Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Berthold Rauth

Ein stolzer Hockey-Zuschauer in Elmshorn

Berti Rauth: "Rüsselsheim ist mein Gemälde"

Von Peter Penders (aus "FAZ" vom 08.01.1990)
 

ELMSHORN. Sein Name taucht während der Trainerausbildung im Hockey-Bundesleistungszentrum spätestens im Fach Psychologie auf. "Er macht eigentlich alles verkehrt, aber auf seine Art ist er fast genial", sagt die Psychologin Monika Schütze. "Er hat sehr viel für die Entwicklung des deutschen Damenhockeys getan", lobt Bundestrainer Paul Lissek. Gemeint ist Berthold Rauth, ähnlich wie der zukünftige Fußball-Bundestrainer von allen nur kurz Berti gerufen. Bei der erfolgreichen Titelverteidigung der Hallen-Europameisterschaft in Elmshorn saß Rauth unter den Zuschauern - nicht ohne Grund.

Die Damenmannschaft des Rüsselsheimer Ruder-Klubs ist sein Werk. In Elmshorn gehörten mit Torhüterin Bianca Weiß sowie den Feldspielerinnen Eva Hagenbäumer, Tanja Dickenscheid und Britta Becker gleich vier Rüsselsheimerinnen zum Aufgebot des Deutschen Hockey-Bundes. Auch die in Elmshorn beste deutsche Spielerin, Anke Wild, begann in Rüsselsheim mit dem Hockeysport und wechselte vor eineinhalb Jahren zum Berliner HC.

Berti Rauth ist ein Glücksfall für den Hockeyklub aus Rüsselsheim. Sein Engagement ist riesig, sein Honorar eher gering. Mit einem Sportgeschäft hat sich der ehemalige Sportstudent ein zweites Standbein geschaffen, "falls es mit dem Traineramt einmal schiefgehen sollte". Die Gefahr ist ziemlich klein. Unter den wenigen guten Trainern in Deutschland gilt Rauth als einer der besten. In anderen Vereinen könnte der DHB-Trainer der männlichen Jugend B (bis 16 Jahre) leicht ein Mehrfaches verdienen. "Ich bin kein Typ für einen Porsche", sagt Rauth und bleibt dem RRK treu. "Rüsselsheim ist mein Gemälde, aber ich bin noch nicht fertig."

Begonnen hat Rauth ganz unten. Die Talentsuche in den Schulen setzte Rauth, der als Spieler drei Meistertitel mit dem RRK gewann, mit gezieltem Training im Verein fort. Die Skepsis im eigenen Lager ist längst gewichen. Jugendmeisterschaften bei den Mädchen A (bis 15 Jahre) und der weiblichen Jugend (bis 18 Jahre) wurden in den vergangenen Jahren stets über den Rüsselsheimer RK entschieden. Rauth und seine Mädchen sammelten mehr blaue Meisterwimpel als jeder andere Hockey-Verein in der Bundesrepublik.

Trainer wurde Rauth aus Enttäuschung. Als junger Spieler lernte er Hockey neben Nationalspielern wie Fritz Schmidt und Rainer Seifert, "aber ohne einen Trainer". Trotz seines Talentes und Ehrgeizes ging der Weg des Spielers Rauth nicht weiter. "Ich wäre gerne Nationalspieler geworden", sagt er. Und wurde Trainer.

Über die konsequente Jugendarbeit baute Rauth die Damenmannschaft auf. In der niedrigsten Klasse begann der Weg der Rüsselsheimerinnen, die vor zwei Jahren die Bundesliga erreichten. Im vergangenen Jahr stand der RRK in Elmshorn dicht vor dem Gewinn der ersten Meisterschaft bei den Damen, unterlag aber als Neuling im Hallenendspiel dem SC Brandenburg Berlin 4:5. "Wir werden irgendwann deutscher Meister", sagt Rauth.

Vor dieser Hallensaison wurde seine Mannschaft von den übrigen Trainern gemeinsam mit dem Titelverteidiger als Favorit genannt. Die Einschätzung hat sich bestätigt. Nach der Hinrunde führen Berlin und Rüsselsheim die beiden Bundesliga-Gruppen an.

Nicht ohne Stolz beobachtete Rauth in Elmshorn das Treiben seiner Spielerinnen im Nationaldreß. "Schließlich hat jede ihre eigene Geschichte und als kleines Mädchen bei mir gelernt", sagt er. In den vergangenen Monaten mußte jedoch auch Rauth wieder lernen. Aus den kleinen Mädchen sind erwachsene Nationalspielerinnen geworden. Rauth drohte der typische Weg des Jugendtrainers, der plötzlich mit den Kindern von früher nicht zurechtkommt. Trotz des Spitzenplatzes in der Bundesliga gab es atmosphärische Störungen.

Für das neue Jahrzehnt hat sich der Einunddreißigjährige viel vorgenommen. "Ich muß meinen Führungsstil ändern", sagt Rauth. Aus Angst vor Autoritätsverlust habe er mitunter zu impulsiv reagiert. Den Pinsel will Maler Rauth zwar nicht aus der Hand geben, aber zumindest bei der Farbzusammenstellung auch den Spielerinnen  ein  Mitspracherecht  geben. Schließlich soll das Gemälde fertiggestellt werden. Am 17. und 18. Februar wird in der Endrunde in Bremen der deutsche Meister ausgespielt. Berti Rauth und seine vier Europameisterinnen wollen dort eine neue Ära einleiten.  

Zweite Deutsche Feldhockey-Meisterschaft mit dem RRK 1978 nach einem 2:0-Sieg über den Gladbacher HTC für Berti Rauth (hinten: Stellv. Abteilungsleiter Alfred Rausch, Masseur Karl-Heinz Borg, Rainer Seifert, Michael Heuß, Christoph Krehl, Norbert Mexner, Roland Segner, Harald Eisenacher, Manfred Liebig, Coach Walter Leichtweiß, Fritz Schmidt; vorn: Berthold Rauth, Norbert Boll, Peter Kraus, Dr. Randolf Renker, Martin Müller, Alfred Segner, Michael Walz) 

Triumph für den Tüftler

Aus "FAZ" vom 19.02.1990

Berti Rauth ist am Ziel. Erst 31 Jahre alt ist der Trainer des Rüsselsheimer RK, und schon hat er seine Damenmannschaft zum deutschen Meistertitel im Hallenhockey geführt. Der erwartete Erfolg für einen strahlenden Siegertypen? Keineswegs. Rauth ist ein Tüftler, kein Triumphator. Man muß wohl vom Hockey "besessen sein" (Rauth über Rauth), um bei karger Entlohnung mit derartiger Konsequenz auf ein weit entferntes Ziel hinzuarbeiten. Vor Jahren zog Rauth durch Schulen und Kindergärten auf der Suche nach Bewegungstalenten. Über Jahre hinweg formte er aus begabten Mädchen erstklassige Hockeyspielerinnen. Er und seine Mannschaften wurden derart mit Jugendtiteln und Komplimenten überhäuft, daß der Blick für das große Ziel hätte verlorengehen können. Doch der unbändige Ehrgeiz des jungen Trainers ließ dies nicht zu.

Die Zweifel keimten erst, als im vergangenen Jahr das Endspiel in der Halle verlorenging. "Hoffentlich wird nicht irgendwann einmal aus der Mannschaft der Zukunft gleich die Mannschaft der Vergangenheit, ohne daß wir einen Titel gewonnen haben", sinnierte Rauth vor der Bremer Endrunde. Der Rüsselsheimer hat mit seiner Energie und seinem Einfallsreichtum schon früh diese Gefahr gebannt. Fast die ganze Nacht vor dem Finale in Bremen verbrachte er vor dem Fernseher. Immer wieder lief das Videoband mit dem Halbfinalspiel von Brandenburg, bis sich am frühen morgen Rauth seiner Taktik sicher war. Von dem Sieg im Endspiel hat er dann geträumt.

Wenn sich auch sein Traum vom Titel so schnell erfüllt hat, ist für Berti Rauth die Arbeit nicht getan. Diesen Titel könne ihm zwar keiner mehr nehmen, sagt der Trainer, fügt aber hinzu: „Jede Meisterschaft ist ein abgeschlossenes Kapitel." Im nächsten Jahr will er sich mit seinen Damen wieder am Gipfel versuchen. Und er ist jetzt schon optimistisch, auch als Titelverteidiger bestehen zu können. Denn die Jugendmannschaft des RRK, ebenfalls von Rauth betreut, ist bereits auf dem Sprung nach oben. Zur Ruhe kommt ein Trainer wie Berti Rauth nie, auch wenn er noch so viel Ziele erreicht.  uly.


Aus "Main-Spitze" vom 15.09.1990:

Erfolg als höchste Maxime

Hockey-Coach Berti Rauth: Pragmatiker mit Feuer

tht. - Im engmaschigen   Geschichtenrepertoire der Rüsselsheimer Sportwelt haben manche Taten des erst 31jährigen Berthold Rauth, Chef-Trainer der Hockey-Abteilung beim Ruder-Klub, schon heute legendären Charakter erreicht. So etwa die "Leistungstests" in den Schulen, die Rauth in den Anfangsjahren seiner beispiellosen Trainerkarriere durchführte. "Wir hatten damals eine gut besetzte A-Jugend bei den Mädchen, aber bei den Jüngeren klaffte eine riesige Lücke. Das hat mir Angst gemacht", blickt Rauth zurück auf seine Ausleseaktion, aus der etliche Nationalspielerinnen hervorgingen, und die ihm und dem RRK bislang zehn deutsche Meistertitel bescherten.

Ohne einen einzigen Hockeyschläger ging er damals in den Sportunterricht. Stattdessen veranstaltete er Gewandtheits- und Schnelligkeitstests. Nur die besten Mädchen betreute er dann viermal pro Woche in den Schulen. Diese oft als Snobismus verkannte Vorgehensweise löste unter den Mädchen einen schier unaufhaltbaren Ehrgeiz aus. Die körperlichen Voraussetzungen waren vorhanden, durch das von Rauth erzeugte Elitebewußtsein entstand der nötige Biß, und im nachmittäglichen Hockeyunterricht erfolgte die filigrane Einweisung im Umgang mit Stock und Ball. - Resultat: der Stoff, aus dem die Titel kommen.

Rauth, seit 13 Jahren als Trainer tätig, inzwischen Mitinhaber eines Sportgeschäftes, ist ob seiner absolut leistungsbezogenen Einstellung nicht ohne Kritiker. Und wenn man ihm zuhört, wenn er davon spricht, wie Spieler „produziert" werden, wenn er die "wissenschaftliche Talentförderung der DDR" bewundernd lobpreist, dann läuft einem unwillkürlich ein kalter Schauer über den Rücken.

Ganz ohne Zweifel: Rauth ist zuallererst Pragmatiker, der Erfolg seine höchste Maxime. Doch wäre er der gewissenlose Diktator, der Mann, der alles alleine macht, diese einmalige Erfolgsbilanz wäre nicht möglich gewesen. Rauth, der mittlerweile auch die Herren des RRK betreut, „liebt" seine Spieler/innen. Der Erfolg ist ihr Erfolg, und in erster Linie freut er sich für sie.

Seine Motivation ist schlicht und einfach das Hockey, mit einen Atemzug. Berti Rauth "brennt", und mit diesem Feuer kam es sicher noch etliche Siegesfeiern im Vereinsheim des RRK entfachen.