|
Über Mitglieder des
RRK (2006)
Cora Eilhardt |
Cora Eilhardt |
Pierluigi
Collina und Horrorfilme
Cora Eilhardt
gehört als Spielerin und Schiedsrichterin zur deutschen Spitze
Von Jörg Schonhardt
(aus "Die hockeyzeit", Oktober 2006)
Als Cora Eilhardt
im Rahmen eines C-Kader-Lehrgangs vor sechs Jahren erstmals zur
Schiedsrichterpfeife griff, entsprang dies mehr aus einem Zufall. Da für ein
abendliches Trainingsmatch gegen Indien die Unparteiischen fehlten, drückte
Bundestrainer Heino Knuf der damals 19-Jährigen spontan die Pfeife in die Hand.
Die Reaktionen der Beteiligten fielen sehr gegensätzlich aus. "Während mich die
Inderinnen am liebsten nach jedem Pfiff gegen sie verkloppt hätten, fand Heino
meine Leistung richtig gut", erinnert sich Cora mit einem Schmunzeln zurück.
Wie sich
herausstellen sollte, war es nur der Beginn einer steilen Karriere, die
mittlerweile sogar zu einer Einstufung in den elitären Kreis der
FIH-Schiedsrichter gipfelte. Der Weg dorthin war allerdings nicht immer ganz
einfach. Auf Anraten von Deutschlands Damen-Schiedsrichterin Nummer eins Ute
Conen, zu der Cora ein freundschaftliches Verhältnis pflegt, versuchte sich Cora
im Rahmen eines Lehrgangs beim Leverkusener "RTHC-Sommertreff" im Sommer 2002
zum ersten Mal ernsthaft an der Pfeife. Ihre Leistungen beeindruckten die
Beobachter so sehr, dass die Newcomerin sofort in die Regionalliga der Männer
eingestuft wurde. Wie groß der Unterschied zwischen einer Freundschaftspartie
und einem Punktspiel jedoch sein kann, erfuhr die junge Debütantin gleich bei
ihrem ersten offiziellen Einsatz. "Es war ein Oberligaspiel mit der Mülheimer
Bundesligareserve, bei dem es echt ruppig zur Sache ging. Leider war mein
erfahrener Kollege noch mehr überfordert als ich. Dadurch ist uns das Ding
völlig aus den Händen geglitten. An diesem Abend dachte ich schon, dass es wohl
doch keinen Sinn macht mit der Pfeiferei."
"Frauen können
jetzt ruhig öfter Regionalliga pfeifen"
Doch so schnell
wollte sich Cora dann doch nicht aus der Bahn werfen lassen. Einer Vielzahl
gelungener Auftritte in der Regionalliga folgte 2003 der "Aufstieg" in die 1.
Bundesliga der Damen. Seitdem ist die Verteidigerin von Eintracht Braunschweig
(seit 2004) die erste Frau überhaupt, die gleichzeitig als Spielerin und
Schiedsrichterin in Deutschlands höchster Spielklasse agiert. "Anfangs war es
schon ein komisches Gefühl, sowohl für mich, als auch für die Aktiven. Da wurden
meine Leistungen natürlich besonders kritisch beäugt", so Cora. Zu ernsthaften
Problemen kam es aufgrund der ungewöhnlichen Konstellation bislang nur einmal.
"Die Verantwortlichen des Club an der Alster haben sich im Vorfeld meiner ersten
Endrunde in Düsseldorf 2005 beschwert, dass ich als Spielerin der
Liga-Konkurrenz nominiert wurde. Nachdem dann aber eine Kollegin in der
Verlängerung des Halbfinals eine umstrittene Entscheidung gegen Alster getroffen
hatte, beschwerten sich kurioserweise dieselben Leute, warum nicht 'die junge,
gute Schiedsrichterin' diese Partie gepfiffen hatte", schmunzelt die Liebhaberin
mexikanischen Essens, die vom KSR auch für die Hallenendrunde 2006 in Elmshorn
nominiert wurde. Als Schlüssel auf dem Weg nach oben bezeichnet Cora aber eine
Regionalligapartie zwischen Essen und Bonn aus dem Jahr 2004. Trotz voller Halle
zeigte sie in diesem Aufstiegsduell eine so starke Leistung, dass beide
beteiligten Teams sich im Anschluss per Mail bei ihr bedankten. "Da war zu
lesen, dass ab jetzt Frauen ruhig öfter in der Regionalliga pfeifen sollten. So
etwas macht einen schon ein wenig stolz."
Den Ruf als eine
der besten deutschen Schiedsrichterinnen genießt Cora vor allem aufgrund ihres
guten Spielverständnisses und der souveränen Ausstrahlung. Allerdings gesteht
sie selbstkritisch eine kleine Schwäche ein. "Ich bin häufig noch zu sehr
Spielerin und daher ein bisschen zu weich, was die Kartengebung angeht." Wenn
dies mal wieder der Fall war und Cora unzufrieden von einer Partie nach Hause
fährt, wird die benutzte Pfeife ganz weit nach hinten ins Regal gelegt ‒ und
fürs nächste Match eine andere Farbe gewählt. "Da bin ich schon abergläubisch.
Im Schnitt wechsle ich aber nur einmal pro Monat mein Arbeitsgerät", lacht die
26-Jährige, die den italienischen Fußball-Schiere Pierluigi Collina als ihr
großes Vorbild bezeichnet. "Er ist unheimlich charismatisch und strahlt viel
Selbstbewusstsein aus. Dadurch wirkt er auch bei schwierigen Entscheidungen fast
immer sicher und es kommt nur ganz selten zu Diskussionen mit den Spielern."
"Das Schweigen
der Lämmer ist die Mutter aller Horrorfilme"
Apropos
Diskussionen: Viel häufiger als bei eigenen Schiedsrichter-Einsätzen muss sich
Cora nach Ligaspielen im Trikot der Eintracht mit vermeintlichen
Fehlentscheidungen auseinander setzen. Teamkameradin und Nationallibera Tina
Bachmann, mit der sie in der Seidenstadt eine WG bildet, ist bekannt für ihre
impulsive Art gegenüber den Damen und Herren an der Pfeife. "Da kommt es schon
öfter vor, dass wir nach einem Match mit strittigen Situationen bis tief in die
Nacht debattieren. Natürlich habe ich dabei meistens Recht", lacht Cora.
Wenn sie nicht
gerade auf dem Platz steht oder nächtliche Diskussionen führt, findet man Cora
im Rechtshaus der Fachhochschule Wolfenbüttel, wo sie Wirtschaftsrecht studiert.
In ungefähr zwei Jahren möchte sie dann gern im Bereich Personalmanagement ins
Berufsleben einsteigen. In ihrer Freizeit hat die sympathische Brünette eine
ganz besondere Vorliebe: Horrorfilme. Ob "Das Schweigen der Lämmer" ("Das ist
die Mutter aller Horrorfilme") oder auch "Seven" und "The sixth sense" – Cora
gerät bei Produktionen dieses Genres ins Schwärmen: "Solche Movies könnte ich
mir stundelang anschauen, wenn sie eine vernünftige Handlung und einen Touch von
Psychothriller mitbringen." Dass sie aber auch ein Faible für ganz "normale"
Dinge besitzt, beweist Cora bei der Frage nach weiteren Hobbies. "Ich gehe gern
mit unseren Braunschweiger Teamkameradinnen aus und bin generell gern unter
Leuten, die ich gut kenne. Mir gefällt Braunschweig auch deshalb sehr, weil man
eigentlich immer irgendwelche Freunde trifft, wenn man in der Stadt unterwegs
ist."
"Kann auch noch
mit 40 zu den Olympischen Spielen fahren."
Trotzdem kann sich
der Südamerika-Fan ("Ich war durchs Hockey schon mehrfach dort und fand es immer
faszinierend") auch eine Rückkehr in den westdeutschen Raum sehr gut vorstellen.
Zuvor möchte sie aber die Karriere als Spielerin noch einmal richtig
vorantreiben und mit der Eintracht in den kommenden Jahren um den DM-Titel
mitspielen. Dass sich dadurch eventuell ihr weiterer Aufstieg innerhalb der FIH-Referée-Gilde verzögern könnte, stört die selbstbewusste Studentin nicht.
"Ich bin noch so jung, dass ich jetzt noch mal als Spielerin Gas geben will.
Warum sollte ich mir jetzt schon Stress machen. Als Schiedsrichterin zu den
Olympischen Spielen kann ich auch noch mit 40 fahren!" |