Aus
"Rüsselsheimer Echo" vom 22. März 2014
wei - Dem
internationalen Hockey stehen ab 1. September Regeländerungen bevor. Statt zwei
Halbzeiten á 35 Minuten werden vier Viertel mit je 15 Minuten gespielt. Bei
Strafecken und nach Toren wird die Zeit gestoppt. RRK-Abteilungsleiter Martin
Müller äußert sich im Interview zu den Änderungen.
ECHO: Herr
Müller, was halten Sie von den neuen Regeln, die der Weltverband FIH beschlossen
hat?
Martin Müller: Die
Zeit anzuhalten ist sicher sinnvoll. Denn die Verzögerungen – zum Beispiel bei
Strafecken durch das Aufstellen der Mannschaften – sind in manchen Spielen doch
enorm. Dass es künftig vier Viertel gibt, wird wohl aus werbetechnischen Gründen
gemacht, damit man bei internationalen Ereignissen den Medien, sprich dem
Fernsehen, gerecht wird. Auf das Hockeyspiel selbst hat das keinen großen
Einfluss, außer dass die Trainer zwei Pausen mehr haben, um mit den Spielern zu
reden.
ECHO: Der
Weltverband will mit den neuen Regeln Intensität und Tempo des Spiels steigern.
Halten Sie diesen Effekt für möglich?
Müller: Das kann
ich schlecht abschätzen. Das Format mit vier Vierteln wird schon seit geraumer
Zeit bei der Euro League gespielt, wo ein Viertel aber 17,5 Minuten dauert. Da
haben die Mannschaften bei der Strafecke 45 Sekunden, um sich aufzustellen,
wobei die Zeit weiterläuft. Aber die Euro League kann man nicht mit der
Bundesliga vergleichen. Dort ist die Qualität der Mannschaften dank zahlreicher
Nationalspieler ab der zweiten, dritten Runde sehr hoch und das Spiel ohnehin
sehr schnell.
ECHO:
FIH-Präsident Leandro Negre erklärte, durch die neuen Regeln würden Trainer und
Spieler ihre Leistungen verbessern, weil sie in den Pausen mehr trinken und ihre
Strategien ändern könnten. Was halten Sie von der Aussage?
Müller: Das mit dem
Trinken ist eine Farce. Aber taktische Umstellungen sind jetzt durch die
zusätzlichen Pausen eher möglich, die Trainer haben mehr Einfluss von außen. Wir
haben ja in Deutschland die Auszeit-Möglichkeit bereits, die gab es
international bisher nicht. Da kommen jetzt im Prinzip international zwei feste
Auszeiten dazu.
ECHO: Außerdem
haben Fans laut Negre die Möglichkeit, mehr Wiederholungen im TV zu verfolgen,
während die Fernsehkommentatoren mehr Zeit für ihre Analysen bekommen. Heißt das
nicht einfach: Es ist mehr Zeit für Werbung?
Müller: Ja. Der
Hockeysport ist international dabei, sich so aufzustellen, dass er besser
vermarktet werden kann. Das heißt, dass den elektronischen Medien mehr Zeit für
Werbepartner angeboten wird. Ob man als Fernsehzuschauer wirklich mehr
Wiederholungen oder Zeitlupen sieht, muss sich erst weisen. Vielleicht wird ja
auch ausschließlich Werbung in den Pausen eingeblendet.
ECHO: Die neuen
Regeln gelten bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen 2016 in Rio de
Janeiro, der Champions Trophy und der World Hockey League. Befürchtet der
Weltverband, ohne Regeländerung von der Liste der olympischen Sportarten
gestrichen zu werden?
Müller: Das sind
Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der angedrohten Olympia-Verbannung zu sehen
sind. Der FIH ist massiv darauf hingewiesen worden, dass Hockey für Olympia in
zu wenig Ländern gespielt wird. Ich kann mir vorstellen, dass Negre durch solche
Schachzüge beweisen will, dass der FIH innovativ ist und daran arbeitet, Hockey
attraktiver zu machen.