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Über Mitglieder des
RRK (2003)
Christian Domke |
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Zwei Brüder aus
Rüsselsheim kämpfen in der deutschen Hockey-Nationalmannschaft in
der Halle um die Weltmeisterschaft
Christian Domke
tritt
aus dem langen Schatten von Oliver
Von ULRICH FRIED (aus "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 5.
Februar 2003) |
RÜSSELSHEIM. Jüngeren Geschwistern, wird gerne behauptet, soll das
Aufwachsen zumeist leichter fallen. Dass die späte Geburt längst
nicht immer eine Gnade ist, davon könnte Christian Domke
berichten. Selbst unter Fachleuten ist es bis heute Usus, dem
Familiennamen fast immer den Vornamen Oliver zuzuordnen. Doch
obwohl der 26 Jahre alte Oliver Domke als gestandener
Hockey-Nationalspieler, zweimaliger Olympiateilnehmer und
deutscher 2:1-Siegtorschütze im Finale der Weltmeisterschaft vor
fast elf Monaten einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad erreicht,
hatte der knapp zwei Jahre jüngere Christian ihm bis vor drei
Wochen etwas voraus ‒ er war schon einmal Hallen-Europameister.
Von diesem Mittwoch an verfolgt das Brüderpaar des Rüsselsheimer
RK ebenso wie ihre Vereinskollegin Denise Klecker mit dem
Damen-Nationalteam ein größeres Ziel: Bei der ersten
Hallen-Weltmeisterschaft in Leipzig, für die sich jeweils zwölf
Nationen qualifiziert haben, soll am Sonntag das Endspiel erreicht
und der Titelgewinn gefeiert werden. Dass Oliver Domke nach 182
Feld-Länderspielen vor wenigen Wochen erstmals auch in der Halle
das Nationaltrikot überzog, sei allein seine Entscheidung gewesen,
sagt er. "Ich hätte mehrfach gekonnt, wollte aber nicht, weil das
mit der Ausbildung irgendwie nie hingehauen hat." Als Student der
Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Wiesbaden sieht es besser
aus, und da der Europameisterschaft in der nordspanischen
Küstenstadt Santander noch die erste Hallen-Weltmeisterschaft
folgen sollte, habe er diesmal frühzeitig gegenüber Bundestrainer
Bernhard Peters sein Interesse signalisiert. "Prinzipiell spiele
ich genauso gerne Feld wie Halle, zumal es da viele Torraumszenen
gibt. Und wenn man zwei Titel in so kurzer Zeit mitnehmen kann,
ist das doch eine schöne Sache. Obwohl wir die Teams außerhalb
Europas nicht kennen, sollten wir uns mit dem Heimvorteil
durchsetzen können", sagt Domke der Ältere. "Und natürlich freue
ich mich darauf, mit meinem Bruder zusammenzuspielen."
Christian Domke im Kreis der 1. Herrenmannschaft des RRK vor der
Feld-Spielsaison 2003 (hinten: Trainer Kai Stieglitz, Timo Lehner, Thomas Jost, Oliver Domke,
Oliver Markowsky, Jan Petersen, Christian Domke, Frank Trautmann, Lorenz
Klee, Mirco Fuchs, Marcel Nold, Jürgen Stuhlträger, Nico Hosang,
Co-Trainer Nico Danne; vorn: Sven Wohlfahrt, Max Ankner, Jonas Hof, Adriaan Kühn,
Christopher Reitz, Andreas Späck, Chrstian Minar, Philipp Tangerding,
Roland Schneefuß) |
Der jüngere Domke empfindet genauso. "Da wir uns besser als alle
anderen kennen, sind die Laufwege ganz klar", sagt Christian. Seit
1999 ist er immer wieder einmal im Nationalkader des Deutschen
Hockey-Bundes (DHB) aufgetaucht, ohne sich einen Stammplatz
erspielen zu können. Auch an die Hallen-Europameisterschaft vor
zwei Jahren in Luzern hat er trotz des Titelgewinns nicht die
allerbesten Erinnerungen. "Ich bin damals als Stürmer nicht soviel
zum Einsatz gekommen und habe mich ein bisschen übergangen
gefühlt." Dass er im Verein nun schon in der zweiten
Bundesligasaison hintereinander mit Abwehraufgaben betraut ist,
ohne deshalb seine technischen Fertigkeiten und seinen
Offensivdrang zu unterdrücken, hat ihm beim Bundestrainer offenbar
mehr Anerkennung eingebracht. "„Er hat mich bei den Lehrgängen
mehrfach gelobt, und irgendwann war ziemlich klar, dass ich
dabeisein würde. Ich denke, mein Vorteil ist, dass ich hinten und
vorne spielen kann", sagt Domke II.
Und genau das imponiert auch dem älteren Bruder. "Er hat ganz
andere Qualitäten als ich." Dass beide Domkes über die aktuellen
Hallen-Höhepunkte hinaus auch im Freien bis zu den Olympischen
Spielen 2004 gemeinsam spielen werden, sieht Oliver deshalb aber
noch nicht. "Natürlich wäre das toll, aber ich weiß nicht, ob
seine Kniegelenke die härtere Belastung draußen mitmachen." Schon
häufig habe Christian speziell nach Feld-Lehrgängen über Schmerzen
geklagt und pausieren müssen. Für den Jüngeren indes ist dies kein
Grund, aufzugeben. "Ich möchte unbedingt nach Athen, denn der
Stellenwert von Feldhockey ist nun einmal deutlich höher." Mit
vorbeugenden Kraftübungen und der Einnahme homöopathischer Mittel
hofft er, dieses leidige Problem in den Griff zu bekommen. Was
seine Rolle im Schatten des berühmten Bruders betrifft, hat er
nach inzwischen 44 Länderspielen seinen Frieden offenbar gefunden.
"Früher hat mich das schon ein bisschen gewurmt, aber mittlerweile
stehe ich da drüber. Der Respekt ist da ‒ auch im Nationalteam.
Und im Verein nehmen alle was von mir an; auch der Olli", sagt
Christian.
Beim Gewinn der Europameisterschaft gehörte Christian Domke zu den
stärksten deutschen Spielern und war vom Bundestrainer daraufhin
in den höchsten Tönen gelobt worden. "Der kleine Domke war diesmal
der große", hatte Bernhard Peters gesagt. Bruder Oliver erzielte
in Spanien zwar neun Tore, konnte den Bundestrainer aber erst im
Turnierverlauf richtig überzeugen. Dennoch sind die
Gemeinsamkeiten der Geschwister bisweilen frappierend: Auch
Christian studiert Betriebswirtschaft, allerdings an der
Gutenberg-Universität in Mainz. Dass das Domke-Duo in Santander und
nun auch in Leipzig in einem Zimmer logiert, ist daher nicht
wirklich etwas Besonderes. Dass erstmals Brüder zu jenen zwölf
deutschen Spielern gehören, die in der Halle um einen Titel
kämpfen, auf jeden Fall. Und spätestens als Mitglied der ersten
Weltmeistermannschaft dürfte auch der Name Christian Domke dem
einen oder anderen vielleicht geläufiger sein.
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