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vom 9. November 2012
So könnte der Titel
des Aufsatzes von Professor Dr. Thomas Fischer (Autor des gleichnamigen
StGB-Kommentars) und Professor Dr. Christoph Krehl, beide Mitglieder des 2.
Strafsenats des BGH, in der September-Ausgabe des Strafverteidigers lauten, den
ich jedem am Strafverfahren Interessierten zur Lektüre empfehlen möchte. Sie
haben sich jedoch für "Strafrechtliche Revision, 'Vieraugenprinzip',
gesetzlicher Richter und rechtliches Gehör" entschieden. Darin setzen sich beide
mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.5.2012 auseinander, in
dem es um die Frage ging, ob es mit dem Recht auf den gesetzlichen Richter
vereinbar ist, wenn ein Richter zwei Strafsenaten gleichzeitig vorsitzt. Grund
hierfür war, dass Thomas Fischer vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe im Wege
des einstweiligen Rechtschutzes erreicht hatte, dass der Posten des Vorsitzenden
des 2. Strafsenats, um den er sich ebenfalls – nicht erfolgreich – beworben
hatte, zunächst nicht besetzt werden darf.
Dies nehmen Fischer
und Krehl zum Anlass, über die Arbeit von BGH-Richtern und insbesondere von
Senatsvorsitzenden zu schreiben und bieten hiermit einen sehr interessanten
Einblick, der sich dem Außenstehenden sonst nicht bietet. Beispielsweise ist es
gängige Praxis, dass die Revisionsakten nicht von allen Richtern, sondern nur
vom Vorsitzenden und einem Berichterstatter gelesen werden. Letzterer trägt
seinen Senatskollegen den Sachverhalt, die Urteilsbegründung, die
Revisionsbegründung und seine eigene Einschätzung der rechtlichen Probleme vor.
An einem Tag mit sieben Stunden Beratungszeit werden so laut Fischer und Krehl
8-15 etwa 70-seitige Akten besprochen – dass es schwierig sein dürfte, hier den
Überblick zu behalten und vor allem fundierte Beiträge zur Urteilsfindung zu
leisten, ist offensichtlich und wird in dem Aufsatz problematisiert. Wenn es
dann noch um "exotische" Probleme geht, dürfte es im Ergebnis wohl darauf
hinauslaufen, dass sich der Berichterstatter, der sich ja als einziger vertieft
mit der Materie beschäftigt hat, durchsetzt. Vielleicht ist hierin auch eine
Erklärung für Urteile zu suchen, die den Leser manchmal nicht vollends
überzeugen.
Im Kollegium des
BGH dürfte der Aufsatz wahrscheinlich nicht auf ungeteilte Begeisterungsstürme
stoßen, denn auch mit Seitenhieben in Richtung ihrer Kollegen sparen Fischer und
Krehl nicht.