Von Jens
Etzelsberger (aus "Main-Spitze" vom 22. September 2022)
Gut, der
Barbie-Puppe hat Enza Mannino als Kind nicht den Kopf frisiert. Aber auch ohne
dieses letzte biografische Detail kann man mit Fug und Recht von "frühberufen"
sprechen, wenn es um die Liebe der heute 54-Jährigen zu Haaren und dem
Friseurhandwerk geht.
Dabei war es eher
die Not, die Klein-Enza in den Salon eines echten Figaros führte. "Meine Haare
konnte niemand richtig schneiden" erinnert sie sich an ihre Jugend, als die
Friseure an ihren prächtigen Naturlocken verzweifelten, die auch heute noch ihr
Markenzeichen sind. Giovanni di Benedetto, der seinen Salon im Dorint-Hotel
betrieb, kam mit der Lockenpracht zurecht und Klein-Enza war von dem Beruf, der
im besten Fall die Persönlichkeit und den Stil eines Menschen mit dem passenden
Haarschnitt krönen kann, begeistert. So begeistert, dass sie mit 14 Jahren schon
im Salon jobbte, Haare wusch und den Boden fegte, ihren eigentlichen
Berufswunsch Lehrerin drangab, die Schule früh beendete, bei di Benedetto in die
Lehre ging und mit 21 Jahren den Meisterbrief absolvierte.
Die
Selbstständigkeit, die mittlerweile 25 Jahre andauert, war bei so viel
Begeisterung für den Beruf nur folgerichtig. 1997 eröffnete Enza Mannino ihren
ersten eigenen Salon in den Räumen des ehemaligen Kiosks im GPR-Klinikum. Gerade
mal 20 Quadratmeter groß, erschien ihr das Projekt als bewältigbarer Start in
die Selbstständigkeit. Ein Schritt, den sie nie bereut hat. "Die Herausforderung
ist das, was letzten Endes Spaß macht", sagt Enza Mannino. Und gesucht und
gefunden hat sie diese Herausforderungen immer.
2002 wechselt sie
in die Mainstraße, übernimmt den Baumgärtner-Salon. Mit 70 Quadratmetern und
vier Frisierstühlen schon ein Sprung. 2007 übernimmt Enza Mannino auch die
Nachbarräume des Überlandwerks. Ihr Salon ist jetzt 170 Quadratmeter groß, vier
Angestellte und die Chefin kümmern sich um die Haare der Kundschaft, die zu 70
Prozent aus Stammkunden und zu 80 Prozent aus Damen besteht. Enza Mannino freut
sich, wenn man den frisch frisierten Kunden in der Stadt ansieht, dass sie "bei
Enza" waren. "Ich habe es schon ganz gerne, dass wir eine Marke verkörpern",
sagt sie. Dafür tut sie viel. Dauernde Fortbildungen für sie und ihr Team,
reinschnuppern bei den Kollegen in Italien, Frankreich, England und Japan, neue
Trends aufnehmen und der Rüsselsheimer Kundschaft anbieten. Enza Mannino macht
Foliensträhnen und schneidet die Out-of-bed-Frisuren, die Micro-Ponys, die
asymmetrischen Frisuren, aktuell den Street-Style. Was angesagt ist, gibt es
auch bei ihr. Eines ist aber immer gleich geblieben. "Man tritt in die
Intimsphäre des Menschen ein", beschreibt Mannino die körperliche Nähe und
Berührung, die zu dem Job dazugehören. Sensibilität ist da Grundvoraussetzung,
ebenso wie das genaue Kennenlernen des Kunden, bevor Enza Mannino zu ihrer 1.000
Euro teuren Schere greift. Denn geformt wird nicht nur das Haar, sondern eben
auch eine Persönlichkeit. Dass rückblickend jede Epoche auch ihre haarigen
Peinlichkeiten kennt, räumt Enza Mannino durchaus ein. "Es gibt aber nichts, was
ich nicht mehr machen würde", betont sie. Selbst der Minipli für Männer ist
nicht auf ewig tabu. "Seit eineinhalb Jahren machen wir Jungs wieder Locken",
sagt Enza Mannino.
Nur bei einem
Wunsch muss sie noch immer passen. Locken, wie sie selbst sie trägt, kann auch
der beste Friseur nicht zaubern. Man hat sie ‒ oder eben nicht.