Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (1998)                                   

Dr. Dietmar Klausen

 

 

Rückblick auf 90 Jahre RRK

Aus einer Rede des RRK-Vorsitzenden, Prof. Dr. Dietmar Klausen, am  20. September 1998

Aus "RRK08-Vereinsjournal" 2. Halbjahr 1998
 

Der Rüsselsheimer Ruder-Klub  wurde in diesem Jahr 90 Jahre alt, befindet sich also im besten Greisenalter - sollte man meinen. Das ist so eine Sache mit dem Älterwerden. Da tun wir heute so nahezu alles, um älter zu werden: Arztbesuche und Kuren stehen hoch im  Kurs, gesundes Leben ist angesagt und natürlich auch Sport, man will ja schließlich Rente und Pension genießen. Und doch ist der, der die Gnade des hohen Alters erleben darf, oft unzufrieden. Ihn beschäftigen die Erinnerungen an früher - früher, als alles noch so recht funktionierte, als alles persönlicher und harmonischer war, als alles einfach besser war.

Der 90 Jahre alte RRK kann dagegen zufrieden sein, er kann sich auch nicht beklagen. Er altert nicht, er erneuert sich permanent, Gegenwart und Vergangenheit, jung und alt stehen nebeneinander. Nachwuchssorgen gibt es nicht, vor allem nicht in der Hockeyabteilung. Im RRK hat sich in den letzten 90 Jahren eigentlich immer etwas bewegt. Alles fließt, vergleichbar dem benachbarten Strom, dem Main. Hochwasser folgt Niedrigwasser, Überfluß folgt Mangel. Von alledem hat der RRK seit 1908 reichlich mitbekommen. Sie erinnern sich vielleicht an unsere Geschichte:

1908 lädt der Lehrer Wilhelm Sturmfels zur Gründung des "Rudervereins Rüsselsheim" (RVR) ein. Der Monatsbeitrag betrug 1 Mark und gerudert wurde in einem vier Zentner schweren Gigvierer aus Eichenholz. Es gab kein Bootshaus und keine Bootshalle; die wurde erst 1909 gebaut und kostete 1089,44 Mark. Eine Ruderordnung dagegen gab es schon gleich: "Fahrten in den Booten des Vereins sind nur in vorschriftsmäßigen Uniformstücken gestattet." Haben Sie einmal die Ruderer heute beobachtet? Zumindest bei den Trainingsfahrten geht es da recht bunt und originell zu; von wegen "Uniformstücke".

1910 stiftete der Kommerzienrat Carl von Opel einen gedeckten Vierer und Paul Nebelung, der spätere langjährige Vorsitzende, taufte das Boot auf den Namen "Eleonore". Der RVR tritt dem Deutschen Ruderverband bei, der, gegründet 1883, der erste deutsche Sportverband überhaupt war. 1912 gelingt in Mainz der erste Sieg, ein sogenannter "Ermunterungsvierer" wird gewonnen.

Der 1. Weltkrieg naht und sollte viel Leid bringen. 1919, ein Jahr nach Ende des Krieges,  ging es dann weiter. 182 Personen gehörten dem Verein an, darunter Mitglieder mit klangvollen Namen: Friedrich "Pip" Traiser, Fritz Sittmann, Alfred Körbel, Albert Meeser, Adam Ihrig, Peter Horle. Acht Boote besaß der Verein, eines davon ein Rennachter mit dem Namen "Fritz". Heini Dambmann widmete dem RVR ein Lied:

 "Preist den Neckar, singt vom Rheine, reißt Euch die Begeist'rung fort, singen wir von uns'rem Maine, und von seinem Rudersport."

1924 beginnt der Bau des Bootshauses, 1925 wird das "Gesellschaftshaus" feierlich eingeweiht. 

Ja, und dann das Jahr 1925 - ein wahrhaft denkwürdiges Jahr!  Die Aktiven des RVR begannen als Ausgleichssport im Winter Hockey zu spielen!  Alfons Margraf und Fritz Weidmann stellen sich als Ausbilder zur Verfügung. 1926 werden die ersten Hockeyspiele gegen Wiesbaden, Frankfurt und Griesheim ausgetragen, sogar ein "Oster-Hockeyturnier" wird veranstaltet - es sollten noch viele Hockeyturniere folgen, wie wir wissen. Hockeyspieler übrigens werden - einer Chronik zufolge - damals wie folgt charakterisiert:

"Zum Hockey eignen sich feinnervige, blitzschnell handlungsbereite Menschen. Sie müssen voll gelöster und doch spannungsfreier Bewegtheit sein. Die körperlich Schwachen haben gerade soviel mitzureden wie die Schweren und Starken, denn die Masse und Wucht des Körpers wird nicht unmittelbar eingesetzt."

Und im Jahr 1926 geschieht noch etwas Denkwürdiges, ja, etwas zur damaligen Zeit Unerhörtes: Fräulein Irmgard von Opel stellt den Antrag, aktiv im RVR rudern zu dürfen. Die Mitgliederversammlung faßt den Entschluß, Damenrudern im RVR zuzulassen. Das Damenrudern muß jedoch um 18 Uhr beendet sein, um den Trainingsbetrieb der Herren nicht zu stören.

Der "Ruderverein Rüsselsheim" zeichnet für die Austragung der "14. Mittelrhein- Ruderregatta" auf dem Main verantwortlich, dies ein Ausdruck des gewachsenen Selbstvertrauens. Während der Regatta gibt die Opel-Werkskapelle ein großes Konzert - das waren noch Zeiten!  Hockey wird von nun an wettkampfmäßig betrieben. 1928 beginnt man auf der "Fohlenweide" mit dem Bau eines Ascheplatzes für die Hockeyspieler, und Friedebert Armbruster, der unvergessene "Rat", arrangiert das erste Hasenessen unter dem Motto: "Fresse is ach Sport."  So geht es munter weiter. Sportliche Aktivitäten wechseln sich mit gesellschaftlichen  Ereignissen ab - und doch verlassen viele Sportler den Verein. Deutschland steuert im Jahr 1930 auf eine Wirtschaftskrise zu. Die Menschen müssen sich neu orientieren, der Sport gerät zur Nebensache. Dennoch können die Hockeyspieler des RVR vier komplette Mannschaften stellen. 1932 gibt es bereits zwei Damen-Hockeymannschaften. Und unter Trainer "Pip" Traiser rudern Georg Schmitt, Fritz Brumme, Karl Pöppel, Willi Filtzinger, Marcel Schopfer, Georg von Opel, Hans Mietzschke, Rudolf Fritz, Wilhelm Nold, Josef Saar, Richard Trapp, Hans Knoll, Emil Zogbaum und viele andere.

Das Jahr 1933. Das Dritte Reich wirft seine Schatten auch auf den RVR. Es wird immer schwieriger, Mannschaften zu bilden und den Trainingsbetrieb, sowohl im Rudern als auch im Hockey, aufrechtzuerhalten. In dieser Zeit wird Georg von Opel Deutscher Vizemeister im Einer hinter dem späteren Olympiasieger Gustav "Gummi" Schäfer. Ab 1938 dürfen nur noch Mitglieder der HJ und des BDM Wettkämpfe bestreiten. 1941 wird das Bootshaus durch die Wehrmacht belegt.  Ein weiteres Mal rückt der Sport in den Hintergrund. 

Der Achter der Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim gewinnt 1951 in Mainz seine vierte Deutsche Meisterschaft im Rudern (Wilfried Seipp nicht im Bild, Adam Munk, Georg Schneider, Helmut Schwinn, René Kuhn, Georg Boller, Georg von Opel, Karl Bauer und Stm. Rolf Bopp nicht im Bild)

Wir schreiben das Jahr 1942: Der "Ruderverein Rüsselsheim" und die "Rudergesellschaft Undine Rüsselsheim" schließen sich zum "Rüsselsheimer Ruder-Klub 08" zusammen! "Undine"? Tatsächlich, es gab zwischen 1910 und 1914 bzw. zwischen 1919 und 1942 einen zweiten Ruderverein in Rüsselsheim, eben die "Undine". Vornehmlich Arbeiter und Handwerker, die keine Aufnahme in den RVR fanden, gründeten diesen Verein. Max Seifert, Georg und Karl Cezanne, Karl Etter u.a. sind Mitglieder. Carl von Opel engagiert sich nach dem Ende des 1. Weltkriegs sehr für die "Undine". Paul Schubert und Karl Müller fungieren als Vorsitzende. Die Bildung eines Renngemeinschaftsachters ist Ausdruck für eine sich anbahnende Annäherung zwischen RVR und "Undine". Und dann ist es endlich soweit: Am 26. April 1942 schließen sich die beiden Vereine zum "Rüsselsheimer Ruder-Klub 08" zusammen und die beiden Vorsitzenden, Karl Müller und Georg von Opel, besiegeln den Pakt in einer feierlichen Zeremonie.

1943 zählte der RRK schon 306 Mitglieder. Die Ruderer bildeten im Vierer und Achter erfolgreiche Renngemeinschaften mit dem Flörsheimer Ruderverein 08, eine "Ehe", die bis 1953 Bestand haben sollte. Aber noch liegt die Zukunft im Ungewissen, es ist kein Platz für Träume. Deutschland befindet sich mitten im Krieg und das jähe Ende zeichnet sich ab. Im August 1944 brennt die Bootshalle nieder. Das Gesellschaftshaus wird zwar vor den Flammen gerettet, aber 1945 durch die amerikanische Militärregierung beschlagnahmt. Alle Sportvereine, auch der RRK, werden aufgelöst.

Am 8. April 1946 wird der RRK neu gegründet. Was ist seitdem nicht alles geschehen!  Im Rudern reiht sich Deutsche Meisterschaft an Deutsche Meisterschaft: Georg von Opel 1947 im Einer, die Renngemeinschaft und dann die Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim 1947/1948/1949/1951 im Achter, 1957/1958 der Leichtgewichts-Jugend-Vierer,1982 der Senior-Vierer o. St. B und der Juniorinnen-Einer A, 1983 der Frauen-Doppelzweier und der Senior-Vierer m. St. B. Und just im Jubiläumsjahr 1998 werden Sprint-Achter und Sprint-Vierer gewonnen. Hockey wird natürlich auch gespielt, steht aber nicht im Rampenlicht - noch nicht. Zwar gewinnt 1948 eine Damenmannschaft des RRK die Hessenmeisterschaft, aber erst 1952, als die Stadt Rüsselsheim im Stadion zwei Hockeyplätze bauen läßt, kommt Hockey im RRK so recht in Schwung. 1952 wird auch das Bootshaus wieder freigegeben, und - lassen Sie mich an dieser Stelle einen großen Sprung machen - 1966 großzügig umgebaut.

Eine Art Meilenstein in der jüngeren Klubgeschichte stellt das Jahr 1968 dar: Der RRK gewinnt erstmals die Deutsche Meisterschaft im Feldhockey der Herren. Vor 5.000 Zuschauern wird Schwarz-Weiß Köln mit 4:1 Toren bezwungen. Martin Müller, Bodo Schäfer und Wolfram Jirzik schießen den Sieg heraus. Seit diesem Jahr ist Hockey die dominierende Sportart im RRK - das sehen die Ruderer trotz einer Fülle eigener Erfolge ohne Neid und Mißgunst ebenso. Die Hockeyabteilung konnte bis heute 33 Deutsche Meisterschaften (!) verbuchen, ungezählt seien die Vizemeisterschaften, Süddeutschen Meisterschaften und Hessenmeisterschaften. Der Europa-Cup im Damenhockey ist fast fest in der Hand des RRK. Aus den Reihen des RRK gingen Olympiasieger und -teilnehmer hervor, eine große Zahl von Spielerinnen und Spielern werden in die Nationalmannschaften berufen. Und der gegenwärtige Bundestrainer der Hockeydamen ist auch einer von uns. Der Name des RRK wird in Hockeykreisen mit Respekt, Hochachtung und einem Hauch Verwunderung genannt. DHB und EHF betrauen den RRK mit der Ausrichtung nationaler und internationaler Wettbewerbe, und die Hockeyabteilung rechtfertigt das in sie gesetzte Vertrauen ein ums andere Mal.

Und bei allem bleibt der RRK auf dem Boden, er ist, im wahrsten Sinne des Wortes, ein bodenständiger Verein. Das war zu Zeiten der großen Rudersiege so, und jetzt, da die Hockeyabteilung die großen Erfolge einfährt, ist es ebenso. Oft werde ich gefragt, worin das Geheimnis der Leistungsfähigkeit dieses doch eher kleinen Vereins liegt?  Nun, ich denke, es sind vor allem die Mitglieder, die den Klub tragen. Ihre Treue, ihre Tüchtigkeit und ihre Fähigkeiten bilden das Fundament, auf dem sich Erfolge gründen lassen. Eine engagierte Jugendarbeit, die überwiegend ehrenamtliche Tätigkeit von Trainern und Betreuern, die Mithilfe der Elternschaft, die finanzielle Unterstützung von Freunden und Sponsoren, eine sorgfältige Arbeit in den Abteilungen und ein verantwortungsbewußt und sensibel  agierender Gesamtvorstand - das alles sind die Zutaten, die zu einem guten Gelingen des Werkes beitragen.

Über allem aber sehe ich - mehr oder weniger ausgeprägt und erkennbar - das Bestreben jedes Mitglieds, für den RRK nützlich zu sein, sei es als weltbekannter Sportler oder sei es als im Hintergrund bleibendes passives Klubmitglied. Irgendwie spüre ich, daß es dem RRK gelingt, einer kleinen Gruppe gleichgesinnter Menschen eine Art sportliche Heimat zu sein und sie dort zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit zu motivieren. Und dies ist letztlich heute, wo so viele Menschen, vor allem aber jüngere Menschen, auf der Suche nach etwas Sinnmachendem sind, die größte Bedeutung eines Vereins. Wollen wir gemeinsam hoffen und wünschen, daß es dem RRK auch weiterhin gelingt, diesem hohen Anspruch gerecht zu werden.