Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Bianca Heinz-Weiß und Pauline Heinz

Olympiateilnehmerinnen 1992 und 2021: Bianca und Pauline Heinz aus Rüsselsheim.

 

 

 

 

 

 

 

 

INTERVIEW

Das Optimum für Pauline Heinz?
"Das Siegtor im Finale"

Rüsselsheimer Hockeyspielerin will bei den Olympischen Spielen in Tokio Gold gewinnen. Ihre Mutter Bianca kam 1992 aus Barcelona mit Silber zurück – und unvergesslichen Eindrücken.

Das Interview führte Heiko Weissinger (aus "Main-Spitze" vom 19.07.2021)

Nur rund 8.200 deutsche Athletinnen und Athleten haben seit 1896 an 25 der 28 Olympischen Sommer-Spiele teilgenommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch das Kind einer Olympionikin oder eines Olympioniken für den bedeutendsten Sportwettkampf der Welt qualifiziert, ist daher äußerst gering. Die Hockeyspielerinnen Bianca und Pauline Heinz haben jeweils im Trikot des Rüsselsheimer RK bewiesen, dass auch theoretisch sehr seltene Ereignisse in der Sportwelt Realität werden: Die 53-jährige Mutter gewann als Ersatztorfrau der Nationalmannschaft 1992 in Barcelona Silber, am Freitagnachmittag flog ihre 20-jährige Tochter als Ersatz-Mittelfeldspielerin mit der deutschen Auswahl nach Tokio. Ihr Ziel: die Goldmedaille.

Bianca Heinz, wann haben Sie das erste Mal gedacht, dass Ihre Tochter wie Sie zu den Olympischen Spielen fahren kann?

Bianca Heinz: Das habe ich eigentlich bis zur Nominierung gar nicht gedacht. Dass sie das Zeug hat, mal Bundesliga zu spielen oder Jugend-Nationalmannschaft, habe ich früh gefühlt. Aber Olympia ist dann doch noch einmal eine ganz andere Geschichte. Das war so weit weg, dass ich es lange gar nicht auf dem Schirm hatte.

ZUR PERSON

Bianca Heinz (geborene Weiß) feierte als Hockey-Torfrau zahlreiche DM und Europacuptitel im Trikot des Rüsselsheimer RK und blieb dem Verein stets treu. Die 53 Jahre alte Besitzerin eines Reisebüros debütierte 1988 im Nationalteam und absolvierte bis 1995 60 Länderspiele, davon sieben in der Halle. 1992 war die Mutter dreier Kinder Ersatztorhüterin hinter Susanne Wollschläger bei den Olympischen Spielen in Barcelona und kam beim Gewinn der Silbermedaille auf einen Einsatz.

Und wann hatten Sie, Pauline, erstmals das Gefühl, es könnte für das Nationalteam der Damen und den höchsten Wettbewerb im Sport reichen?

Pauline Heinz: Das war bei mir ähnlich. Ich war schon ziemlich überrascht, als ich 2019 zum A-Kader hochgezogen wurde. Ich habe dann alles mitgemacht, aber ich war nie überzeugt, dass ich mit nach Tokio darf. Das blieb bis zum Schluss eine Überraschung.

Bianca Heinz: Dass eine Nominierung nicht ganz unmöglich ist, habe ich zum ersten Mal gedacht, als sie im Mai zur wichtigsten Spielerin eines Testspiels gegen England gewählt wurde.

Kann Ihre Tochter wie Sie eine Medaille gewinnen?

Bianca Heinz: Ja, auf jeden Fall. Die Deutschen zählen für mich zum Favoritenkreis.

Pauline, denken Sie auch, ein Platz unter den ersten Drei ist drin?

Pauline Heinz: Klar. Wir wollen unbedingt Gold gewinnen und so gehen wir auch ins Turnier. Als schärfste Konkurrenten sehe ich Holland, Argentinien und Spanien.

Welche Stärken und Schwächen als Sportlerin haben Sie gemeinsam?

Bianca Heinz: Gemeinsame Stärke ist auf jeden Fall der Teamgedanke. Wir sind beide mega-aufgeregt vor Spielen. Aber beide auch fokussiert, wenn es losgeht, da ist Pauline auch sehr nervenstark.

Gibt es Unterschiede?

Pauline Heinz: Die Größe (lacht). Meine Mutter ist 1,67 und ich 1,77.

Welche Tipps haben Sie Ihrer Tochter für die Karriere und jetzt speziell für Olympia gegeben?

Bianca Heinz: Für die Karriere: Dass man immer an sich glauben soll. Dass man auf Dinge verzichten muss, wenn man was erreichen möchte. Und dass sich der Verzicht lohnt. Das unterscheidet Pauline von anderen. Sie ist mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben und weiß, dass man was tun muss. Für Olympia: Dass sie es genießen soll, egal wie es sportlich läuft. Dass sie froh sein kann, dass sie dabei ist, und alles Positive rausziehen soll. Man realisiert erst gar nicht so richtig, wie unglaublich das ist. Wenn man vor Ort ist, wird einem bewusst, dass dies nur ganz wenige Sportler schaffen.

Können Sie die Ratschläge annehmen, Pauline?

ZUR PERSON

Tochter Pauline Heinz (20) ist Mittelfeldspielerin des Rüsselsheimer RK und mit dem Club kürzlich in die Zweite Feld-Bundesliga abgestiegen. Sie wurde mit dem U21-Nationalteam 2019 EM-Dritte und feierte im gleichen Jahr ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft. Die Rüsselsheimerin, die ein Duales Studium bei der hessischen Polizei in Wiesbaden absolviert, schoss in bisher 16 Spielen für das Frauen-Nationalteam zwei Tore. Für die Jugend-Nationalmannschaft traf sie in 46 Partien sieben Mal.

Pauline Heinz: Ja. Meine Mutter hat mir jetzt auch nicht total viel vorgegeben, sie lässt mich machen. Und sie stand ja auch im Tor – und ich stehe auf dem Feld (lacht).

Haben Sie irgendwann einmal daran gedacht, Ihre Tochter vom Leistungssport abzuhalten?

Bianca Heinz: Nein, dafür waren meine Erfahrungen zu gut. Ich habe eine richtig tolle Zeit erlebt und hatte immer eine mega Mannschaft, in Rüsselsheim und im Nationaltrikot. Viele Mitspielerinnen sind heute meine besten Freundinnen und ich hoffe für Pauline, dass sie genauso viel Freundschaften fürs Leben rausziehen kann.

Wo waren die Emotionen stärker: Als Sie noch selbst gespielt haben oder beim Mitzittern, Mitweinen, Mitjubeln bei der Tochter?

Bianca Heinz: Als ich das selbst gemacht habe. Solange ich keine Trainerin oder Betreuerin bin, bin ich cool. Ich habe viele Spiele als Mama entspannt beobachtet, aber zuletzt beim Abstieg der RRK-Damen aus der Ersten Liga war ich sehr emotional berührt.

Was haben Sie empfunden, als bekannt wurde, dass Pauline nur als Ersatz nominiert ist?

Pauline Heinz: Erst einmal war ich schon enttäuscht und traurig, nicht richtig dabei sein zu können. Aber das wurde dann besser. Und die jüngste Nachricht, dass der Kader für jedes Spiel neu zusammengestellt werden kann, hat mich wahnsinnig gefreut. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich ein Spiel kriege, ist viel, viel größer geworden. Und ich wohne ja auch im Olympischen Dorf.

Bianca Heinz: Ich war überhaupt nicht enttäuscht. Ich habe mich gefreut, dass sie überhaupt dabei ist, für eine Zwanzigjährige ist auch eine P-Akkreditierung toll. Letztes Jahr hätte sich Pauline sicher auch bedingungslos gefreut, aber weil sie dieses Jahr schon so gut war, verstand ich ihre Enttäuschung.

Was wäre für Sie beide der Worst Case und was das Optimum in Tokio?

Bianca Heinz: Einen Worst Case gibt es nicht bei Olympia. Auch wenn Deutschland jedes Spiel verliert und Pauline gar nicht spielt, dann war sie immerhin dabei. Und das Optimum wäre Gold – und Pauline schießt im Finale das Siegtor.

Pauline Heinz: Natürlich will ich eine Medaille gewinnen. Und wir wissen als Team auch, dass wir in der Welt gut dastehen. Deshalb wäre es schon enttäuschend, wenn wir nicht ins Halbfinale kämen.

Wenn Sie an Olympia 1992 denken: Was ist Ihre schönste und Ihre bitterste Erinnerung?

Bianca Heinz: Die schönste Erinnerung ist die an das Einlaufen bei der Eröffnungsfeier, das war sehr emotional. Natürlich waren wir enttäuscht, dass wir das Finale verloren haben, weil Spanien nicht der Favorit war. Aber das war nur kurz – und dann haben wir Silber gefeiert.

Was bedeuten Olympische Spiele ohne Zuschauer?

Bianca Heinz: Volle Stadien sind toll, bei uns in Barcelona kam sogar der spanische König. Aber wenn man die Stadien jetzt bei der Fußball-EM gesehen hat: Es passt einfach nicht zur momentanen Situation. Lieber ohne Zuschauer, als dass ein Hotspot entsteht.

Pauline Heinz: Ich sehe das genauso. Und bei mir kommt hinzu, dass ich oft sehr aufgeregt bin. Da ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass keine Zuschauer da sind, das nimmt ein bisschen den Druck.

Pauline muss in Tokio Corona-bedingt strenge Regeln befolgen und wird außer dem Olympischen Dorf und dem Hockeystadion kaum etwas sehen. Wie war das 1992 in Barcelona?

Bianca Heinz: Das Problem beim Hockey ist: Wenn man gut spielt und weit kommt, ist man fast von Anfang bis Ende dabei. Wir waren also lange mit den eigenen Spielen beschäftigt, aber die letzten drei Tage haben wir ordentlich zum Feiern genutzt. Es ist schade, dass man jetzt die anderen Sportler nicht treffen kann. Bei uns war ja das Basketball-Dreamteam der USA dabei, das war schon spannend. Und die Medaillenfeiern im Deutschen Haus mit den Sportlern waren auch ganz toll. Wer fertig war, ist geblieben und hat die anderen angefeuert und mitgefeiert. Das wird dieses Jahr leider fehlen.