Schuluniform und Krebsessen
Nina
Ankenbrand ist nach einem Jahr in den USA wieder in Rüsselsheim
Von Heinz
Gaspar (aus "Main-Spitze" vom 21.07.2005)
In den Vereinigten
Staaten könnte Nina Ankenbrand schon ein Studium beginnen. Ihren einjährigen
Aufenthalt an der Elizabeth Seton High School in Bladensburg / Maryland schloss
sie als 18.-Beste unter 130 Mitschülerinnen ab. In Rüsselsheim hat sie bis zum
deutschen Abitur nun noch die 13. Klasse vor sich.
Die fast 19-Jährige aus
der Böllensee-Siedlung denkt gerne an ihre Zeit in den USA zurück - auch wenn
sie sieben Wochen vor ihrem Heimflug noch die Gastfamilie wechselte. Und
vermisst hier inzwischen sogar die für sie anfangs ungewohnte Schuluniform -
karierter Rock, weiße Bluse, roter Pulli und dunkle, an der Ferse geschlossene
Schuhe.
Im August 2004 war Nina
Ankenbrand über das vom deutschen Bundestag und vom US-amerikanischen Kongress
finanzierte Parlamentarische Patenschaftsprogramm (PPP) und als "Patenschülerin"
des SPD-Abgeordneten Gerold Reichenbach über den Atlantik geflogen. Dass sie an
der Ostküste landete und dazu noch in der Nähe von Washington D.C., entsprach
zwar nicht ganz ihren Vorstellungen, wurde aber letztlich durch die Schule
ausgeglichen: Mit der privaten Elizabeth Seton High School hatte Nina Ankenbrand
nicht das schlechteste Los gezogen. Konnte sie doch weiter intensiv Sport
treiben - im Herbst zunächst Hockey, das sie beim RRK seit ihrem neunten
Lebensjahr spielt, im Winter ging sie schwimmen und im Frühjahr spielte sie
Lacrosse, eine Mannschaftssportart mit indianischem Ursprung.
Heimweh, räumte Nina
Ankenbrand nach ihrer Rückkehr nach Rüsselsheim ein, habe sie eigentlich nie
gehabt. Außer vielleicht an Silvester, als die häusliche Party eher einer
Poker-Runde glich und um Mitternacht gerade mal mit Saft angestoßen wurde.
Die Schuluniform, die
Tatsache, ausschließlich mit Mädchen auf einer Schule zu sein, und die starke
Betonung des Sports an der Schule werden Nina Ankenbrand wohl länger in
Erinnerungen bleiben. Außerdem das in Maryland so beliebte Krebsessen.
Wobei Nina Ankenbrand
mit ihrem Wechsel der Gastfamilie kulinarisch wie weltanschaulich zwei Extreme
kennen lernte: Bei der ersten Familie - patriotisch und konservativ - wurde
regelmäßig gekocht und der deutsche Gast musste, wie die Gastgeschwister, im
Haushalt und Garten mithelfen. Bei der zweiten Familie - weltoffen und
demokratisch - stand fast jeden Tag Fast Food auf dem Speiseplan. Und als es
kurz vor dem Abschlussfest an der Schule darum ging, den obligatorischen langen,
weißen Umhang noch einmal zu bügeln, stellte sich heraus, dass es in diesem
Haushalt kein entsprechendes Gerät gab.
Aber auch nach einem Jahr in den USA
will die Schülerin der Immanuel-Kant-Schule, die jetzt erst einmal den Stoff der
12. Klasse nachholen muss, kein generelles Urteil über das Leben in den
Vereinigten Staaten fällen. Außer vielleicht: "Es ist anders."
In Uniform zum Schulabschluss
Schüler-Stipendium:
Kantschülerin Nina Ankenbrand verbrachte ein Jahr in den USA auf Vermittlung des
MdB Gerold Reichenbach – Katholische Mädchenschule und Krebsessen
Von Sara Reith (aus "Rüsselsheimer Echo" vom
21.07.2005)
Die
Dritten der Deutschen Meisterschaft im Feldhockey 2001 bei der Weiblichen
A-Jugend, der RRK mit Nina Ankenbrand (hinten: Betreuerin Birgit
Jacobi, Sabrina Radtke, Bettina Edlefsen, Henrike Stopfkuchen, Lena
Jacobi, Mareike Neubauer, Maren Pfefferkorn, Lotte Schwärzel, Trainer
Berthold Rauth; davor: Antje Lutz, Miriam Burghardt, Lydia Haase,
Ann-Kathrin Zielonka, Sabrina Heppel, Elena Christl, Anja Meisner; vorn:
Susanne Drexler, Nina Ankenbrand)
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"Anfangs wünschte ich mir alles,
nur nicht die Ostküste", berichtet Nina Ankenbrand rückblickend. Möglichst weit
weg sollte die Reise gehen, möglichst weit entfernt von der Heimat Deutschland
sollte sie das Auslandsschuljahr in den USA führen. Dass sie schließlich in die
Nähe von Washington D.C nach Bowie in Maryland kam, betrachtet sie heute als
Glücksfall. In einer katholischen Mädchenschule konnte die junge Frau aus
Rüsselsheim zehn Monate zur Schule gehen und den "American Way of life" kennen
lernen. Ermöglicht wurde ihr dies durch das Parlamentarische
Patenschaftsprogramm der Bundesregierung.
Gerold Reichenbach wählte die
Kant-Schülerin aus fünf Bewerbern für ein Stipendium aus und betreute sie
während des Jahres. Lediglich die Kosten für Taschengeld und persönliche
Ausgaben musste sie selbst tragen, Flüge und Versicherungen bezahlt die
Bundesrepublik.
Am 14. August vergangenen Jahres
wurde es ernst: Nach einem Bewerbungsmarathon bestieg die gerade volljährige
Schülerin den Flieger in die Vereinigten Staaten. In ihre Familie konnte sie
sich schnell integrieren. Mit zwei Gastgeschwistern fiel auch der Kontakt zu
anderen Jugendlichen nicht schwer.
Anpassungsbereitschaft forderten
jedoch die strengen Regeln der Privatschule von der jungen Frau.
"Kleidungsregeln waren strikt einzuhalten, eine Schuluniform war obligatorisch",
berichtet sie. Gerade letzteres gefalle ihr jedoch außerordentlich gut,
schließlich falle die quälende Frage vor dem Spiegel weg, was denn heute
anzuziehen sei. Auf vielen Bildern ist die junge Deutsche mit dem karierten
Schulrock, dem roten Pullover und dem weißen Hemd kaum von ihren
Klassenkameradinnen zu unterscheiden. Bei der feierlichen Zeugnisübergabe trägt
sie ein bodenlanges Abendkleid – die Überreichung der High-School-Diploma ist
ein Höhepunkt in jedem Schülerleben. Auch Nina hat die Zugangsberechtigung für
ein US-College in der Tasche. Als außerordentlich gute Schülerin konnte sie
direkt die Abschlussklasse besuchen und kann auch in Deutschland in der
dreizehnte Jahrgangsstufe einsteigen, statt die zwölfte zu wiederholen.
Von den USA hat sie in ihrem Jahr bei
Reisen nach San Francisco, Ohio und diversen Besuchen in New York und Washington
viel gesehen und ist um einige Erfahrungen reicher. „Viele Dinge sind einfach
anders, doch das beinhaltet keine Wertung“, erzählt Nina. Unterschiede zwischen
den Kulturen müsse man einfach akzeptieren und nicht nach gut oder schlecht
kategorisieren.
Die Schülerin hatte die Chance, zwei
ganz unterschiedliche amerikanische Familien kennen zu lernen. Ihre erste
Gastfamilie sei sehr patriotisch gewesen, während die zweite, in der sie die
letzten sieben Wochen ihres Aufenthalts verbrachte, demokratisch gesinnt sei.
"Ich habe gelernt, mich in einer fremden Kultur einzufinden", erzählt sie mit
ein wenig Stolz in der Stimme. Anfangs sei dies nicht immer einfach gewesen. Der
erste Schock kam mit der Einladung zum Krebsessen: Die seien einfach riesengroß
gewesen. Zum Grübeln blieb ihr jedoch nicht viel Zeit. Von Morgens bis Abends
engagierte sie sich in der Schule, lernte viel und nahm an diversen Sportkursen
teil.
Auch in Rüsselsheim ist die junge
Frau bei ihrer Kirchengemeinde und im RRK aktiv. Nun hat erst einmal die Schule
Vorrang. In den Sommerferien möchte sie den Stoff der letzten Jahrgangsstufe
wiederholen, um im September mit den Leistungskursen Musik und Englisch Punkte
für ihr Abitur zu sammeln. Einsam habe sie sich eigentlich nie in ihrem
Auslandsjahr gefühlt, überlegt Nina mit vorsichtigem Blick zu ihrer Familie.
Lediglich an Sylvester habe sie ob fehlendem Feuerwerk und langweiliger Feier
doch ein wenig Heimweh verspürt.