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Über Mitglieder des
RRK (1996)
Bianca Heinz (Weiß) |
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"Die erste Trennung war echt hart"
Frauen und Sport: Bianca Heinz zwischen
Mutterrolle und Olympiaträumen
Aus "Main-Spitze" vom
08.03.1996
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adu. - Seit ihrem achten Lebensjahr spielt sie im Team des Rüsselsheimer
Ruder-Klub (RRK) Hockey, hatte als Torfrau entscheidenden Anteil an dem steilen
Aufstieg bis in die Erste Bundesliga. In den vergangenen neun Jahren feierte sie
mit dem RRK dort den Gewinn von vier Deutschen Meisterschaften in der Halle;
zweimal half sie mit, den Feldtitel nach Rüsselsheim zu holen. Mit dem deutschen
Nationalteam, dessen Kader sie seit 1988 angehört und für das sie inzwischen
etwa 70 Mal zwischen den Pfosten stand, hat sie mit dem Gewinn der Olympischen
Silbermedaille 1992 in Barcelona zugleich ihren größten Erfolg feiern können.
Bianca Heinz hat beim RRK kein einziges Spiel gefehlt - bis Tamara sich
ankündigte.
Mit der Geburt ihres ersten Kindes im Juli des vergangenen Jahres hat sich für
die Stamm-Keeperin des RRK vieles verändert. Leistungssportlerin und
fürsorgliche Mutter - auf den ersten Blick schien das unmöglich. Mehrmals
wöchentlich Trainingseinheiten, Tage, vielleicht sogar eine ganz Woche
einnehmende Lehrgänge mit der Nationalauswahl, an den Wochenenden Punktspiele,
Meisterschaften, mehrtägige Turniere im Ausland.
"Ohne die Unterstützung meines Mannes oder der Schwiegereltern wäre das gar
nicht möglich", weiß Bianca Heinz. Doch weil diese sie in ihrem Entschluß
bestärkten, den Hockeyschläger nach der Geburt nicht einfach in der Ecke stehen
zu lassen, nahm die 28jährige lediglich drei Wochen nach der Entbindung wieder
das Training auf. „Es ging mir sehr gut und es war wahnsinnig wichtig für mich,
neben dem Kind noch etwas zu haben. Außerdem war Olympia 1996 doch mein großes
Ziel", sagt sie. Weitere drei Wochen später, im September, unterzog sie sich mit
dem Nationalteam bei der "Champions Trophy" in Argentinien einem ersten
vorolympischen Belastungstest - und bestand.
"Die erste Trennung, das war echt hart", erinnert sich die Reiseverkehrskauffrau
an den ersten Abschied von ihrer Tochter am Frankfurter Flughafen. "Aber es lief
total gut. Sicher hatte ich Gewissensbisse, aber ich hatte nicht das Gefühl, daß
Tamara unter der Trennung gelitten hat." Sollte sich das aber einmal ändern, ist
sich Bianca Heinz sicher: "Dann wäre mir Olympia nicht mehr so wichtig".
Fürsorgliche Mutter und Leistungssportlerin sein, das läßt sich in letzter
Konsequenz wohl doch schwerlich vereinbaren.
Thomas Blivier und Bianca Heinz |
Bianca Heinz nimmt ihre Olympia-Chance
nicht wahr
RRK-Keeperin mag
nicht wieder Nummer zwei sein
Aus "Main-Spitze" vom
11.04.1996
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kri/sl. - Die Möglichkeit, daß nach 1992 auch in Atlanta fünf
Spielerinnen des Rüsselsheimer RK dem Olympiateam des Deutschen Hockey-Bundes
(DHB) angehören, ist unwahrscheinlich geworden. Während Britta Becker, Tanja
Dickenscheid, Eva Hagenbäumer und auch Denise Klecker zum jetzigen Zeitpunkt
davon ausgehen können, dem 16köpfigen Aufgebot ihres Vereins- und Bundestrainers
Berti Rauth anzugehören, hat sich das Thema für die beiden anderen
Auswahlspielerinnen - aus verschiedenen Gründen - wohl erledigt.
Bianca Heinz bei der Siegerehrung nach
dem Finale um die deutsche Feldhockey-Meisterschaft 1995, das der RRK 2:1
gegen den Berliner HC gewinnt (Ingrid Stuhlträger, Bianca Heinz, Eva
Hagenbäumer und DHB-Präsident Michael Krause) |
Während das ziemlich sichere Aus für Marja Busch, die bei der
Hallen-Europameisterschaft im Januar in Schottland erstmals von Rauth ("Da fehlt
doch noch einiges".) ins A-Nationalteam berufen worden war, nach dem
Oster-Lehrgang in Köln nicht überraschte, sieht das bei Bianca Heinz anders aus.
Die 28 Jahre alte Torhüterin, seit dem Rücktritt von Susi Wollschläger (Club
Raffelberg) nach dem Gewinn der Olympischen Silbermedaille in Barcelona
weitgehend die Nummer eins zwischen den Pfosten, hatte auf eine Teilnahme am
Lehrgang in Köln verzichtet. "Bianca will sich der Konkurrenz mit den drei
anderen Torhüterinnen nicht stellen. Nach dem Comeback von Susi Wollschläger hat
sie befürchtet, womöglich wiederum nur die Nummer zwei zu sein. Und dafür will
sie den Aufwand nicht betreiben und sich mehr ihrer Familie widmen, was zu
verstehen ist", sagte Rauth.
"Ich denke nicht, daß sie sich die Entscheidung leicht gemacht hat", so Rauth,
der das RRK-Eigengewächs nach der Geburt ihrer Tochter Tamara im Juni 1995
bereits bei der Champions Trophy im September in Argentinien und auch beim
Olympia-Qualifikationsturnier im November in Südafrika wieder im A-Team
eingesetzt hatte. Bei der Heimfahrt nach dem Gewinn des Hallen-Europacups in
Bratislava hatte Rauth die mit 60 Länderspielen erfahrene Torhüterin davon
unterrichtet, bereits mit Susi Wollschläger über ihr Comeback gesprochen zu
haben. "Wir brauchen im Hinblick auf Atlanta den Konkurrenzkampf von vier
starken Torhüterinnen, aus denen sich dann die besten zwei herauskristallisieren
sollen", so Rauth.
Bianca Heinz sieht das etwas anders:
"Ich glaube nicht an die Chance, die Nummer
eins für Atlanta zu werden. Diese Entscheidung ist längst gefallen. Denn Berti
bekniet doch keine Susi Wollschläger, die für ihren Verein schon gar nicht mehr
gespielt hat, in die Nationalmannschaft zurückzukehren, um sie dann auf die Bank
zu setzen. In Barcelona war es noch toll, nur die Nummer zwei zu sein." Den
enormen Vorbereitungsaufwand lediglich für die Ersatzbank zu betreiben, will
Bianca Heinz nicht mehr. Da widme sie sich in der Tat lieber ihrer Familie.
Zudem hätte sich Bianca Heinz gewünscht, daß sie Berti Rauth früher über seine
Pläne informiert hätte: "Ich bin schon enttäuscht, daß er mich vor vollendete
Tatsachen gestellt hat."
Daß Biancas Entscheidung, ihre internationale Laufbahn vorerst zu beenden, auch
Konsequenzen im Verein nach sich zieht, steht nicht zu vermuten. Denn obwohl sie
dem Vorbereitungsturnier der RRK-Damen über Ostern in Bad Kreuznach einen kurzen
Skiurlaub mit der Familie vorzog, geht sie mit dem gewohnten sportlichen Ehrgeiz
an die Bundesliga-Feldsaison und das Europapokal-Turnier der Landesmeister an
Pfingsten heran. Was danach kommt, sagt sie, sei dagegen völlig offen.
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