Von Bernd Funke
(aus "Allgemeine Zeitung" vom 05.04.2018)
OBERSTADT -
Wolfgang Balzer, Gründer und Leiter des Garnisonsmuseums auf der Zitadelle, ist
um ein militärhistorisches Kleinod reicher: ein 6-Pfünder Feldgeschütz auf
Lafette. Und das 1831 in Lüttich für den Deutschen Bund gegossen und in
Straßburg auf ein fahrbares Gestell, eine Lafette, montiert, hat nicht nur
dekorativen Wert, sondern ist eng mit Mainz und seiner Militärgeschichte
verbunden.
Die Idee, auf der
Zitadelle ein historisches Geschütz zu zeigen, wurde geboren, als der
Gründungsvorsitzende der Initiative Zitadelle (IZM), Prof. Peter Hochgesand,
sein Nachfolger Kay-Uwe Schreiber und Mäzen Stefan Schmitz die Festung
Ehrenbreitstein besuchten, auf der mehrere dieser und ähnlicher Geschütze zu
sehen sind. "So etwas müssen wir auch in Mainz haben", war einhellige Meinung.
Schmitz sagte die Finanzierung zu, Hochgesand kümmerte sich auf Bitten
Schreibers um die Realisierung.
Aus der
Bundesfestung Luxemburg kam die ursprünglich von vier Pferden gezogene
Feldhaubitze in die Bundesfestung Mainz. Als sie keinen militärischen Zwecken
mehr diente, schien sie sich hervorragend zur Dekoration des Osteiner Hofs zu
eignen. Wolfgang Balzer erinnert sich an wohl in der ersten Hälfte des
vergangenen Jahrhunderts aufgenommene Fotos, die zwei Geschütze vor dem
"Gouvernement" zeigen, die zwei Wachhäuschen einrahmen. Peter Hochgesand: "Im
Krieg sind die hölzernen Lafetten verbrannt. Die Deutschen wollten die
Geschützrohre einschmelzen, aber die französischen Besatzer, die den Osteiner
Hof nutzten, stellten sie auf Notlafetten in den unteren Eingangsbereich."
Und da standen sie
auch noch, als das "Gouvernement" nach dem Abzug der Franzosen zum Offiziersheim
der Bundeswehr wurde. Als schließlich auch die Bundeswehr "abrückte", war die
Grundlage dafür geschaffen, das mit dem doppelköpfigen Adler, dem Wappen des
Deutschen Bundes, geschmückte Steilfeuergeschütz als Dauerleihgabe in das
Garnisonsmuseum zu holen.
Die simple
Notlafette allerdings sollte gegen den Nachbau der Originallafette ausgetauscht
werden. Mit Stephan Zimmermann aus Stadtroda in Thüringen fand Hochgesand
schließlich einen anerkannten Fachmann. Zimmermann ("Kanonen-Zimmermann")
liefert europaweit Nachbauten von Kanonen für Burgen und Museen. "In den zwanzig
Jahren, in denen ich so etwas mache, habe ich um die tausend Repliken
hergestellt und etwa 120 Lafetten", erzählt Zimmermann. Die "Mainzer Lafette"
hat er in rund 200 Stunden aus künstlich gealterter deutscher Eiche hergestellt
– und sich viel, viel Zeit gelassen. Denn eigentlich sollte die Feldhaubitze
bereits beim Zitadellenfest vergangenen Jahres gezeigt werden.
Jetzt soll (der
Bauantrag ist eingereicht, die Finanzierung gesichert) neben dem Eingang zum
Garnisonsmuseum die Mauer dort geöffnet werden, wo sich früher die Hauptwache
der Zitadelle befand. In dieser mit einer Glaswand verschlossene Nische wird die
Feldhaubitze stehen und von zwei "Soldaten" in preußischer und österreichischer
Uniform flankiert. Bis zum nächsten Zitadellenfest, das für den 9. September
fest terminiert ist, soll alles fertig sein, hofft Kay-Uwe Schreiber. Stephan
Zimmermann wird bis dahin nochmals den Weg nach Mainz finden müssen, um die
historische Haubitze mit Ladestock und einem dekorativen Kugelhaufen zu
komplettieren.