Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Uli Vorfalt besucht vom 4. bis 14. Oktober 2009 das RRK-Mitglied Rüdiger Hauffe, "Headcoach Rudern" von Azerbaijan
 

Rudern in Azerbaijan

von Uli Vorfalt

Eigentlich wollte ich Rüdiger Hauffe ja schon im Iran besuchen, was aber immer nicht klappen sollte. Inzwischen hatte Rüdiger die Stelle als "Headcoach Rudern" in Azerbaijan angenommen und so musste ich meine Reisepläne ändern. Am 4.10.09 war es so weit. Mein Flug führte mit Austrian Airlines nach Wien und von dort weiter nach Baku, der Landeshauptstadt. Dort wurde ich von Rüdiger abgeholt und mit dem Taxi ging es in einer "Höllenfahrt" von ca. 5 Stunden über Landstraßen – teilweise Schotter – ca. 350 km nach Mingecevir, der Stadt, in der das Leistungszentrum der Azerbaijan Rowing Federation beheimatet ist.

Flug längs des Kaukasus

Der Mingecevir-Stausee

Das Zentrum von Mingecevir

Das Ruderzentrum am Fluss Kura

Mingecevir ist die viertgrößte Stadt Azerbaijans mit ca. 120.000 Einwohnern (davon ca. 30.000 Flüchtlinge aus Berg-Karabach), am Fluss Kura gelegen, der durch den Mingecevir-Stausee fließt und an dessen Ufern auch das Ruderzentrum liegt. Dieser Stausee ist ca. 605 qkm groß und hat eine Länge von ca. 70 km. Er  wird vom höchsten Staudamm Europas aufgestaut. Ca. 10.000 deutsche Kriegsgefangene waren am Bau des Staudammes sowie an dem Aufbau der Stadt beteiligt. Die "deutsche Handschrift" ist teilweise noch zu erkennen. In dieser "unrühmlichen Zeit" war Azerbaijan noch Sowjetrepublik.

10 Tage sollte ich nun mit Rüdiger und seinem Mitbewohner Jochen, der den Kanuten-Kader von Azerbaijan betreut, in einer Männer-WG verbringen. Nur so viel, es hat prima geklappt. Nochmals vielen Dank an Jochen und Rüdiger.

In erster Linie interessierten mich natürlich die Trainings- und Ruderbedingungen im Leistungszentrum, welches auch schon früher von den Russen genutzt wurde.

Derzeit fand ein gerade ein Trainingslager sowohl der Ruderer, als auch der Kanuten statt. Es wurde täglich 3 x trainiert. So oft es möglich war, saß ich bei Rüdiger im Motorboot und begutachtet das Geschehen zu Wasser, aber auch an Land.

Die Bootshalle des Ruderzentrums

"Überbleibsel" aus russischer Zeit

 

Junioren-Vierer-ohne unterwegs

Junioren-Vierer-ohne im Training auf spiegelglattem Wasser

Das Wetter war trotz Oktober noch sommerlich warm, der Himmel fast jeden Tag strahlend blau. Es regte sich meist kein Lüftchen. Die Bedingungen also ideal. Dementsprechend zeigt sich auch das Trainingsrevier. Der Kura ist fast stehend und teilweise zu einem See verbreitert. Es gibt keine Schifffahrt oder Freizeitboote. Man kann also alle Trainingseinheiten ungestört absolvieren.

An etlichen Bildern kann man ermessen, welch ideale Bedingungen dort vorherrschen.

Auch Skullen gehört zum Programm

Ein Doppelvierer im Gegenlicht

Der Zweier-ohne in neuer Besetzung

Leider kennt man in Azerbaijan keine Strukturen wie wir sie von Deutschland kennen. Es gibt keine Rudervereine oder Schulen, an denen Rudern gelehrt wird. Man improvisiert mehr oder weniger. Es befindet sich alles im Aufbau. Rüdiger hat also große Aufgaben zu bewältigen und harte Arbeit vor sich. Trotzdem zeigten sich schon erste Erfolge im Junioren- und Männerbereich: Im Zweier-ohne der Junioren Siege auf den Prüfungsregatten in Köln und Hamburg und Teilnahme am C-Finale der WM – im Lgw.-Einer der Männer B Teilnahme am C-Finale der WM. Lt. Rüdiger sind beide Boote auf der WM unter Wert geschlagen worden.

Im Bootsbestand für die Leistungsruderer ist man gut abgedeckt. Man rudert vornehmlich Boote aus einer chinesischen Werft. Ein Zweier-ohne und ein Skiff kommen aus Deutschland von Empacher. Im Nachwuchsbereich (Kinder und Jugendliche) sieht es allerdings nicht sehr rosig aus. Leider fehlen auch hier die Mittel. Es ist aber bewundernswert, mit welchem Material die Jugendlichen zurecht kommen. Bei uns würde man es als Zumutung empfinden, in solche Boote zu steigen. C-Boote sind hier gänzlich unbekannt.

Man verfügt über 2 Ruder- und 2 Kanu-Ergometer, die in einer offenen Halle untergebracht sind. Der Hantelraum erinnert an frühere Zeiten bei uns. Man muss sehr viel improvisieren, da das nötige Geld und damit auch Material für Reparaturen usw. fehlt.

Momentan ist allerdings in Mingecevir ein großes Olympiazentrum im Bau. Dort werden nicht nur den Ruderern und Kanuten alle Möglichkeiten zum Training etc. geboten. Derzeit sind ein Hallenschwimmbad, Sporthallen, Bootshallen, Krafträume, Zielturm für Regatten plus Tribüne und ein Hotel für Sportler und Trainer kurz vor der Vollendung. Rüdiger wird dort auch eine sehr schöne Wohnung erhalten. Geplant sind auch ein Restaurant und Tennisplätze.

Typisches Straßenbild in Mingecevir

Flüchtlingsquartiere in einer Bauruine

Rüdiger Hauffe kauft beim Obsthändler ein

Eine Metzgerei im Basar

Leider in traurigem Zustand, der deutsche Gefangenenfriedhof

Ein Überlandbus

Blick auf einen Teil des neuen Olympiazentrums in Mingecevir

Eines der typischen Straßen-Kaffees

Ein Fernsehteam vor Ort

Trotz des intensiven Trainings nahmen Rüdiger und Jochen sich noch die Zeit mir ein wenig Mingecevir zu zeigen. Auch eine Einladung zum Essen durch den Leiter des Stützpunktes war im Programm enthalten.

Viel gibt es von der Stadt allerdings nicht zu berichten. Es gibt zwar einen großen Basar, aber Einkaufsgelegenheiten wie bei uns (Supermärkte, Einkaufstraßen etc.) sucht man vergebens. Auch Restaurants, Kneipen o.ä. sind so gut wie nicht vorhanden. Kaffees, in denen Tee ausgeschenkt wird, gibt es jedoch zur Genüge. Allerdings befindet sich bei Rüdiger um die Ecke eine "richtige Kneipe" (die einzige in der ganzen Stadt), die auf Wild-West getrimmt ist, und das gar nicht mal  schlecht. Hier genehmigten wir uns zum Feierabend des öfteren ein (oder auch 2) gezapfte Bier, welches gut gekühlt und auch sehr bekömmlich war.

Ein Doppelzweier auf unbewegtem Wasser

 Der Fluss Kura: "Ein Traum zum Rudern"

Der leichte Männer-Einer

Der Mädchen-Doppelvierer auf dem Heimweg

Ein Übungszweier für Anfänger

Rüdiger Hauffe auf der Suche nach seinen Männern

Ein Kinder-Einer

Auch die Kanuten werden im Training gefordert

Das Straßenbild wird fast ausschließlich von Männern in dunklen Anzügen und weißen Hemden geprägt. Die Jugendlichen nähern sich allerdings schon dem westlichen Standart mit Jeans und T-Shirt. Ein Handy ist in Aserbaijan allerdings ein Muss, ebenso wie ein PKW der Marke Mercedes, BMW o.ä. und wenn möglich, ein Geländewagen. Fahrzeuge der Marke Lada prägen allerdings das gesamte Straßenbild, wobei fast jeder dritte PKW ein Taxi ist. Wie die allerdings über die Runden kommen, ist mir ein Rätsel, wobei der Sprit natürlich erheblich billiger als bei uns ist (ca. 40 ct. der Liter). Öffentliche Busse verkehren auch, Fahrräder sind  hier anscheinend noch nicht bekannt.

Leider verflog die Zeit viel zu schnell. Am 14.10. hieß es Abschied nehmen von der WG in Mingecevir. Ein Taxi brachte mich im Eiltempo, d.h. erneut in halsbrecherischer Fahrt zurück nach Baku. Pünktlich um 21.20 Uhr landete ich nach erneutem Zwischenstopp in Wien wieder in Frankfurt.

Mein Fazit, Mengecevir war eine Reise wert, ich werde bestimmt wiederkommen !

Das Provisorium "Hantelraum" im Ruderzentrum

Die offene Ergometer-Halle des Ruderzentrums

Auf dem Weg zurück nach Baku zum Flughafen