Von Madeleine
Reckmann (aus "Rüsselsheimer-Echo" vom 28.08.2001)
Das Herausragende
am Leben und Schaffen von Armin Helm ist nicht die große Tat, der
gesellschaftliche Bewunderung sicher war. Er war keiner, dem öffentliche
Bewunderung sicher war. Er war keiner, dem öffentliche Ehre oder Auszeichnung
zuteil wurden. Armin Helm glänzte vielmehr im Verborgenen, denn sein Engagement
galt dem Kampf gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit. Er besaß kein
Karrieredenken, sondern war ein Basisarbeiter, vielmehr ein
Basis-Sozialarbeiter. Als Mitglied im Verband Deutsch-Ausländische Solidarität (VDAS)
half er unzähligen Menschen, schützte Ausländer vor der Abschiebung, setzte für
sie Schriftsätze auf und half ihnen bei der Arbeitssuche. Wie viele Ausländern
er in Notlagen half, ist unbekannt, denn Helm schmückte sich nicht damit. Aber
als er im Januar 2001 starb, war die Trauer unter den Ausländern immens.
Als Lehrer an der
Integrierten Gesamtschule in Ginsheim hatte Helm die Gabe, seine Schüler zu weit
größeren Leistungen zu befähigen, als andere Pädagogen für möglich hielten. Er
las mit ihnen klassische Literatur und besuchte und spielte Theater. Wohlbemerkt
mit Kindern, die vorher kein Buch in die Hand genommen hatten. Vor allem aber
vermittelte er Mitmenschlichkeit und Verständnis füreinander. Er war ein
Pädagoge aus Leidenschaft.
Feldhockey-Hessenmeister 1961 der Knaben,
der Rüsselsheimer Ruder-Klub (hinten: Helmut Filtzinger, Thomas Uebel, Peter
Hillich, Jürgen Saar, Michael Heuß, Dieter Dick, Rainer Seifert, Uwe
Seibert, Jugendleiter Fritz Schneider; vorn: Claus Birkicht, Manfred Liebig,
Karl-Heinz Nuffer, Martin Müller, Armin Helm) |
In allem ging es
Helm mit erstaunlicher Geradlinigkeit, Konsequenz und ohne Rücksicht auf eigene
Nachteile vor. "Um an die Quelle zu kommen, muss man gegen den Strom schwimmen",
lautete Helms Lebensmotto.
Seine äußere
Erscheinung entsprach dem vollkommen, denn Armin Helm ließ alles an sich
wachsen: Haare, Bart und Fingernägel. Wer damit nicht zurecht kam, hatte das
Wesentliche nicht erkannt und auf den konnte er verzichten. "Er wollte mit den
Minderheiten leiden", sagte man.
Armin Helm wuchs in
einem Rüsselsheimer Lehrerhaushalt auf. Seine Grundschullehrerin hielt ihn für
hochbegabt und wird mit dieser Einschätzung Recht behalten haben. Er studierte
so unterschiedliche Fächer wie Deutsch, Chemie, Musik und Pädagogik
gleichzeitig, brachte er sich das Musizieren an Orgel, Klarinette und Saxophon
selbst bei und blieb sein Leben lang Autodidakt. Mit der Rüsselsheimer Band "Soul-Survive"
finanzierte er sein Studium.
Als Pazifist
verweigerte er schon Ende der 60er Jahre in einem für ihn entwürdigenden und
belastenden Verfahren den Wehrdienst. Schon früh entwickelte er ein tiefes
Verständnis für geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge und führte
eigne Studien durch.
Armin Helm liebte
Rüsselsheim. Er kämpfte für den Erhalt der Ochsengasse, wo Adam Opel seine erste
Werkstatt hatte, und verlor den Kampf. Es ging ihm um einen Heimatkundebegriff
und darum, das Historische im Modernen weiterleben zu lassen. Heute würde man
ihm gewiss recht geben.
Der freie
Mitarbeiter des Rüsselsheimer-ECHOs gab die in Vergessenheit geratenen
Mundartgedichte von Jakob Falk (1855 – 1939) heraus und rechnete mit dem
beliebten Heimatforscher Wilhelm Sturmfels ab, indem er nachwies, dass sich
Sturmfels beim geistigen Gut anderer bedient hatte. In den Bänden "Rüsselsheimer
Rundwege" präsentiert Helm als Mitverfasser die Stadt und ihre Geschichte auf
eine bis dato ganz neue Art.
In der Integrierten
Gesamtschule in der Mainspitzgemeinde Ginsheim war sein projektbezogener
Unterricht Vorbild für die Neuorientierung der Schule. Der Gedanke,
Schulprojekte wie Betreiberfirmen zu organisieren, stammt von ihm. Inzwischen
wird dieses Modell auch an vielen anderen Schulen praktiziert.