Das Gespräch führte
Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 25. Februar 2003)
MAIN-SPITZE:
Sechs Bundesligatore, das DM-Viertelfinale erreicht und am Wochenende beim
Hallen-Europacup dabei ‒ hätten Sie sich das vor drei Monaten träumen lassen?
Celikkol: Überhaupt
nicht. Damit konnte ich nie rechnen. Ich bin zwar im Training dabei gewesen,
habe aber höchstens gehofft, dass es vielleicht 'mal zu einem Einsatz in der
Bundesliga kommt. Im Prinzip hat sich das durch die Handverletzung von Nina
Günther ja auch eher zufällig entwickelt.
MAIN-SPITZE: Was
hat Sie daran gereizt, nach jahrelanger Abstinenz noch 'mal in der ersten
Mannschaft Fuß zu fassen?
Celikkol: Ich
wollte einfach gerne nochmal Bundesliga spielen und sehen, ob das wirklich
klappt. Dadurch, dass ich irgendwann wieder in der Ib mitgespielt habe, war ich
ab und zu ja auch schon im Training der Ersten dabei gewesen.
MAIN-SPITZE: Was
haben Sie in der Zeit ohne Hockey sportlich gemacht?
Celikkol: Außer mit
meinem Mann ein bisschen in Königstädten durch den Wald zu laufen, eigentlich
nicht viel. Aber zwei Buben im Alter von jetzt acht und fünf Jahren halten einen
ganz schön auf Trab.
MAIN-SPITZE: Hat
sich das Hockeyspiel verändert und spricht es nicht gegen das allgemeine Niveau,
wenn es mit 31 Jahren offenbar so leicht ist, in der Bundesliga mitzuspielen?
Celikkol: Ich
denke, dass das auch früher möglich gewesen wäre. Das Niveau ist aus meiner
Sicht nicht gesunken. Es wird schneller gespielt und härter gepasst; dazu hat
die Brettlegerei deutlich zugenommen. Die größten Probleme hatte ich damit, mich
an den taktischen Spielaufbau zu gewöhnen. Das haben wir früher doch ganz anders
gemacht.
MAIN-SPITZE: An
diesem Wochenende sind Sie in Frankreich zum fünften Mal beim Hallen-Europapokal
dabei. Was empfinden Sie?
Celikkol: Ich freue
mich riesig, zumal ich kurzfristig nachnominiert worden bin. Die Turniere waren
immer toll, wobei ich die schönsten Erinnerungen mit dem ersten Feld-Europacup
in Brüssel verbinde. Ich hoffe, ich kann gut mitspielen und verletze mich nicht.
Da ich lange nicht dabei war, kann ich zu den Chancen wenig sagen. Ich denke,
dass zwei Teams uns schon gefährden könnten.
MAIN-SPITZE:
Werden wir Sie auch in der Premierensaison der eingleisigen Feld-Bundesliga im
RRK-Trikot sehen?
Celikkol: Das ist
schwer zu sagen. Da ein paar jüngere dazu kommen und auch Tanja Dickenscheid
wohl wieder dabei sein will, wird es nicht einfach. Ich werde ins Training
gehen, und wenn der Berti mich brauchen kann, wäre das schön. Ich gebe aber zu,
dass ich lieber in der Halle spiele ‒ wegen der kürzeren Wege.
3:1 im Finale
gegen den HC Ritm Grodno
Hallenhockey-Historie geschrieben – 12. Europacup für den
Rüsselsheimer RK
Von Ulrich Fried (aus "FAZ" vom 3. März 2003)
Die tollen Tage des Faschings erreichen an diesem Montag
ihren Höhepunkt, doch für die Hockeyspielerinnen des
Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) war bereits am Sonntag
Rosenmontag. Und das nicht nur, weil beim 14. Turnier um den
Hallen-Europapokal der Landesmeister in Cambrai reichlich
Bonbons ins Publikum geworfen wurden. Gleichwohl es nach zuvor
elf Erfolgen in diesem Wettbewerb nicht wirklich etwas
Besonderes war, in Nordfrankreich abermals ganz oben zu
stehen, hätten die Gefühlsausbrüche der Hessinnen nach dem 3:1
im Endspiel über den weißrussischen Vertreter HC Ritm Grodno
mit jeder noch so ausgelassenen Karnevelssause konkurrieren
können. Zwölf überglückliche Spielerinnen im Alter von 19 bis
31 Jahren lagen sich in den Armen, als in der mit etwa 900
Zuschauern gefüllten Vanpoulle-Halle die Schlusssirene ertönte.
Und anschließend wurde nach Leibeskräften gesungen.
Berti Rauth betrachtete das ausgelassene Treiben bei der
Siegerehrung mit einem verklärten Blick genüsslich aus sicherer
Entfernung. "Das ist schon ein tolles Gefühl jetzt. Mehr wie
zehn Erfolge hintereinander wird kaum noch jemand erreichen.
Da haben wir fast Unmenschliches geschafft und Geschichte
geschrieben. Und ich durfte als Trainer dabeisein", sagte
Rauth. Dass sein Team trotz zahlreicher Torchancen und
insgesamt acht Strafecken es nicht schaffte, den körperlich
robusten, aber in seinen spielerischen Möglichkeiten
eingeschränkten Gegner nach dem 3:1-Pausenstand entscheidend
zu distanzieren, sollte eines der wenigen Mankos bleiben. "Ich
habe mich andauernd gefragt, wo das vierte Tor bleibt", sagte
Rauth. Dank einer aufopferungsvollen Abwehr, in der sich neben
Spielführerin Denise Klecker die Österreicherin Irene Balek
speziell durch zwei auf der Torlinie abgewehrte Schüsse
hervortat, sollten die Treffer von Denise Klecker (2. Minute),
Irene Balek (8.) und Lisa Jacobi (14.) genügen. Mehr als das
zwischenzeitliche 1:1 ließ der RRK nicht zu.
Rauths Befürchtung, dass
der deutsche Meister beim nicht minder schwer erkämpften
5:2-Erfolg im Halbfinale gegen den niederländischen Vertreter
HC s'Hertogenbosch am Vorabend zu viel Substanz gelassen haben
könnte, war unbegründet. "Ich bin zwar jetzt total platt, aber
richtige Bedenken hatte ich während des Spiels eigentlich
nicht", sagte Spielführerin Denise Klecker. Grodno, als erste
Mannschaft Weißrusslands bei ihrer dritten Teilnahme ins
Finale vorgestoßen und quasi identisch mit dem Nationalteam,
konnte nur seine gute körperliche Fitness entgegenhalten. "Die
langen Bälle, mit denen sie die Niederländerinnen und
Engländerinnen besiegt haben, haben wir nicht zugelassen",
sagte Rauth.
So hätte bei diesem Turnier
am ehesten in der Vorschlussrunde etwas schief gehen können.
"Das war ein richtig heißes Spiel. Wenn man nur die erste
Halbzeit betrachtet, hätten wir auch verlieren können", räumte
Rauth nach dem 5:2 gegen s'Hertogenbosch ein. Beim
1:1-Zwischenstand hatten die am Ende drittplazierten
Niederländerinnen, die seit drei Jahren im Freien Europas
unumstrittene Nummer eins sind, bei drei Strafecken die
Möglichkeit, in Führung zu gehen. Ein Treffer wurde nicht
anerkannt, zweimal war Jennifer Lutz zur Stelle, die zudem in
der 31. Minute einen Siebenmeter parierte. "Das war der
Knackpunkt", bilanzierte Rauth, wohl wissend, dass ein Treffer
zum 4:2 noch einmal Kräfte bei den athletisch starken
Holländerinnen hätte wecken können. So aber war mit dem 5:1
durch Denise Klecker das Tor zum 13. Endspiel endgültig
aufgestoßen (35.). Dennoch durfte der RRK froh sein, dass der
vor zwei Monaten entthronte Champion der Niederlande seine
bereits wieder angelaufene Feldvorbereitung nur für eine
Übungseinheit in der Halle unterbrochen hatte.
An die Feldsaison, die
durch die Einführung der eingleisigen Bundesliga diesmal
besondere Anforderungen stellt, denkt in Rüsselsheim noch
niemand. Verständlich, denn um die Erfolgsserie im Europapokal
fortsetzen zu können, muss am 16. März in Hanau auch der
deutsche Meistertitel verteidigt werden. Um so weit zu kommen,
will am nächsten Samstag zunächst einmal das Viertelfinale in
eigener Halle gegen den Club an der Alster Hamburg erfolgreich
gestaltet werden. "Ich denke, dass dieser Erfolg die richtige
Motivation fürs Viertelfinale ist", sagte Denise Klecker. Dass
die Vorbereitung unter den Feierlichkeiten leiden könnte,
glaubt die einzige Weltmeisterin im Team des RRK nicht:
"Hockey geht vor."