Das Interview
führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 17.06.2022)
Am Abend des 7.
Juni stand fest, dass die Hockeyspielerinnen des Rüsselsheimer RK einen zweiten
Anlauf nehmen müssen, um in die Bundesliga zurückzukehren. Am heimischen
Sommerdamm hatte sich Spitzenreiter TSV Mannheim 6:3 durchgesetzt und damit sein
vorzeitiges Meisterstück in der Zweiten Liga Süd abgelegt. Die Gründe, warum der
sechsmalige deutsche Feldmeister den dritten Wiederaufstieg verpasst hat, sind
in den Augen von Celina Hocks vielschichtiger Natur. Die 25 Jahre alte Kapitänin
des Ruderklubs ist aber guter Dinge, dass das junge Team um Nationalspielerin
Pauline Heinz nach dem Trainingsstart am 2. August alles daran setzen wird, im
kommenden Jahr selbst eine Aufstiegsfeier steigen lassen zu können.
Frau Hocks, Sie
hatten mit Ihrem Team im letzten Heimspiel die Chance, erstmals in dieser Saison
die Tabellenführung in der Südgruppe der Zweiten Bundesliga zu übernehmen und
sich gleichzeitig die Aufstiegschance zu eröffnen. Tat es sehr weh, dem TSV
Mannheim dann beim Meisterjubel zuschauen zu müssen?
Celina Hocks: Da
darf man sich ja nichts vormachen: Wir hatten nur eine ganz kleine theoretische
Chance, weil Mannheim noch zu Hause gegen den punktlosen Tabellenletzten spielen
würde. Insofern konnte man sich darauf einstellen, und deshalb ist es auch nicht
so schlimm gewesen. Für uns ging es an diesem Abend mehr um die Ehre, und
deshalb war es eher frustrierend, dass es am Ende so deutlich geworden ist. Dass
wir noch auf 3:4 herangekommen sind, war aber sehr gut und hat Spaß gemacht,
weil wir damit gezeigt haben, dass wir mithalten können.
Glauben Sie,
dass das Ergebnis im Falle eines richtigen Endspiels anders ausgesehen hätte
oder ist der TSV vollkommen verdient aufgestiegen?
Ich denke schon,
dass eine realistischere Konstellation emotional einiges geändert hätte. Solche
Situationen lassen sich nicht nachstellen, aber das Gefühl dazu wäre sicherlich
ein ganz anderes gewesen. Ob das Spiel dann tatsächlich an uns gegangen wäre,
ist von so vielen Faktoren abhängig. Wenn wir über die kompletten 60 Minuten
unsere beste Leistung hätten zeigen können, hätte es auf jeden Fall anders
ausgesehen. An diesem Abend hat der TSV sicherlich verdient gewonnen.
Der
Wiederaufstieg war das erklärte Ziel im RRK. Warum hat es nicht geklappt, und
kann es auch etwas Positives haben, analog zum zweiten Abstieg 2017 zwei Anläufe
zu benötigen?
ZUR PERSON
Celina Hocks ist seit ihrer Rückkehr aus den USA 2017
Spielführerin des Rüsselsheimer RK, für den sie seit 17 Jahren am Ball ist.
Zuvor beim Rüsselsheimer Schwimm-Club aktiv, hatte Trainer-Ikone Berti Rauth die
heute 25-Jährige bei einem Sichtungstraining an der Grundschule Nauheim
entdeckt und für den Hockeysport vereinnahmt. Dass sie dem Verein und ihrem
Wohnort am Untermain verbunden bleibt, ist höchstwahrscheinlich: Nach dem
zur "persönlichen Zufriedenheit" bestandenen Examen kann die athletische
Offensivspielerin davon ausgehen, dass der Referendariatszeit am
Immanuel-Kant-Gymnasium eine Lehrerinnenstelle für Mathematik und
Sport folgt. Zudem will sie in absehbarer Zeit ihren Trainer-B-Schein
erwerben. (kri) |
Dass wir damals
zwei Runden gebraucht haben, hat uns auf jeden Fall deutlich besser
zusammenwachsen lassen. Das hat man dann auch in der ersten Liga gemerkt, in der
wir uns wirklich gut verkauft haben. Dass alle Spielerinnen bleiben wollen,
bietet uns eine gute Möglichkeit, die Zeit zu nutzen und uns richtig
einzuspielen. Dass es diesmal nicht geklappt hat, lag für mich an der Hinrunde.
Da haben wir früh bei den Zehlendorfer Wespen sowie daheim gegen den Nürnberger
HTC verloren, was uns eine optimale Ausgangslage gekostet hat. Dazu kamen
personelle Probleme durch Verletzungen und berufliche Zwänge.
Was müsste
aktuell am ehesten verbessert werden, um den Sprung zurück unter die zwölf
besten Teams zu schaffen?
Das Hauptding ist
in meinen Augen die Zusammensetzung des Kaders. Da hat uns, nicht zuletzt
aufgrund der doch vielen Verletzungen, die Breite gefehlt. Genau das ist aber
nötig, um den Wettkampf im Team hochzuhalten, weil jede um einen Platz im Kader
kämpfen muss. Am Torabschluss hat es diesmal nicht gelegen, denn wir haben die
meisten Treffer erzielt. Dafür haben wir aber zu viele Gegentore gekriegt, was
vielleicht ein bisschen der fehlenden Routine geschuldet war. Bei etwas mehr
Eingespieltheit wird das bestimmt besser aussehen, wobei die Jungen das
insgesamt wirklich gut gemacht haben.
Pauline Heinz
ist als A-Nationalspielerin ein ganz entscheidender Faktor. Wie wichtig ist es
für die RRK-Zukunft, dass sie bei ihrem Heimatverein bleiben kann?
Ich möchte wirklich
nicht in ihrer Haut stecken. Pauli ist spielerisch, aber vor allem auch
menschlich super-wichtig für das Team. Falls es Zwänge gibt, sich
umzuorientieren, wird sie das schweren Herzens tun und genauso traurig sein, wie
wir. Sicherlich würde es hart ohne sie, aber niemand von uns möchte ihr bei der
Erfüllung ihrer sportlichen Träume im Weg stehen. Unendlich abhängig von einer
Spielerin sollte aber kein Team sein. Wir würden jedenfalls alles versuchen, das
als Kollektiv aufzufangen, falls es dazu kommen sollte.
Auch in dieser
Saison sind beide Bundesliga-Absteiger direkt wieder rückversetzt worden. Sehen
Sie realistische Perspektiven, dass dieser Trend zu stoppen ist?
Im vergangenen Jahr
ist es für uns ja super-unglücklich gewesen. Wir haben uns insgesamt gut
verkauft und mitgehalten, und durch die Play-Downs bleibt die Chance ja bis zum
Schluss erhalten. Der Unterschied zwischen erster und zweiter Liga ist schon
groß, und daran wird sich auch wenig ändern. Schon die Herangehensweise ist eine
ganz andere: Man spielt ja das komplette Jahr gegen Zweitligisten, und bis man
sich als Aufsteiger an das höhere Niveau gewöhnt hat, ist die Runde fast vorbei.
Die Basis bleibt ein breiter und stabiler Kader, wobei es sicherlich besser
wäre, wenn die jungen Spielerinnen langsamer herangeführt werden könnten. Die
Möglichkeiten sind durchaus gegeben, in der Bundesliga Fuß zu fassen. Ich selbst
spiele auf jeden Fall lieber dort.