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Über Mitglieder des
RRK (2015)
Anja Warnecke-Bi |
Die zwei Fähnchen auf ihrem Blazer lassen
Anja Warnecke-Bis Verbundenheit zu China und Deutschland erahnen.
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Expertin verstärkt das Städtenetzwerk Fernost
Die Frau, die die Chinesen versteht
Von ROBIN GÖCKES
(aus "Frankfurter Neue Presse" vom 6. November 2015)
Mit Anja
Warnecke-Bi haben sich die Rathaus-Chefs der Drei-Gewinnt-Kommunen eine
China-Expertin ins Haus geholt. Sie soll künftig die Schnittstelle im Dialog mit
den Partnern aus Fernost sein.
Luftlinie liegen
zwischen Rüsselsheim und der chinesischen Hauptstadt Peking rund 7.800
Kilometer. So groß mag die Distanz zwischen Chinesen und Rüsselsheimern nicht
sein, kulturelle Unterschiede und nicht zuletzt natürlich die Sprache machen den
Austausch aber dennoch schwierig – wie auch die Bürgermeister von Raunheim und
Kelsterbach, Thomas Jühe und Manfred Ockel (beide SPD) sowie der Rüsselsheimer
Rathauschef Patrick Burghardt (CDU) auf ihrer jüngsten China-Reise wieder einmal
erfahren haben. "Das geht schon damit los, wie man die Visitenkarte eines
Gesprächspartners entgegennimmt. Es gibt im Umgang einfach viele Dinge, die man
da wissen muss", berichtet Burghardt.
Sie weiß, wo die
Fallstricke lauern
Eine, die weiß,
welche Fallstricke im deutsch-chinesischen Dialog lauern, worauf man aufpassen
muss und was man lieber bleiben lässt, ist Anja Warnecke-Bi. "Ich bin schon
lange mit China in Kontakt, weiß, wo die Schwierigkeiten liegen, die beide
Seiten oft miteinander haben", sagt sie. Gut so, schließlich ist die 49-Jährige
die neue Netzwerkerin im Zweckverband "Städtenetzwerk Fernost" und tritt ihren
Dienst offiziell am 1. Dezember an. "Auch wenn die Arbeit für sie noch nicht
richtig begonnen hat, bin ich sicher, dass das ein Volltreffer für uns ist",
geizt der Rüsselsheimer Oberbürgermeister nicht mit Vorschusslorbeeren für die
Neue, die zur kommunikativen Schnittstelle im Städtenetzwerk werden soll.
Die Rathaus-Chefs
des Städtenetzwerks sind zuversichtlich, mit Warnecke-Bi die richtige Expertin
mit an Bord geholt zu haben. 120 Bewerbungen habe es auf die Stelle des
Netzwerkers im Zweckverband gegeben, Anja Warnecke-Bi muss herausgestochen
haben. Dass ein neues Gesicht, zusätzliche Expertise, für die Verhandlungen mit
China an Bord geholt werden muss, war ohnehin schon lange klar. "Wir wussten von
Anfang an, dass wir Verstärkung brauchen würden. Unsere Wirtschaftsförderungen
könnten das nicht einfach so nebenbei stemmen", sagt Burghardt.
Der
Schreibtisch steht in Rüsselsheim
"Wie sich mein
Arbeitstag genau gestalten wird, weiß ich noch nicht", sagt Warnecke-Bi. Das
Telefon und die chinesische Sprache werden aber wohl, so viel ist klar, eine
entscheidende Rolle spielen. Ihr Schreibtisch wird im Rüsselsheimer Rathaus
stehen, tätig ist sie aber über das Städtenetzwerk für Rüsselsheim, Raunheim und
Kelsterbach gleichermaßen.
Sie versteht sich
selbst auch ein Stück weit als Aufklärerin, sagt sie. Sprache und Kultur, da
liegt das größte Konfliktpotenzial im deutsch-chinesischen Umgang, ist sie
sicher. "Ich will Aufklärungsarbeit auf beiden Seiten leisten, das gegenseitige
Verständnis fördern. Unwissen verhindert oft, das beide Parteien aufeinander
zugehen", sagt Warnecke-Bi.
Anja Warnecke mit den Damen
des RRK! Den Feldhockey-Europacup
1993 in Brüssel gewinnen die Damen des Rüsselsheimer RK 08 im
Siebenmeter-Schießen gegen HBC Amsterdam (hinten: Anja Warnecke, "Physio"
Peter Bulajic, Katrin Schmidt, Britta Becker, Petra Vollhardt,
Tanja Dickenscheid − verletzt, Denise Klecker, Sina Fröhlich, Sabine
Lersch, Trainer Berthold "Berti" Rauth, Betreuer Thomas Blivier; vorn: Torfrau Stefanie
"Steffi" Rinderer,
Sybille Breivogel, Susanne Müller, Torfrau Bianca Weiß, Eva Hagenbäumer,
Marja Busch, Angela Müller, Nicole Hardt, Anja Mück) |
Ihre eigene
berufliche Lebensgeschichte ist eng mit China verknüpft. In Frankfurt studierte
sie Sinologie und Betriebswirtschaftslehre. Zwei Jahre verbrachte sie im Rahmen
eines Austauschprogramms im Reich der Mitte, lernte dort auch ihren späteren
Mann kennen, dem sie das "Bi" hinter dem Bindestrich verdankt. Es folgten
mehrere berufliche Stationen bei unterschiedlichen Firmen, meist aber irgendwie
doch mit wirtschaftlichem Bezug, wie sie sagt. Schließlich übernahm sie das
Konfuzius-Institut der Frankfurter Goethe-Uni, brachte Interessierten die
chinesische Kultur und Sprache bei, führt in die Besonderheiten von Land und
Leuten ein.
Zurück in die
"neue alte Heimat"
Bevor das Angebot
aus Rüsselsheim kam, war sie im Marketing eines chinesischen Unternehmens tätig
– nun aber ziehe es sie zurück zu ihren Wurzeln. Sich selbst bezeichnet
Warnecke-Bi nämlich als Rüsselsheimerin. 15 Jahre habe sie beim RRK Hockey
gespielt. "Ich kehre zurück in meine neue alte Heimat", sagt sie und ist
überzeugt, die richtigen Fäden ziehen zu können. "Hier kann ich meine beruflichen
Erfahrung einbringen. Und die Aufgaben werden ja größer." Dazu zählt für sie
nicht nur, chinesischen Firmen ein Engagement in der Drei-Gewinnt-Region
schmackhaft zu machen, sondern auch den Weg deutscher Firmen nach Fernost zu
ebnen.
Erfolgreiche China-Reise
Gewerbegebiete stehen hoch im Kurs
Von ANJA INGELMANN
(aus "Frankfurter Neue Presse" vom 6. November 2015)
Die Bürgermeister
der drei Kommunen des Städtenetzwerks sind von ihrer China-Reise zurück.
Mitgebracht haben sie neue Kontakte und viele Ideen. So wollen die Netzwerker
ihre Beziehungen nutzen, damit sich Unternehmen aus ganz Deutschland in China
ansiedeln.
Eine Woche waren
die Bürgermeister von Raunheim, Rüsselsheim und Kelsterbach in China unterwegs.
Seit ein paar Tagen sind sie wieder im Lande und haben nun von den Ergebnissen
ihrer Reise berichtet. Insgesamt vier Schriftstücke haben Thomas Jühe (SPD),
Patrick Burghardt (CDU) und Manfred Ockel (SPD) dort mit chinesischen Partnern
unterzeichnet. Dies sind erst einmal Absichtserklärungen, die endgültigen
Verträge werden zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen. Damit kündigen sich
aber schon jetzt einige größere Projekte an, die in den Gewerbegebieten der
Städte Raunheim, Rüsselsheim und Kelsterbach realisiert werden. Einige
Grundstücke seien schon reserviert worden, sagte Raunheims Bürgermeister Thomas
Jühe.
Interessant für
den Handel übers Internet
Besonders attraktiv
sind die Flächen der Kommunen für einen länderübergreifenden Handel übers
Internet. Mit der Rüsselsheimer Partnerstadt Hangzhou haben die Bürgermeister
den Aufbau eines solchen Zentrums in den Drei-gewinnt-Städten verabredet. Wie
Jühe schon Anfang September in der gemeinsamen Stadtverordnetensitzung der drei
Kommunen erwähnte, will eine Gruppe von 40 chinesischen Investoren auf dem
Mönchhofgelände ein internationales Zentrum für den Internethandel mit Konsum-
und Technikprodukten aufbauen.
Die Unternehmen,
die auf dem chinesischen Markt schon aktiv sind, wollen ihre Handelsaktivitäten
auf Deutschland ausweiten. "Da das Thema Logistik hier eine große Rolle spielt,
sind unsere Standorte mit ihrer Nähe zum Flughafen dafür prädestiniert", sagte
Jühe.
Mit dem Ausbau der
Kontakte haben die Teilnehmer der Reise auch den Boden für künftige Projekte
bereitet. Wenn ein chinesischer Milliardär einen neuen Stadtteil baut, in dem
sich deutsche Unternehmen ansiedeln können, ist das für die Netzwerker ebenfalls
interessant. "Wir wollen uns als Partner anbieten und im Umkehrzug erreichen,
dass Drei gewinnt auch als Standort für chinesische Unternehmen gesehen wird",
sagte der Raunheimer Bürgermeister. Für die Zukunft haben sich die drei Kommunen
einiges vorgenommen: "Wenn in China das Thema Deutschland aufgerufen wird, soll
man dort als erstes an den Drei-gewinnt-Standort denken", sagte Jühe.
Wie sein
Rüsselsheimer Amtskollege bestätigte, soll der Begriff "Drei gewinnt" mehr und
mehr zu einer Marke ausgebaut werden, die auch im Ausland – vor allem in China –
an Bedeutung gewinnt.
Mit den Städten
Hangzhou und Foshan sind ähnliche Projekte geplant, auch hier will das
Städtenetzwerk helfen, deutsche Unternehmen in China anzusiedeln. In beiden
Städten, die jeweils um die acht Millionen Einwohner haben, gab es dazu
Gespräche mit Politikern. "Dass sie es bei uns mit kleineren Partnern zu tun
haben, ist ihnen bewusst", sagte der Raunheimer Bürgermeister. Dennoch, so
betonte Patrick Burghardt, hätten alle Beteiligten auf Augenhöhe miteinander
gesprochen. Die Stadt Foshan, die im Südosten Chinas liegt, sei außerdem als
neues Mitglied in das Städtenetzwerk aufgenommen worden.
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft:
Die Bürgermeister und die neue Netzwerkmanagerin Anja Warnecke-Bi
präsentieren eines der Mitbringsel von der China-Reise. Auf dem Transparent
ist chinesische Kalligrafiekunst zu sehen. |
Aktivitäten in
ganz Deutschland
Die
Drei-gewinnt-Kommunen denken daran, ihre Aktivitäten auf ganz Deutschland
auszuweiten, um Unternehmen zu finden, die sich in den riesigen Gewerbegebieten
der chinesischen Partnerkommunen ansiedeln wollen. "Vielleicht werden wir uns
diese Dienstleistungen auch irgendwann bezahlen lassen", meinte Jühe.
Dass die Kommunen
noch mehr zu bieten haben als ihre Nähe zum Flughafen, machte Patrick Burghardt
deutlich. Mit der Opelstadt Rüsselsheim sei die Region auch für Firmen aus dem
Automotive-Bereich interessant. Möglicherweise hat dieses Argument auch beim
chinesischen Autobauer Great Wall gezogen. Das Unternehmen macht sein Geschäft
unter anderem mit Nutzfahrzeugen und Geländewagen im Niedrigpreissegment und
will nun hier eine Niederlassung gründen. "Auch für diese Autos gibt es in
Deutschland einen Markt", davon ist Thomas Jühe überzeugt.
Auch wenn bei der
Reise noch kein finaler Vertrag zustande gekommen ist und die Details noch nicht
an die Öffentlichkeit gelangen sollen – die drei Rathauschefs sind vom Erfolg
überzeugt. "Jetzt müssen wir die Unternehmen an die Hand nehmen und langfristig
betreuen", sagte Kelsterbachs Bürgermeister Manfred Ockel. Dabei helfen soll ab
Dezember eine neu eingestellte Netzwerkmanagerin für China.
Große Erfolge noch Jahre entfernt
"Drei gewinnt"-Bürgermeister berichten von China-Reise / Koordinatorin
nimmt im Dezember Dienst auf
Von André Domes
(aus "Rüsselsheimer Echo"/"Main-Spitze" vom 6. November 2015)
Keine konkreten
Unternehmensansiedlungen, dafür aber schriftliche Absichtserklärungen und nicht
zuletzt die Erkenntnis, dass die China-Aktivitäten nur fruchten können, wenn auf
deutscher Seite die Verhandlungsmasse stimmt – so sieht, kurz gefasst, das
Resultat der zweiten China-Reise einer Delegation aus den "Drei gewinnt
Kommunen" aus, die Ende Oktober stattfand. Was dort mit den chinesischen
Partnern vereinbart wurde und wie das deutsch-chinesische Städtenetzwerk künftig
ausgebaut werden soll, das berichteten die drei Rathauschefs aus Rüsselsheim,
Raunheim und Kelsterbach, nun im Rahmen einer Pressekonferenz. Vorgestellt wurde
auch die neue hauptamtliche Kraft, die ab Dezember im Zweckverband
"Städtenetzwerk Fernost" die Arbeit aufnehmen und das interkommunale Projekt
vorantreiben soll.
Vier "Letters of
intent"
"Es war nicht die
Intention hinter der Reise, zu sagen: Wir gehen da hin, um Verträge zu
unterschreiben", entgegnete Rüsselsheims Oberbürgermeister Patrick Burghardt
(CDU) auf die Frage nach messbaren Resultaten der Reise. Präsenz zu zeigen,
Kontakte zu knüpfen und die Wünsche der chinesischen Partner besser
kennenzulernen seien die wichtigen Aspekte der Reise gewesen, die mit den
Absichtserklärungen ja auch einige interessante Projekte voranbringen hat
können.
Vier solcher "Letters
of intent" seien unterzeichnet worden. Unter anderem gehe es dabei um den Aufbau
von Infrastrukturen zwischen "Drei gewinnt" und einem Investorenkonsortium aus
Hangzhou sowie der Zusammenarbeit mit dem Projekt "World Commerce Valley" in
Hebei. Etwas vager, dennoch vielversprechend seien auch die Aussagen des
Automobilherstellers "Great Wall" gewesen, berichten die Heimkehrer. Dort müsse
man sich erst noch intern für den Aufbau eines Europa-Geschäftes entschließen,
falls dies geschehe, sei "Drei gewinnt" aber auf alle Fälle "die erste Wahl",
erläuterte Raunheims Bürgermeister Thomas Jühe. Ohnehin sei den Initiatoren des
Netzwerks bewusst, dass es noch Jahre dauern werde, bis die wirklich großen
Ansiedlungserfolge zu verbuchen seien: "Kurz Kontakte knüpfen und dann nur
warten, bis die Gewerbesteuer sprudelt – so läuft das nicht."
Bei Gesprächen in
der Region Forshan, neben Beijing und Hangzhou ebenfalls Ziel der Reise, habe
sich gezeigt, welche Strategie in Sachen Investorensuche gefragt sei. Dort gebe
es bereits eine Sonderwirtschaftszone, die speziell auf deutsche Investoren
ausgerichtet sei. "Die Motivation auf chinesischer Seite steigt in dem Maße, wie
sich auch deutsche Unternehmen auch in China ansiedeln", führte Jühe aus.
Gemeinsam wollen die "Drei gewinnt"-Kommunen deshalb künftig auch stärker in die
entgegengesetzte Richtung arbeiten und deutsche Unternehmen zu den chinesischen
Partnern vermitteln. Man werde die Expertise und Kontakte des Netzwerks künftig
"mindestens regional, vielleicht auch national" bewerben. Sollten die Dienste
von außerhalb in Anspruch genommen werden, könne dies womöglich auch gegen
Gebühr an "Drei gewinnt" geschehen. Je besser die eigenen Kontakte im Inland
seien, desto besser könne man das eigentliche Ziel, Gewerbeansiedlungen auf den
eigenen Flächen, erreichen.
Personal für
Zweckverband
Dazu maßgeblich
beitragen soll nicht zuletzt die neue Netzwerkkoordinatorin, die am 1. Dezember
ihren Dienst aufnimmt. Anja Warnecke-Bi heißt die Mitarbeiterin, die sich gegen
rund 120 Mitbewerber durchgesetzt hat und jahrzehntelange Erfahrung in den
deutsch-chinesischen Kultur- und Wirtschaftsbeziehungen vorweisen kann. "Das war
für uns die perfekte Bewerbung", lobte Burghardt die über den
Fernost-Zweckverband angestellte Mitarbeiterin, die ihr Büro im Rüsselsheimer
Rathaus beziehen wird. "Ich weiß um die Schwierigkeiten, die beide Seiten oft
miteinander haben", erklärte Warnecke-Bi, die unter anderem das Frankfurter
Konfuzius-Institut mit aufbaute und lange in der Marketingabteilung eines
chinesischen Unternehmens aktiv war. Oft sei es schlicht Unwissenheit, die
vorbehaltloses Aufeinander-Zugehen verhindere und genau hier könne sie im
Netzwerk ihre Kenntnisse einbringen. |