Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Christine Traiser

Stefanie Scholz und Christine Traiser

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Hallo ‒ Erste Worte"

Zwei Darmstädterinnen geben Babbel-Starthilfe

Von Ruth Weber und Marie Helene Anschütz (aus "Hier + DA" vom 30. April 2016)

Wir haben Stefanie und Christine besucht und sie haben uns von ihrem Projekt erzählt.

اچھی ابتدا کے لئے شروع کے الفاظ ۔

"Das war Urdu."

Habt ihr was verstanden? Könnt ihr mit diesen Schriftzeichen etwas anfangen? Ich nicht. Weder im Schriftbild, noch wüsste ich, wie es gesprochen wird oder würde es verstehen. Wie geht man damit um, wenn man einem Menschen gegenübersteht, der offensichtlich Hilfe braucht, man sich aber überhaupt nicht verständigen kann?
Der oben geschriebene Satz lautet übrigens: Erste Worte für einen guten Anfang.

Genau hier wollten zwei Darmstädterinnen ansetzen, als sie sich zusammentaten, um Kräfte und Hilfe zu mobilisieren. Stefanie Scholz und Christine Traiser kennen sich schon lange. Als im Oktober vergangenen Jahres die Flüchtlingszahlen immer weiter anstiegen, fragten sich die zwei Freundinnen:

"Warum sind wir bloß keine Ärztinnen, Psychologinnen, oder Architektinnen? Dann könnten wir jetzt echt was tun."

Stefanie, freischaffende Grafikdesignerin und Mutter zweier Söhne, engagierte sich direkt an verschiedenen Orten in der Flüchtlingshilfe, (sortierte Kleider, kochte Tee) und gibt seither auch Deutschunterricht. Die Andere, Christine überlegte, wie sie als diplomierte Designerinnen tatkräftig und mit ihren Fähigkeiten etwas bewegen könnten. Das Bedürfnis aktiv zu werden, wurde bei Christine durch ihre Tochter, die Medizin studiert, gestärkt. Sie half über das Rote Kreuz in verschieden Unterkünften bei der medizinischen Erstversorgung.
Nach langem überlegen, fiel auf einmal der Groschen: "Wir haben doch was Gutes studiert! Wir sind Kommunikationsdesignerinnen", sagt Christine. Stefanie lacht und bestätigt ihre Freundin: "Ja, manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht."

Die Entscheidung war getroffen – Stefanie und Christine wollen da helfen, wo sie gut sind: in der Kommunikation. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Stolz blicken die zwei auf ihr Werk, das vor uns auf dem Tisch liegt. Stolz können sie auch wirklich sein. Die Idee hat den beiden Kommunikationsdesignerinnen ganz schön was abverlangt.

"Wir sind da so reingestolpert"

"Uns war es wichtig JETZT etwas zu unternehmen, nicht erst wenn die Politik so weit ist."
Das "kleine Projekt" wurde ganz schön groß und vor allem ganz schön großartig: Ein Sprachführer für die ersten Momente in einem neuen Land. Point + Talk ist ein Heftchen in praktischer Hosentaschengröße (A6) mit Anleitungen, zum Einkaufen oder nach dem Weg fragen. Von Arzt- bis Zoobesuch oder 'Ich brauche Hilfe'; ist alles klar und einfach verständlich aufgelistet. In freundlich buntem Design und drei verschiedenen Sprachen (Farsi, Arabisch und Urdu) ist das Handtaschenlexikon erhältlich. Außerdem gibt es viele bunte Piktogramme, die einem beispielsweise Obst, Gemüse und andere Lebensmittel erklären und übersetzen. Alle Bilder und Abbildungen sind selbst angefertigt. Ob fotografiert und dann bearbeitet oder 'Straßenbahnticket erwerben’ als Szene nachgestellt, alles ist Handmade in Darmstadt.

Fleißarbeit vom Feinsten

"Die Arbeit am Sprachführer nahm immer mehr Zeit in Anspruch." Christine und Stefanie trafen sich regelmäßig zum Austausch. Sie holten sich Hilfe bei Experten, Geflüchteten und Übersetzern, um Anregungen für die Inhalte zu bekommen. Plötzlich tauchten mehr und mehr Kategorien auf. Der Eine befand das Thema Kleidung hilfreich, der Andere hielt es für besonders wichtig, wenn Sitten und Gesetze übersetzt würden.

Von der Konzeption, über das Texten, die Reinzeichnung bis hin zum Korrigieren der letzten kleinen Fehler – Christine und Stefanie haben alles gemacht, in Personalunion sozusagen.

Christine Traiser, Hessenmeister im Feldhockey 1980 mit den A-Mädchen des RRK (hinten: Betreuer Arno Wild, Elke Benischek, Monika Reichmann, Silvia Börner, Petra Moritz, Ruth Schwarzer, Christine Traiser, Katharina Wörner, Kerstin Strubl, Kerstin Storto, Anke Wild, Sabine Lersch, Trainer Berti Rauth; vorn: Anita Benischek, Bianca Weiß, Sabine Rausch, Beate Bemmert, Anja Mück)

Und nur mal so: Nachdem die Übersetzer am Werk waren, mussten die Beiden jedes einzelne Textfeld – und auf einer Seite gibt es ganz schön viele – umwandeln, denn arabisch läuft rückwärts. (Ich ziehe meinen Hut und verneige mich vor dieser Fleißarbeit!)
Beide schildern, dass es ihnen schwer viel, sinnvoll zu filtern. Immer wieder tauchten neue Unwägbarkeiten auf. "Wie teuer darf so ein Heftchen sein? Wer kauft es denn?" fragten sich die beiden Darmstädterinnen immer wieder.

Aus 20 wurden 64 Seiten

Denn natürlich ist der Sprachführer für Geflüchtete, aber ebenso für Helfer in den Anlaufstellen oder private Personen, die den Geflüchteten im Alltag zur Seite stehen möchten. So haben sie sich auf erschwingliche 2,00 € geeinigt, um wenigstens die entstandenen Kosten wie Druck, Lektorat oder Übersetzungskosten ansatzweise zu decken. Auch die Frage nach der Auflage beschäftigte die beiden sehr. Es wurden also 10.000 Stück gedruckt. Davon 6.000 Exemplare in Arabisch, 2.500 in Farsi und 1.500 in Urdu.

Liebe Prinzessin Urdu

Trotz all der spannenden und auch mal stressigen Momente in der Entstehungsgeschichte von Point + Talk, hatten Stefanie und Christine jede Menge Spaß und viele schöne Erlebnisse mit Helfern und Unterstützern. Im Zuge unserer Anfrage nach einem Interview, erreichte uns eine Mail von Christine, in der sie Stefanie mit dem Satz "Liebe Prinzessin Urdu" anschrieb, was die enge und freundschaftliche Beziehung der beiden Macherinnen verdeutlicht. Mittlerweile hat das Darmstädter Echo und Hessenschau.de über die beiden Herausgeberinnen berichtet und RTL Hessen hat sogar einen Beitrag gedreht. Außerdem wurde der Sprachführer bereits nachgedruckt.

Das Ziel: Hilfsorganisationen und Firmen sollen das Büchlein kaufen und an Flüchtlinge weitergeben.

Und vielleicht trifft man bald schon jemanden in der Fußgängerzone mit einem gestreiften Heftchen in der Hand. Denn das farbenfrohe und auffällige Design soll auch als Erkennungszeichen dienen: Hilfsbereite Menschen, die keine Scheu vor Kontakt haben und gerne weiterhelfen. Stefanie und Christine haben Darmstadt nicht nur um einen Sprachführer bereichert, die beiden zeigen auch, wie viele Menschen sich Gedanken machen und anpacken möchten. Denn in Darmstadt gibt es neben Christine und Stefanie noch viele andere Helfer, die mit diesem kleiner Hosentaschenlexikon vielleicht noch mehr bewegen können – das finden wir großartig!
Ihr möchtet dieses tolle Projekt unterstützen? Das halten wir für eine fabelhafte Idee!


Büchlein aus Darmstadt soll als Sprachbrücke für Flüchtlinge dienen

Stefanie Scholz und Christine Traiser haben Sprachführer entwickelt und drucken lassen, die neu angekommenen Flüchtlingen die Verständigung erleichtern sollen. Die Büchlein im Hosentaschenformat gibt es auf Arabisch, Farsi und Urdu.

Von Petra Neumann-Prystaj (aus "Darmstädter Echo" vom 13. März 2016)

Da stehen sie sich nun gegenüber, der syrische Flüchtling und die deutsche ehrenamtliche Helferin ‒ sprachlos. Er versteht kein Englisch und sie kein Arabisch. Wie soll sie sich mit ihm verständigen, wenn gerade keiner der viel beschäftigten Dolmetscher in der Nähe ist? Auf Dauer reichen Handzeichen und ein freundliches Lächeln nicht aus.

Künftig könnte die Begegnung folgendermaßen ablaufen: Die Helferin holt ein Büchlein hervor und deutet auf einen der vorgefertigten Sätze, die in drei Sprachen abgedruckt sind, nämlich auf Deutsch, Englisch und Arabisch. "Was brauchen Sie?" Er antwortet stumm, indem er seinen Finger auf einen arabischen Satz legt, dessen deutsche Übersetzung die Helferin ablesen kann: "Ich brauche Essen für das Baby" oder "Ich suche meine Familienangehörigen". Das Heftchen enthält nämlich die Grundausstattung für einfache Dialoge.

Die freischaffenden Kommunikationsdesignerinnen Stefanie Scholz und Christine Traiser haben den noch druckfrischen Sprachführer für Flüchtlinge und ihre Helfer entwickelt.

Dass so etwas gebraucht wird, merkte Stefanie Scholz beim Willkommens- und Sprachcafé "Come together" mit Flüchtlingen in der Paulusgemeinde. Christine Traiser wurde von ihrer Tochter, die Stockbetten in der Notaufnahme Starkenburg-Kaserne aufbaute, auf das Verständigungsproblem aufmerksam gemacht. Man behalf sich mit Zetteln, auf denen immer wiederkehrende Sätze standen.

Die Darmstädterinnen dachten sich Szenarien aus dem Lagerleben aus, um Verben und einfache Sätze für bestimmte Situationen zusammenzustellen. So gibt es im Heft eine "Putzteufelseite", auf der die Reinigungsutensilien wie Eimer und Staubsauger-Beutel abgebildet und benannt sind.

Die Designerinnen verwenden aber auch Piktogramme, selbst gemachte Fotos, vorwiegend aus Darmstadt, und Abbildungen von Lebensmitteln, mit deren Hilfe Flüchtlinge ohne Deutsch-Kenntnisse einkaufen gehen können. Die Fotos haben die Frauen in ihrem Umfeld gemacht. Stefanie Scholzens Sohn musste dafür ebenso herhalten wie Christine Traisers Hund.

Flüchtlinge mit Smartphone oder iPad können die im Heftchen angegebenen Apps aktivieren: Beiträge des Goethe-Instituts, das deutsche Grundgesetz, die Website des Bundestags (auf Englisch) und die "Welcomegrooves", ein akustischer Sprachkurs für Einsteiger mit Musikuntermalung.

Warum ein solcher Sprachführer bisher fehlte, können sich die Frauen nur so erklären: Alle Kommunen und Organisationen, die mit der Flüchtlingsunterbringung zu tun haben, sind überlastet und haben dafür keine Zeit. "Aber jetzt haben sie was in der Hand", frohlocken sie. Am Samstag wurden erste Exemplare an Darmstadts unabhängige Buchhandlungen geliefert. Die Auflage ‒ 10.000 Stück ‒ ist aufgeteilt in 6.000 Exemplare auf Deutsch-Englisch-Arabisch, 2.500 auf Farsi und 1.500 auf Urdu.

Stefanie Scholz und Christine Traiser sprechen keine dieser Sprachen, sind aber als Designerinnen begeistert von den geschwungenen, ästhetisch schönen Schriftzeichen. Sie ließen sich die Texte von einem Bad Vilbeler Dolmetscherbüro übersetzen und baten eine in England lebende Freundin, die Richtigkeit zu überprüfen.

Ein halbes Jahr hat es gedauert, bis ihre drei Sprachführer "Hallo ‒ Erste Worte für einen guten Anfang" druckreif waren. Das war mit viel Arbeit, aber auch viel Spaß verbunden. Für die Herstellung investierten die Frauen ihr eigenes Kapital. Sie wollten keinen Sponsor, weil die Heftchen neutral sein sollen. Allerdings nahmen sie schon vor der Fertigstellung Vorbestellungen entgegen, etwa von der Stadt Rüsselsheim und von Buchhandlungen.

Ein Sprachführer kostet zwei Euro. Wer 100 Stück bestellt, erhält eine Ermäßigung. In den nächsten Wochen wollen Stefanie Scholz und Christine Traiser bei Kommunen, Hilfsorganisationen, Vereinen und Kirchengemeinden Werbung für ihre Sprachführer machen. Wenn das Feedback positiv ausfällt, werden sie einen vierten Sprach-Führer auf Tigrinya (Eritreisch) herausgeben.


Und dann 2018 in "point+talk"

Hallo! Das sind wir.

Wir (Christine Traiser und Stefanie Scholz) sind zwei selbstständige Gestalterinnen aus Darmstadt und kennen uns schon viele Jahre. Im September 2015 begannen wir in Eigeninitiative mit der Entwicklung der Sprachführer. Als Kommunikationsdesignerinnen sahen wir uns gefordert einen Beitrag zur sogenannten "Flüchtlingskrise" zu leisten. Wir wollten eine Hilfe entwickeln, die es ermöglicht, sich über einfache Dinge zu verständigen, auch wenn die gegenseitige Sprache nicht gesprochen wird. Und diese Drucksache sollte wirklich für jede und jeden erschwinglich sein. "Nicht teurer als eine Tasse Kaffee!", war die Devise.

Um die erste Auflage zu finanzieren hatten wir das Glück, einige Kommunen, Unternehmen und Hilfsorganisationen sowie die freien Buchhändler in Darmstadt zu finden, die mit ihrer Vorbestellung die Übersetzungen durch ein professionelles Übersetzungsbüro und den Druck finanzieren halfen.
Seitdem haben wir den Sprachführer "Erste Worte" in acht Sprachen realisiert und den Gesundheitsführer "Gute Besserung" in zwei Sprachen.