Das Gespräch führte Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 21.12.2004)
Mit der Wahl zur
"Mannschaft des Jahres" hat der sensationelle Olympiasieg der deutschen
Hockeydamen nachträglich weitere Aufwertung erhalten. Dieser Meinung ist auch
die gebürtige Mainzerin Denise Klecker (32), die sich nach dem Athen-Coup
inzwischen ganz ihrem Stammverein Rüsselsheimer RK widmet.
FRAGE: Glückwunsch zur Auszeichnung
in Baden-Baden! War trotz der Goldmedaille damit zu rechnen?
KLECKER: Ich hatte erwartet, dass es
zwischen den Handballern und uns eng wird, denn beide Teams haben in diesem Jahr
wirklich Tolles geleistet. Ich denke, die Wahl ist diesmal zu Gunsten der
Randsportarten und der Weiblichkeit ausgefallen. Beides freut mich riesig, denn
gegen die Medienpräsenz anderer Sportarten hat man es sehr schwer.
FRAGE: Würden Sie sagen, dieser erste
Platz ist - in Anlehnung an das olympische Turnier - verdient oder das Produkt
glücklicher Umstände?
KLECKER: Verdient ist vielleicht
etwas extrem; andere hätten es auch verdient gehabt. Zweifellos ist diese
Auszeichnung etwas Besonderes, die Abrundung eines goldenen Jahres sozusagen.
Wir sind auch nach Niederlagen wieder aufgestanden und haben so das Wunder von
Athen vollbracht. Daher ist die Auszeichnung sicher berechtigt. Es gibt
jedenfalls keinen Grund, sich nach dieser Wahl schlecht zu fühlen.
FRAGE: Was wird Ihnen von der
Verleihung am intensivsten in Erinnerung haften bleiben?
KLECKER: Es ist schon ein bewegender
Moment, wenn man da oben steht, der Name vorgelesen wird und man den Applaus
empfängt. Das i-Tüpfelchen für mich war aber, als der Film unseres
Physiotherapeuten Johannes Fetzer gezeigt wurde. Keine von uns wusste davon, und
durch die sehr privaten Aufnahmen ist vieles aus der Erinnerung hervorgeholt
worden. Etwa, wie man morgens mit der Goldmedaille um den Hals aufgewacht ist.
FRAGE: Wie hat sich der Abend
entwickelt, als die TV-Kameras abgeschaltet waren?
KLECKER: Es war sehr schön, mit allen
Sportlern gemeinsam zu feiern. Es gab eine Disco, aus der wir in den frühen
Morgenstunden unser Hotel angesteuert haben. Es war ja Das Interview das erste
Mal nach Athen, dass alle 16 Spielerinnen und unser Betreuerteam zusammen waren.
Nach einem gemeinsamen Frühstück ging´s nach Hause.
FRAGE: Glauben Sie, dass diese
Auszeichnung dem Hockeysport hierzulande zu noch mehr Anerkennung verhilft?
KLECKER: Da dies eine sehr
öffentlichkeitswirksame Veranstaltung mit vielen Millionen Zuschauern ist,
glaube ich schon, dass diese Ehrung dem deutschen Hockey nochmal einen Schub
geben kann - zumal wir, glaube ich, wieder sehr sympathisch rübergekommen sind.
Hockey dürfte spätestens jetzt kein Fremdwort mehr sein und wirkt fast schon
etabliert.
FRAGE: Einige Spielerinnen, darunter
Sie, waren mit dem, was der DHB nach dem Athen-Triumph in Sachen Vermarktung auf
den Weg gebracht hat, nicht wirklich zufrieden. Hat sich Ihre Meinung geändert?
KLECKER: Nach einigen klärenden
Gesprächen bin ich der Auffassung, dass der DHB wirklich sehr bemüht ist. Für
uns war vieles einfach undurch- sichtig, was sich im Hintergrund so tut.
Inzwischen ziehen alle an einem Strang, und auch ein neuer Hauptsponsor konnte
ja gefunden werden. Ich wünsche mir einfach, dass auch weiterhin für das Hockey
genau das Richtige passiert.
FRAGE: Sie haben ihre
Länderspielkarriere nach Athen beendet. Befürchten Sie nicht, dass sich nach
diesem Jahr und den vielen tollen Erlebnissen eine gewisse Leere einstellt?
KLECKER: Auf keinen Fall. Mit dem RRK
haben wir im nächsten Jahr Großes vor. Wir haben zwei deutsche Meistertitel zu
verteidigen, wollen wieder Hallen-Europapokalsieger werden und starten beim
Landesmeister-Europacup auf dem Feld. Sportlich alles sehr, sehr reizvolle
Aufgaben. Und zu den 30 Titeln, die unser Trainer Berti Rauth errungen hat,
fehlen mir noch drei.
BADEN-BADEN - Birgit Fischer
und Michael Schumacher, die Dauerbrenner im Kanurennboot und Formel-1-Boliden,
sowie die jungen deutschen Hockey-Olympiasiegerinnen sind die "Sportler des
Jahres" 2004.
Mannschaft des Jahres 2004 im Kurhaus Baden-Baden, Deutschlands Damen-Nationalmannschaft
- Hockey-Olympiasieger in Athen 2004, und das mit RRK-Hilfe: Denise Klecker (1.v.r.),
Mandy Haase (6.v.r.) und Silke Müller (3.v.l.). |
Das Trio setzte sich bei der 58. Wahl
der Internationalen Sportkorrespondenz (ISK/Böblingen) durch, an der sich 1500
deutsche Sportjournalisten beteiligten. Vor 500 geladenen Gästen, darunter
zahlreiche frühere und aktuelle Sportstars, wurden die Sieger am Sonntagabend im
Kurhaus von Baden-Baden geehrt.
Am Ende eines ereignisreichen
Sportjahrs - unter anderem mit Olympischen Spielen, Fußball-EM und Tour de
France - setzte sich Schumacher mit 2460 Stimmen vor
Langlauf-Gesamtweltcupsieger René Sommerfeldt (1842) und Radprofi Andreas Klöden
(1752) durch, der als Tour-Zweiter überraschte. Der 35 Jahre alte Ferrari-Pilot
wurde bereits zum siebten Mal Weltmeister, allerdings erst zum zweiten Mal nach
1995 "Sportler des Jahres". Der Kerpener verbringt derzeit traditionell seinen
Familienurlaub in seinem Haus in Norwegen.
Birgit Fischer hatte in diesem Jahr
ein sensationelles Comeback hingelegt und mit 42 Jahren in Athen bei ihren
sechsten Sommerspielen ihren achten Olympiasieg eingefahren. Die bei
Brandenburg/Havel lebende zweifache Mutter siegte aber nicht nur mit dem Vierer,
sondern gewann auch noch Silber im Zweier. Bei der Traditionswahl lag sie mit
4282 Stimmen zum ersten Mal vorn - und das ganz deutlich: Eisschnellläuferin
Anni Friesinger, die in Berlin die WM-Titel über 1000 und 1500 m holte, kam mit
1298 Stimmen auf Rang zwei vor Judith Arndt (1213), die sich als
Straßen-Radweltmeisterin sowie als Olympia-Zweite empfohlen hatte. In Athen
sorgte die Ausdauerspezialistin vor allem mit ihrem "Stinkefinger" auf der
Zielgeraden für Schlagzeilen.
Birgit Fischer und Michael Schumacher
folgten Schwimmerin Hannah Stockbauer und Radprofi Jan Ullrich, die im Vorjahr
triumphiert hatten. Der erfolgreichste Motorsportler der Welt und die
routinierteste Kanutin waren kürzlich auch bei der ZDF-Aktion "Unsere Besten -
Sportler des Jahrhunderts" gewählt worden.
Bei der "Mannschaft des Jahres"
setzte sich nach den Fußball-Weltmeisterinnen 2003 wieder ein Frauen-Team an die
Spitze: Die Hockeyspielerinnen um Bundestrainer Markus Weise wurden für ihren
völlig überraschenden Olympiasieg belohnt, den sie mit dem 2:1-Endspielsieg
gegen den Topfavoriten Niederlande perfekt gemacht hatten. Das Team, zu dem auch
Denise Klecker, Mandy Haase und Silke Müller vom Rüsselsheimer RK gehörten,
gewann mit 3334 Stimmen vor dem Handball-Nationalteam (2937) der Männer, das im
Endspiel von Athen verlor, sowie Fußball-Meister und Pokalsieger Werder Bremen
(1582). Einen Achtungserfolg landete der FSV Mainz 05: der Aufsteiger in die
Fußball-Bundesliga belegte mit 1073 Stimmen den fünften Platz in der
Mannschaftswertung. "Die Sieger sollen Vorbilder sein, echte Persönlichkeiten",
betonte ISK-Chef Klaus Dobbratz das Motto der seit 1947 stattfindenden Wahl.