt. Während der Nationalhymne guckt man ja eher in Richtung der Fähnchen.

Kraus: Ich war der Erste, der das gesehen hat, und habe daraufhin unseren Kapitän Carsten Keller angestupst. Aber wir hatten gewonnen, und das hat gezählt. Für mich war es schlimmer, dass nur 13 Spieler auf dem Treppchen standen.

Seifert: Ich habe mich gewundert, wie die sich benommen haben. Und ich weiß noch, wie so ein Manager von denen mit einer grünen Kutte da wild rumgewunken hat und die Mannschaft offenbar zum Verlassen des Platzes animieren wollte. Richtig schlimm muss es hinterher in deren Kabine zugegangen sein, was zwei Spieler von uns mitbekommen haben, die zur Dopingkontrolle mussten.

Das verheerende Attentat auf die israelische Mannschaft lag fünf Tage zurück. Wie schwer ist es gefallen, den Worten des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage „the games must go on“ zu folgen und war diese Herangehensweise rückblickend vorbehaltlos richtig?

Kraus: Man hat sich schon gefreut, dass es weiterging. Als ich das gesehen hatte, habe ich schon meine Schienen zusammengepackt und mich mit dem holländischen Ersatztorwart unterhalten, der dann auch tatsächlich heimgefahren ist. Die Entscheidung war vollkommen richtig, denn sonst hätten solche Leute es ja ganz leicht gehabt, immer wieder so etwas zu machen.

Schmidt: 80 Prozent der Sportlerinnen und Sportler waren dafür, dass es weiterging. Aber wie das in Fürstenfeldbruck gelaufen ist, war natürlich absolut dilettantisch.

Auch 1984 und 1988 hat es jeweils eine, 1992 insgesamt sechs Medaillen und 2004 sogar noch einmal drei olympische Goldmedaillen für Spielerinnen und Spieler des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) gegeben. Wie sehr schmerzt es, dass die Frauen an diesem Wochenende erneut zweit- und die Männer sogar weiterhin viertklassig in die Saison starten?

Kraus: Die anderen beiden sind selten auf dem Platz. Ich bin fast immer da und schaue sogar die Spiele der zweiten Mannschaften oder der Jugend an, und ich muss sagen, dass es mir wirklich schwer wehtut.

Seifert: Ich informiere mich regelmäßig im Internet über die Ergebnisse und hätte nie gedacht, dass die Männer mal so weit abfallen könnten. Es sind ja immer mal wieder ein paar gute Spieler dabei, aber dann bieten andere Vereine einen Studienplatz, ein Auto oder sonst was, und dann sind sie weg.

Schmidt: Zu unserer Zeit hat es maximal Fahrtkosten für Auswärtige gegeben. Und manche wollten gar nichts haben, sondern einfach nur bei uns spielen.

Olympische Spiele in Deutschland hat es seit 1972 nicht mehr gegeben. Würden Sie trotz massiver Vorbehalte in Sachen ausufernder Kommerzialisierung und zu geringer Nachhaltigkeit für sich selbst sagen, dass es dennoch das größte Ereignis im Sportlerleben ist und eine Neuauflage auf deutschem Boden schön wäre?

Seifert: München war bis zum 5. September das Beste, was ich erlebt habe. Die ganze Gestaltung mit dem Zelt war wirklich einmalig. Vier Jahre später in Montreal sind wir von Polizeikolonnen und Hubschraubern bis zum olympischen Dorf begleitet worden.

Schmidt: München war im Vergleich mit Mexiko und Montreal wirklich ein Traum. Die Fußballer, darunter Uli Hoeneß, haben direkt über uns gewohnt, und die Hockeyplätze lagen direkt um die Ecke. In Montreal haben wir fast nur im Bus gesessen, sind zwei Stunden hin und her gefahren. Die Europaspiele in München jetzt haben gezeigt, dass man dort mit geringem Aufwand wieder Olympische Spiele austragen könnte. Es ist ja fast alles da.

Kraus: Das war ein Riesenfest damals. Wir haben Nädelchen getauscht und die Afrikaner haben getanzt. Ich würde mich freuen, wenn das nochmal in Deutschland stattfinden würde. Aber ich sage seit 30 Jahren, dass Olympische Spiele eigentlich immer am gleichen Ort stattfinden sollten. Das wäre das Ökonomischste.


Nationalteams

50 Jahre Olympiasieger von München 1972

Aus "https://magazin.hockey.de" vom 12. September 2022

Zu Ehren der Olympiasieger von 1972 fand am vergangenen Wochenende (10./11. September) ein Zusammentreffen der Olympiasiegerinnen- und Olympiasiegermannschaften von 1972, 1992 und 2004 statt. Die DHB-Präsidentin Carola Morgenstern-Meyer, die 2004 Teammanagerin der Olympiadamen war und der erfolgreichste deutsche Hockeytrainer aller Zeiten Markus Weise-von-Livonius waren ebenfalls anwesend. Zusammen mit dem "Volvo E.R.B. Auto Zentrum" wurden unsere Heldinnen und Helden von 72, 92 und 04 gebührend gefeiert.

Bereits am Freitagabend trafen die Olympiasiegerinnen von 2004 in München ein, bevor sich alle Teams am Samstag im Ehrenhain im Münchner Olympiapark versammelten. Das Datum und der Zeitpunkt des Treffens, 10. September 2022 um 12 Uhr, war kein Zufall. Genau 50 Jahre zuvor wurde nämlich das olympische Finale der Herren zwischen Deutschland und Pakistan angepfiffen. 

Ein denkwürdiges Finale bei den Spielen 1972

Von 1956 bis 1992, also über 30 Jahre, war Pakistan eine echte Übermacht im Hockey. Das spiegelt sich in drei olympischen Goldmedaillen, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen in diesem Zeitraum wider. Nachdem Pakistan im Halbfinale 1972 mit 2:0 gegen Erzrivalen und zweite Übermacht Indien gewann, gingen die Pakistaner mit viel Selbstbewusstsein in das Endspiel gegen das Team der Bundesrepublik Deutschland. 15.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren damals auf der Anlage am nördlichen Rand des Olympiaparks in München, als kurz vor Abpfiff der deutschen Mannschaft die 1:0 Führung durch Michael Krause gelang. Das Spiel endete 1:0 und Deutschland wurde zum ersten Mal Olympiasieger im Hockey. Titelverteidiger Pakistan verkraftete die Niederlage aber nicht. Die Spieler wüteten und weigerten sich bei der Siegerehrung, die Silbermedaille um den Hals zu tragen. Der Weltverband sperrte Pakistan für Jahre. Die deutschen Hockeyspieler dagegen wurden Ende des Jahres 1972 zur Mannschaft des Jahres in Deutschland gewählt. Das Ganze vor der deutschen Fußballnationalmannschaft, die in diesem Jahr Europameister geworden war.

Wir hatten eine wunderbares Wochenende im Olympiapark-München und beim ASV München. Ein gut geplantes Programm und ein fantastisches Event.

Carsten Keller, Kapitän der Olympiamannschaft von 1972

Ein unvergessliches Wochenende für alle Beteiligten

Nach einer Stadttour am Nachmittag versammelten sich am Samstagabend alle Teilnehmer*innen beim ASV München und ließen den Tag feuchtfröhlich ausklingen. Als kleine Aufmerksamkeit bekamen die Olympiaheld*innen vom DHB und "Volvo E.R.B. Auto Zentrum" das Buch "Die Spiele des Jahrhunderts".  DHB-Präsidentin Carola Morgenstern-Meyer freute sich über ein gelungenes Wochenende: "Jeder und jede hat am Sonntagmorgen gesagt, wie schön es war und dass man so ein Zusammentreffen öfter planen müsse. Dank unseres wunderbaren Gastgebers, dem ASV-Vorstandsvorsitzenden Rainer Mittelstrass, und der großzügigen Unterstützung unseres Partners "Volvo E.R.B. Auto Zentrum" ist das Ganze eine tolle Sache geworden."

Das Treffen war wirklich schön und hat mir unheimlich gut gefallen. Vor allem weil die Damenmannschaft von 2004 und die Herrenmannschaft von 1992 auch anwesend waren und für ordentlich Stimmung gesorgt haben. Eine tolle Veranstaltung!

Eduard Thelen, Olympiasieger von 1972