Aus " https://magazin.hockey.de"
vom 1. August 2024
Wie sah Dein
Karrierebeginn aus und welche Meilensteine hast Du auf dem Weg nach Paris
erlebt?
Ich glaube, damals
war mir nicht klar, dass es der Beginn meiner Karriere sein würde: Ich habe mit
Hockey angefangen, weil meine Schwester beim Crefelder Hockey und Tennis Club
spielte. Wir lebten damals in Düsseldorf, meine Eltern kommen beide aus Krefeld
und hatten einen großen Bezug zum Club, weil viele Freunde dort aktiv waren. So
habe ich mit dem Hockeyspielen angefangen.
Ich habe erstmal im
Kinderbereich in Krefeld angefangen. Am meisten geprägt hat mich dann aber der
Umzug nach Mainz. Dort spielte ich beim Rüsselsheimer Ruder-Klub, wo ich meine
ersten Kontakte im Leistungssport geknüpft habe unter Berti Rauth, der damals
die Damen trainierte. Berti hat mich damals sehr geprägt, weil er selbst
Nationaltrainer war. Außerdem waren in Rüsselsheim viele Nationalspielerinnen,
die 2004 auch Olympiasiegerinnen wurden. Das hat mich sehr inspiriert. Für mich
war immer klar, dass ich auch Nationalspielerin werden will. Dann bin ich zum
Studium nach Hamburg gezogen, zu Der Club an der Alster gewechselt und habe viel
mit den Nationalspielerinnen vom UHC trainiert. Dort haben neun
Nationalspielerinnen gespielt, die gerade von den Olympischen Spielen 2012 aus
London zurückgekehrt waren. Dann habe ich meinen Sprung in den A-Kader
geschafft. Neben Rüsselsheim hat mich Hamburg in meiner Hockey-Karriere am
meisten geprägt.
Was war der
bisher prägendste Moment Deiner Karriere und warum?
Die prägendsten
Momente in meiner Laufbahn zu benennen, ist ziemlich schwierig. Da gibt es sehr
viele. Für mich waren auf jeden Fall die Olympischen Spiele in Rio und Tokio
besonders prägend. Die Spiele waren einfach unglaublich unterschiedlich, was den
Ausgang und die Stimmung betrifft. Innerhalb und außerhalb des Teams habe ich
besonders aus der aktuellen Zeit, der Corona-Pandemie und den Olympischen
Spielen in Tokio viel mitgenommen. Das war nicht nur sportlich, sondern auch
mental sehr gewinnbringend. Unsere Mannschaft hat da viel gelernt.
Wie beurteilst
Du die vergangenen Wochen und Monate der Nationalmannschaft? Wie seid Ihr in
Form und wie ist die Stimmung?
Ich bin total
entspannt. Wir sind ein Team, das richtig produktiv ist, sobald wir uns treffen
und unseren Rhythmus finden. Wir erarbeiten uns jedes Mal in gemeinsamer Zeit
eine Menge neuer Themen. Sobald wir uns ein Ziel setzen, sind wir sehr
diszipliniert, konzentriert und fokussiert darauf, es auch zu erreichen. Ich
finde, dass uns die großen Reisen nach London und in die Niederlande sehr
geprägt und geholfen haben. Auch die bisher letzte Reise mit dem Olympia-Team
war sehr intensiv. Wir haben uns menschlich sowie sportlich noch mal extrem
weiterentwickelt. Und natürlich darf man auch die Zeit zu Hause nicht vergessen,
in der wir von unseren Athletiktrainern und an unseren Stützpunkten sehr gut
gesteuert werden. Es ist uns immer wieder gelungen, mit den DANAS innerhalb der
Bundesligasaison zu trainieren. Dazu haben wir Stützpunkte in Hamburg, Mannheim
und Köln gegründet. Das hat uns sehr geholfen und ich glaube, dass wir dadurch
unsere Form gefunden haben und top vorbereitet sind. Das liegt nicht nur an den
vergangenen Wochen und Monaten, sondern an den zweieinhalb Jahren, die wir jetzt
schon in dieser Formation zusammen trainieren.
Wie beurteilst
Du deine persönliche Form der vergangenen Wochen?
Ich fühle mich gut,
auch wenn ich leider ein paar kleine Blessuren hatte. Damit muss man lernen
klarzukommen, wenn man in ein etwas höheres Leistungssportlerinnen-Alter kommt.
Das war ich früher gar nicht so gewohnt, um ehrlich zu sein, ist das aber auch
immer noch nichts Dramatisches. Ich hatte eine kleine Blessur im Knie, die mich
etwas genervt hat, aber da bin ich jetzt auf einem richtig guten Weg und fühle
mich wieder gut. Ich kann wieder ganz normal am Athletiktraining teilnehmen und
denke, dass zu Beginn der Spiele auch alles wieder in Ordnung ist.
Was erwartest Du
von den Olympischen Spielen und wie sieht Deine persönliche Vorbereitung aus?
Ich freue mich auf
die Spiele, die ganz anders werden als die in Tokio und Rio. Es ist ein bisschen
so, als wären Olympische Spiele in der Heimat. Viele Freunde und Verwandte haben
spontan gesagt, dass sie nach Paris kommen würden. Man kann mit dem Auto oder
dem Zug fahren, es gibt keine Zeitverschiebung. Ich freue mich auf jeden Fall
gespannt auf ein tolles Sportfest! Die persönliche Vorbereitung hat eigentlich
schon nach den Olympischen Spielen in Tokio begonnen, deshalb kann ich gar nicht
sagen, wie meine Vorbereitung im Detail aussah. Im Moment genieße ich es, noch
einmal ein bisschen mehr Zeit für mich zu haben, weil ich weiß, dass ich während
des Turniers von vielen Menschen umgeben sein werde. Darauf freue ich mich zwar
auch, aber ich brauche auch etwas Zeit für mich. Es ist natürlich auch eine
Herausforderung, nun die nötige Energie zu tanken, zur Ruhe zu kommen, sich
pflegen zu lassen und parallel dazu Vollgas auf dem Hockeyfeld zu geben, um fit
zu bleiben oder fit zu werden.
Wie schätzt Du
eure Gruppe ein? Welcher Gegner wird Euch am meisten abverlangen? Auf welches
Spiel freust Du dich am meisten?
Wir haben eine
richtig starke Gruppe. Zu den stärksten Konkurrentinnen zählen Belgien, die
Niederlande und China. Unser Ziel ist es natürlich, mindestens unter die ersten
vier zu kommen. Ich denke, dass wir durch die Gruppengegner optimal auf das
Viertelfinale vorbereitet werden, weil wir da schon richtig gefordert sein
werden. Die Holländerinnen werden uns richtig viel abverlangen. Ich freue mich
immer riesig auf die Spiele gegen sie, weil das uns zeigt, wo wir im Vergleich
zu den Besten der Welt stehen. Belgien hat sich in den vergangenen Jahren
unglaublich gut entwickelt. Für mich ist das auch ein klarer Medaillenkandidat.
China hat sich unter Trainerin Alyson Annan auch unglaublich stark entwickelt.
Japan ist ebenfalls nie zu unterschätzen. Wir haben eine knackige, aber coole
Gruppe. Was will man mehr bei Olympia als harte und enge Spiele?
Was möchtest Du
den Fans vor Ort und zu Hause mitgeben?
Ich hoffe, dass
unsere Fans dieses Sportereignis genießen können. Als Athletin kann ich sagen:
Olympia als Zuschauerin zu verfolgen, ist etwas ganz anderes, als selbst dabei
zu sein. Wir sind in diesen zwei Wochen einfach komplett im Fokus. Man schaut
sich auch andere Sportarten an, aber im Endeffekt ist man in Gedanken bei seinem
eigenen Turnier. Ich hoffe, dass alles sicher und gut organisiert ist und dass
die Fans tollen Sport erleben können. Sie sollen sehen, dass auch andere
Sportarten außer Fußball eine große Reichweite und Strahlkraft haben. Und
hoffentlich können die Spiele in diesen herausfordernden Zeiten ein bisschen
Freude in die Gesichter der Menschen bringen.“
Welche
Sportarten willst Du dir, wenn möglich, an Off-Days ansehen?
Ich muss gestehen,
dass ich mir noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht habe, weil wir uns
jetzt erst einmal auf uns konzentrieren müssen. Ich werde mir vermutlich den
ganzen Tag, wenn wir nicht selbst trainieren oder spielen, Sport im TV ansehen.
Das wird bei uns die ganze Zeit im Apartment laufen, so kenne ich es und so mag
ich es auch. Ich finde die Leichtathletik-Wettbewerbe supercool. Ich hätte Lust,
mir Tennis anzusehen, weil da auch echte Top-Spieler vor Ort sein werden. Ich
finde Beachvolleyball immer cool, weil sie die tollsten Locations haben. Ich
werde schauen, inwieweit es möglich ist, eine Disziplin vor Ort zu verfolgen.
Welche/n
Sportler*in willst Du vor Ort unbedingt kennenlernen?
Ich würde gerne mal
einige Sportlerinnen persönlich kennenlernen, die ich bisher nur von Fotos und
aus der Ferne kenne. Im Endeffekt ist es mir gar nicht so wichtig, wen ich da
kennenlernen werde. Ich bin einfach gespannt, wer da so rumlaufen wird und bin
gespannt auf das eine oder andere Gespräch.