Die "Main-Spitze" schreibt am
10. Februar 2003:
Eine rundum
"goldige" Angelegenheit
Beide deutsche Hockeyteams bei der ersten
Hallen-Weltmeisterschaft auch in den Endspielen obenauf
Von unserem Redaktionsmitglied Martin
Krieger
LEIPZIG - An
geschichtsträchtiger Stätte haben Deutschlands Hockey-Nationalteams
einen historischen Erfolg gefeiert. In Leipzig, wo vor 14 Jahren
maßgeblich das Ende des DDR-Regimes und der deutschen Teilung
eingeläutet worden war, machten beide Auswahlen des Deutschen
Hockey-Bundes (DHB) die erste Hallen-Weltmeisterschaft wie erhofft
zu einer rundum „goldigen" Angelegenheit. Mehr als 6.000 begeisterte
Zuschauer in der neun Monate alten Arena Leipzig bejubelten zunächst
den 5:2-Finalerfolg der deutschen Damen im Klassiker gegen die
Niederlande, dem die Herren 90 Minuten später einen souveränen
7:1-Endspielsieg über Polen folgen ließen.
Gruppenspiel Deutschland gegen Österreich (links Irene Balek vom RRK) |
Gruppenspiel Deutschland gegen Neuseeland (rechts vorn Oliver Domke
vom RRK) |
Obwohl die Titelgewinne alles andere als eine Überraschung bedeuten,
da Hallenhockey nur in Deutschland den gleichen Stellenwert besitzt
wie die olympische Sportart Feldhockey, waren die Premierensieger
dennoch überglücklich: „Wir waren heute klar die bessere Mannschaft
und haben eine perfekte WM gespielt. Der Hallentitel hat uns in der
Sammlung noch gefehlt", strahlte Männer-Bundestrainer Bernhard
Peters. Dessen Bilanz kann sich sehen lassen: Vor elf Monaten hatte
er die DHB-Auswahl zum ersten WM-Triumph im Freien gerührt.
Entscheidende Impulse für das seit Sydney zweitklassige deutsche
Damenhockey erhofft sich Peter Lemmen: „Die Spielerinnen mussten
einfach 'mal wieder spüren, was es bedeutet, ganz oben zu stehen und
gefeiert zu werden", so der Bundestrainer.
Die
deutsche Damen-Nationalmannschaft vor dem Gruppenspiel gegen
Trinidad & Tobago |
Die deutsche Herren-Mannschaft nach dem Finalsieg über Polen |
Jubel der deutschen Damen-Mannschaft nach dem Finalsieg über die
Niederlande |
Die
beiden deutschen Mannschaften vereint nach dem Gewinn der
Weltmeistertitel |
Bis zum Bad in der Menge war es für
die zwölf Bundesligaspielerinnen ein weiter Weg. Beim
3:2-Zwischenstand lag der Ausgleich in der Luft, und auch weil die
Mannheimerin Fanny Rinne einen Siebenmeter vergab, durfte erst mit
dem 24. Turniertor der Berlinerin Natascha Keller in der
Schlussminute aufgeatmet werden. Bei den Herren egalisierten die
Polen zwar zum 1:1 (8.), doch danach spielte der Dauer-Europameister
seine Klasse aus. Der Rüsselsheimer Oliver Domke (3), dessen
Bruder Christian sowie Matthias Witthaus (Krefeld), Björn Emmerling
(Stuttgart) und Björn Michel (Turin) trafen für den Gewinner, der
nun in 108 Hallen-Länderspielen unbesiegt ist.
In den Halbfinals, die eine deutsch-französische Angelegenheit
waren, mussten die DHB-Herren deutlich mehr arbeiten als die Damen.
Ohne den Münchner Spielmacher Christoph Eimer (Viruserkrankung) tat
sich der Favorit vor 5.000 Zuschauern beim Toreschießen schwer und
hatte den 4:2-Erfolg seinem herausragenden Torhüter Steifen Erlewein
(Bad Dürkheim) zu verdanken. Die Damen, im EM-Halbfinale 2002 gegen
Frankreich „nur" 7:3 obenauf, gingen zwar erst in Minute elf in
Führung, hatten danach aber leichtes Spiel. Rückkehrerin Britta
Becker (Hamburg) traf beim 12:2 drei Mal und soll nun unbedingt bis
2004 weitermachen. |
Ein rundum zufriedenes Trio
RRK erwartet
die WM-Helden Denise Klecker, Oliver und Christian Domke
Von Martin Krieger (aus "Main-Spitze"
vom 10. Februar 2003)
LEIPZIG - Beim Rüsselsheimer RK waren
sie sich offenbar sicherer als sonst, dass es an diesem Montag Abend
etwas zu feiern geben würde. Der Oberbürgermeister und die Presse
wurden bereits für 19 Uhr ins „Bootshaus" eingeladen, als bei der
ersten Hallenhockey-Weltmeisterschaft in der Arena Leipzig
noch nicht einmal die Vorrunde absolviert war.
Das grenzenlose
Urvertrauen in die Fertigkeiten der deutschen Nationalteams indes
war alles andere als unbegründet. Mit finalen Siegen über die
Niederlande (5:2) und Polen (7:1) marschierten Damen wie Herren des
Deutschen Hockey-Bundes (DHB) bei der Premierenveranstaltung in der
sächsischen Messestadt tatsächlich bis zum Ende souverän durch und
sicherten sich vor mehr als 6.000 Zuschauern erwartungsgemäß die
WM-Titel. Da Denise Klecker (31), Oliver (26) und Christian Domke
(24) in Leipzig für Deutschland am Schläger waren, darf als
gesichert gelten, dass etliche RRK-Mitglieder und -Fans dem
Goldmedaillentrio heute die Hand schütteln möchten. Und auch Irene
Balek dürfte in dieser Richtung nicht zu kurz kommen, wobei der
zuverlässigen RRK-Abwehrspielerin in Diensten Österreichs ein wenig
Zuspruch ob des reichlich unglücklichen siebten Platzes gut tun
würde. Dass das siegreiche Trio nicht gemeinsam in Leipzig die Nacht zum
Tag machte, lag am Hessischen Rundfunk. Denise Klecker ließ sich
nach Frankfurt fliegen, um dort im abendlichen „Sportkalender" als
Interviewpartnerin und Glücksfee zur Verfügung zu stehen. „Mit
meiner Leistung bin ich sehr zufrieden", so Klecker, die auch in der
kritischen Phase des Endspiels Ruhe und Übersicht bewies. Obwohl ihr
allein beim 19:2 über Trinidad und Tobago ein WM-Tor glückte, hatte
der Bundestrainer ein Lob parat: „Der Rüsselsheimer
Block hat gerade im Finale sehr stabil gestanden", so Peter Lemmen
im Hinblick darauf, dass die langjährige RRK-Größe Britta Becker mit
Klecker eine Abwehrformation bildete. Gleichwohl vor drei Wochen bereits Europameister geworden, waren
auch die Domke-Brüder erst jetzt richtig mit sich und der Hockeywelt
zufrieden: „Es war riesig, vor dieser Kulisse zu spielen und
zusammen mit meinem Bruder Weltmeister geworden zu sein", sagte
Oliver. Analog zur Feld-WM in Malaysia vor elf Monaten lief der
Stürmer im Endspiel zu großer Form auf und erzielte drei seiner 13
Turniertreffer. Im 50. Länderspiel hatte Christian die DHB-Auswahl
mit seinem vierten WM-Tor gegen die chancenlosen Polen in Führung
gebracht: „Mit dem Bruder Weltmeister zu werden, hat doppelt Spaß
gemacht. Ich denke, dass ich das Vertrauen, des Bundestrainers
gerechtfertigt habe und mir dieser Erfolg im Hinblick auf 2004 einen
Schub nach vorne gibt", so Christian, der sich immer wieder mit
genialen Anspielen und schnellen Antritten hervortat. Keine Frage
dürfte daher sein, dass sein schon vor dem Turnier beschädigter
Schläger in Ehren gehalten wird. Bis zur nächsten Hallen-WM. |
Vier RRKler − zwei Damen und
zwei Herren − waren in Leipzig für Deutschland mit dabei ...
Gemeinsam im Trikot der deutschen
Hockey-Nationalmannschaft auf Titeljagd beim 1.
Hallenhockey-Weltcup in Leipzig: Die Brüder Oliver und Christian Domke,
links Tibor Weißenborn vom Berliner HC. |
Denise Klecker und Aurélie Morin,
im Halbfinale Deutschland - Frankreich trafen sie aufeinender. Die
Französin war im Jahr 2002 mit dem RRK Europacupsieger. |
Britta Becker,
das Rüsselsheimer "Urgestein" war in Leipzig eine feste Größe. Sie spielt heute zwar
nicht mehr für den RRK sondern für den
Großflottbeker THGC, ist aber noch RRK-Mitglied! Hier im
Gruppenspiel gegen Tschechien. |
Oliver Domke,
zweitbester deutscher Torschütze. Mehr als 13 Treffer, die Oliver
Domke in den sieben WM-Spielen erzielte, gelangen nur dem
Hamburger Philipp Sunkel (14) |
Die "Main-Spitze" schreibt am
11. Februar 2003:
OB lobt die "Hochburg für Hockey"
red. -
Oberbürgermeister Gieltowski hat den
Rüsselsheimer Hockey-Weltmeistern gestern Abend im "Bootshaus"
gratuliert: "Die beiden deutschen Hockey-Nationalmannschaften
wurden ihrer Favoritenstellung überzeugend gerecht". Er sprach
Oliver Domke, Christian Domke und Denise Klecker seinen
Glückwunsch zum "grandiosen Erfolg" in Leipzig aus, vergaß aber
auch nicht das siebtplatzierte RRK-Mitglied Irene Balek
(Österreich) zu erwähnen. Dass beide Hallenhockey-WM-Titel nach
Deutschland gehen, wertet der OB als Beleg für die exzellente
Arbeit des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) insgesamt und vor allem
des RRK vor Ort: "Die Stadt Rüsselsheim unterstützt ihre
Sportler durch die Bereitstellung exzellenter Trainings und
Wettkampfstätten. Und ich betrachte die Investitionen in den
neuen Hockey-Kunstrasen im Stadion damit als gut angelegt",
führte Gieltowski weiter aus. Für den Oberbürgermeister hat
Rüsselsheim zudem den Anspruch untermauert, Deutschlands
Hockey-Hochburg zu sein.
|
|
Blumen für die erfolgreichen Hallenhockey-Asse des RRK:
Oberbürgermeister Stefan Gieltowski (Mitte) hatte sich
sagen lassen, dass es drei Weltmeister in Rüsselsheims
Sportgeschichte noch nicht gegeben hat. Seine Laudatio auf
die Goldmedaillengewinner Christian Domke, Denise Klecker
und Oliver Domke (von links) sowie die für Österreich
aktive Irene Balek verknüpfte das Stadtoberhaupt gestern
Abend damit, dass im Falle einer erfolgreichen
Olympia-Bewerbung Frankfurts bezüglich der angedachten
Vorrundenspiele im Stadion nachgebessert werden müsse. Für
das RRK-Quartett hatte Gieltowski zudem Gutscheine für das
Stadttheater mitgebracht. Für ihre Verdienste wurde den
Domke-Brüdern die RRK-Leistungsnadel in Gold verliehen. |
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Die Platzierung
bei den Damen: |
Die Platzierung
bei den Herren: |
1. |
|
Deutschland |
2. |
|
Niederlande |
3. |
|
Frankreich |
4. |
|
Tschechien |
5. |
|
Weissrussland |
6. |
|
Litauen |
7. |
|
Österreich |
8. |
|
Russland |
9. |
|
Australien |
10. |
|
Südafrika |
11. |
|
Trinidad &
Tobago |
12. |
|
Mexiko |
|
1. |
|
Deutschland |
2. |
|
Polen |
3. |
|
Frankreich |
4. |
|
Schweiz |
5. |
|
Niederlande |
6. |
|
Kanada |
7. |
|
Australien |
8. |
|
Tschechien |
9. |
|
Russland |
10. |
|
Südafrika |
11. |
|
USA |
12. |
|
Neuseeland |
|
Zu drei der vier RRKler schreibt
die "FAZ" am 5. Februar 2003:
Zwei Brüder aus
Rüsselsheim kämpfen in der deutschen Hockey-Nationalmannschaft in
der Halle um die Weltmeisterschaft
Christian Domke
tritt aus dem langen Schatten von Oliver
Von ULRICH FRIED (aus "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 5.
Februar 2003)
RÜSSELSHEIM. Jüngeren Geschwistern, wird gerne behauptet, soll das
Aufwachsen zumeist leichter fallen. Dass die späte Geburt längst
nicht immer eine Gnade ist, davon könnte Christian Domke
berichten. Selbst unter Fachleuten ist es bis heute Usus, dem
Familiennamen fast immer den Vornamen Oliver zuzuordnen. Doch
obwohl der 26 Jahre alte Oliver Domke als gestandener
Hockey-Nationalspieler, zweimaliger Olympiateilnehmer und
deutscher 2:1-Siegtorschütze im Finale der Weltmeisterschaft vor
fast elf Monaten einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad erreicht,
hatte der knapp zwei Jahre jüngere Christian ihm bis vor drei
Wochen etwas voraus - er war schon einmal Hallen-Europameister.
Von diesem Mittwoch an verfolgt das Brüderpaar des Rüsselsheimer
RK ebenso wie ihre Vereinskollegin Denise Klecker mit dem
Damen-Nationalteam ein größeres Ziel: Bei der ersten
Hallen-Weltmeisterschaft in Leipzig, für die sich jeweils zwölf
Nationen qualifiziert haben, soll am Sonntag das Endspiel erreicht
und der Titelgewinn gefeiert werden. Daß Oliver Domke nach 182
Feld-Länderspielen vor wenigen Wochen erstmals auch in der Halle
das Nationaltrikot überzog, sei allein seine Entscheidung gewesen,
sagt er. „Ich hätte mehrfach gekonnt, wollte aber nicht, weil das
mit der Ausbildung irgendwie nie hingehauen hat." Als Student der
Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Wiesbaden sieht es besser
aus, und da der Europameisterschaft in der nordspanischen
Küstenstadt Santander noch die erste Hallen-Weltmeisterschaft
folgen sollte, habe er diesmal frühzeitig gegenüber Bundestrainer
Bernhard Peters sein Interesse signalisiert. „Prinzipiell spiele
ich genauso gerne Feld wie Halle, zumal es da viele Torraumszenen
gibt. Und wenn man zwei Titel in so kurzer Zeit mitnehmen kann,
ist das doch eine schöne Sache. Obwohl wir die Teams außerhalb
Europas nicht kennen, sollten wir uns mit dem Heimvorteil
durchsetzen können", sagt Domke der Ältere. „Und natürlich freue
ich mich darauf, mit meinem Bruder zusammenzuspielen."
Der jüngere Domke empfindet genauso. „Da wir uns besser als alle
anderen kennen, sind die Laufwege ganz klar", sagt Christian. Seit
1999 ist er immer wieder einmal im Nationalkader des Deutschen
Hockey-Bundes (DHB) aufgetaucht, ohne sich einen Stammplatz
erspielen zu können. Auch an die Hallen-Europameisterschaft vor
zwei Jahren in Luzern hat er trotz des Titelgewinns nicht die
allerbesten Erinnerungen. „Ich bin damals als Stürmer nicht soviel
zum Einsatz gekommen und habe mich ein bisschen übergangen
gefühlt." Dass er im Verein nun schon in der zweiten
Bundesligasaison hintereinander mit Abwehraufgaben betraut ist,
ohne deshalb seine technischen Fertigkeiten und seinen
Offensivdrang zu unterdrücken, hat ihm beim Bundestrainer offenbar
mehr Anerkennung eingebracht. „Er hat mich bei den Lehrgängen
mehrfach gelobt, und irgendwann war ziemlich klar, dass ich
dabeisein würde. Ich denke, mein Vorteil ist, dass ich hinten und
vorne spielen kann", sagt Domke II.
Und genau das imponiert auch dem älteren Bruder. „Er hat ganz
andere Qualitäten als ich." Dass beide Domkes über die aktuellen
Hallen-Höhepunkte hinaus auch im Freien bis zu den Olympischen
Spielen 2004 gemeinsam spielen werden, sieht Oliver deshalb aber
noch nicht. „Natürlich wäre das toll, aber ich weiß nicht, ob
seine Kniegelenke die härtere Belastung draußen mitmachen." Schon
häufig habe Christian speziell nach Feld-Lehrgängen über Schmerzen
geklagt und pausieren müssen. Für den Jüngeren indes ist dies kein
Grund, aufzugeben. „Ich möchte unbedingt nach Athen, denn der
Stellenwert von Feldhockey ist nun einmal deutlich höher." Mit
vorbeugenden Kraftübungen und der Einnahme homöopathischer Mittel
hofft er, dieses leidige Problem in den Griff zu bekommen. Was
seine Rolle im Schatten des berühmten Bruders betrifft, hat er
nach inzwischen 44 Länderspielen seinen Frieden offenbar gefunden.
„Früher hat mich das schon ein bißchen gewurmt, aber mittlerweile
stehe ich da drüber. Der Respekt ist da - auch im Nationalteam.
Und im Verein nehmen alle was von mir an; auch der Olli", sagt
Christian.
Beim Gewinn der Europameisterschaft gehörte Christian Domke zu den
stärksten deutschen Spielern und war vom Bundestrainer daraufhin
in den höchsten Tönen gelobt worden. „Der kleine Domke war diesmal
der große", hatte Bernhard Peters gesagt. Bruder Oliver erzielte
in Spanien zwar neun Tore, konnte den Bundestrainer aber erst im
Turnierverlauf richtig überzeugen. Dennoch sind die
Gemeinsamkeiten der Geschwister bisweilen frappierend: Auch
Christian studiert Betriebswirtschaft, allerdings an der
Gutenberg-Universität in Mainz. Dass das Domke-Duo in Santander und
nun auch in Leipzig in einem Zimmer logiert, ist daher nicht
wirklich etwas Besonderes. Dass erstmals Brüder zu jenen zwölf
deutschen Spielern gehören, die in der Halle um einen Titel
kämpfen, auf jeden Fall. Und spätestens als Mitglied der ersten
Weltmeistermannschaft dürfte auch der Name Christian Domke dem
einen oder anderen vielleicht geläufiger sein. |
Britta Becker greift bei der Hockey-WM wieder zum Schläger
Von Spiellust in die Halle getrieben
pep. FRANKFURT. Einen großen Unterschied
hat Peter Lemmen schon bei den Testspielen der deutschen Hockeydamen
vor der Hallen-Weltmeisterschaft in Leipzig ausgemacht. „Für die
meisten Medien ist sie Frau Kerner, aber für mich zählt nur Frau
Becker." Doch dass die Nominierung von Britta Becker, der
bekanntesten deutschen Hockeyspielerin und Ehefrau des
Fernsehmoderators Johannes B. Kerner, für Aufsehen sorgen würde, war
dem Bundestrainer bewusst. Die Werbebranche hätte schließlich keine
bessere Idee haben können, um der ersten Hallen-Weltmeisterschaft in
der Geschichte der Internationalen Hockey-Federation in Leipzig mehr
Aufmerksamkeit zu verschaffen. Doch dass solche Gedanken bei der
Nominierung eine Rolle gespielt haben, verneint Lemmen; „Ich habe
versucht, die besten Spielerinnen zu nominieren, denn diese WM hat
einen hohen Stellenwert für uns." Das verwundert nicht: Deutschland,
die Hochburg des Hallenhockeys, ist bei Damen und Herren Favorit. Das hat auch Britta Becker wieder gereizt, mitzumachen und zumindest
kurzfristig den Spagat zwischen Familie und Leistungssport zu wagen.
Nach den Olympischen Spielen in Sydney hatte sie ihre Karriere nach
224 Länderspielen wegen der Geburt ihres zweiten Kindes
unterbrochen, nun geht die Laufbahn mit der Leipziger WM erst einmal
weiter. Als richtiges Comeback will die ehemalige Rüsselsheimerin,
die inzwischen in Hamburg für Großflottbek spielt, diese Titelkämpfe
noch nicht sehen. Ob es nämlich bis zu den Olympischen Spielen in
Athen im kommenden Jahr weitergeht, steht noch lange nicht fest.
„Ich freue mich auf diese Hallen-WM, aber danach muss ich gucken, ob
ich das weiter machen möchte", sagt sie. Mitgemacht hat sie schließlich schon viel, seit sie 1989 als 16
Jahre altes deutsches Wunderkind ihr Debüt in der Nationalmannschaft
gab. Drei Jahre später hatte sie beinahe das Größte im Leben einer
Hockeyspielerin schon erreicht, aber das olympische Finale 1992 in
Barcelona ging in der Verlängerung gegen Spanien verloren. Es
folgten deutsche Meistertitel in Serie, den ersten Gewinn des
Europapokals der Landesmeister einer deutschen Mannschaft mit dem
Rüsselsheimer RK, ein dritter Platz bei der Feld-Europameisterschaft
1995 - und zwei olympische Enttäuschungen. Platz sechs in Atlanta
1996, Platz sieben in Sydney 2000. „Das war das schlimmste
Hockeyerlebnis meines Lebens", sagt die mittlerweile 29 Jahre alte,
technisch versierteste deutsche Spielerin. Noch schlimmer als die
Feld-Weltmeisterschaft 1998, als sie nach einem Handbruch im
Gruppenspiel mitansehen musste, wie das Halbfinale gegen die
Niederlande 1:6 verloren ging, dann aber doch noch der 3. Platz
heraussprang. Das waren Tage, als die deutschen Damen auch auf dem Feld noch zu
den Medaillenkandidaten bei Großereignissen zählten. Damit sie
wieder auf das Niveau zurückkommen, ist der Aufwand, den
Nationalspielerinnen in der Vorbereitung auf sich nehmen müssen,
enorm gesteigert worden. Ist das machbar für eine zweifache Mutter,
und geht das ohne den Anreiz einer realistischen Erfolgschance?
„Letztlich ist das eine Frage der Organisation", sagt Britta Becker.
Als die erste Tochter Emily geboren wurde, machte sie elf Wochen
später ihr nächstes Länderspiel, obwohl sie während der
Schwangerschaft bemerkt hatte, dass ihr das Hockey weniger fehlte als
vorher angenommen. Nun ist sie wieder da, aus guten Gründen: „Hockey
ist mein Leben", sagt Britta Becker, die aber beim Misserfolg immer
im Mittelpunkt der Kritik stand. Ob sie sich dem wieder aussetzen
will? „Davon kann ich meine Entscheidung nicht abhängig machen",
sagt sie. Erst einmal spielen. An diesem Mittwoch beginnen die
Deutschen mit den Vorrundenspielen gegen Österreich und Weißrußland.
Wie viele Kompromisse Britta Becker im anderen Leben eingehen kann,
wird nach dem Turnier beantwortet. |
Zu zwei Spielerinnen der RRK-Damen, einer Deutschen und einer
Österreicherin, schreibt die
"Main-Spitze" am 8. Februar 2003:
Kleckers "Finaltraum" geplatzt
Nationalspielerin trifft
bei WM kein zweites Mal auf Freundin Irene Balek
Aus Leipzig berichtet unser Redaktionsmitglied Martin
Krieger Beim
Weggehen streifte sich Denise Klecker ihren weiß-roten Pulli mit
der Aufschrift "Austria" über und eilte zur anderen Spielstätte
hinüber. Dort, in der kleinen Hockeyhalle im riesigen Komplex
der Arena Leipzig, übte sich die 229-malige Nationalspielerin
des Rüsselsheimer RK in den folgenden 45 Minuten im intensiven
Daumendrücken. Mit Erfolg: 15 Sekunden vor Schluss erzielte
Irene Balek per Strafecke ihr zweites Tor zum 2:1-Erfolg
Österreichs im Gruppenspiel der ersten Weltmeisterschaft gegen
die zuvor verlustpunktfreie Auswahl aus Tschechien.
"Das wäre ein Traum, wenn wir und Österreich das WM-Finale
bestreiten würden", so Klecker, deren Affinität für das
südöstliche Nachbarland unschwer nachvollziehbar ist. Einmal
trägt Irene Balek nun schon in der dritten Hallensaison
ebenfalls das Trikot des RRK, zum anderen besteht die
Wohngemeinschaft Klecker/Balek unweit des Rüsselsheimer
Rathauses in der nächsten Woche genau ein Jahr.
"Die Denise wünscht sich viel." Irene Balek, wieder einmal mit
Abstand beste Spielerin im Team Austria, kommentierte die
Visionen ihrer Mitbewohnerin mit einem Lächeln und widmete sich
wieder ihrer Trinkflasche. "Das ist typisch für sie; sie ist
einfach insgesamt ein ruhiger und zurückhaltender Typ", kontert Klecker. Das, findet die 31 Jahre RRK-Spielführerin, habe ihre
sechs Jahre jüngere Teamkollegin aber gar nicht nötig. "Ich bin
stolz darauf, mit der besten Hockeyspielerin aus Österreich
zusammen zu wohnen. In der Halle ist die Irene supergut
geworden." Daher habe sie mit der in Mödling bei Wien
aufgewachsenen Abwehr- und Eckenspezialistin auch schon über die
Möglichkeit gesprochen, ins deutsche Lager überzulaufen. Dass Balek sich dies
"momentan nicht vorstellen kann", hat unerwartet
mit Nationalbewusstsein weniger zu tun: "Ich glaube nicht, dass
der deutsche Bundestrainer mich gebrauchen kann." In Rüsselsheim besteht daran kein Zweifel. Österreichs
Nationaltrainer Peter Liebeswar ließ zwar leise Kritik an seiner
besten Kraft anklingen ("Früher hat die Irene ihre individuellen
Stärken besser eingesetzt und mehr Alleingänge gestartet. Aber
im Defensivverhalten hat sie sich klar verbessert."), doch nicht
nur RRK-Coach Berti Rauth weiß, was er an der in Trebur tätigen
Büroangestellten hat. "Sie hat sich in der Zeit bei uns so toll
weiter entwickelt, dass sie auch im Verein längst eine tragende
Rolle spielt", sagt Klecker. "Ich spiele deutlich überlegter und
mache viel weniger Fehler als früher", so Baleks
Selbsteinschätzung. Für die Aussagen ihres Nationaltrainers hat
sie abermals nur ein Lächeln übrig: "Dazu sage ich jetzt
nichts." Nach ihren Zukunftsplänen befragt, gibt sich die beste Spielerin
der Hallen-EM 2000 redseliger: "Wenn es weiter so gut läuft und
so viel Spaß macht, wie momentan, bleibe ich noch lange in
Rüsselsheim", sagt Irene Balek. Schließlich hätten sich durch
den Wechsel von der Donau an den Main sportliche Erfolge
eingestellt, "von denen ich früher allenfalls geträumt habe".
Deutscher Feld- und Hallenmeister ist sie mit dem RRK geworden.
Und in wenigen Wochen soll der dritte Hallen-Europacupsieg
gefeiert werden: "Als zweifacher Titelverteidiger kann man nicht
sagen, dass es okay wäre, wenn man das Halbfinale erreicht". Dass sie sich rundum wohl fühlt, obwohl das Flair Wiens mit
Heurigen und Prater manchmal fehlt, dazu hat ihr Freizeitjob als
RRK-Kindertrainerin und vor allem die ursprünglich aus einem
Spaß entstandene Dreizimmer-WG entscheidend beigetragen. "Wir
ergänzen uns optimal; jede packt da an, wo es gerade nötig ist",
erzählt Klecker. "Denise wäscht, ich mache den Abwasch",
beschreibt Balek die Arbeitsteilung, die offenbar auch ohne
viele Worte funktioniert. Denn an nicht wenigen Tagen kommt es
vor, dass sich die Mieterinnen im abendlichen Training erstmals
begegnen. "Die Irene geht früher aus dem Haus und nimmt das
Auto; ich fahre mit dem Zug", erläutert Klecker. Und: "Wenn die
Irene noch lange bleibt, werden wir noch lange zusammen wohnen." Wenn das Duo während der WM-Tage in Sachsen schon nicht im
gleichen Hotel logiert, standen sich die Freundinnen beim
deutschen 8:2-Sieg in der Vorrunde auf dem Spielfeld als
Rivalinnen gegenüber. Obwohl es am Mittwoch nicht zu einem
Händeschütteln vor dem Anpfiff kam, sehen beide darin kein
Problem: "Wir spielen ja auch im Training gegeneinander. Es ist
ein sportlich fairer Zweikampf, wobei ich sie aber niemals
absichtlich foulen würde", sagt Klecker. "Da wir beide in der
Abwehr spielen, kommen wir uns eigentlich nie richtig nahe. Und
wenn, dann würde ich ihr nicht unbedingt auf die Finger
steigen", ergänzt Balek. Gleichwohl das erhoffte zweite Aufeinandertreffen im Finale
durch Österreichs 2:2 gegen Australien ad acta gelegt war, soll
das WM-Turnier (Klecker: "Eine rundum gelungene Veranstaltung
mit toller Atmosphäre.") gemeinsam in lustigem Rahmen
ausklingen. "Unser Zug geht um 19.22 Uhr, und ich bin für die
Verteilung der Biervorräte zuständig", erläutert Denise Klecker.
Das kurzfristige Ansinnen des Hessischen Rundfunks, sie für den
"Sportkalender" am Sonntagabend zu gewinnen, verknüpfte sie dann
auch unmissverständlich mit der Bedingung, "dass ich nur komme,
wenn ich die Irene mitbringen darf". Dies allerdings nicht
allein aus menschlichen Erwägungen: "Ich glaube nicht, dass wir
zwei Wohnungsschlüssel mitgenommen haben." |
Die deutschen Mannschaften:
Herren |
Damen |
1 |
Steffen
Erlewein |
Torwart |
Dürkheimer
HC |
31 |
10 |
2 |
Christian
Schulte |
Torwart |
Crefelder
HTC |
28 |
31 |
3 |
Christian
Domke |
|
Rüsselsheimer RK |
24 |
44 |
4 |
Philipp
Crone |
|
RW München |
26 |
217 |
7 |
Björn Michel |
|
CUS
Turin |
28 |
273 |
9 |
Oliver Domke |
|
Rüsselsheimer RK |
27 |
187 |
10 |
Christoph
Eimer |
|
Münchner
SC |
26 |
164 |
11 |
Björn
Emmerling |
|
Stuttgarter Kickers |
28 |
170 |
13 |
Philip
Sunkel |
|
Uhlenhorster HC |
29 |
12 |
14 |
Tibor
Weißenborn |
|
Berliner
HC |
22 |
136 |
15 |
Florian Kunz |
Kapitän |
Gladbacher
HTC |
31 |
170 |
22 |
Matthias
Witthaus |
|
Crefelder
HTC |
21 |
103 |
|
1 |
Louisa Walter |
Torwart |
Berliner HC |
25 |
27 |
2 |
Yvonne Frank |
Torwart |
Club Raffelberg |
23 |
3 |
3 |
Denise Klecker |
|
Rüsselsheimer RK |
31 |
139 |
5 |
Nadine Ernsting-Krienke |
|
Eintr. Braunschweig |
29 |
256 |
7 |
Natascha Keller |
|
Berliner HC |
26 |
164 |
8 |
Melanie Cremer |
|
Klipper THC |
33 |
247 |
11 |
Stephanie Hiepen |
|
Gladbacher HTC |
30 |
18 |
12 |
Britta Becker |
|
Großflottbeker THGC |
30 |
224 |
14 |
Anneke Böhmert |
|
Klipper THC |
22 |
45 |
16 |
Fanny Rinne |
|
TSV Mannheim |
23 |
96 |
21 |
Badri Latif |
|
Berliner HC |
26 |
68 |
32 |
Franziska Gude |
Kapitän |
RW Köln |
27 |
101 |
|
Tabellen-Spalten:
Rückennummer, Name,
Position, Verein, Alter, Länderspiele |
|