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Über Mitglieder des
RRK (1995)
Britta Becker |
Britta Becker entwickelt sich zur
selbstbewußten Frau
Ein Fußballmanager formt die
"schönste" Hockeyspielerin
Von PETER PENDERS (aus "FAZ" vom 23.06.1995)
FRANKFURT. Wohl dem, der einen
Manager hat. Seit Oktober 1994 läßt sich die Hockey-Nationalspielerin Britta
Becker mit professionellem Beistand vermarkten. Seitdem steigt der
Bekanntheitsgrad der zuvor nur branchenintern bekannten Weltklassespielerin
rapide. "So ein Schub war nicht vorhersehbar", sagt Norbert Pflippen, der sich
normalerweise um Fußballstars wie Lothar Matthäus, Matthias Sammer oder Mehmet
Scholl kümmert. Pflippen sah im September 1994 ein Foto der 22 Jahre alten
Hockey-Nationalspielerin und erkannte die Chance. Damit liegt er im Trend. In
der Werbung sind junge, attraktive und erfolgreiche Sportlerinnen en vogue.
"Letztlich zählt nur der Erfolg",
sagt der Manager. Bislang enttäuschte die Hockeyspielerin ihn nicht. Der
Rüsselsheimer RK, Heimatverein von Britta Becker, gewann im Februar wie erwartet
den Hallenhockey-Europapokal, im April unerwartet den Feldhockey-Europapokal der
Pokalsieger. Beste Spielerin bei beiden Veranstaltungen: Britta Becker. An
diesem Freitag kann Deutschlands "schönste Hockeyspielerin", wie sie vor ein
paar Wochen in einer Talkshow angekündigt wurde, ihre Möglichkeiten in der
Werbebranche weiter vorantreiben. Im Halbfinale der Europameisterschaft trifft
die deutsche Mannschaft in Amstelveen auf die Niederlande.
Am Beginn der Zusammenarbeit hatte
Britta Becker immerhin schon 100 Länderspiele, eine olympische Silbermedaille
und diverse Titel auf nationaler und internationaler Vereinsebene aufzuweisen.
Doch statt eines selbstbewußten Stars fand der den Umgang mit Fußballspielern
gewohnte Pflippen ein eher schüchternes junges Mädchen vor. "Was sie mit dem
Hockeystock machen kann, ist sensationell. Aber sie muß mehr Persönlichkeit
entwickeln. Dabei will ich hier helfen", sagte Pflippen im Oktober vergangenen
Jahres. Besondere finanzielle Interessen weist er heute wie damals weit von
sich. "Mein Geschäft ist zu 95 Prozent der Fußball. Und die fünf Prozent sind
mein Hobby Britta Becker."
Mit dieser Freizeitbeschäftigung hat
der Mönchengladbacher viel für die Hockeyspielerin erreicht. Der Verdacht liegt
nahe, daß es seinen Beziehungen zu verdanken ist, daß sich plötzlich neben dem
Magazin "Sports" auch das Fußball-Fachblatt "Kicker" für die Hockeyspielerin
interessierte, Deutschlands größtes Boulevardblatt seine Freude an Fotoserien
mit Britta Becker entdeckte oder der "Stern" Kleinwagen von ihr testen ließ. Daß
Britta Becker ein Opel am besten gefiel, zeugt von ihrer Professionalität.
Schließlich ist der Rüsselsheimer Automobilhersteller Werbepartner ihres Vereins
Rüsselsheimer RK und der Nationalmannschaft. Auch die Vorstellung von Pflippen,
"sie muß lernen, sich besser zu verkaufen", setzte die Hockeyspielerin schnell
um. Der beim Autotest geäußerte Wunsch, am liebsten ein Cabrio zu fahren, wurde
prompt und gerne erfüllt.
Seitdem hat nicht nur das Fernsehen
Britta Becker entdeckt, auch die Werbung will das telegene und fotogene
Erscheinungsbild nutzen. Der Vertrag mit einem deutschen Sportartikelhersteller
wurde in "Sports" gleich mit einer illusorischen, sechsstelligen Summe
gleichgesetzt. Die Aufnahmen mit einem italienischen Modehersteller gelten schon
als Beginn einer Modellkarriere, ein Vertrag mit einem Produzenten von Duschgel
steht vor dem Abschluß, ein Filmangebot lag bereits im Briefkasten. "Ich habe es
wie bei allen anderen Sachen an Pflippi weitergegeben", sagt Britta Becker. Die
Sportlerin hat Vertrauen zu ihrem Manager und - wie beide unisono betonen -
ohnehin "die letzte Entscheidung".
Angesichts dieser Entwicklung nicht
nur sprichwörtlich "auf dem Teppich zu bleiben" erscheint fast unmöglich.
Schließlich ist die Rüsselsheimerin, die schon mit 16 Jahren Nationalspielerin
wurde, im Gegensatz zu den umworbenen Kolleginnen wie der Schwimmerin Franziska
von Almsick, der Gymnastin Magdalena Brzeska oder der Tennisspielerin Jana
Kandarr eine Mannschaftssportlerin. "Ich finde es total gut fürs Hockey.
Außerdem geht Britta völlig normal damit um. Es gibt keinen Neid, eher Vorteile.
Sie ist viel offener und lockerer geworden", sagt die deutsche
Mannschaftsführerin Franziska Hentschel.
Das soll auch für das Halbfinale an
diesem Freitag gelten. "Ich glaube, wir können hier den Titel gewinnen", sagt
Britta Becker vor dem Aufeinandertreffen mit dem Gastgeber Niederlande. Das
schüchterne Mädchen von einst auf dem Weg zu einer selbstbewußten jungen Frau
mit Führungsqualitäten. Goldige Aussichten also für alle Beteiligten: Als
Karriereende hat Britta Becker erst die Olympischen Spiele im Jahre 2000 in
Sydney im Sinn.
"Hockey ist und bleibt die Nummer
eins" Rüsselsheims Nationalspielerin
Britta Becker von der Werbung und den Medien entdeckt / Kick für die
Sportart?Von
Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 21.07.1995)
RÜSSELSHEIM - "Knallharte Hockeyspielerin und samtweiches Model":
Krasser hätten die Gegensätze nicht sein können, mit denen Thomas Koschwitz die
Zuschauer im Studio und an den Fernsehschirmen auf den ersten Gast seiner
"RTL-Nachtshow" vorbereitete. Der erste Auftritt in einer zuschauerstarken TV-Livesendung, die allabendlich zeitversetzt ausgestrahlt wird, markierte Mitte
Mai den vorläufigen Höhepunkt unter den PR-Terminen, mit denen sich die
Rüsselsheimerin Britta Becker seit einem guten halben Jahr konfrontiert sieht.
Alles Auswirkungen der Zusammenarbeit mit dem Spielerberater Norbert Pflippen,
der von seinem Standort Mönchengladbach aus ansonsten strammwadige Fußballstars
wie Lothar Matthäus, Norbert Sammer oder Mehmet Scholl an Unternehmen zu
Werbezwecken vermarktet.
Auch wenn die Fragen, denen sich die 22 Jahre alte Nationalspielerin des
Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) ohne vorherige Absprache stellen mußte, selten
über das typisch seichte Niveau einer Nachtshow hinausgingen, kam der etwa
zehnminütige Auftritt an. "Ich fand's okay", sagt Britta, die in ihrem kurzen,
schwarzen Kleid einer Düsseldorfer Modemacherin im Studio mit reichlich Applaus
und anerkennenden Pfiffen bedacht worden war. Während Norbert Pflippen in
geschäftlicher Manier kommentierte ("Jede PR-Sache ist gut"), war der Präsident
des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) voll des Lobes: "Das war ganz, ganz toll für
den Hockeysport", so Michael Krause bei einem spontanen Telefonanruf am Tag nach
der Sendung bei Britta Becker.
Mit 21 schon 110 Länderspiele
Daß die vielleicht beste Technikerin unter Deutschlands Hockeyspielerinnen
an Popularität im Inland inzwischen einen Stefan Blöcher in den Schatten
gestellt hat, kommt nicht von Ungefähr. Einmal ist es seit geraumer Zeit Mode,
gutaussehende und erfolgreiche Sportlerinnen zu vermarkten beziehungsweise ihnen
TV-Auftritte oder seitenfüllende Artikel zu widmen. Um, wie Britta Becker, in
die Gazetten von "Stern", "Bild", "Sport-Bild", "Sports" oder
"Kicker" - mit einem persönlichen Fragebogen von A bis Z - zu gelangen, im
Frühstücksfernsehen zu erscheinen oder in einer Sportsendung des Südwestfunks 15
Minuten lang porträtiert zu werden, bedarf es freilich mehr, als nur ein
hübsches Gesicht und lange Beine zu haben. "Daß jemand mit 21 Jahren schon 110 Länderspiele hinter
sich hat, fand ich außergewöhnlich", begründet Norbert Pflippen sein Interesse
für die "B. B." aus Rüsselsheim.
Daß sich die bei einem Hallenturnier
im Oktober '94 in Leverkusen geknüpfte und bald darauf per Handschlag besiegelte
Verbindung mit seinem jüngsten Schützling lohnt, kann als gesichert gelten. 20
Prozent der Bezüge, die Britta Becker für ihre vielschichtigen Werbeaktivitäten
erhält, gehen auf das Konto des Mönchengladbachers. Die Ausrüsterverträge mit
den Sportartikelherstellern "adidas" und "TK" laufen seit geraumer Zeit; die Verbindung mit dem Produzenten einer
Körperpflegeserie (sebamed) ist seit Mitte Juli perfekt. Aber auch
Auto-Testfahrten für eine Wochen-Illustrierte oder der Auftritt bei der
Computermesse "Cebit" in Hannover sind für beide Partner lohnend. Britta Beckers
im "Stern" geäußerte Vorliebe für ein Cabriolet wurde zudem prompt von RRK-Trikotpartner
"Opel" erhört. Der Automobilhersteller nahm die
Lehramts-Studentin für Sport und Kunst kurzerhand in den illustren Kreis jener
Persönlichkeiten auf, die einen Wagen unentgeltlich fahren und diesen später
günstig übernehmen können. Trotzdem sei sie - zumindest finanziell - Lichtjahre
von der Dimension einer Franziska van Almsick entfernt: "Ohne Sporthilfe könnte
ich nicht leben".
Model nur zum Spaß
Die extreme Steigerung ihres persönlichen Bekanntheitsgrades und mithin auch
der Sportart Hockey in den zurückliegenden sieben Monaten resultiert indes in
erster Linie aus einer Fotoserie, die Britta als "Model" darstellt. Einen Tag
lang ließ sie sich - auch mit freiem Bauchnabel - in Bekleidungsstücken einer
italienischen Modefirma ablichten. "Das war ganz schön anstrengend, aber es hat
Spaß gemacht und war spannend", erinnert sich Britta und gibt zu, daß sie eine
Model-Laufbahn als zweites Standbein neben dem Sport schon reizen würde. Aber:
"Um so etwas richtig zu machen, fehlt es mir an der Zeit, denn der Sport darf
nicht zu kurz kommen. Hockey ist und bleibt die Nummer eins in meinem Leben",
sagt Britta.
14 Jahre ist es inzwischen her, daß die Mittelfeldspielerin über eine von
RRK-Trainer Berti Rauth betriebene Talentsichtung an Rüsselsheimer Grundschulen
mit dem Hockeystock in Berührung kam. Daß Rauth sie wegen eines umgestoßenen
Hütchens beim Geschicklichkeitstest nicht zum Vereinstraining einlud, konnte
ihren Tatendrang nicht bremsen. Gemeinsam mit Katrin Schmidt, damals wie heute
beste Freundin und Mannschaftskameradin, erschien sie einfach zur angesetzten
Übungszeit auf dem damaligen RRK-Aschenplatz. Es sollte der Anfang einer
beispiellosen und mit zahlreichen Vereins- und Auswahltiteln gespickten Laufbahn
sein. Als Zwölfjährige bestritt sie ihr erstes Länderspiel - im Team der zum
Teil drei Jahre älteren B-Jugend. Gegen Frankreich zur eigenen Überraschung
eingewechselt, gelang dem Küken im DHB-Team auch prompt mit einem Siebenmeter
das erste Länderspieltor. Den ersten Einsatz in der A-Nationalmannschaft gab es
mit 16 Jahren zu notieren; im selben Jahr (1989) wurde sie
Junioren-Weltmeisterin.
Britta Becker (Zweite
von rechts) im Spiel gegen den Berliner HC 1995, Strafecke für den RRK
(Marja Busch, Eva Hagenbäumer, Denise Klecker, Britta Becker, Lisa Jacobi)
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Großer Titel fehlt noch
Unter jenem Mann, der ihren ersten internationalen Auftritt
1985 als DHB-Assistenztrainer erlebt hatte, sucht Britta Becker ihren Ehrgeiz
nun möglichst bald durch den ersten Titelgewinn mit dem deutschen Damenteam zu
stillen. Nach dem Gewinn der Olympischen Silbermedaille 1992 in Barcelona läßt
der ganz große Triumph nämlich weiter auf sich warten. Speziell die beiden
Weltmeisterschaften 1990 und 1994 verliefen enttäuschend, und auch die
Europameisterschaft im Juni in den Niederlanden endete - trotz des inzwischen
50. Länderspieltores - mit Rang drei unbefriedigend. Bundestrainer Rüdiger Hänel,
der Brittas Vermarktung im Sinne des Interessenzuwachses an der Sportart Hockey
positiv betrachtet, hat in den jüngsten Länderspielen eine Leistungssteigerung
bei der Rüsselsheimerin ausgemacht. "Sie wirkt jetzt in jedem Spiel
hochkonzentriert und kniet sich besonders rein", so der Eindruck des Bonners.
Trotz der gestiegenen Popularität sie selbst zu bleiben, das hat sich Britta
Becker auch im Verein und im Privatleben vorgenommen. Ihre Teamkolleginnen im
RRK etwa von dem bevorstehenden Auftritt in der RTL-"Nachtshow" zu informieren,
das sei ihr überhaupt nicht in den Sinn gekommen. "Ich möchte mich nicht wichtig
machen und habe auch nicht abgehoben", sagt Britta. Vielmehr freue sie sich über
nette Reaktionen - etwa aus dem Kreise der Kommilitonen an der Frankfurter Johann-WoIfgang-Goethe-Universität.
"Ich wurde gefragt, ob ich ein bißchen höher
Hockey spiele. Alles war und ist dort völlig normal", erzählt Britta.
Gleiches gelte auch für die Nachbarn jenes Mehrfamilienhauses, in dem sie seit
Februar ein gemütlich eingerichtetes Zwei-Zimmer-Appartment mit 55 Quadratmetern
Wohnfläche angemietet hat.
Wenig Zeit für Hobbys
Daß die Popularität freilich auch andere Seiten haben kann, ist Britta
Becker sehr wohl bewußt. Schon nach dem ersten Foto im "Stern" habe es dubiose
Angebote gegeben. Und auch unter der Fanpost, die sich nach einem TV-Auftritt
oder einer seitenlangen Reportage schon einmal von etwa 50 auf rund 200
Zuschriften pro Woche erhöhen kann, befinden sich immer wieder "schwarze
Schafe". Brittas Mutter wacht über diesen Bereich und nimmt der Tochter den
Großteil der anfallenden Schreibarbeit ab. Durch die mannigfachen
Verpflichtungen bleibe zudem wenig Zeit für Freunde oder Hobbys, zu denen seit
kurzem auch das Fahren mit den sogenannten "Roller Blades" gehört.
Daß die Hockeyspielerin Britta Becker inzwischen einen gewissen Marktwert hat,
mußte eine skandinavische Hotelkette erfahren. Das Unternehmen, das seit einigen
Jahren mit Brittas Konterfei im Gesamtspielplanheft des DHB geworben und im
Gegenzug die Produktionskosten dafür übernommen hatte, bekam den unentgeltlichen
Abdruck des Fotos durch Pflippens Büro untersagt. "Die haben nicht gefragt und
einfach so draufgehauen. Das haben wir verhindert", sagt Pflippen, der sich auch
ansonsten sehr um seinen einzigen weiblichen Schützling kümmert. Neben nahezu
täglichen Telefonaten läßt sich Pflippen immer wieder bei größeren
Hockeyereignissen (Hallen-DM, Europacup-Veranstaltungen) blicken. Und wo immer
es Brittas Zeit zuläßt, versucht der Mönchengladbacher, ihr Selbstbewußtsein
durch das Zusammenbringen mit namhaften Sportpersönlichkeiten zu steigern. Ein
Telefongespräch mit Lothar Matthäus - ohne Vorwarnung - gehörte ebenso dazu, wie
der Besuch des Fußball-Länderspiels Deutschland gegen Wales in Düsseldorf. "Sie
lernt unheimlich schnell; es macht Spaß", lobt Pflippen.
"Playboy" kein Thema
Großen Spaß - den zieht Britta Becker freilich noch immer in erster Linie
aus dem rasanten Spiel mit der kleinen Hockeykugel. Bis zum Jahre 2000, wenn in
Sydney (Australien) die Olympischen Spiele ausgetragen werden, möchte sie auf
alle Fälle international weitermachen. "Was danach kommt, ist völlig offen",
sagt Britta. Denkbar, daß die weiteren Aktivitäten als "Model" oder in der
Produktwerbung ihre Zukunft mitbestimmen. Aber auch in diesem Bereich
gibt es Grenzen: "Der PIayboy ist kein Thema", sagt Britta, die auch schon ein
Foto für „Sports" abgelehnt habe. Auf den für die Sommermonate avisierten
Auftritt im , "Aktuellen Sportstudio" des ZDF indes freut sie sich sehr. "Eine
tolle Gelegenheit, Hockey noch mehr ins Gespräch zu bringen".
Daß dies unter Umständen auch anderen hübschen Hockeyspielerinnen
hätte gelingen können, steht zu vermuten. "Ich habe mich gefragt,
warum sie mich nicht genommen haben", witzelte etwa Brittas Mannschaftskameradin
im Verein und im Nationalteam, Eva Hagenbäumer, mit einem schelmischen Grinsen.
Die RRK-Spielführerin war vor Jahren einmal mit einem aufreizenden Foto im
Lifestyle-Magazin "Max" zu sehen gewesen. Gleichwohl sich über
Geschmack bekanntlich nicht streiten läßt, mußten Eva und andere adrette
Mitstreiterinnen letztlich wohl vor einem kleinen, aber feinen Unterschied
kapitulieren: 21 Jahre und schon 110 Länderspiele.
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