Von
Stephan Stähler (aus
"Rüsselsheimer Echo" vom 19. Januar 2002)
"Ich war
kreidebleich", erinnert sich Andreas Späck an jenen Abend, als nach dem Training
bekannt wurde, dass der vieljährige Torhüter der Hockey-Nationalmannschaft,
Christopher Reitz, ein Praktikum in Australien antreten würde. Und gerade an
diesem Abend hatte der bis dahin zweite Keeper des Rüsselsheimer RK nach eigener
Auffassung nicht gerade besonders gut trainiert.
Doch viel Zeit zum
Nachdenken hatte Späck nicht. Kurz vor Weihnachten wurde er ins kalte Wasser
geworfen. In den letzten beiden Rundenspielen der Hallenhockey-Bundesliga musste
der 18 Jahre alte Torhüter an Stelle von Reitz ran. Und Späck nutzte die Chance,
die ihm Trainer Kai Stieglitz im Vorblick auf die anstehende Viertelfinalpartie
gab. Der RRK-Coach bescheinigte dem jungen Keeper nach der 4:7-Niederlage und
dem 8:5-Erfolg über den HC Heidelberg "eine couragierte Leistung".
Die Nervosität im
ersten Spiel in Frankenthal legte sich bei Späck, nachdem er zu Beginn einen
Ball abwehren konnte. Und eine Leistung wurde auch von den Mannschaftskollegen
anerkannt. Immerhin hatten die zunächst schon Bedenken, weil der 18-Jährige im
Training nicht sein ganzes Potential abruft. "Wenn ich gut bin, dann immer im
Spiel", sagt jedoch Späck.
Unvergessen bleibt
beim RRK-Torhüter der Viertelfinal-Krimi vor zwei Wochen in der Sporthalle
Dicker Busch gegen den Gladbacher HTC. Die enorme Anspannung wollte während der
gesamten Partie nicht weichen. "Ich konnte es nicht fassen", beschreibt Späck
eine erste Reaktion nach dem Gladbacher Treffer zum 9:9-Ausgleich.
Gleich mehrfach
lief die Szene noch einmal im Traum vor ihm ab. Der Torhüter glaubte die
Schlusssirene vernommen zu haben. In Wirklichkeit war es eine Tröte, die er
hörte. Und dieser Misston sollte am Ende zur Folge haben, dass der Rüsselsheimer
RK scheiterte. "Diesen Ball hätte ich halten müssen und ich hätte ihn auch
gehabt", versichert Späck.
Die A-Jugend des RRK mit
Torwart Andreas Späck ist Deutscher Feldhockeymeister 2001 (hinten: Trainer
Kai Stieglitz, Marcel Nold, Jan Petersen, Daniel Burghardt, Oliver Markowsky,
Sascha Gottschalk, Philipp Tangerding, Thomas Jost, Jonas Hof, Frank
Trautmann, Betreuer Edgar Wohlfahrt; vorn: Clemens Rosenbaum, Maximilian
Ankner, Lorenz Klee, Sven Wohlfahrt, Andreas Späck, Mirco Fuchs, Tobias
Leibl) |
Allerdings war sich
der Keeper sicher, dass ein Team das anschließende Siebenmeterschießen gewinnen
würde Als es jedoch verloren wurde, obwohl er einen Siebenmeter abwehrte, gab es
nur noch "Entsetzen". Doch während der regulären Spielzeit hatte der junge
Torhüter seine Mannschaft mehrfach im Spiel gehalten, wehrte beispielsweise
einen Siebenmeter ab.
Für die Feldsaison
wird Christopher Reitz wieder zurück sein, und Späck wird seinen Platz wohl
wieder räumen müssen. Denn den ehemaligen Nationaltorhüter in Reihen des RRK
hält der 2,05 Meter große Nachwuchskeeper nach wie vor für einen der besten
deutschen Torsteher und hofft, von ihm noch einiges lernen zu können. Und auch
ein weiterer Hockey-Fachmann hat Andreas Späcks Werdegang geprägt: der ehemalige
Frauen-Bundestrainer und Coach des RRK-Bundesliga-Frauenteams, Berti Rauth.
Schließlich brachte er ihn erst zum Hockeysport. Wie bei vielen Talenten sprach
Rauth den damals Zwölfjährigen während der Pause auf dem Schulhof an, ob er
nicht Interesse hätte, mal zum Training zu kommen. Späck gefiel´s, er hörte bei
der TG Rüsselsheim auf und wechselte zum Hockey.
Dass er nun
zwischen den Pfosten steht, hat er ebenfalls seinem ehemaligen Jugendtrainer
Rauth (Späck: "Ein super Trainer") zu verdanken. "Ich wollte eigentlich nicht,
aber da wir keinen Torhüter hatten, bat er mich, es doch einmal zu versuchen.
Und so stehe ich heute noch im Tor", erinnert sich Andreas Späck. Obwohl der
gebürtige Rüsselsheimer im Training immer wieder mal als Feldspieler mitmischt,
kann er sich inzwischen nichts anderes als die Torhüterposition vorstellen. Ihm
ist es dabei allerdings auch bewusst, dass er auf seiner Position angesichts der
zum Teil wuchtigen Geschosse nicht gerade ungefährlich lebt. "Bei Spielen gegen
Gladbach denke ich aber nicht nach, ob es nun gefährlich ist oder nicht", sagt
der Torhüter.
Begeisterung weckt
bei Späck vor allem das Spiel in der Halle, weil er dort öfter im Einsatz ist –
hinzu kommt die besondere Atmosphäre. Neben gut einem Dutzend
Hessenmeisterschaften hat der Keeper mit RRK-Nachwuchsmannschaften in den
vergangenen zwei Jahren auch deutsche Meisterschaften gefeiert. Höhepunkt waren
dabei die Hallen-Titelkämpfe in Neuss, als Späck im Finale gegen den Münchner SC
den entscheidenden Siebenmeter abwehrte. Bei der deutschen Feldmeisterschaft im
Vorjahr in Düsseldorf wurde er als bester Torhüter ausgezeichnet. Mit dem
Rüsselsheimer A-Jugend-Team strebt er nun die Teilnahme an der nationalen
Hallenendrunde an.
Doch der
Nachwuchstorhüter verfolgt auch noch ein höheres Ziel: einmal den Sprung ins
deutsche Nationalteam zu schaffen. Mit Peter Kraus, Tobias Frank und Christopher
Reitz kann er auf prominente Rüsselsheimer Vorbilder im Tor der DHB-Auswahl
blicken. Und immerhin hat es Späck bereits bis in die hessische Landesauswahl
geschafft. Es ist unverkennbar: Das Rüsselsheimer Hockeytalent Andreas Späck hat
präzise Vorstellungen.