Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Die Top-Story aus den Verbänden

Hockey ist in Hessen zwar keine Boom-Sportart, trotzdem aber gut aufgestellt

"Raketen" beim Nachwuchs

Von Frank Neumann

Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass sich im hessischen Hockeysport alles um drei Buchstaben dreht: RRK. Man muss in den Zeitungsarchiven schon tief wühlen, um die Artikel auszusieben, bei denen es nicht um den Rüsselsheimer Ruder-Klub geht. Aber kein Wunder. Der Branchenprimus, vor allem seine Damen, hat seit Jahren die Sportart gut im Griff. Über 30 nationale und internationale Titel hat Trainer Berti Rauth mit dem Damenteam gewonnen. Daran gemessen sind die RRK-Frauen das beste Hockeyteam in Deutschland und womöglich sogar die erfolgreichste Vereinsmannschaft überhaupt. Mit Mandy Haase, Denise Klecker und Silke Müller stellten die Rüsselsheimerinnen zudem drei Goldmedaillengewinnerinnen bei Olympia in Athen. So weit, so gut. Doch was tut sich hinter den Rüsselsheimer Erfolgsfrauen?

Hockey ist in Hessen zwar keine Boomsportart. Daran hat auch der Erfolg von Athen nichts geändert. Selbst bei Spitzenbegegnungen mit einem halben Dutzend Olympiasiegerinnen auf dem Platz, verlieren sich ein paar hundert Zuschauer am Spielfeldrand, wenn überhaupt.

Das Interesse bei Kindern und Jugendlichen, die den Schläger schwingen wollen, ist freilich ungebrochen. „Wir haben zwanzig Prozent mehr Mädchen als noch vor einem Jahr“, sagt Hans-Jürgen Pabst, bis zu seinem Ausscheiden im März 26 Jahre lang Präsident des Hessischen Hockey-Verbandes. Auch bei den Jungs sind leichte Zuwächse zu verzeichnen. Und doch: Hessen schwächelt.

„Situation ist mau“

Das meint jedenfalls Jürgen Fiedler, der Sportliche Leiter von Eintracht Frankfurt. Die Situation ist kurios: Der Nachwuchs wächst, die Erfolge sind durchwachsen. „Der RRK ist der einzige Verein, der die Fahne des Spitzensports oben hält. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation mau ist“, sagt Fiedler.

So ganz scheint er mit seiner Einschätzung nicht daneben zu liegen. Der Frankfurter Traditionsklub Sachsenhausen-Forsthausstraße, 1998 noch deutsche Pokalsieger, hat zur Bestürzung der Hockeyszene aus finanziellen Gründen im letzten Herbst plötzlich den Spielbetrieb fast komplett eingestellt und will den totalen Neubeginn von ganz unten wagen.

In der Feld-Bundesliga der Damen stehen vor Beginn der Rückrunde der SC 1880 Frankfurt und Mannheim am Tabellenende, die Eintracht-Damen sind letzte Saison, nach 24 Jahren, erstmals abgestiegen, die Eintracht-Herren sind sogar in die 2. Regionalliga gerutscht, in der Feld-Bundesliga der Herren sind einzig die Rüsselsheimer vertreten. Bloß in der Hallen-Bundesliga sieht es für die Hessen ein wenig besser aus.

Freilich ist die Beurteilung der Lage auch Ansichtssache. Das Urteil von Hans-Jürgen Pabst fällt eher altersmilde aus: „Wir haben zwar keinen Frankfurter Verein in der Feld-Bundesliga, aber das liegt sicher auch an der Einführung der eingleisigen Ligen. Ich denke, dass Hockey in Hessen gut aufgestellt ist.”

Richtungsweisend - beim Rüsselsheimer Ruder-Klub legte Trainer Berti Rauth das Fundament für die sportlichen Erfolge bei den Damen, die auch außerhalb des Vereins in Person von Denise Klecker, Mandy Haase und Silke Müller mit dem Gewinn der Goldmedaille mit der deutschen Mannschaft in Athen für Furore sorgten.

Kluft unübersehbar

Dennoch ist die Kluft zu den Vereinen im Norden und Westen unübersehbar. Am Nachwuchs kann es nicht liegen. Darüber ist man sich einig. Dort stimmen Quantität und Qualität. Zuletzt haben die hessischen Mädchen (bis 15 Jahre) den Hallen-Länderpokal gewonnen. Und auch Berti Rauth glaubt, dass fast überall in Hessen hervorragende Jugendarbeit geleistet wird. Was läuft also falsch?

„Kontinuität“, sagt Rauth, „das ist das Zauberwort. Uns ist es bisher gelungen, das Niveau von der Jugend bis zur Spitze zu halten, andere schaffen diese Durchgängigkeit nach oben nicht immer.“

Ob das Rüsselsheimer Erfolgsmodell, aus wenig finanziellen Mitteln viele Erfolge zu machen, auch in Zukunft so gut funktioniert, weiß aber auch Rauth nicht. Um das zu gewährleisten setzt er auf Engagement: der Eltern, der Trainer, des gesamten Umfeldes. „Ich mache das ja nicht alleine. Es sind die vielen Leute, die mit anpacken.“

Engagement nötig

Das dürfte, nicht nur beim RRK, auch weiterhin nötig sein, um im Amateursport Hockey halbwegs professionelle Strukturen zu haben. Denn klar ist auch, dass bei anderen Klubs, vor allem im Norden, traditionell die Kassen besser gefüllt sind, während selbst in Rüsselsheim die Spielerinnen ihre Vereinsbeiträge bezahlen. Ein wenig scheint also auch im Hockey das Geld, oder besser: Aufwandsentschädigungen, eine Rolle zu spielen.

Guter Ansatz

Rauth sieht’s gelassen. „Hessen hat einen guten Ansatz. Ich sehe doch im Nachwuchs überall Raketen herumlaufen. Was man daraus macht, ist der Schlüssel. Und das Rhein-Main-Gebiet ist nun wirklich keine Diaspora im Hockey.“ Immerhin, gibt der Erfolgstrainer zu bedenken, seien die Voraussetzungen gut: kurze Wege, reichlich Nachwuchs und eine gute Infrastruktur bei den Vereinen. „Das ist nicht so einfach, aber auch nicht so schwierig, daraus etwas zu etablieren.“

Beispiel Bensheim

Und außerdem: Dass sich auch abseits der Traditionsklubs einiges tut, zeigt ein schönes Beispiel aus dem Odenwald. In Bensheim, wo es früher nie Hockey gab, hat sich aus einer Schulsportinitiative ein beachtliches Nachwuchsreservoir gebildet.

Ohne Vorbilder vor Ort, ohne eine Mannschaft, die im Ligabetrieb spielte, haben es ein paar Abiturienten und ihr ehemaliger Lehrer seit 1995 geschafft, aus dem Nichts eine Hockeyabteilung bei der SSG Bensheim aufzubauen, die mittlerweile die achtgrößte Jugendabteilung in Hessen hat. „Dass dort die Qualität noch nicht vorhanden ist, ist doch klar“, sagt Pabst, der aber meint, dass dies nur eine Frage der Zeit sei. „Daran sieht man, was das Engagement von ein, zwei Personen ausmachen kann.“

Wer weiß, wo das noch hinführt. 1978 legte Berti Rauth das Fundament seines Erfolges mit den Rüsselsheimer B-Mädchen: Sie gewannen die Hessenmeisterschaft, und zwei aus dem Team – Bianca Weiß und Anke Wild – holten später die Silbermedaille in Barcelona.