Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Denise Rutschmann-Klecker

Denise Rutschmann am Tag ihres größten sportlichen Erfolgs, dem Olympiasieg 2004 in Athen

 

 

 

 

 

 

 

Was macht eigentlich ... ? Denise Rutschmann

Rekordlerin mit Künstlername

Von Uli Meyer (aus "Hockeyzeit" vom Juli 2007)
 

Erfolgreich Hockey zu spielen ist eine Kunst. Und deshalb hat sich Denise Rutschmann in ihren Ausweis eintragen lassen: "Künstlername: Denise Klecker". Kein Witz. Den Beamten der Passstelle stellte sie eine Kiste voller Presseartikel rund um die Olympischen Spiele 2004 auf den Tisch, und da konnte niemand mehr leugnen, dass die Hockey-Olympiasiegerin unter ihrem damaligen Namen öffentliche Bekanntheit erlangte. Nicht die einzige Kuriosität im Leben der gebürtigen Mainzerin.

Erst neulich ist Denise Rutschmann wieder in den Medien gewesen. Sogar die Deutsche Presse-Agentur berichtete über sie. Rutschmann hat erstmals seit langer Zeit wieder Hockey gespielt. Eigentlich kein Grund für ein gesteigertes Medieninteresse − wäre die Partie nicht doch etwas Außergewöhnliches gewesen: der erste Auftritt einer Frau in einem Oberliga-Meisterschaftsspiel der Männer. So geschehen am 1. Juli 2007 in Schwenningen. Ihre Mannschaft des HV Schwenningen gewann 6:2 gegen die Bundesligareserve der Stuttgarter Kickers. "Ich hatte nicht den Eindruck, dass in der Partie besonders geschont worden wäre", sagte Rutschmann dem dpa-Reporter nach dem Spiel. Auch die erwartete Bevorteilung durch Schiedsrichter wäre ausgeblieben. Und statt des im Frauen-Hockey üblichen Rocks trug sie eine Hose. Von den Mannschaftskameraden wurde sie meist "Dennis" gerufen.

Ihr erster Auftritt in der Herren-OL hätte eigentlich schon vor über einem Jahr über die Bühne gehen sollen. Denise Klecker war im Sommer 2005 von der Hockey-Hochburg Rüsselsheim der Liebe wegen nach Singen am Bodensee gezogen. Eine schöne Gegend, aber leider eine Diaspora des Hockeysports, vor allem für Frauen. Im Umkreis von 100 km war keine Damenhockeymannschaft vorhanden. Weil sie aber auch nach ihrer Zeit in der Nationalmannschaft und der Bundesliga noch ein wenig leistungssportlich aktiv sein wollte und Anschluss beim HV Schwenningen und den dortigen Oberligaherren geknüpft hatte, reifte nach diversen gemeinsamen Trainingseinheiten der Gedanke nach etwas Ungewöhnlichem. Mit viel persönlichem Einsatz und Herzblut hatte Klecker für einen Sonderweg abseits der starren Paragraphen gekämpft. Nachdem sich anfangs noch ein anderer Verein aus der Oberliga querstellte, willigte der zuständige Hockeyverband Baden-Württemberg − nach Rückendeckung durch den DHB − schließlich in ein Pilotprojekt ein und stellte der damals 34­Jährigen eine Sonderspielerlaubnis für die Herren-Oberliga in der Feldsaison 2006/07 aus.

Kleckers Vorfreude aufs erste Pflichtspiel im September 2006 war groß. Bis ein Besuch beim Frauenarzt alle Planungen über den Haufen warf. Sie war schwanger. Geplant war es nicht, zumindest nicht für diesen Zeitpunkt. "Für mich ist eine Welt zusammengebrochen", erinnert sie sich an ihre ersten Gedanken in der Arztpraxis. Statt aktiv auf dem Hockeyplatz waren die nächsten Monate für Denise eher passiv. "Ich hatte eine schwierige Schwangerschaft, musste viel liegen." Ein gesundes Kind ist dann trotzdem geboren worden. Am 20. März 2007 erblickte Lilli-Marie die Welt, sieben Wochen vor dem Termin. Lilli scheint ein beliebter Name zu sein bei den Goldmedaillengewinnerinnen des olympischen Hockeyturniers von Athen. Neun Tage nach der Verteidigerin Klecker gebar auch die Berliner Torhüterin Louisa Walter (verheiratet mit Olympiasieger Andreas Keller) ein Mädchen mit dem gleichen Namen.

Die verrückten zwei Wochen im Spätsommer 2004 wird die 16 Spielerinnen auf Ewigkeiten verbinden. Deutschlands Hockeydamen hatten für die zweifelsohne überraschendste Goldmedaille gesorgt, die die deutsche Olympiadelegation bei den Sommerspielen in der griechischen Hauptstadt holte. Der Triumph, nach einer Achterbahnfahrt durchs Turnier mit einem 2:1-Endspielsieg über Topfavorit Niederlande gekrönt, war ein sportliches Märchen herrlichster Reinheit. Und für Denise Klecker, die damals Teamälteste, der letzte große Auftritt im Nationaltrikot. 185 mal hat sie für Deutschlands Damen gespielt.

Jeden Jahrestag (24. August) haben die Golden Girls seither gemeinsam gefeiert. In diesem Sommer wird es schwierig, das Treffen datumsexakt zu begehen. Es läuft die Europameisterschaft in Manchester, und da ist ja noch gut die Hälfte der Athen-Siegerinnen aktiv dabei. Entweder, die Ehemaligen reisen nach England und unterstützen die Verbliebenen und den Rest des Teams. Oder man trifft sich später. Damit hätte Denise allerdings ein Problem. Anfang September findet in Singen ihre kirchliche Trauung samt Taufe für Lilli-Marie statt. Im November 2006 hatte sie ihren Partner Volker Rutschmann in Rüsselsheim standesamtlich geheiratet und auch seinen Familiennamen angenommen.

Die Verbindung in die alte Heimat ist noch intensiv. Oma und Opa in Mainz wollen und dürfen die Enkelin regelmäßig sehen, und natürlich nutzt Denise bei solchen Besuchen dann auch die Chance, bei ihrem Rüsselsheimer RK vorbeizuschauen. "Viele aus der heutigen Bundesligamannschaft sind meine ehemaligen C-Mädchen", freut sie sich über die aufgegangene Saat ihrer früheren Trainerarbeit. Gut möglich, dass Denise, die in Schwenningen auch eine Kindergruppe aufgebaut hat, eines Tages auch Lilli-Marie das Einmaleins mit Stock und Ball beibringt. Einen kleinen Schläger hat die kleine Tochter schon, ebenso ein Trikot mit der Aufschrift Olympia 2032. Lilli-Marie muss sich ranhalten, wenn sie vielleicht diejenige sein will, die der Mama einen Rekord abluchsen will. Mit 29 gewonnenen nationalen wie internationalen Titeln (der letzte war der Gewinn des Hallenhockeyturniers bei den World Games 2005 in Duisburg) ist Denise Rutschmann die erfolgreichste deutsche Hockeyspielerin.

Ob sie in der neuen Feldsaison wieder in der Männer-Oberliga spielen will? Den unbedingten Ehrgeiz wie vor gut einem Jahr hat sie nicht mehr, ausschließen möchte es die leidenschaftliche Ausdauersportlerin (lief bereits einige Marathonläufe) jedoch nicht. "Wenn man einmal Kinder hat, gibt es auch andere Themen im Leben", sagt die 35-Jährige, um aber auch gleich noch nachzuschieben: "Hockey war eine tolle Zeit."