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Über Mitglieder des
RRK (1996)
Berthold Rauth |
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Erst die Arbeit, dann Atlanta
Hockeyspielerinnen übernachten privat,
die Pizza holt der Trainer
Von Peter Penders (aus "FAZ" vom
07.06.1996)
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Atlanta ist in jeder
Hinsicht noch weit entfernt. Es ist kalt in diesen Maitagen in Rüsselsheim, als
sich die deutschen Hockeydamen zu einem ihrer Lehrgänge treffen. Ein böiger Wind
und ein nervender Nieselregen tun ein übriges dazu, daß die Stimmung etwas
gedämpft ist. Angereist sind 14 der 19 jungen Damen schon gestern, haben die
Nacht bei ihren Spielerkolleginnen aus dem hessischen Raum verbracht. Zwei
Übernachtungen im Hotel hat das Budget nicht zugelassen. In der kleinen Baracke
neben dem Hockeyplatz stapeln sich die Hockeytaschen und Wasserkästen. Bisweilen
hat Bundestrainer Berti Rauth etwas Mühe sich Gehör zu verschaffen. Die
Hockeyanlage liegt in der Einflugschneise des Flughafens Rhein/Main. Anfang Juli
werden sie in einer der Maschinen sitzen, wenn die Operation "Medaillengewinn"
endlich beginnt und die Mühsal der Vorbereitung vorbei ist. Beantwortet ist dann
auch die quälende Frage: Bin ich dabei? Selbst denen, die sich schon sicher sein
können, kann immer noch eine Verletzung die Olympiateilnahme kosten.
Reicht es wieder zu
einer Medaille? Nein, es wird ein 6. Platz! Das Hockey-Nationalteam mit
Trainer Berti Rauth vor den Olympischen Spielen in
Atlanta mit den Rüsselsheimerinnen Britta Becker (zweite Reihe, erste von
rechts), Tanja Dickenscheid (dritte Reihe, erste von rechts) und Eva
Hagenbäumer (dritte Reihe, vierte von rechts) sowie dem Rüsselsheimer
Bundestrainer Berti Rauth (zweite Reihe, dritter von rechts). |
Unten auf dem Platz
steht für Franziska Hentschel Strafeckentraining auf dem Programm. Monoton lauft
alles nach dem immer selben Schema ab. Tanja Dickenscheid gibt den Ball herein,
Eva Hagenbäumer stoppt, "Franzi" schlägt. Nach besonderem Spaß sieht das für das
Trio nicht aus. Drei Wochen später, beim Testspiel gegen Australien, wird die
Frankfurterin mit einer dieser Strafecken den Führungstreffer beim 1:1 gegen
Weltmeister Australien erzielen. Was dann so spielerisch leicht aussieht, ist
tausendfach geübt. "Automatisiert", wie die Trainer sagen, und wie ein Automat
soll die Spezialistin die kleine Kugel bei dieser Standardsituation ins Tor
schlagen. Auf der anderen Platzseite hechtet Torhüterin Susanne Wollschläger
nach den Bällen, die Rauth mittels einer Ballmaschine zielgenau abschießt.
"Susi" hatte nach dem Silbermedaillengewinn 1992 in Barcelona erst ihre
internationale und dann ihre nationale Karriere beendet. "Ich kann den Gestank
der Schienen nicht mehr ertragen", hatte sie gesagt. Anfang des Jahres hatte
Rauth die einst weltbeste Torhüterin zum Comeback überredet, und nun muß sie
ihre Torwartausrüstung, die Schienen, wieder täglich mehrfach an- und ausziehen.
Sie schinden sich für
Atlanta, wie sie es noch nie haben tun müssen. Das olympische Turnier wird in
einem neuen Modus ausgetragen. Die acht teilnehmenden Mannschaften spielen jeder
gegen jeden, die beiden Erstplazierten stehen sich dann im Endspiel gegenüber,
der Dritt- und der Viertplazierte spielen die Bronzemedaille aus. Wer auf dem
Treppchen stehen will, muß in der tropischen Hitze in Atlanta in 12 Tagen acht
Spiele bestreiten. "Eine dumme Idee, sagt der australische Trainer Rick
Charlesworth dazu, obwohl seine athletische Mannschaft vielleicht von der
Änderung am meisten profitiert. Die deutschen Hockeyspielerinnen wundern sich
nur, warum die Fußballkollegen soviel von Regeneration reden, ihre Turniere aber
stets drei bis vier Wochen dauern.
"Das wird ein schöner
Schlauch", sagt Rauth. Der Bundestrainer ist seit einem Jahr im Amt, nachdem der
Deutsche Hockey-Bund bei seinem Vorgänger Rüdiger Hänel Motivationsprobleme in
der Mannschaft ausgemacht hatte und fürchtete, bei der Olympia-Qualifikation zu
scheitern. Diese erste Hürde hat der Rüsselsheimer Vereinstrainer genommen,
jetzt hat er nur noch Atlanta im Sinn. "Bei dem Aufwand und dem Eifer müßte doch
eine Medaille drin sein." Schon während der Hallensaison mußten die
Nationalspielerinnen täglich zu ihrem Vereinstraining Extraschichten einlegen.
Ein Leistungsdiagnostiker hat für jede der vermeintlichen Olympiafahrerinnen ein
individuelles Programm erstellt. Krafttraining, Kraftgymnastik, Sprinttraining,
Ausdauerläufe, Regenerationsläufe - das kostet nicht nur viel Kraft, sondern
auch viel Zeit. Die meisten deutschen Spielerinnen sind Studentinnen und haben
Urlaubssemester genommen, die anderen sind von ihrem Arbeitgeber freigestellt.
Anders ist das
Vorbereitungsprogramm nicht mehr zu bewältigen. Von Rüsselsheim geht es nach
Spanien zu drei Länderspielen, dann folgen zwei Testspiele gegen Australien und
ein Lehrgang, ein Vier-Nationen-Turnier in England und Lehrgänge, Lehrgänge,
Lehrgänge. "Die Mädchen ziehen mit", sagt Rauth. Von zu Hause verwöhnt dürfen
die jungen Damen nicht sein. Das Essen zwischen zwei Trainingseinheiten wird in
einem Aufenthaltsraum in der Tribüne serviert vom Bundestrainer persönlich, der
alles in einer Pizzeria auch abgeholt hatte. So etwas macht Rauth, der sich in
der Branche einigermaßen glaubhaft den Ruf eines Hockeyverrückten erarbeitet
hat, nichts aus. "Wir sind hier nicht beim Fußball, aber die würden das unter
diesen Umständen auch gar nicht durchstehen."
Die meisten der
Spielerinnen waren schon in Barcelona dabei. Im Endspiel waren die Deutschen
damals lange die bessere Mannschaft, aber in der Verlängerung setzte sich
Spanien schließlich durch. Die Sehnsucht, den Traum von damals noch mal zu
träumen und etwas Ähnliches noch einmal zu erleben, hat viele vier weitere Jahre
durchhalten lassen. Neben Susi Wollschläger ist auch Tina Peters zurückgekommen.
Die Medizinstudentin hat zwischendurch ihr Praktikum in Neuseeland absolviert,
jetzt ruht die Ausbildung erst einmal, und das Comeback auf dem Kunstrasen steht
im Vordergrund. Ob sich die ganze Schinderei lohnt, ob sich das berufliche
Risiko auszahlt?
Aus "Main-Spitze" vom 18.06.1996:
Berti Rauths Team für Atlanta steht
Drei
RRK-Spielerinnen - Britta Becker, Tanja Dickenscheid und Eva Hagenbäumer - im
Aufgebot für das olympische Hockeyturnier
Nach dem Erfolg beim
Vier-Nationen-Vergleich in Milton Keynes hat Damen-Bundestrainer Berti Rauth
seinen Kader für das olympische Hockey-Turnier in Atlanta benannt. Wie erwartet
berief der Rüsselsheimer am Sonntag exakt jene 16 Spielerinnen, die sich zuvor
in England mit 5:1 Punkten den Turniersieg vor dem punktgleichen Olympiasieger
Spanien gesichert hatte. Die DHB-Damen hatten vor vier Jahren in Terrassa bei
Barcelona die Silbermedaille gewonnen. Gegenüber dem Turnier vor vier Jahren in
Spanien ist der deutsche Meister Rüsselsheimer RK "nur" noch mit drei anstelle
von seinerzeit fünf Spielerinnen vertreten. Wie zu vermuten stand, hat Denise
Klecker keine Gnade mehr bei ihrem Vereinstrainer gefunden, gehört allerdings zu
jenen vier Spielerinnen, die sich für Notfälle als Nachrückerinnen bereithalten.
Aus "Main-Spitze" vom
13.07.1996:
Ruder-Klub verabschiedet
Olympia-Fahrer
Rüsselsheimer RK
stellt die meisten Aktiven für DHB-Auswahlteams / Damen-Bundestrainer Rauth noch
"cool"
ulz. - Wenn die beiden deutschen
Hockey-Nationalmannschaften an diesem Sonntag um 10 Uhr Richtung olympische
Sommerspiele nach Atlanta (USA) aufbrechen, werden die meisten Angehörigen der
sechs Rüsselsheimer Aktiven ohnehin dabei sein, um "auf Wiedersehen" zu sagen.
Die Hockeyabteilung des Rüsselsheimer RK (RRK) verabschiedete Tanja Dickenscheid,
Eva Hagenbäumer, Britta Becker, Christopher Reitz, Oliver Domke, Björn Emmerling
und Damen-Bundestrainer Berti Rauth aber bereits am Donnerstag offiziell - in
Form eines gemütlichen Beisammenseins. Der Ruder-Klub zeigte sich großzügig und
übernahm die Getränkekosten der etwa 50 Anwesenden.
Eva Hagenbäumer, Berti Rauth, Tanja
Dickenscheid, Britta Becker |
Der für den Herrenbereich zuständige
Sportliche Leiter, Martin Müller, verwies auf die Besonderheit eines halben
Dutzend Olympiateilnehmer aus einem Verein: "So viele Spielerinnen und
Spieler stellt kein anderer deutscher Klub, was ein großer Verdienst von Berti Rauth ist". Später gesellte sich auch der RRK-Gesamtvorsitzende Dietmar Klausen
hinzu, wollte aber kein offizielles Statement abgeben.
Im Gespräch unter vier Augen war der
"Präsident" aber doch mächtig stolz auf das bisher im Hockeybereich Geleistete:
"Auch nach 15 Jahren Vereinsführung macht es mir noch sehr viel Spaß, dabei zu
sein. Ich hoffe, daß beide Mannschaften in Atlanta erfolgreich sind und
vielleicht mit Edelmetall behängt zurückkommen. Aber egal, wie unsere sechs
Nationalspieler und Berti abschneiden, wir lassen uns nach ihrer Rückkehr sicher
etwas Besonderes einfallen". Klausen freut sich zwar über die Olympiafahrer, die
dem Ansehen des RRK einen weiteren Schub geben, hofft aber zugleich, daß das
Sextett unverletzt zurückkehrt.
Unter der Gästeschar war auch Denise
Klecker, die ihre Enttäuschung über die Nichtnominierung überwunden hat: "Ich
tröste mich mit einem längeren Südafrika-Aufenthalt und werde alles daransetzen,
in vier Jahren in Sydney im Kader zu stehen". Im letzten Moment in den nur
16köpfigen Kader des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) ist dagegen der 20jährige
Björn Emmerling ("Es ist ein großartiges Gefühl, auch wenn ich zunächst nur auf
der Bank sitzen werde"). Auch der gleichaltrige Oliver Domke, der bereits 52
Länderspiele absolviert hat, freut sich mächtig auf seine ersten Olympischen
Spiele: "Nachdem mich Bundestrainer Paul Lissek zunächst noch etwas hingehalten
hat, bin ich mit dabei und fühle mich einfach super". Der quirlige Stürmer
dürfte genauso einen Stammplatz sicher haben, wie Torwart Christopher Reitz, der
vor vier Jahren in Barcelona zwar die Goldmedaille gewann, damals aber nur beim
2:1-Sieg im Gruppenspiel gegen Argentinien eingesetzt worden war. "Wir wollen
unbedingt ins Halbfinale, alles andere ist wohl von der Tagesform und vom Glück
abhängig", erklärt Reitz.
Deutlich mehr internationale
Erfahrung weist das weibliche Nationalteam-Trio auf; sowohl Eva Hagenbäumer
("Olympia ist immer etwas Einmaliges"), Britta Becker ("Ich habe nach wie vor
wahnsinnigen Spaß am Hockey und freue mich riesig auf Atlanta"), als auch Tanja
Dickenscheid ("Es ist toll, mit ungefähr zehntausend Sportlern aus aller Welt im
olympischen Dorf untergebracht zu sein und neue Kontakte zu knüpfen") gewannen
bereits vor vier Jahren die Silbermedaille und haben zusammen fast 400
Länderspiele "auf dem Buckel". Sie wollen erneut ganz vorne landen, sehen aber
Australien und Südkorea in der Favoritenrolle. "Da nach dem Modus jeder gegen
jeden gespielt wird, ist in so einem Turnier alles möglich. Wir haben in der
langen Vorbereitung sehr intensiv gearbeitet und zuletzt fünfmal hintereinander
nicht verloren: Ich hoffe, das zahlt sich in Amerika aus", so der eher "cool"
wirkende Damencoach Berti Rauth.
"Viermal kann man
nicht Pech haben"
Die Hockeydamen auf
Fehlersuche
Von Peter Hess (aus
"FAZ" vom 30.07.1996)
Ein Unglück kommt selten
allein. Da mit hatten sich die deutschen Hockeydamen in Atlanta bis zum Sonntag
abgefunden. Den verpaßten Siegtreffer gegen Australien haben sie verdaut, die
unglückliche Niederlage gegen die Niederlande verkraftet und den vermeidbaren
Ausgleich der hoffnungslos unterlegenen Amerikanerinnen klaglos hingenommen.
Nach all den Widrigkeiten traten sie den Engländerinnen unverdrossen entgegen
und führten bis zwanzig Minuten vor dem Abpfiff nach Toren von Franziska
Hentschel und Britta Becker 2:0. Das Pech schien besiegt, das Ziel, ein Spiel um
die Medaillen, so gut wie sicher erreicht.
Eröffnungsfeier Atlanta 19.07.1996 |
Aber dann schlug das
Unglück ein viertes Mal zu. Innerhalb der letzten zwanzig Minuten gelang den
Engländerinnen das Kunststück, drei Strafecken zu verwandeln. Das war denn auch
den tapferen Deutschen zuviel. Nach dem 2:3 rannen die Tränen. Die Mannschaft
gab sich auf, obwohl vor dem letzten Gruppenspiel gegen Südkorea noch eine
kleine rechnerische Chance auf Platz vier und das damit verbundene Match um
Bronze besteht. "Das war's", sagte Stürmerin Heike Lätzsch kurz und bündig. Die
22 Jahre alte Leverkusenerin wollte nicht nur das Schicksal fürs Scheitern
verantwortlich machen: "Viermal kann man nicht Pech haben. Ganz klar, der
Mannschaft fehlt was."
Trainer Rauth konnte
genau sagen, was: "Wir haben immer noch Defizite in der Kondition und in der
Einstellung. Obwohl die Engländerinnen hinten lagen, wollten sie noch unbedingt
gewinnen. Wir wollten nur nicht mehr verlieren." Ein verständlicher Gedanke nach
den Erfahrungen der vergangenen Spiele von Atlanta, aber auch ein
verhängnisvoller. Die Engländerinnen drückten die etwas vorsichtiger agierenden
Deutschen sofort zurück. "Sie haben uns den Schneid abgekauft", stellte Heike
Lätzsch selbstkritisch fest.
Für Berti Rauth war die
Naivität der Spielerinnen der Grund für die verhängnisvolle Niederlage.
Anfängerhaftes Verhalten bei einem Freischlag des Gegners und im Abwehrverhalten
nach einer Strafecke seien die entscheidenden Szenen gewesen. "Genau diese
Punkte waren noch in der Videoanalyse angesprochen worden." Im Herrenhockey
seien solche Fehler nicht zu sehen. "Da machen die Jungs sich gegenseitig
solchen Druck, da schläft keiner." Rauth muß es wissen. Er trainiert beim
Rüsselsheimer RK sowohl die Herren- als auch die Damenmannschaft mit großem
Erfolg.
Trotz der Fehler und
trotz der Pechserie zog der Bundestrainer eine positive Bilanz. Seine Mannschaft
habe in keinem Spiel enttäuscht. "Die Spielerinnen haben Moral bewiesen und
spielerisch Fortschritte gemacht. Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen." Auch
athletisch hat sich die Mannschaft verbessert. Die großen Defizite, die zur
Ablösung von Bundestrainer Rüdiger Hänel vor einem Jahr führten, konnten in der
Kürze der Zeit aber nicht vollständig aufgeholt werden. Zumal in keinem anderen
Land so aufwendige Vereinsmeisterschaftsrunden in der Halle und auf dem Feld
ausgespielt werden. Zudem müssen Hockeyspielerinnen arbeiten oder studieren.
Rauth hält es allerdings nicht für nötig, das Profitum im deutschen Hokkey
einzuführen. "Ein bißchen mehr Vorbereitungszeit wäre schön. Aber auch mit
unserem Konzept können wir Medaillen holen."
Südkorea, Spanien und
die Vereinigten Staaten ziehen die Spielerinnen über viele Monate im Jahr
zusammen. Aber auch dieser Aufwand garantiert nicht den Erfolg. Spanien,
Olympiasieger von 1992, belegt in Atlanta nur den letzten Rang unter acht
Mannschaften. Rauth sieht seine Mannschaft im Welthockey nach wie vor auf einer
Höhe mit Südkorea, den Niederlanden, England und Argentinien. Australien sei
einen Schritt voraus. "Wir können jeden fordern, haben aber nicht die Klasse,
daß wir souverän gegen eine Weltklassemannschaft gewinnen könnten. Wir sind auf
glückliche Umstände angewiesen." So wie in Barcelona, wo die Mannschaft die
Silbermedaille gewann. Spielmacherin Britta Becker gibt ehrlich zu: "Damals
hatten wir unmenschlich viel Glück. Dafür haben wir jetzt bezahlt."
Vor der Zukunft im
deutschen Damenhockey ist Rauth vorerst nicht bange. Acht bis neun Spielerinnen
von Atlanta werden bis Sydney weitermachen. Das ist auch nötig, weil sich aus
den Juniorinnen-Jahrgängen nur die Berlinerin Natascha Keller aufdrängt. "Wir
behalten einen Kader von guter Qualität, ob wir aber eine absolute
Spitzenmannschaft wie Australien werden?" Rauth hat seine Zweifel daran, würde
sich aber gerne an der Aufgabe versuchen, wenn das Verbandspräsidium seinen
Vertrag verlängert. "Nach dem Treffer zum 2:3 hatte ich die Schnauze voll von
diesem Job. Aber fünf Minuten später ging's schon wieder."
Aus "FAZ" vom 01.08.1996:
Bundestrainer Rauth will weitermachen
Hockeydamen fehlt es an psychischer Stärke
Das Fleisch war willig,
aber der Geist war schwach: Deutschlands Hockeydamen haben sich in Atlanta
selbst um den Lohn ihrer Mühen gebracht. "Die Spielanlage war toll, und auch der
Charakter der Mannschaft ist in Ordnung. Alle Spielerinnen waren körperlich
topfit, doch im entscheidenden Moment fehlte der gewisse "Kick"`, bilanzierte
der enttäuschte Bundestrainer Berti Rauth nach dem unbefriedigenden sechsten
Rang für die vor vier Jahren in Barcelona noch mit der Silbermedaille dekorierte
Mannschaft.
Für die in keiner ihrer
sieben Partien spielerisch unterlegene Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB)
war auch in Amerika mehr möglich. Doch sie offenbarte neben ihren Qualitäten
auch erhebliche Defizite: Vor allem der Siegeswille nahm im Turnierverlauf stark
ab. Deutliches Indiz: Gegen die in die "Medaillen-Spiele" gelangten Mannschaften
von Australien, Südkorea (je 0:1), Großbritannien (2:3) und Niederlande (3:4)
zog das deutsche Team zwar immer nur knapp, aber durchweg den kürzeren. "Es
mangelt an der psychischen Stärke. Die Siegermentalität fehlt", urteilte
Junioren-Trainer Bernhard Peters, der das Gros des Teams 1989 zu
Juniorinnen-Weltmeistern gemacht hatte.
Verantwortlich für den
rapiden Absturz nach dem guten Start gegen Argentinien (2:0) und Olympiasieger
Spanien (2:1) war auch die eklatante Abschlußschwäche: Nur drei der 31
Strafecken wurden zu Toren genutzt, dazu unzählige Torchancen vergeben. "Ich
fahre nie wieder mit einer Mannschaft zu einem großen Turnier, die im Angriff so
wenig bewirkt. Sonst werde ich da draußen noch verrückt", meinte Rauth, dessen
Position trotz der verpaßten Medaille unantastbar scheint.
Auch wenn acht, neun
Spielerinnen vom Stamm bleiben, muß Rauth den Neuaufbau einleiten. Denn
erfahrene Kräfte wie Susi Wollschläger, Tina Peters, Eva Hagenbäumer, Tanja
Dickenscheid, Irina Kuhnt und auch Kapitän Franziska Hentschel denken ans Ende
der internationalen Karriere. Der Umbruch wird schwer: Aus dem Juniorinnenkader
kommt nicht viel nach. "Wir haben grundsätzliche Nachwuchsprobleme, denn es gibt
kaum 25 Spielerinnen, die bereit sind, sich auf dem nötigen Niveau zu quälen",
glaubt Peters. Rauth, der den Kader gut 100 Tage (Südkorea: zwei Jahre) vor
Olympia beisammenhatte, fordert für sich längere Vorbereitungsphasen: "Dann
können wir den letzten kleinen Schritt in die absolute Weltspitze schneller
vollziehen."
Aus "Main-Spitze" vom 07.09.1996:
"Wir können alle stolz darauf sein
..."
Stadt empfing Rüsselsheimer Olympia-Teilnehmer / Auch Vereine
gewürdigt
Blumen und Sekt von OB Otti Geschka: Tanja
Dickenscheid, Britta Becker, Eva Hagenbäumer, Meike Freitag, Christopher
Reitz, Berti Rauth, OB Otti Geschka |
"Wir können alle stolz
sein". So freute sich am Freitag Oberbürgermeisterin Otti Geschka bei einem
nicht gerade alltäglichen Empfang im Rathaus: Fünf der insgesamt sieben
Olympia-Teilnehmer aus Rüsselsheim waren gekommen, um die offizielle Würdigung
und Anerkennung ihrer Leistungen aus dem Munde der Oberbürgermeisterin ihrer
Heimatstadt zu erfahren. Es waren Meike Freitag (Bronze- und Silbermedaille in
der Schwimmstaffel), Tanja Dickenscheid, Britta Becker und Eva Hagenbäumer
(sechster Platz Hockey) sowie Christopher Reitz (vierter Platz Hockey). Die
beiden Rüsselsheimer Hockeyspieler Oliver Domke und Björn Emmerling waren
verhindert.
Doch die Top-Sportler
und die Oberbürgermeisterin waren nicht allein im sogenannten historischen
Sitzungssaal: Vertreter aus der Kommunalpolitik, aus Vereinen, von Sponsoren und
aus der städtischen Verwaltung waren versammelt, um ebenfalls so die Leistungen
der Sportler zu würdigen. Otti Geschka maß denn auch dem Anteil der Vereine und
speziell dem der Trainer an den Leistungen der jungen Menschen eine hohe
Bedeutung zu. Die Oberbürgermeisterin hob dabei Berthold Rauth, den Trainer der
Hockey-Damenmannschaft hervor. Seine "engagierte Gestik" (Geschka) hätten auch
auf dem Bildschirm Millionen miterlebt.
Und Rüsselsheim, so die
Oberbürgermeisterin weiter, sei eine Stadt, in der der Sport eine große Rolle
spiele und gespielt habe. Seit 1952 seien insgesamt 25 mal Sportler aus der
Opelstadt bei den Olympischen Spielen vertreten gewesen. Alle drei jetzt
ausgezeichneten Hockeyspielerinnen, erinnerte Geschka, haben bereits zum zweiten
Mal an Olympia teilgenommen. 1992 waren sie mit Silbermedaillen aus Barcelona
zurückgekehrt, der Hockeyspieler Christopher Reitz sogar mit einer Goldmedaille.
Alle Olympia-Teilnehmer
übten durch ihre sportlichen Höchstleistungen zudem eine Signalwirkung für alle
gesellschaftlichen Bereiche aus - weit über den Sport hinaus. Die Gesellschaft,
meinte die Oberbürgermeisterin weiter, brauche den Willen zum Erfolg, den Mut
zum Risiko und die Bereitschaft, sich einem fairen Wettkampf zu stellen. |