Das Interview
führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 09.02.2018)
Der 9. Februar 2003
war ein besonderer Tag. In Leipzig wurden die ersten Hallenhockey-Weltmeister
ermittelt, und da beide Titel an die favorisierten DHB-Teams gingen, hatte auch
der Rüsselsheimer RK auf einen Schlag gleich drei – zieht man die damals bereits
in Hamburg aktive Britta Becker hinzu, sogar vier – Weltmeister in seinen
Reihen. Neben Denise Klecker und Oliver Domke wurde auch dessen jüngerer Bruder
Christian mit Gold dekoriert, der in wenigen Tagen seinen 40. Geburtstag feiert.
Herr Domke,
wissen Sie noch, was Sie auf den Tag genau heute vor 15 Jahren gemacht haben?
War da vielleicht
eine deutsche Endrunde und wir haben mal wieder den Titel verpasst?
ZUR PERSON
Christian Domke (39) hat zwischen 1999 und 2006 63
Hockey-Länderspiele bestritten, davon 22 in der Halle. Verletzungen
verhinderten eine stolzere Laufbahn des Kundenmanagers eines
Kosmetikherstellers. Neben drei EM-Titeln in der Halle und dem WM-Triumph
2003 war Domke am DM-Titel 2008 und am Hallen-Europacupsieg 2009 mit dem RRK
beteiligt. |
Nein, da fand
das Finale der ersten Hallen-WM in Leipzig statt, in dem Sie und Ihre
Nationalmannschaftskollegen Polen 7:1 besiegt haben.
Stimmt, das hatte
ich gar nicht mehr so auf der Platte gehabt. Allerdings hat das aktuelle
Nationalteam kürzlich in Neustadt, wo ich noch ein bisschen spiele, gegen eine
Südauswahl getestet. Deshalb weiß ich auch, dass wohl in diesen Tagen wieder
eine Hallen-WM stattfindet.
Können Sie sich
noch erinnern, wie 2003 die Erwartungshaltung vor der WM-Premiere war – bei
Ihnen persönlich, innerhalb der Mannschaft und beim Verband?
Da Deutschland bis
dahin noch kein Hallenspiel verloren hatte, wollten wir das Ding unbedingt
gewinnen. Im Gegensatz zu EM-Turnieren haben wir uns auch akribisch und länger
vorbereitet, zumal es zuvor einige enge Spiele gegen Polen gegeben hatte.
Seit Mittwoch
läuft die fünfte Hallen-WM in Berlin. Verfolgen Sie das Turnier und wer wird
Titelträger?
Ehrlich gesagt, ist
mir das Ganze inzwischen relativ egal. Dadurch, dass man das fast sein ganzes
Leben lang derart intensiv hatte, ist zumindest bei mir das ganz große Interesse
nicht mehr vorhanden. Die Ergebnisse nehme ich wahr, aber extra vor den
Fernseher würde ich mich nicht setzen. Das gilt aber auch für die Bundesliga
oder DM-Endrunden. Was eine Siegerprognose für die deutschen Teams angeht, bin
ich zurückhaltend. Wir hatten damals ein ausgewiesenes Team von
Hallenspezialisten, das es so nicht mehr gibt. Deshalb ist die deutsche
Vormachtstellung zuletzt ja auch gebröckelt.
Der letzte Akt im DHB-Trikot: Im Finale der 12. Hallen-EM 2006 in
Eindhoven besiegen die deutschen Hockeyspieler um Christian Domke (rotes
Trikot) Polen mit 4:3 Toren. |
In Leipzig 2003
wurde Neuseeland in der Vorrunde in 40 Minuten 17:0, Russland 16:0 geschlagen.
In Berlin steht aktuell ein 15:0 gegen Kasachstan zu Buche. Was sagen solche
Resultate über den Stellenwert des weltweiten Hallenhockey aus?
Ähnlich wie bei
Olympia sind bei einer WM auch Exoten dabei, die man sonst nicht sieht, aber es
einfach schön ist, dass sie dabei sind. Und dann kommen eben auch mal solche
Ergebnisse heraus. Damals stand im Raum, ob das schnellere Hallenhockey
womöglich Feldhockey in der Wertigkeit ablösen könnte – auch, weil einfach coole
Stimmung in den Hallen ist und diese in puncto Nachhaltigkeit besser nutzbar
sind als Kunstrasenplätze.
Ist es also –
analog zum Handball – leichter, Welt- als Europameister zu werden?
Jein. Denn bei der
WM sind in der Regel ja auch die besten Teams aus Europa am Start. Andererseits
gibt es europäische Mannschaften, die die WM-Qualifikation verpassen, aber über
die man bei einer Europameisterschaft durchaus stolpern kann. Große
Überraschungen, wie bei einer Fußball-WM, wird es im Hockey aber wohl nie geben.
Gut zwei Wochen
vor der WM fand die EM statt. Ist eine solche Ballung hochrangiger Turniere
sinnvoll?
Da damit eine
Veranstaltung auf jeden Fall abgewertet wird, finde ich das nicht gut. Das sind
Turniere, auf die man sich besonders freut und vorbereitet, und die sollten auch
echte Highlights bleiben. Irritiert hat mich auch, dass da ja offenbar zwei
völlig verschiedene DHB-Teams angetreten sind. Wir haben die EM 2003 in
Santander mit dem WM-Team bestritten und das als Vorbereitung verstanden.
Andere führende
Hockeynationen verzichten ganz auf die Halle oder schicken spezielle Hallenteams
an den Start. Warum lässt der DHB seine Nationalspieler beides tun?
Ich kann aus
eigener Erfahrung sagen, dass man sich in der Halle die Technik für das Feld
abholt. Deshalb ist das superwichtig, denn da das zwei unterschiedliche
Sportarten sind, müssen auch jeweils andere Lösungen gefunden werden. Dazu darf
man nicht vergessen, dass die Hallenrunde für viele Vereine von existenzieller
Bedeutung ist. Die Hallen sind voll, das wird zelebriert, die Stimmung ist
klasse. Damit kommt Kohle rein, auch über Sponsoren.
Sie haben vor
zwei Jahren Ihre Laufbahn beim RRK beendet. Sind Sie noch aktiv am Ball und wie
bewerten Sie den harten Abstiegskampf Ihrer alten Mannschaft?
Ich spiele mit
einigen Ex-Internationalen wie etwa Björn Emmerling noch bei der TSG Neustadt in
der Oberliga. Wir wollen in die Zweite Regionalliga aufsteigen, wo wir uns mit
ein bisschen Training auch halten sollten. Technisch macht uns nämlich keiner
was vor. Was den RRK angeht, freue ich mich, dass einige Junge – etwa Jan Erik
Dudel oder Anton Kleinpaul – den Sprung geschafft haben und reingewachsen sind.
Es wird noch eine Weile die erfahrenen Leute brauchen, aber in zwei, drei Jahren
sollte die Talsohle durchschritten sein. Was am meisten fehlt, ist ein Knipser.