Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Britta Becker


Ein Roberto Baggio mag sie nicht sein

Britta Beckers Treffer ebnete deutschen Hockeydamen den Weg ins WM-Halbfinale

Von Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 22.07.1994)
 

Der Vergleich mit dem italienischen Fußballprofi Roberto Baggio schmeckte Britta Becker gar nicht: "Der ist doch zu Beginn der WM andauernd ausgewechselt worden und hat auch schlecht gespielt", sagte die Mittelfeldspielerin des Rüsselsheimer RK nach ihrem ersten Tor im fünften Spiel der 8. Hockey-WM in Dublin. Daß ihr Treffer zur 2:0-Führung im entscheidenden Gruppenspiel gegen Titelverteidiger Niederlande in Art und Weise nicht nur an Baggios geniale Fußfertigkeiten erinnerte, sondern analog auch von besonderer Bedeutung war, läßt sich indes nicht leugnen: Kurz hinter der Mittellinie war die 21jährige an den Ball gekommen, hatte zwei Gegenspielerinnen locker "ausgezupft" und schließlich die Kugel mit Vehemenz im langen Eck versenkt. Deutschland gewann die Partie 2:1 und hat damit das Halbfinale gegen Australien erreicht, während der fünfmalige Weltmeister aus dem westlichen Nachbarland nur noch um die Plätze fünf bis acht spielt.

"Natürlich ist das eine tolle Sache, daß ich ausgerechnet heute mein bestes Spiel gezeigt und obendrein noch ein Tor geschossen habe", freute sich Britta. Daß ihre direkte Gegenspielerin in diesem ewig jungen Duell "nicht so nett" gewesen sei und zum Teil ziemlich rüde attackiert habe, hätten ihren Ehrgeiz zusätzlich herausgefordert. Die Leistungsexplosion gegenüber den ersten Spielen in Irlands Hauptstadt - Baggio läßt grüßen - blieb freilich nicht alleine auf die Offensive beschränkt. Selten zuvor hatte Britta Becker ihre Kritiker besser Lügen gestraft, die ihr Defizite im Abwehrverhalten und im kämpferischen Bereich nachsagen.

"Wir haben versucht, die unnötige Niederlage gegen China so schnell wie möglich wegzustecken und an uns geglaubt", nennt Britta Becker einen Grund für den besonderen Einsatzwillen des gesamten Teams. Ein anderer liegt vier Jahre zurück: Bei der WM in Sydney wurde eine junge und unerfahrene Mannschaft im letzten Moment aus den Halbfinals verdrängt und anschließend bis auf den achten Platz durchgereicht. "Das wollte ich auf keinen Fall noch einmal erleben", sagte Britta, der seinerzeit als 17jähriges "Küken" drei WM-Tore gelungen waren.

Inzwischen ist die angehende Sport-, Kunst-, und Deutschstudentin mit 108 Länderspielen die erfahrenste Spielerin von Bundestrainer Rüdiger Hänel. "Britta hat es trotz ihrer blendenden Technik schwer, weil viele Gegner sich auf sie konzentrieren und durch Spezialbewachung auszuschalten versuchen. Toll, wie sie sich nach ihrer schweren Verletzung wieder herangearbeitet hat", ist der Bonner voll des Lobes für das RRK-Eigengewächs. Besagte beim Europacupturnier in Bloemendaal (Pfingsten) erlittene Verletzung - ein doppelter Bänderriß im linken Fußgelenk - macht Britta in Dublin weniger zu schaffen, als die von Hänel genannte Sonderbewachung. "Auf der rechten Seite geht es oft derart eng zu, daß einem kaum große Entfaltungsmöglichkeiten bleiben. Vor allem, dann wenn die Gegner sowieso nur Tore verhindern wollen", versucht sie ihre etwas unscheinbare Rolle zum Turnierauftakt zu erklären. "Von mir werden halt auch immer Wunderdinge erwartet", sagt Britta, die das Schicksal vieler genialer Sportgrößen teilt - Roberto Baggio eingeschlossen.

Obgleich sie die WM, und hier speziell den Fahrdienst "richtig gut organisiert" findet, ist Irland für Britta Becker keine Urlaubsreise wert. "Das Wetter ist nicht so toll hier", sagt sie und freut sich bereits auf den anschließenden Urlaub in Frankreich. Zuvor will sie aber heute das Halbfinalspiel gegen "die schnell spielenden und sehr gut kombinierenden Australierinnen" gewinnen. "Ich denke, die Außenseiterrolle ist doch ganz schön. Aber wir haben auf alle Fälle unsere Chance, weil die Leistungsabstände in der Weltspitze insgesamt kleiner geworden sind", gibt sich Britta zuversichtlich. Kein Wunder, hatte sie doch vor zwei Jahren in Barcelona das 1:0-Siegtor im olympischen Gruppenspiel gegen Australien erzielt. Doch selbst für den Fall, daß das WM-Finale tatsächlich erreicht wird, lehnt sie den Vergleich mit Roberto Baggio entschieden ab: "Der hat doch einen Elfmeter übers Tor geschossen".


Die Rüsselsheimerin landet durch Zufall bei Fußballmanager Pflippen

Hockeyspielerin Britta Becker wird vermarktet

Von PETER PENDERS (aus "FAZ" vom 17.12.1994)

Erste Deutsche Feldmeisterschaft im Jugendbereich für die A-Mädchen des RRK 1986 (hinten: Trainer Berti Rauth, Petra Vollhardt, Sandra Hauf, Martina Kohlhammer, Britta Becker, Sandra Wohlfahrt, Katrin Schmidt, Kerstin Krämer; vorn: Sandra Richter, Ramona Münze, Angela Vögele, Sybille Breivogel, Stefanie Niggemann, Ruth Zinke, Angela Müller)

RÜSSELSHEIM. Manchmal hilft auch der Zufall weiter. Als sich Britta Becker, in der Branche als technisch beste Hockeyspielerin weltweit anerkannt, im Sommer für eine Fotoserie einer Illustrierten über erfolgreiche Frauen im Sport zur Verfügung stellte, hat die 21 Jahre alte Rüsselsheimerin nicht mit besonderer Aufmerksamkeit gerechnet. Einigen Herren jedoch war vor allem das kurze schwarze Kleid, das die Silbermedaillengewinnerin von Barcelona fotogerecht ins Bild rückte, aufgefallen. "Ich hatte danach obskure Anrufe mit Modellangeboten", sagt Britta Becker. Im November wurde sie bei einem Turnier in Leverkusen angesprochen. "Ich will mal versuchen, ob wir dich nicht vermarkten können", sagte ihr der bis dato Unbekannte, der in der Szene der professionellen Spielerberater im Fußball einen seriösen Ruf genießt. Norbert Pflippen, Freund und Berater von Lothar Matthäus über Oliver Kahn bis zu Mehmet Scholl oder Christian Ziege, war gleichfalls aufmerksam geworden. "Sie hat mit 21 Jahren über 100 Länderspiele. Da hat mich interessiert, ob ich nicht auch in einer anderen Sportart etwas bewegen kann", sagt Pflippen.

Daß er sich zumindest im Hockey niemand Besseren hätte aussuchen können, wurde ihm spätestens nach der Rückfrage beim Gladbacher Olympiasieger Michael Hilgers schnell deutlich. Die Rüsselsheimerin gilt schließlich vor allem - aber eben nicht nur - wegen ihrer Spielweise seit Jahren zu den auffälligsten Spielerinnen. Dem Debüt mit 16 Jahren in der Nationalmannschaft 1989 folgten bislang 110 Länderspiele, ein Ende ist nicht in Sicht. Trotz ihrer Erfolge, die von der olympischen Silbermedaille über die Hallen-Europameisterschaften 1990 und 1993 zu den Vereinserfolgen mit dem Europapokalsiegen in Halle und Feld 1993 und diversen deutschen Meisterschaften reichen, gilt die außerhalb des Spielfeldes eher schüchtern wirkende Sportlerin immer noch als "hockeyverrückt". "Man muß sie angesichts der vielen Belastungen meistens eher bremsen als anspornen", sagt ihr Trainer Berti Rauth.

"Für mich ist das mal was Neues", sagt Pflippen, der sich nun "nebenbei" um die ohnehin schon bekannteste deutsche Hockeygröße kümmern will. Dazu gehört ein Konzept, das schon bei den Fußballkollegen Erfolg hatte. "Das Outfit muß stimmen", sagt Pflippen und plant schon eine neue Fotoserie "mit verrückten Klamotten". So hatte auch einst Lothar Matthäus sein Image verändert, als er für eine Anzeigenserie von "American Express" posierte. "Man muß sich den Sportler ansehen und überlegen, wie kann ich ihn für die Werbebranche attraktiv machen", sagt Pflippen. Was der Chef einer Werbeagentur beim eigenen Augenschein beobachtete, hat ihn überzeugt. "Sie spielt ja sensationell", weiß nun auch Pflippen, "aber sie muß noch etwas freier werden." Dazu sollen der eher medienscheuen Hockeyspielerin Tips verhelfen, wie man sich vor Fernsehkameras telegen bewegt. Auch Stefan Effenberg, einst geschäftlich mit Pflippen verbunden, hat derlei Verhalten erst vor Videokameras trainiert, ehe er in die Fernsehstudios marschierte.

Die Gefahr möglichen Neids bei Kolleginnen in Verein und Nationalmannschaft halten alle Beteiligten für gering. "Man muß erst mal sehen, wie es läuft", sagt Pflippen, der Britta Becker als erstem Hockeyvertreter seit Stefan Blöcher einen Vertrag bei "adidas" verschafft hat. Auch Vereinstrainer Rauth und Eva Hagenbäumer, Mitspielerin im Verein und in der Nationalmannschaft, glauben an keine negativen Auswirkungen. "Sie hat bis jetzt nicht abgehoben und wird auch nun auf dem Teppich bleiben", sagen beide.