Von Verena Bongartz
(aus "https://www.op-online.de" vom 11.03.09)
Durch seine Familie
kam Trautmann früh zum Hockey, wurde von seinem Vater bereits als Sechsjähriger
beim HC Fechenheim trainiert, 1999 wechselte er zum Rüsselsheimer RK. Vor kurzem
richtete der RRK den Europacup in der Rüsselsheimer Walter-Köbel-Halle aus. Und
die Gastgeber erkämpften sich im Finale vor 1.500 Zuschauern mit einem Tor des
Offenbachers Trautmann durch ein 3:2 in der Verlängerung gegen Club de Campo aus
Madrid den Europapokalsieg.
Herr Trautmann,
die Turnierbilanz auf dem Weg ins Europapokal-Finale war beeindruckend: 12:1,
6:0, 7:4 und 7:2. War es zu erwarten, dass es so leicht wird?
Dass es so gut
läuft, haben wir nicht erwartet. Besonders nicht das 12:1 gegen die Russen von
Dynamo Jekaterinenburg, die wir als stärksten Gegner eingeschätzt hatten.
Wie kommt es
beim Finalturnier zu so hohen Ergebnissen?
Hallenhockey wird
nicht in vielen Nationen so intensiv gespielt wie bei uns. Teilweise wird mehr
Wert auf die Feldsaison gelegt. Deutschland ist das Mutterland des
Hallenhockeys. Wir sind die beste Nation und immer Top-Favorit.
Im Finale gegen
das Team aus Madrid lag Rüsselsheim zur Halbzeit 0:2 zurück. Was hat Trainer Kai
Stieglitz in der Kabine gesagt?
Es wurde ein
bisschen lauter, aber es waren nur zwei Tore Vorsprung, das konnte man alles
wieder umbiegen.
Nach dem 1:2
haben Sie kurz vor Schluss durch eine Ecke den Ausgleich erzielt ...
Der RRK mit Trainer Kai Stieglitz gewinnt
2009 durch ein "Golden Goal" (3:2, 2:2, 0:2) in der Verlängerung den
Europapokal der Landesmeister gegen den spanischen Meister Club de Campo de
Madrid !!! (hinten: Masseur Adolf Katzenmeier, Masseur Lajos Fesus, "Physio"
Diana Czerwonka, Teamarzt Dr. Dag Steeger von Keitz, Jan Petersen, Frank
Trautmann, Thomas Jost, Trainer Kai Stieglitz, Christian Minar, Sven
Wohlfahrt, Oliver Domke; vorn: Christian Domke, Tobias Wuttke, Andreas Späck,
Mirco Fuchs, Lorenz Klee, Falk May, Physio Hanne Zöller) |
Es war schon eine
wichtige Aktion. Ich war ein bisschen nervös. Aber man schießt halt mal, und
dann war er auch noch drin. Ich war wie in Trance das ganze Spiel. Da weiß man
gar nicht, was rechts und links passiert, sondern man spielt einfach.
Rüsselsheim hat
letztes Jahr die deutsche Meisterschaft in der Halle gewonnen, dieses Jahr den
Europapokal, was kommt nächstes Jahr?
Hoffentlich der
Aufstieg in die Bundesliga auf dem Feld. Da spielen wir nur zweite Liga. Wir
sind abgestiegen, weil so viele Spieler von uns im Ausland waren. Jetzt wollen
wir wieder aufsteigen. Und dann auch wieder den deutschen Meisterschaftstitel in
der Halle holen.
Was sind Ihre
persönlichen sportlichen Ziele?
Natürlich der
Aufstieg. Das Ziel Nationalmannschaft ist vorbei, weil ich zu alt bin. Als
Student hat man Zeit, aber wenn man dann arbeitet, kann man nicht noch zwölfmal
die Woche trainieren. Außerdem ist es ziemlich schwer, in einen A-Kader zu
kommen. Den Sprung habe ich damals nicht geschafft, also denke ich, jetzt werde
ich da auch nicht mehr reinkommen. Deshalb ist mein Ziel, mit dem Verein
erfolgreich zu sein. Aber im Vordergrund steht das Berufliche. Wir verdienen
kein Geld, deshalb muss man beruflich Gas geben.
Zur Zeit
studieren Sie Betriebswirtschaft in Frankfurt, stehen kurz vor dem Abschluss.
Wie geht es danach mit dem Hockey weiter?
Dann muss man
sehen, wie es zeitlich geht. Wenn man Glück hat, kann man in das Training gehen.
Und sonst muss man abwarten, ob man dann noch besser ist als die Jungen.
Wie regeln Sie
die Doppelbelastung Studium und Leistungssport?
Ich habe mein
Studium ein bisschen verlängert. Früher habe ich noch U21-Nationalmannschaft
gespielt, da schafft man das Pensum nicht. Prinzipiell geht Studium vor. In der
Klausurvorbereitung bin ich ein bisschen weniger im Training, aber wenn nun ein
Großereignis ist, bin ich auch weniger in der Uni. Es kommt immer drauf an, was
gerade anliegt.
Gibt es auch
Tage, an denen Sie keine Lust auf das Training haben?
Sicher gibt es
Momente, in denen man sich nur gemütlich auf die Couch legen und etwas
entspannen will. Von Offenbach bis zum Training in Rüsselsheim und zurück fahre
ich anderthalb Stunden, dazu hat man nicht immer Lust. Meistens fahre ich aber
doch los, da muss man sich überwinden. Aber wenn zum Beispiel gleichzeitig zum
Training ein Fußball-Länderspiel übertragen wird, ist es schon interessant, was
für unterschiedliche Ausreden kommen, wenn alle plötzlich zu Hause bleiben.
Jetzt ist die
Saison vorbei, das Europapokalfinale ist gespielt, Ihre Klausuren sind auch rum
‒ haben Sie keine Langeweile?
Nein, es geht ja
jetzt wieder los mit der Feldvorbereitung. Außerdem muss ich auch meine
Diplomarbeit vorbereiten. Ich habe in beiden Bereichen gut was zu tun. Ich habe
mir jetzt mal eine Woche Urlaub gegönnt, aber danach geht es weiter.