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Über Mitglieder des
RRK (2007)
Berthold Rauth |
Porträtzeit
Würdiger Abgang nach einmaliger Ära
Aus
"Hockeyzeit" (Juli 2007)
Der
Abschiedstournee fehlte eigentlich nur noch das allerletzte Sahnehäubchen. "Das
Leben ist kein Wunschkonzert", benutzte Berti Rauth eine Floskel, um die
1:2-DM-Endspielniederlage im letzten Spiel als Trainer der Rüsselsheimer Damen
zu beschreiben. Trotzdem war es ein würdiger Abschluss der einmaligen Rauth-Ära
beim RRK.
"Die
Vizemeisterschaft ist ein großer Erfolg. Ich bin stolz, mit solch einer Leistung
und mit der Gesamtentwicklung der Mannschaft nach schwachem Saisonstart gehen zu
können", meinte Rauth, der mit der DM-Feldendrunde 2007 das Kapitel
Rüsselsheimer Ruder-Klub nach 28 Jahren abgeschlossen hat, um beim Club an der
Alster in Hamburg als sportlicher Jugendkoordinator einen neuen Lebensabschnitt
zu beginnen Der 48-Jährige hätte es als "Makel" angesehen, mit einer schwachen
Platzierung oder gar einem Bundesliga‑Abstieg, wie er im Frühjahr als
Tabellenvorletzter kurzzeitig drohte, abzudanken. Das hätte auch gar nicht zu
der Bilanz gepasst, die Rauth nach knapp drei Jahrzehnten hinterlässt. Mit 33
Titeln hat der Hockey-Fanatiker die Rüsselsheimer Damen zur erfolgreichsten
Vereinshockeymannschaft der Welt geformt. Eine Siegerliste, die fast sprachlos
macht: 15 Hallen-Europacup, zwei Feld-Europacup, ein Pokalsieger-Europacup, neun
Hallen-DM, sechs Feld-DM. Und da sind die 22 DM-Titel für den RRK im
Jugendbereich, für die Rauth verantwortlich zeichnet, noch gar nicht mit
eingerechnet.
Begonnen hatte
alles mit einem kleinen ersten Erfolg in der Hallensaison 1977/78, nachdem sich
der 20-jährige Rüsselsheimer Bundesligaspieler einem brach liegenden Bereich des
bis dahin nur vom Männerhockey bestimmten RRK gewidmet hatte. Mit seiner
B-Mädchen-Truppe gewann Rauth die hessische Hallenmeisterschaft. In den Schulen
guckte sich der Sportstudent nach den größten Talenten um, begeisterte sie für
das Hockeyspiel und baute kontinuierlich die Basis für größere Erfolge auf. Der
RRK wurde attraktiv für zahlreiche Talente aus der Umgebung. Nur eines von
vielen Beispielen: Tanja Dickenscheid, die spätere
Olympiasilbermedaillengewinnerin (1992), begann beim pfälzischen SV Gau
Algesheim, ehe sie durch Rauth beim RRK zur Nationalspielerin mit 189
Länderspieleinsätzen entwickelt wurde.
Von und über Berti Rauth
"Das Leben ist zu kurz für eine lange Leitung. Ich handle sehr impulsiv und
treffe viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus" Berti Rauth über sein
Wirken als Trainer
"Ich bin nicht bereit, Niederlagen ohne weiteres zu akzeptieren. und diese
Einstellung erwarte ich auch von meinen Spielerinnen." Berti Rauth, der von
20 DM-Endspielen mit seiner Rüsselsheimer Mannschaft nur fünf verlor
"Hier konnte ich mich hockeymäßig austoben. Dem RRK bin ich dankbar, diese
Möglichkeiten bekommen zu haben" Berti Rauth zum Abschied aus Rüsselsheim
"In der einen Sekunde war er wie ein Kind, und ehe du dich versehen hast,
wie eine Furie. Von konzentriertem Trainer bis beleidigte Leberwurst war
alles dabei. Das Schöne: Er ist niemals nachtragend, weiß aber alles noch
wie ein EIefant" Hanne Zöller, die langjährige Physiotherapeutin des RRK,
über den Chefcoach
"Er war Tyrann und Choleriker, und zwischen uns beiden war es immer eine Art
Hassliebe − aber jetzt mögen wir uns" Denise Rutschmann (geb. Klecker) über
ihre 16 Jahre beim RRK mit Berti Rauth
"Er lebt halt Hockey. Ein Verrückter, aber im positiven Sinne" Thomas
Blivier, Teammanager des Rüsselsheimer RK, über Rauth |
1987 schaffte der
Self-Made-Man, der in dieser Phase über zehn Jahre hinweg auch als
DHB-Honorartrainer im männlichen Nachwuchsbereich Erfahrung sammelte, mit seinen
Damen den Bundesliga-Aufstieg (Feld). Schon zwei Jahre später stand Rauth mit
seinem Talentschuppen in einem DM-Finale (Halle). Der SC Brandenburg konnte 1989
den ersten Ansturm des RRK höchstens noch aufhalten. Im folgenden Jahr schon
begann die unheimliche Rüsselsheimer Titelsammlung.
Das Rauth'sche
Erfolgsheimnis? Fraglos eine Mischung aus exzellentem Fachwissen ("Keiner kann
so schnell eine gegnerische Taktik erkennen und dann schnell eine Gegentaktik
ausgeben wie er", hat Hanne Zöller, RRK-Physiotherapeurtin und selbst Trainerin,
im Lauf der Jahre festgestellt), der Kunst des Talente‑Entwickelns und des
Mannschaft-Formens sowie alles, was in den Bereich der Motivation fällt. "Berti
konnte wirklich das letzte bisschen Leistungsbereitschaft aus einem
herauskitzeln, und er hat es immer wieder geschafft, seine Teams auf eine andere
Art zu motivieren", sagt Denise Rutschmann. Unter ihrem Mädchennamen Klecker
gehörte sie 16 Jahre lang den RRK-Damen an und empfand keinerlei Langeweile,
"weil der Berti immer entwicklungsfähig war und nie in einen Alltagstrott
verfallen ist". Das ständig lodernde Feuer im Trainer konnte RRK-Teammanager
Thomas Blivier, Rauths Doppelzimmer-Partner bei Auswärtsreisen, auch mal auf den
Geist gehen: "Erst hat er bis tief in die Nacht Spiele per Video analysiert. Und
als dann endlich mal das Licht aus war, ging es mit Diskussionen über einzelne
Szenen weiter." Erst ein mürrisches Machtwort Bliviers ermöglichte wenigstens
noch eine minimale Schlafzeit für beide.
Irgendwann kam auch
der Deutsche Hockey-Bund nicht mehr an dem Motivationskünstler aus Rüsselsheim
vorbei. Obwohl Rauth damals nur eine B-Trainer-Lizenz hatte, wurde er 1995 in
einer Nacht-und-Nebel-Aktion der damaligen DHB-Verantwortlichen Fritz Klein
(Sportwart) und Mike de Vries (Generalsekretär) zum Damen-Bundestrainer
gemacht. Fünf interessante Jahre folgten, die als größte Erfolge eine
WM-Bronzemedaille (1998) und zwei Champions‑Trophy-Endspielteilnahme (1997,
2000) brachten. Wären die beiden Olympiaturniere (Platz 6 in Atlanta 1996, Platz
7 in Sydney 2000) besser gelaufen, hätte die Rauth-Ära wahrscheinlich länger
gedauert. Den RRK hatte er auch in dieser Zeit nie aus den Augen verloren,
sondern ein Doppelpensum zwischen Bund und Verein absolviert.
Einen Abschied mit
vielen Emotionen haben sie ihrem Berti, der eigentlich Berthold heißt, in
Rüsselsheim beschert. Vor dem offiziellen Servus durch die Vereinsführung hatte
es ein internes Fest im Kreis der ehemaligen und aktuellen RRKSpielerinnen
gegeben. Eine Überraschungsparty, die Ex-Nationaltorhüterin Bianca Heinz (Weiß)
organisierte − und die Hauptperson zu Tränen rührte. "Das war wirklich
ergreifend. Wenn man wie ich immer so im Tagesgeschäft drin steckt, dann ist man
irgendwann selbst überrascht, wie sein Gesamtwerk ausschaut", so Rauth über die
lange Gästeliste und beim Betrachten der vielen Bilder und Zeitungsausschnitte,
die ihm an diesem Abend in hübsch bereiteter Zusammenfassung als Geschenk
überreicht wurden.
Dass Berti Rauth
eines Tages aus Rüsselsheim weggehen und ein lukratives Angebot eines großen
Clubs annehmen könnte, hatte man beim RRK irgendwann nicht mehr geglaubt. Zu
sehr war er Inventar geworden. Er hat sie mit seiner im Frühjahr bekannt
gewordenen Entscheidung, die sicher mehr aus dem Kopf als aus dem Herzen kam,
alle überrascht. Die Nestwärme des beschaulichen Untermain tauscht er aus gegen
das Flair des mondänen Weltclubs an der Alster. "Bei den Kleinsten will ich
ansetzen, eigene Jugendteams haben und ein Trainerteam aufbauen", sagt Rauth
über seine ersten Pläne für die neue Zeit. Hamburg darf sich freuen auf einen
Hockeyverrückten.
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Ende der Ära Rauth nach 29 RRK-Jahren
Aus "Main-Spitze"
vom 14.07.2007
Nach einem fast 29 Jahre währenden Wirken, das von 33 internationalen und
nationalen Titelgewinnen mit dem RRK-Damenteam gekrönt war, hat Hockeytrainer
Berti Rauth in dieser Woche seine Zelte in Rüsselsheim abgebrochen. Am Mittwoch
stand der Umzug nach Hamburg an, wo der 48-Jährige künftig beim Club an der
Alster ausschließlich Basisarbeit leisten will. Auf einer Sonderseite lässt der
gebürtige Flörsheimer in einem Interview diese einzigartige Ära am Untermain
noch einmal Revue passieren. Dazu beziehen sechs Hockey-Persönlichkeiten zum
Weggang Rauths Stellung und beschreiben dessen besondere Gaben aus ihrem
speziellen Blickwinkel.
"Man darf nie denken, dass man fertig ist"
Nach fast 29 RRK-Jahren will Berti Rauth beim Club an der Alster Hamburg
Basisarbeit leisten
Das Gespräch
führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 14.07.2007)
Nach fast 29-jährigem Wirken hat
Hockeytrainer Berti Rauth nach dem 1:2 gegen Rot-Weiß Köln verlorenen DM-Finale
in Mönchengladbach seine Zelte in Rüsselsheim und beim RRK abgebrochen. Anlass
genug, diese einzigartige Ära mit dem 48 Jahre alten gebürtigen Flörsheimer noch
einmal intensiv zu beleuchten.
Herr Rauth, finden Sie Ihre neue
Wohnung schon ohne Navigationssystem?
Rauth: Kurz vor dem Umzug habe ich es
mal ohne versucht, es aber nicht ganz geschafft. Mitten in Hamburg musste ich
ihn wieder anstellen. Richtig ortskundig bin ich noch nicht.
Sie werden künftig beim Club an
der Alster als Jugendkoordinator arbeiten. Was ist an dieser Aufgabe so
reizvoll, dass der mit 33 nationalen und internationalen Titeln weltweit
erfolgreichste Vereinstrainer seine vertraute Umgebung verlässt?
Berthold Rauth |
Rauth: Mein Credo war und ist, immer
mit Jugendlichen zu arbeiten, Talente zu sichten und zu fördern und daraus
leistungsstarke Teams zu formen, die oben mitspielen. Bei Alster bekomme ich die
Möglichkeit, an der Basis zu beginnen.
Als Sie sich vor gut 28 Jahren
beim RRK des bis dato quasi unbeachteten Damenteams und des weiblichen
Nachwuchses annahmen, wurden Sie intern zum Teil belächelt. Wie lässt sich
rückblickend eine derart beispiellose Erfolgsgeschichte erklären?
Rauth: Die Leute konnten sich
teilweise einfach nicht vorstellen, mit welcher Energie und Kontinuität ich da
drangehen würde. Als DHB-Jugendcoach bin ich beim Finale der süddeutschen
Meisterschaft mit der Nase drauf gestoßen worden, was alles möglich ist.
Entscheidend für eine so lange Strecke ist, dass die Begeisterung nie nachlassen
darf und auch nicht aufhört, wenn man vom Platz geht. Man darf nie denken, dass
man fertig oder perfekt ist und sich schon gar nicht nach Titelgewinnen
zufrieden zurücklehnen. Und man sollte quer denken, sich bei anderen Sportarten
umsehen. So kann es gelingen, seine eigene Hockey-Verrücktheit auf andere zu
übertragen.
Gibt es eine Meisterschaft, die
für Sie einen besonderen Stellenwert hat?
Rauth: Nach 19 Jahren beim Europacup
der Landesmeister in Brüssel die Siegesserie der Niederländerinnen beendet zu
haben, davon war ich echt sehr beeindruckt. Ein paar Jahre vorher war ich bei
diesem Turnier in Frankfurt gewesen und hatte gesehen, auf welchem Niveau da
gespielt, wie geschlagen und welche Athletik verlangt wird. Da stand für mich
fest: "Das schaffst du nie".
Sie haben etliche Talente beim RRK
zu Nationalspielerinnen geformt. Gibt es eine, die Ihrer Vorstellung der
perfekten Spielerin am nächsten gekommen ist?
Rauth: Wenn ich mir etwas aussuchen
könnte, würde ich mir aus Britta Becker, Björn Emmerling und Oliver Domke das
Beste ziehen. Aber - die Verschiedenheiten machen ja den Reiz aus, und jeder hat
seine Qualitäten. Man braucht auch keine perfekten sondern eher Teamspieler.
Meine internationalen Erfahrungen haben mich gelehrt, die Spielanlage beim RRK
in den letzten Jahren mehr aufs Team auszurichten.
Wie sehr ist es Ihnen an die
Nieren gegangen, immer wieder namhafte Spielerinnen zu besser aufgestellten
Vereinen aus Großstädten ziehen lassen zu müssen?
Rauth: Ältere Kollegen habe mir früh
prophezeit, dass ich Talente verlieren würde. Ich war naiv und dachte, das läuft
in Rüsselsheim anders. Irgendwann habe ich begriffen, dass alles im Leben im
Wandel ist und es darauf ankommt, sich immer wieder aus sich selbst heraus zu
erneuern. Dennoch ist es mir unheimlich schwer gefallen, Leute ziehen zu lassen.
Als Anke Wild nach Berlin gegangen ist, habe ich gedacht, dass es ohne so einen
Spielmachertyp schwer für uns wird. 15 Monate später waren wir das erste Mal
deutscher Meister.
Der RRK hat unter Ihrer Ägide aber
auch viele andere Spielerinnen verloren. Was hätte trotz aller Erfolge besser
laufen können?
Rauth: Wenn man klare
Leistungssport-Maßstäbe anlegt, wollen oder können diese nicht alle erfüllen. So
muss unweigerlich irgendwann ein Schnitt gemacht werden. Dass man die Basis
hätte verbreitern müssen, habe ich erst später erkannt und mich dann auch um die
Ib-Damen gekümmert. Anfangs hatte ich den Blick und die Energie dafür nicht.
Was muss ein Trainer haben, um
fast 29 Jahre hintereinander an der gleichen Stätte erfolgreich zu wirken?
Rauth: Man braucht vor allem ein
Umfeld, das einen rückhaltlos unterstützt. Und es muss einem gelingen, die
Begeisterung auf alle zu übertragen. Sehr prägend war für mich die
Zusammenarbeit mit dem leider schon verstorbenen Jugendleiter Kurt Becker, aber
auch mit Betreuern und Eltern.
Haben Sie jemals daran gedacht,
die Brocken beim RRK hinzuwerfen?
Rauth: Ans Aufhören habe ich nie
gedacht. Ich habe aber immer wieder hinterfragt, ob ich auf dem richtigen Weg
bin und sich das Ganze vielleicht irgendwann verbraucht. Wichtig war für mich,
wieder ganz nahe an die Basis heranzurücken und die C-Mädchen zu übernehmen. Die
Angebote, die es zwischenzeitlich gab, waren nicht relevant für mich. Der RRK
konnte mir alles bieten, um mit Spaß und Freude meinem Beruf nachzugehen.
War es ein Fehler, fünf Jahre
gleichzeitig als Bundestrainer zu arbeiten?
Rauth: Die Doppelbelastung hat
während meiner Abwesenheit hohes Engagement und Eigenverantwortlichkeit in
Rüsselsheim verlangt. Dass wir uns trotz der Zweiteilung immer recht schnell
wieder gefunden haben, war eine positive Erfahrung. Das internationale Hockey
hat mich nachhaltig geprägt und die Begegnungen mit Persönlichkeiten wie dem
australischen Nationalcoach Rick Charlesworth möchte ich nicht missen. Das war
die Zeit, wo ich am meisten Gas gegeben habe, und natürlich kann man das nicht
über Jahre machen. Deshalb bin ich rückblickend froh, dass mir 2000 die brutale
Entscheidung abgenommen wurde, entweder DHB oder RRK.
Was wird aus dem RRK ohne Rauth
und was raten Sie Ihrem Nachfolger?
Rauth: Mein Nachfolger sollte seinem
eigenen Stil treu und auf jeden Fall authentisch bleiben. Die Leistungsdichte
beim RRK-Nachwuchs ist so groß, dass das Team auf nicht absehbare Zeit immer gut
mitspielen kann. Und selbst wenn der fatalste Fall eintreten und der Abstieg
nicht zu vermeiden sein sollte, müsste es eigentlich sofort wieder hoch gehen.
Der zweite Kunstrasen sollte Antrieb genug sein, die Talentförderung nie
schleifen zu lassen.
Mal angenommen, Sie erfüllen die
Erwartungen Ihres neuen Arbeitgebers nicht und der Vertrag wird nach fünf Jahren
nicht verlängert. Was machen Sie dann?
Rauth: Ich werde mich weiterhin im
Welthockey-Geschehen umgucken und bin überzeugt, dass es für mich Tätigkeiten
geben wird. Allein im Umfeld von Hamburg gibt es 30 Vereine, aber auch im
Ausland gibt es interessante Jobs.
Wann werden Sie das erste Mal bei
Ihrem neuen Verein auf dem Platz stehen?
Rauth: Mittwoch bin ich umgezogen, am
Donnerstag habe ich schon beim Alster-Hockeycamp vorbeigeschaut.
Aus
"Main-Spitze" vom 14.07.2007:
Stimmen zum Abschied von Berti Rauth beim RRK
Bernhard Peters
(bis Ende 2006 Hockey-Bundestrainer / nun beim Fußball-Zweitligaverein 1899
Hoffenheim): Ich kann den Berti zu dieser Entscheidung nur beglückwünschen.
Für seine Entwicklung ist es wichtig, diesen Schritt zu wagen und sich etwas
anderen Aufgaben mit anderen Schwerpunkten in einem neuen Umfeld zu stellen. Der
Club an der Alster hätte niemand Besseres finden können. Der Berti ist mit einem
unglaublichen Fach- und Detailwissen gesegnet, das er mit seiner ihm eigenen
Besessenheit auf dem Platz optimal umsetzt.
Was mich besonders gefreut hat, ist,
dass er mich im Vorfeld kontaktiert und um Rat gefragt hat. Ich habe mit ihm
beim DHB sehr gerne zusammen gearbeitet. Wir haben uns mit unseren Fähigkeiten
super ergänzt und unsere Stärken im Team optimal ausspielen können. Er hat mir
in meiner Zeit als Junioren-Bundestrainer immer auch taktisch sehr gut
ausgebildete Jugendspieler übergeben. Schade, dass der DHB es nicht verstanden
hat, Bertis Stärken vernünftig zu lenken.
Uschi Schmitz
(DHB-Generalsekretärin): Ich habe Berti in meinen vier Jahren als Trainerin
beim Berliner HC sehr intensiv erlebt und ihn als hoch kompetenten und
unglaublich engagierten Trainer kennen gelernt. Für meinen Geschmack ist er bei
der Ansprache an sein Team manchmal etwas übers Ziel hinausgeschossen, aber die
vielen Erfolge verdienen allergrößten Respekt. Besonders schön fand ich, dass
seine Damen bei der Endrunde in Mönchengladbach speziell im Halbfinale ganz klar
für ihn gespielt haben.
Natürlich überrascht es einen, wenn
jemand nach so langer Zeit geht. Aber wenn noch mal eine Veränderung angesagt
war, dann ist jetzt bestimmt der richtige Zeitpunkt. Ich bin gespannt, wie er in
einem so großen und mit einer anderen Klientel versehenen Klub zurecht kommt,
zumal die neue Aufgabe ja auch mehr konzeptionelles Arbeiten bedeutet. Sein
bekannt starker Wille wird ihm sicher helfen.
Hans Jürgen Pabst
(Ehrenvorsitzender des HHV): Ich kenne den Berti schon aus der Zeit, als er
bei mir in der Jugend-Hessenauswahl gespielt hat und ein glühender Schalke-Fan
war. Ich habe auch die Zeit erlebt, als er in Rüsselsheim begann, mit kleinen
Mädchen zu arbeiten und dafür intern belächelt wurde. Schon bald sollte sich
aber herausstellen, dass er für Rüsselsheim und ganz Hessen ein Glücksfall war.
Durch die vielen Titel und die von ihm so zahlreich geformten
Auswahlspielerinnen hat unser Verband eine Menge an Fördergeldern erhalten.
Deshalb habe ich es damals auch mit
einem lachenden und einem weinenden Auge betrachtet, als er nicht mehr
Nationaltrainer war. Für Hessen war es wichtiger, dass er sich wieder
ausschließlich auf diesen Bereich konzentrieren konnte. Sein Weggang ist
wirklich ein ganz herber Verlust. Jemand, der derart beseelt von seiner Sportart
ist, findet man nur ganz selten.
Britta Becker
(Ex-Nationalspielerin): Ich hätte nie gedacht, dass der Berti mal aus
Rüsselsheim weg geht. Deshalb sehe ich das auch mit einem lachenden und einem
weinenden Auge. Für meinen jetzigen Verein Alster ist das super, aber da mein
Herz noch immer für den RRK schlägt, finde ich das ehrlich gesagt nicht so
schön. Und der Wechsel in eine andere Stadt und zu einem anderen Klub stellt
immer eine reizvolle Herausforderung, aber auch ein gewisses Risiko dar.
Als Trainer ist Berti für mich ein
Phänomen. Ich kenne niemanden, der so kreativ ist, sich ständig neue Sachen
ausdenkt und bei der Einstellung des Teams alles so optimal auf den Punkt
bringt. Und er hat nicht nur die besondere Gabe, Talente zu finden und
auszubilden, sondern auch fertige Spielerinnen noch fertiger zu machen. Er hätte
es verdient gehabt, beim DHB mehr Anerkennung zu finden. Schließlich waren wir
nur bei Olympia nicht so weit vorne wie erhofft.
Martin Müller (RRK-Abteilungsleiter):
Berti hat bei uns über Jahre viel geprägt, und natürlich ist der nachhaltige
sportliche Erfolg im weiblichen Bereich ganz wesentlich sein persönlicher
Verdienst. Doch es war auch immer eine Symbiose zwischen seiner Person und dem
Club. Wir haben ihn immer bestmöglich unterstützt. Nach 28 Jahren intensiver
Zusammenarbeit wird sich die Gewöhnungszeit an den neuen Zustand sicherlich noch
etwas hinziehen. Doch wir müssen die Situation auch als Chance sehen, uns neu zu
strukturieren. Der Nachfolger Benedikt Schmidt-Busse bringt die Qualität mit, um
das gerissene Loch zu stopfen - vielleicht nicht sofort, aber mit der Zeit. Wenn
die Qualität stimmt, kommt auch irgendwann der Erfolg. Außerdem denke ich, dass
ein jeder irgendwo ersetzbar ist.
Thomas Blivier (Betreuer und
Wegbegleiter der ersten Stunde): Ich habe zwar nicht so viele Trainer
erlebt, aber in seiner Art ist der Berti einmalig. Er ist taktisch unheimlich
kreativ, bringt ständig neue Ideen rein und erkennt sehr schnell, wie er Fehler
des Gegners für sich nutzen kann. Dazu besitzt er ein Riesengeschick als
Motivator, die Mädels immer nach vorne zu pushen, ganz egal, wie´s steht. In den
Anfangsjahren, als wir die ersten Male bei DM-Endrunden oder beim Europacup
dabei waren, ist es nicht selten vorgekommen, dass er mitten in der Nacht das
Licht angemacht und eine Diskussion über taktische Dinge begonnen hat. Was ich
am meisten vermissen werde? Das wird sich erst herausstellen, wenn ich den neuen
Trainer erlebt habe
Berti Rauth, scheidender
Hockeytrainer des Rüsselsheimer RK
"Man geht, und alle sind traurig"
Das Gespräch führte Daniel Schleidt (aus
"FAZ" vom 11.07.2007)
Meistertrainer Berti Rauth hat am
vergangenen Sonntag mit dem knapp verlorenen Finale um die deutsche
Feldhockey-Meisterschaft der Frauen seine Arbeit beim Rüsselsheimer RK nach 28
Jahren beendet - es war der Abschluss einer Ära. An diesem Donnerstag beginnt
seine Tätigkeit als Jugendkoordinator beim Club an der Alster Hamburg. Rauth
gilt als einer der führenden Köpfe im deutschen Frauenhockey.
FRAGE:
Herr Rauth, sind Sie schon auf dem Weg nach Hamburg?
ANTWORT: Nein, ich bin derzeit noch am Packen und muss noch
einige Dinge erledigen. Zudem versuche ich, Revue passieren zu lassen, was am
Wochenende in Mönchengladbach passiert ist.
FRAGE: Ihre Mannschaft hat dort das Finale um die deutsche Meisterschaft gegen
Köln 1:2 verloren. Es ist nichts geworden mit einem Abgang als deutscher
Meister.
ANTWORT: Natürlich bin ich als sehr erfolgsorientierter Mensch mit der
Finalniederlage nicht zufrieden. Aber wenn man die Entwicklung im Laufe dieser
Saison betrachtet sowie in meiner gesamten Karriere, dann fühle ich mich reich
belohnt für meine Arbeit.
FRAGE: Was waren die Gründe dafür, dass es im Finale gegen Köln nicht zum Sieg
gereicht hat?
ANTWORT: Selbst Sommermärchen enden ja manchmal mit dem dritten Platz. Und
hinter unserem "Vize" steht immerhin noch der Begriff "Meister". Meine
Mannschaft hatte weite Teile der Saison eine ganz andere Blickrichtung als die
Meisterschaft. Bei der Aufholjagd auf Platz vier hat sie dann wohl am Limit
gearbeitet. Die Krönung war das unglaubliche Halbfinale gegen Titelverteidiger
Berliner HC, das wir 3:1 gewonnen haben. Da haben wir etwas Substanz gelassen,
die uns im Finale gefehlt hat.
FRAGE: Also sehen Sie die Saison insgesamt positiv?
ANTWORT: Die Mannschaft hat noch einmal das gezeigt, was sie immer ausgezeichnet
hat: ihre Leidenschaft. Es ist schön, dass ich das zum Abschluss noch mal sehen
konnte.
FRAGE: Glauben Sie, dass das Team auch für den Trainer gespielt hat?
ANTWORT: Ja, ich denke schon. Die ganze Stimmung beim Finalwochenende war auf
den Abschied ausgerichtet. Ein letztes Mal in dieser Formation aufzutreten war
eine besondere Motivation für alle. Das hat auch mir noch mal den letzten Kick
gegeben. Ich war sehr emotional bei der Sache, habe das aber auch genossen.
FRAGE: Wie haben Sie den Abschied nach dem Finale am Sonntag erlebt?
ANTWORT: Wir haben nach der Rückkehr noch lange im Rüsselsheimer Bootshaus
zusammengesessen. Bei den Verabschiedungen von einzelnen Spielerinnen sind ein
paar Tränen geflossen. Das war eine Situation, die man sich als Trainer nur
wünschen kann: Man geht weg, und alle sind traurig.
FRAGE: Sie kennen viele Spielerinnen schon von klein auf.
ANTWORT: Es ist einfach großartig, mit Spielerinnen, die ich selbst als kleine
Schülerinnen gesichtet habe, zum Abschluss ein deutsches Endspiel zu spielen.
Das war emotional schon sehr beeindruckend.
FRAGE: Was nehmen Sie für sich persönlich aus den vielen Jahren Rüsselsheim mit?
ANTWORT: In erster Linie, dass die Eigenmotivation das Entscheidende ist. Man
kann andere nur motivieren, wenn man sich selbst für dieses Spiel begeistern
kann. Zudem muss man wissen, dass die Arbeit immer an der Basis beginnt, mit
Kinderhockey und dem Fördern von Talenten. Ich habe immer versucht, Talente
nachhaltig zu prägen und zu begleiten und daraus meine Motivation zu ziehen.
FRAGE: Werden Sie das in Zukunft in Hamburg auch tun können?
ANTWORT: Ich versuche dort, an der Basis aufzutreten, an den Wurzeln anzusetzen
und strukturiert etwas aufzubauen. Das Sichten und Fördern von Talenten ist der
Reiz, der mich immer angetrieben hat.
FRAGE: Welchen Moment aus Ihrer Zeit in Rüsselsheim werden Sie in besonders
guter Erinnerung behalten?
ANTWORT: Was mich total beeindruckt hat, war die erste deutsche
Jugendmeisterschaft mit den Mädchen A 1986 sowie der erste Sieg beim Europapokal
der Landesmeister auf dem Feld 1993.
FRAGE: Gibt es einen günstigen Zeitpunkt für einen Wechsel?
ANTWORT: Nein. Aber es ist natürlich schön, wenn man sich an einem Höhepunkt
verabschieden kann, von daher ist dieser Abgang nun schon nahezu optimal.
FRAGE: Muss man sich nach Ihrem Weggang und angesichts begrenzter finanzieller
Mittel um den RRK Sorgen machen?
ANTWORT: Rüsselsheim hat nie von dem Faktor Geld gezehrt, sondern immer viel mit
Enthusiasmus und Begeisterung sowie einer hervorragenden Jugendarbeit wettmachen
können. Der Verein ist nach wie vor ein Talentschuppen mit guten Trainern, zudem
entsteht aktuell ein zweiter Kunstrasenplatz. Man muss in Rüsselsheim immer
wieder versuchen, aus der breiten Basis zu schöpfen, um so andere Defizite zu
kompensieren.
FRAGE: Ist das Kapitel Rüsselsheim für Sie endgültig abgeschlossen, oder bleibt
die Tür offen?
ANTWORT: Ich kann mir mittlerweile ziemlich viel vorstellen. Aber wo mich die
Wege in Zukunft hinführen, kann ich derzeit nicht absehen. Jetzt geht es erst
mal nach Hamburg.
"Der RRK ist immer
wiedergekommen"
Frauenhockey: Angesichts
des Reservoirs an Talenten ist dem scheidenden Trainer nicht bange
Von Jörg Monzheimer
(aus "Rüsselsheimer
Echo" vom 10.07.2007)
Beim Rüsselsheimer RK ist
am Sonntag eine Ära zu Ende gegangen. Nach 28 Jahren hat Trainer-Legende
Berti Rauth (48) den Verein verlassen, den er im Damenbereich zum
erfolgreichsten Klub der vergangenen beiden Jahrzehnte formte. Ab sofort
wird Rauth beim Club an der Alster Hamburg als Jugendkoordinator wirken.
Bei den Herren haben die Hanseaten gerade die deutsche Meisterschaft
gewonnen, die vom früheren Rüsselsheimer Jens George trainierten Damen
belegten in dieser Spielzeit Rang fünf. Das ECHO sprach mit Berti Rauth
über die 1:2-Finalniederlage gegen Rot-Weiß Köln, die Perspektiven des
RRK und die nächsten Aufgaben des Neu-Hamburgers.
ECHO: Herr Rauth, erst mal
herzlichen Glückwunsch zu einem fantastischen Endspurt in der Liga und zum
Einzug ins Finale. Wie tief aber sitzt die Enttäuschung über die Niederlage
gegen Köln?
Berti Rauth: Nach einer
Niederlage im Finale bricht man nicht in Jubel aus, das ist schon schmerzlich.
Man muss aber die Gesamtsaison sehen, und da ist die deutsche Vize-Meisterschaft
schon ein Traum. Das habe ich der Mannschaft auch so gesagt und versucht, die
Enttäuschung abzufedern. Wie wir noch einmal die Kurve gekriegt haben, das ist
schon großartig. Für mich persönlich war es eine Genugtuung, dass das Team noch
einmal um die deutsche Meisterschaft gespielt und vor allem am Samstag im
Halbfinale gegen den amtierenden Meister eine herausragende Leistung gezeigt
hat. Kampfgeist, Leistungswillen, Leidenschaft: All das, was den Rüsselsheimer
RK auszeichnet, war da.
Berti Rauth mit Mandy und Lydia Haase |
ECHO: Sie haben 33 Titel
allein mit der ersten Damen-Mannschaft gewonnen, dazu kamen weitere 22 mit
Jugendteams. An welchen dieser Erfolge aus 28 Jahren Trainertätigkeit erinnern
sie sich besonders gern?
Rauth: Das sind die erste
deutsche Meisterschaft mit den A-Mädchen in Braunschweig und der erste
Europapokalsieg bei den Landesmeistern auf dem Feld 1993 in Brüssel. Wir haben
damals eine neunzehnjährige Siegesserie der Niederländerinnen beendet. Jede
Meisterschaft war für sich ein Kracher, aber die beiden sind ganz besonders
hängen geblieben. Zwei Mal (Anmerkung der Redaktion: 1993 und 1997/98) haben wir
außerdem alle vier zu vergebenden Titel inne gehabt, das war schon eine
einzigartige Vormachtstellung.
ECHO: Jetzt verlassen nicht
nur Sie den Verein. Mit Barbara Vogel, Mandy und Lydia Haase sowie Katharina
Schultz gehen gleich vier Stammspielerinnen. Befürchten Sie einen Einbruch?
Rauth: Für mich persönlich ist
das eine einschneidende Situation, die Mannschaft aber hat sich immer wieder
behaupten müssen. Umbrüche hat es immer gegeben. Als Britta Becker, Eva
Hagenbäumer, Tanja Dickenscheid oder Denise Klecker, um nur einige zu nennen,
aufgehört haben, stand da auch ein Fragezeichen, und so mancher hat geglaubt,
jetzt geht es nach unten. Die Mannschaft aber hat die richtige Antwort auf dem
Platz gegeben. Den RRK zeichnet es aus, immer wiederzukommen. Diese Mentalität
ist hier gesetzt. Dank der leistungsorientierten Jugendarbeit konnten viele
Talente in die erste Mannschaft eingebaut werden. Wenn ich mir jetzt die
Leistungen von Hannah Pehle oder Eva Frank bei der Endrunde ansehe, dann waren
sie weit mehr als Ergänzungsspielerinnen.
ECHO: Ihnen ist also nicht
bange?
Rauth: Nein, auf keinen Fall.
Der RRK hat es immer geschafft, mit seiner Jugendarbeit Erfolg zu haben. Ich
weiß, was für talentierte Spielerinnen wir bis zu den B-Mädchen hinunter haben,
habe die Mannschaften ja selbst trainiert. Da ist mir nicht bange. In den
vergangenen Jahren haben wir die Zahl der Jugendlichen fast verdoppelt. Der Weg
erfordert viel Arbeit und Energie, aber der RRK verfügt über gute Trainer im
Jugendbereich. Das Feld ist bereitet.
ECHO: Was steht für Sie in den
nächsten Tagen an?
Rauth: Am Mittwoch geht es
hoch nach Hamburg, ab Donnerstag werde ich ein zweiwöchiges Hockey-Camp für
Kinder anbieten und danach erst mal eine kurze Pause einlegen. Mal sehen, wie
ich mich dort oben einlebe.
ECHO: Kehren Sie eines Tages
zum RRK zurück?
Rauth: Da gibt es keine
Prognose. Vor ein paar Jahren hätte ich auch nicht geglaubt, eines Tages in
Hamburg zu landen. Für meine Persönlichkeitsentwicklung ist das in wichtiger
Schritt. Jetzt freue ich mich erst einmal auf die Arbeit beim Club an der
Alster.
Friesennerz und
Frisuren-Vers
Hockey:
Emotionaler Abschied beim Rüsselsheimer RK von Erfolgstrainer Berti Rauth, der
zu Alster Hamburg wechselt
Von Jörg Monzheimer
(aus "Rüselsheimer Echo" vom 26.6.2007)
Es waren ergreifende
Momente am Sonntag im Hockey-Stadion am Sommerdamm. Nicht nur Nachwuchskräften
und Nationalspielerin Silke Müller standen bei ihren Ansprachen die Tränen in
den Augen, auch der Sportliche Leiter Glenn Eifert rang kurzzeitig mit der
Fassung, und selbst Berti Rauth war einen Augenblick sprachlos. Nach 28 Jahren
in Diensten des Rüsselsheimer Ruder-Klubs nahm die Trainer-Legende vom
Heimpublikum Abschied, um künftig beim Club an der Alster Hamburg als
Jugendkoordinator Aufbauarbeit zu leisten.
Als Spieler errang Berti Rauth mit
dem RRK drei deutsche Meisterschaften. Sein erster Titel als Trainer war die
Hessen-Meisterschaft mit den B-Mädchen.
Was danach folgte, ist eine
beispiellose Erfolgsgeschichte: 1990 glückte den RRK-Damen der Aufstieg in die
Bundesliga, seitdem gab es fast jedes Jahr mindestens einen Titel zu feiern.
Sechs deutsche Meisterschaften auf
dem Feld, neun in der Halle, zwei Europapokalsiege im Feld bei den
Landesmeistern, einen bei den Pokalsiegern, dazu 15 Europacup-Erfolge unter dem
Hallendach – das sind die Zahlen.
"Das ist kein glücklicher Tag für
uns", befand RRK-Vorsitzender Dietmar Klausen. Ein Trainer diesen Formats, mit
derartiger Ausstrahlung und solchem Engagement sei in ganz Deutschland nicht zu
finden. Rauth habe in Schulen für den Hockeysport geworben, Leistungsdruck zur
Maxime erhoben und Stadt und Verein mit Erfolgen nur so verwöhnt.
Zugleich sei er ein kritischer Kopf,
der Diskussionen mit dem Vorstand nicht gescheut habe. In Anerkennung von Rauths
Verdiensten überreichte Klausen ihm die goldene Ehrennadel und eine Uhr, auf
deren Rückseite "Danke Berti. Dein RRK" eingraviert ist.
"Wir verlieren ungern
Persönlichkeiten aus dem Sport", meinte auch Oberbürgermeister Stefan Gieltowski,
der seit langer Zeit zu den Freunden des Hockeysports zählt. Da es in Hamburg
häufig regnet, hatte er als Geschenk einen knallgelben "Friesennerz" und einen
Reiseführer "Hamburg für Hamburger" mit im Gepäck.
Der RRK-Nachwuchs würdigte, dass
Berti Rauth für seine Teams mehr als nur ein Hockeytrainer gewesen sei. Immer
wieder habe er auch Entertainer-Qualitäten unter Beweis gestellt, die Teams vor
schwierigen Spielen mit frechen Sprüchen beruhigt und Unterstützung außerhalb
des Felds geleistet. Selbst ohne die vielen Erfolge hätte die Arbeit mit ihm
ungemein viel Spaß gemacht.
Nationalspielerin Silke Müller
blickte in Versen auf Rauths Karriere zurück und ließ auch die Frisur nicht
außer Acht. "Früher eine Lockenmatte, heute grau und fast 'ne Platte", hieß es
da über den 46 Jahre alten Rauth, der von 1995 bis 2000 auch als Bundestrainer
tätig war. Zugleich gab sie ihm einen Ratschlag für den Fall mit auf den Weg,
dass es ihm in Hamburg nicht gefallen sollte: "Hast Du dort die Schnauze voll,
komm zurück, das wär doch toll."
"Ich hatte mir das so emotional nicht
vorgestellt. Ich dachte, es gibt hier ein Hockeyspiel, und wir holen den einen
Punkt, den wir noch brauchen. Aber jetzt bin ich ziemlich mit den Nerven zu
Fuß", sagte Rauth, dem von den Rängen stehend Applaus gespendet wurde. Sein Dank
galt den vielen ehrenamtlichen Helfern, Eltern und Trainern, ohne die seine
Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Namentlich nannte Rauth den viel zu früh
verstorbenen RRK-Jugendleiter Kurt Becker.
"Dass es ein Schlusspunkt ist, wurde
mir erst nach dem Abpfiff richtig klar. Während des Spiels schiebt man so etwas
weg, aber jetzt ist es auch im Kopf vollzogen", erklärte ein noch sichtlich
bewegter Berti Rauth wenige Minute nach seiner Verabschiedung. Froh zeigte er
sich, "nicht mit einem Hänger rauszugehen".
Zur Mannschaft, zum Verein habe er
nach wie vor ein gutes Verhältnis, ohne die großartige Unterstützung wäre er nie
so weit gekommen. "Ich habe dem RRK meinen Werdegang zu verdanken. Als
Einzelkämpfer bist du verloren, ich aber habe hier immer eine gute Resonanz
gespürt. Das werde ich am meisten vermissen."
Seinen Abschied begreift Berti Rauth
auch als Chance für den Verein, sich weiter zu entwickeln. Nach nahezu drei
Jahrzehnten als Coach müsse man irgendwann auch loslassen können, meint er,
schließlich seien mittlerweile längst die ersten Kinder von früheren
Spielerinnen im Training.
Auch wenn es Berti Rauth nicht so
ausdrückt – in gewissem Sinne ist "sein RRK" erwachsen geworden. "Mir ist nicht
bange um den RRK. Hier gibt es ein gutes Fundament, eine tolle Jugend und prima
Trainer. Für mich ist jetzt der Zeitpunkt, noch einmal etwas Neues zu wagen."
Ende einer Erfolgsgeschichte
Nach 28
Jahren mit 33 Titeln verlässt Hockeytrainer Berti Rauth den Rüsselsheimer RK in
Richtung Hamburg
VON ANNETTE SEITZ (aus
"Frankfurter Rundschau" vom 25.06.2005)
Es sind Momente, die
man erst genießen kann, wenn sie vorbei sind. Berti Rauth war gestern jedenfalls
anzusehen, dass er während seiner offiziellen Verabschiedung nach dem 1:1 (1:1)
des Hockey-Bundesligisten Rüsselsheimer RK (RRK) gegen den Berliner HC lieber
woanders gewesen wäre. Der Erfolgstrainer, der nach 28 Jahren seinen hessischen
Heimatverein verlässt, um beim Club an der Alster Hamburg Sportlicher Leiter
Jugend zu werden, hat während der vielen Abschiedsreden nach dem Schlusspfiff
versucht, seine Tränen zurückzuhalten. Geschafft hat er es nicht. Spätestens in
jenem Moment, als zwei Jugendspielerinnen stellvertretend für viele junge
Talente des Vereins das Wort ergriffen und ihren Lehrmeister würdigten, war es
um Rauth geschehen. Der oft nur als harter Hund wahrgenommene Trainer, der am
Spielfeldrand immer für einen markigen Spruch gut ist, ist auch sehr sensibel.
Und schämte sich gestern seiner Gefühle nicht.
Berti Rauth, mehr als ein Erfolgstrainer! Bei seiner Verabschiedung ließen
viele Spielerinnen ihren Gefühlen freien Lauf. So flossen reichlich Tränen. |
Playoffs in
Reichweite
Das Kapitel "Berti Rauth
und der Rüsselsheimer RK" ist vorbei. Beinahe zumindest. Denn gestern stand für
den akribischen Arbeiter und hockeyverrückten Erfolgsmenschen nur das letzte
Heimspiel als Trainer des RRK an. Am Sonntag wird er bei Eintracht Frankfurt
seine letzte Partie in der Hauptrunde machen, und die Voraussetzungen sind gut,
dass Rauth auch noch mit seinem Team eine Woche später bei den Playoffs dabei
ist.
Es passt ins Bild, dass die Zeit
Berti Rauths beim RRK mit einem Erfolg zu Ende gehen könnte. Galt doch der Start
in den Playoffs nach einer wechselhaften Saison lange Zeit als ungewiss. "Für
mich ist das eine runde Sache", sagte Rauth. "Ich bin froh, dass ich hier nicht
mit einem Hänger rausgekommen bin."
Talentsuche in den Schulen
33 nationale und internationale Titel
hat er als Trainer in Rüsselsheim geholt. Kein anderer hat Hockey bei einem
einzigen Verein derart geprägt wie der 48-Jährige, der die Gabe besitzt, ein
Spiel lesen zu können. Zudem ging Rauth schon früh in die Schulen, brachte
Hockey zu den Kindern. Die Quelle der Talente des RRK schien dank des
Engagements des Trainers nie zu versiegen. Immer wieder entdeckte Rauth
Rohdiamanten, machte sie zu Nationalspielerinnen, holte Titel um Titel, auch in
der Jugend. Doch auch in der Stunde des Abschiedes versäumte er es nicht, seinen
Mitstreitern zu danken, ohne die der Erfolg nicht möglich gewesen wäre: "Als
Einzelkämpfer bist du verloren", sagte Rauth.
Der Abgang des Berti Rauth im Stadion
am Sommerdamm führte durch ein Spalier von Jugendspielerinnen. "In diesem Moment
habe ich es vollzogen im Kopf", sagte der Trainer hinterher. Und doch ist ein
Rüsselsheimer RK ohne seinen Erfolgstrainer im Moment nur schwer vorstellbar.
Rauth-Abschied mit Tränen
Den
Dankesworten und Würdigungen folgt die Zeit der Emotionen
Aus "Main-Spitze" vom 25.06.2007
dt. RÜSSELSHEIM Am Ende gab auch
Berti Rauth seinen Gefühlen nach. Lange Zeit hatte sich der Damen-Trainer des
Rüsselsheimer RK bei seiner Verabschiedung am Sonntag wacker geschlagen und die
zahlreichen Glückwünsche und Dankesworte tapfer entgegengenommen. Aber als nach
den Verantwortlichen die Spielerinnen das Wort ergriffen, da wischte sich auch
Rauth Tränen aus den Augen. Ihm erging es aber längst nicht alleine so.
Zahlreiche Spielerinnen ließen beim hochemotionalen Abschied des Erfolgstrainers
ihren Gefühlen freien Lauf.
"Wir danken dir für alles, was du für
den RRK geleistet hast", sagte der stellvertretende Abteilungsleiter Glenn
Eifert und überreichte Rauth eine Fotokollage mit Bildern aus dessen bewegter
Karriere beim RRK. "Vielleicht kommen noch weitere Fotos hinzu", spielte Eifert
auf die restliche Saison an, in der sich die RRK-Damen noch für das
DM-Halbfinale qualifizieren können. RRK-Präsident Dietmar Klausen würdigte Rauth
als "Glücksfall für unseren Verein". Er habe mit seiner besonderen Ausstrahlung,
unermüdlichem Engagement und neuen Methoden das Frauenhockey zu dem gemacht, was
es jetzt sei. "Wir lassen dich nur ungern nach Hamburg ziehen", so Klausen,
"aber dein Name wird stets untrennbar mit Rüsselsheims Frauenhockey verbunden
bleiben."
Besondere Verdienste hat sich Rauth
um die Jugendarbeit erworben. "Du warst für uns mehr als nur Trainer", sagten
die Jugendspielerinnen Franziska Eckhard und Victoria zu Dohna über den
gerührten Rauth. Zwar habe manch eine Übung mit der Zeit genervt, doch hätten
ihm die ungezählten Erfolge Recht gegeben. "Doch wir glauben, dass wir auch
unheimlich viel Spaß gehabt hätten, wenn wir nicht so erfolgreich gewesen
wären", sagten die Schülerinnen. Rauth habe viel gefordert, aber auch viel
gegeben. "Deshalb wirst du uns nicht nur als Trainer, sondern auch als Mensch
sehr fehlen." Diese Aussage unterstrich Silke Müller, die im Namen des Teams ein
Gedicht vortrug. Es sei eine schöne Zeit mit Rauth gewesen, hieß es darin, nun
sei Hamburg das Ziel des Trainers. "Doch hast du dort die Schnauze voll", so
Müller, "dann komm zurück, das wär´ doch toll."
Aus "Main-Spitze" vom
22.06.2007:
Bleibt "Guru" Rauth acht Tage länger?
Wichtige letzte Heimspiele für RRK-Damen
kri. - Läuft der Countdown kontinuierlich
ab, oder werden noch einmal acht Tage draufgepackt? Die Frage, ob Berti
Rauths Zeit beim Rüsselsheimer RK früher oder später endet, wird an
diesem Wochenende am Sommerdamm weitgehend beantwortet.
Fest indes steht, dass die
Bundesliga-Hausaufgaben gegen TuS Lichterfelde und Berliner HC die
letzten Heimspiele des "Trainergurus" nach 28 beispiellos erfolgreichen
Hockeyjahren am Untermain sein werden. Und deshalb steht nach der Partie
gegen den BHC die offizielle Verabschiedung des künftigen Hamburgers
Rauths nebst der ebenfalls in die Ferne (Berlin?) ziehenden Barbara
Vogel und Katharina Schultz durch den Ruder-Klub 08 auf dem
Programm.
Während beiden Spielerinnen nur wenige
Jahre blieben, um in hiesigen Gefilden Wurzeln zu schlagen, wäre es
verwunderlich, sollte Rauth der Gang zum Sommerdamm aktuell nicht extrem
schwer fallen. "Schumi hat´s deutlich schwieriger, denn ich kann
wenigstens weiter Hockey machen", sagt Rauth. Obwohl die neue Aufgabe
beim Club an der Alster in Form zweier Nachwuchscamps im Juli bereits
feste Konturen annimmt, würde der 48-Jährige sich gerne mit einem
weiteren Erfolg verabschieden: "Dass wir deutlich vor Rundenende nur
noch Ambitionen nach oben haben, ist schön fürs Team und für mich."
An die DM-Endrunde in Mönchengladbach
(7./8. Juli) mag er trotz der guten Ausgangsposition - es folgt noch das
finale Gastspiel bei Absteiger Eintracht Frankfurt - momentan nicht
denken. Denn: "Lichterfelde steht mit dem Rücken zur Wand und ist mit
dieser Situation vertraut". Auf keinen Fall, so Rauth, dürfe gegen den
abstiegsbedrohten Tabellenvorletzten nur mit langen Bällen operiert
werden, da dies Konter provozieren würde. Da der RRK diesen Gegner in
der Hinrunde 2:0 besiegt hat, dürften die Trauben am Sonntag höher
hängen. Der BHC nimmt nur aufgrund der Tordifferenz Rang zwei hinter
Spitzenreiter Rot-Weiß Köln ein und hat den RRK zu Hause 2:1 bezwungen.
"Das war in der zweiten Halbzeit ein offener Schlagabtausch, den wir
unglücklich verloren haben", sagt Rauth. Wie immer gilt es,
speziell Nationalstürmerin Natascha Keller (zehn Tore) nicht aus den Augen zu
lassen.
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