Teilnehmer vom RRK: Rudi Reitz, Werner Alt,
Ragnar Otto, Rudolf Müller, Georg Gagel, Uwe Hurlin, Detlev Welters, Dr.
Wolfgang Mack und Wilfried Hoffmann.
Teilnehmer vom RaB:
Jürgen Kleine, Dieter Korb, Jochen Rudloff, Helmut Gerds, Dr. Claus
Holzapfel, Helmut Hölzel, Christian von Schneidemesser, Dr. Bernd
Grafflage, Wolfgang Orlowski, Werner König, Dr. Michael Winkels, Klaus
Schellbach, Karl Heinz Ampütte, Jochen Wichelhaus und Ulrich Claas.
maggi - Der schöne
Rudersport erschließt – man kann es kaum glauben – auch geographische
Regionen, in die man üblicherweise sonst nicht verschlagen wird. z.B.
nach: Bremerhaven (liegt an der Nordseeküste, da wo die Weser in die
Nordsee fließt und die Tageszeitung heißt dort nicht „Main-Spitze“
sondern ……….. was denn sonst? …….. „Nordsee-Zeitung“. Dorthin
geschleppt haben uns die Ruderkameraden vom Ruderklub am Baldeneysee
in Essen (RaB) bei unserer
33. gemeinsamen Wanderfahrt. Vom RRK sind wir dieses Mal leider
nur 9 Mann, da einige Ruderkameraden wegen Erkrankung, beruflicher,
ehelicher und sonstiger Verpflichtungen zum Teil kurzfristig absagen
mussten. Werner kutscht uns mit dem Vereinsbus zu Fünft – weitere drei
Mann folgen zu etwas späterer Stunde mit einem PKW, den Uwe steuert
– Detlev „fliegt“ allein mit einem BMW von München an. In Göttingen
serviert uns Küchenmeister Rudi eine Brotzeit mit vielen Variationen,
die wir erbarmungslos vertilgen. Die von ihm zu Hause zwar
bereitgestellte, dann aber leider vergessene Wurst wird zwar zum
Gesprächsthema, kann aber unsere Zuneigung zu Rudi und seinen guten
Taten nicht erschüttern.
Im Laufe des späten
Nachmittags trudeln dann alle Wanderfahrer (siehe Bild) im modernen
Hotel direkt am Becken des Fischereihafens I ein, schön gelegen neben
einem kleinen Einkaufs- und Kneipenzentrum, das Museums-Schiff „Gera“
vor Augen. Dann noch ein kleines Abendessen mit dem ersten guten und
frischen Fisch, und obwohl wir inzwischen alle (etwas) ruhiger und
(etwas) älter geworden sind, ist erst kurz nach Mitternacht das
Fassbier aus und wir fragen uns, ob wir (etwas) weniger Durst als
früher haben – entscheiden uns dann aber für eine mangelnde
Vorratswirtschaft des Wirtes.
Nach der Ankunft im Hotel:
Werner Alt, Rudi Reitz, Detlev Welters, Georg Gagel, Dr. Wolfgang
Mack |
Barke und Kirschboot machen sich
fertig im Fischereihafen zum 1. Rudertag |
Am folgenden
Donnerstag, der Fronleichnam ist in Bremen kein Feiertag, versammeln
wir uns alle am Bootsplatz im großen Hafenbecken des Fischereihafens
II, am Luneort-Hafen, zur ersten Besichtigung der beiden Boote. Eine
Barke, getauft auf den Namen „Neptun“, ausgestattet mit 8
Ruderplätzen, dazwischen ein „Laufsteg“ (falls Damen dabei sein
sollten) und ohne solche auch „Serviersteg“ genannt, 2 Plätze für
Steuerleute. Das ganze Gerät wiegt 450 kg und ist mit Auslegern
immerhin beinahe 2,50 m breit. So ein Ungetüm haben wir auf einer
Wanderfahrt schon einmal gerudert, neu auf der „Neptun“ ist aber ein
komfortables Sonnendach und ein Segel, das bei günstigem Wind diesen
Dampfer zwar nicht beschleunigt, aber das Rudern doch erheblich
erleichtert. „Neptun“ hat auch gleich seinen Spitznamen weg, der aus
medienrechtlichen Gründen nur angedeutet werden kann: Pu..schiff. Neu
für uns, und in einem solchen Boot haben wir noch nie gesessen, ist
das Kirchboot „Eisbrecher“. Es hat Rollsitze, aber feste Dollen und
insgesamt 14 Ruderplätze, also 7 auf jeder Seite. Dank seiner Form und
seines Drachenkopfes sieht es aus wie ein Wikinger-Schiff. Eine aus
Finnland stammende Rarität im Eigentum des Vegesacker Rudervereins.
Dem Vernehmen nach wird es in Finnland auf den großen Seen heute noch
gebraucht, insbesondere am Wochenende zum Erreichen der gemeinsamen
Kirchen der kleinen Dörfer in diesen Landschaften. Schon in den ersten
Stunden der Ruderei können wir feststellen, dass dieses Boot – im
Gegensatz zur schweren und daher trägen Barke – sehr gut und schnell
zu rudern ist und in den nächsten Tagen werden ab und zu Gespräche
geführt, wie die Wikinger in früheren Zeiten mit solchen Schiffen die
Flüsse hinauf- und zurückruderten, ohne dass sie von der
Landbevölkerung zu fassen waren.
Die Barke im Fischereihafen in
Bremerhaven unter Segel |
In der Schleuse vom
Fischereihafen Bremerhaven in die Weser |
Schon kurz nach dem
Start macht es sich die Mannschaft der Barke mit aufgestelltem
Sonnendach und gesetztem Segel gemütlich und gondelt derart
ausgestattet den Fischerei-Hafen II – immerhin ein Hafenbecken von 6
km Länge – entlang bis zur Doppelschleuse zur Weser. Neben einer
Unzahl von Bootswerften, Schiffen und kleinen Handelshäusern ist
besonders bemerkenswert das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und
Meeresforschung (der Bundesrepublik Deutschland) und das davor
liegende Polarforschungs-Schiff. Wegener war übrigens der wohl
bekannteste deutsche Geologe, weil er die „Plattentektonik“ der
Kontinente der Erde begründete, deren Bewegung Erdbeben verursacht und
Vulkanausbrüche und diese fürchterlichen Riesenwellen.
1. Rudertag: Anlanden zum
Mittagessen an einem Sandstrand in der Wesermündung |
Nach der Schleuse
dann hinaus auf die offene Weser, für uns Flussruderer ganz
ungewöhnlich breit, fast wie eine Meeresbucht und für fast alle
Ruderkameraden die erste Erfahrung, dass auf so einer großen
Flussmündung Ebbe und Flut des Meeres ganz entscheidende Auswirkungen
auf den Wasserstand haben, so dass praktisch nur nach einem
Gezeiten-Kalender gerudert werden kann, also mit Flut und steigendem
Wasser flussaufwärts mit der Absicht, vor Einsetzen der Ebbe auch dann
am Ziel anzukommen. Das erste Mittagessen verbringen wir an einem
wirklichen Sandstrand mit Matjes-Filets (geräuchert und eingelegt),
Bücklingen, Lachs und anderen Leckereien und einem in der Weser
gekühlten Bier. Anschließend dann, am frühen Abend, Querung der Weser
bei Harrier-Sand bei großen Wellen und (fast) ausbrechender Panik,
jeder rudert wie er will, nur unser Steuermann Matschi behält die Ruhe
und überlässt uns uns selbst. Pech hat die dicke Barke, es muss schon
gegen die einsetzende Gegenströmung der Ebbe gerudert werden und die
Mannschaft kommt wirklich mit letzter Kraft am Endpunkt im
Hafen-Städtchen Brake an - und das nach 32 km.
1. Rudertag: Mittagessen der
Ruderrecken am Weserstrand |
Das Ziel des 1. Rudertages
ist erreicht: Brake. "Chef" Rübi ist zufrieden! |
Der Tag hat es in
sich, aber auch die anschließenden Stunden, denn der bestellte Bus ist
nicht aufzufinden und während dieser Wartezeit erfahren wir auch, dass
Dieter Korb vom RaB und unser freundlicher und sachkundiger
Begleitschutz dieser Tage, Ingo Giese vom Vegesacker RV, die Barke
erstmals von Bremerhaven bis Brake gelotst haben – im Vegesacker RV
soll den Verantwortlichen bei dem Gedanken an diese Jungfernfahrt gar
nicht so wohl gewesen sein. Also alles gar nicht so ohne. Nach
glücklicher Heimkehr in Bremerhaven dann ein ganz vorzügliches
Abendessen im Restaurant „Natusch“ mit einem prachtvollen Menü - Fisch
satt. Das Restaurant ist sehr originell in einem originalen „Laderaum“
eines alten Dreimasters untergebracht und es existiert ein Raum als
Kapitäns-Kajüte, das Original der Yacht von Errol Flynn.
2. Rudertag:
Abfahrt des Kirchboots in Brake
(Werner König, Detlev Welters,
Wolfgang Orlowski, Karl Heinz Ampütte, Christian von
Schneidemesser, Dieter Korb,
Helmut Gerds, Jochen Rudloff, Dr. Wolfgang Mack, Ulrich Claas, Uwe Hurlin) |
2. Rudertag:
Barke und Kirchboot lassen sich
mit der Flut treiben |
2. Rudertag: Geburtstagsparty
für Dieter Korb (Mitte) in Blumenthal |
Freitags (27.5.)
dann zuerst der Gepäcktransport nach Bremen-Vegesack in das am Hafen
gelegene Hotel „Havenhaus“, Übersetzen mit der Fähre ans andere
Weserufer nach Lemwerder und der (dieses mal vorhandene) Bus bringt
uns wieder nach Brake zu unseren Booten. Vergnügliches Rudern zum
schön gelegenen Bootshafen „Blumenthal“, den Großteil der Tagesstrecke
haben wir damit schon am frühen Nachmittag geschafft. Vorgesehen ist
unsere Verköstigung mit (morgens gekauften) geräuchertem Aal – der ist
allerdings nicht auffindbar und Orles Findungstour scheitert. Erstmals
in der mehr als 30-jährigen Geschichte der Wandfahrt RRK – RaB
erfolgt durch den geschäftsführenden Fahrtenleiter (hier: Rübi) ein
Verbot der Nahrungsaufnahme, versuchte Essenbestellungen werden
absolutistisch von ihm unterbunden. Der Sinn der Übung wird klar, als
zwei nette Damen vom Vegesacker RV mit hausgemachtem Erdbeerkuchen und
Sekt anrücken, damit wir alle auf Dieter Korbs Geburtstag anstoßen.
Wir lassen Dieter
hochleben, vergessen den Aal vollständig und rudern die restlichen
Kilometer bis zum Ruderverein in Vegesack, indem wir von der Weser in
einen Fluss namens Lesum (schon mal gehört?) fahren. Die Boote werden
nach 25 km am sehr schön gelegenen Bootshaus kunstvoll festgemacht, denn der
Höhenunterschied Ebbe-Flut ist zu beachten. Beim Anlegemanöver wird
der Drachenkopf des Kirchbootes beschädigt, aber die beiden Boote
liegen schließlich sicher. Auf dem Fußmarsch zum Hotel besichtigen wir
noch das Schulschiff „Deutschland“, einen Rahsegler von 86 m Länge und
12 m Breite. Der Dreimaster hat einen Großmast von 52 (in Worten:
Zweiundfünfzig) m Höhe, für uns Süßwassermatrosen eher furchterregend.
2. Rudertag:
Barke und Kirchboot grüßen den
Dreimaster "Deutschland" in Vegesack |
2. Rudertag:
Besichtigung des Dreimasters
"Deutschland" |
Fast verhungert
erhalten wir um 21.00 Uhr ein Buffet präsentiert, das in Kürze
niedergemacht wird. Bei südlichen Temperaturen klingt der Tag am Hafen
aus.
Da am Samstag die
Flut erst um 14.00 Uhr einsetzt, verbringen wir den Vormittag auf der
Terrasse des Vegesacker RV. Die Namensherkunft von Vegesack ist nicht
klar, mir hat die Ableitung vom Namen des Gasthauses „Fegebeul“
(Beutelfeger) gut gefallen, den Seeleuten wurden Seesäcke und
Geldbeutel gefegt, bevor sie zum Walfischfang losfuhren. Im Jahr 1817
hatte der Ort 1.490 Einwohner und zugleich 3 Brauereien, 2
Weinbrennereien und 38 Gaststätten – logisch, dass hier die „Deutsche
Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ begründet wurde.
Interessant auch
noch, dass bei der Vertiefung der Weser zur Verbesserung der
Schifffahrt in 1970 zum Schutz vor hochlaufenden Fluten Sperrwerke
gebaut wurden, – eines passieren wir im Laufe des Tages – um das
Hinterland zu schützen. Dafür mussten in Vegesack über 100 Häuser
abgerissen werden (Ich stelle mir eine vergleichbare Maßnahme zur
Erweiterung des Frankfurter Flughafen vor !?). Auch der Ruderverein
wurde danach übrigens umgesiedelt und völlig neu gebaut.
Zum Erstaunen aller
ist der lang vermisste Aal zwischenzeitlich nicht nur gefunden,
sondern zubereitet und zum Verzehr freigegeben worden. Trotz
„vertrauensbildender“ Maßnahmen – Gespräch mit einem rudernden
Hobbykoch: „Ist der noch gut?“ „Ja!“ „Isst Du davon?“ „Nein!“ und
Bemerkung eines Ruderers, der sein Privatleben als Arzt verbringt:
„Wenn es Euch nach 15 Minuten schummerig wird, greife ich ein“ –
findet der Geräucherte heftigen Zuspruch und verschwindet in der
Innenwelt.
Wie es dann mit der
Ruderstrecke genau weitergeht, vermag ich, wie seinerzeit Kolumbus,
mangels vorhandener Unterlagen für die Wasserstraßen, nur zu ahnen:
vom Fluss Lesum geht es bis zu dessen Kilometer Null und dann weiter
auf der „Hamme“ oder der „Wümme“ und/oder auf beiden? Jedenfalls ist
Endpunkt das Teufelsmoor mit „Kaffeepause“ im dortigen Restaurant,
unterwegs kann die Barke teilweise gesegelt werden und als
Revierunerfahrene stecken wir auch mal auf einer Sandbank fest.
3. Rudertag: "Kaffeetrinken" der
durstigen Ruderer im Teufelsmoor
(Karl Heinz Ampütte, Wilfried Hoffmann, Christian von
Schneidemesser) |
3. Rudertag:
Die Barke verläßt das Restaurant
im Teufelsmoor |
Weiter- bzw.
Rückfahrt nach der „Kaffeepause“ im Gartenrestaurant. Bemerkenswert
ist, dass wir bei der Hinfahrt, wegen der auflaufenden Flut und dem
niedrigen Wasserstand den Kühen von unten in die Augen sehen und
abends bei der Rückfahrt bei hohem und auslaufendem Wasser die Kühe
sozusagen von oben auf ihrer Weide besichtigen können und jetzt auch
Ausblick auf die Landschaft und ihr Dörfer haben, ein ganz
merkwürdiges Erlebnis. Unterwegs zum Abschied ein großartiges
Bratkartoffelessen mit den dafür in Norddeutschland notwendigen
Zutaten, wie Labskaus, Sülze, Brathering, Matjes und Bohnensalat. Die
Versorgung mit Getränken ist jedenfalls für die Mannschaft des
Kirchbootes durch entsprechende Runden von Jochen Rudloff gesichert.
Bestimmte Verhaltensmuster der Vegesacker Ruderer beim Queren von
Hochspannungsleitungen – zur Vermeidung von „Gefahren“ für die
Bootsbesatzung muss der jeweilige Steuermann „Erden“ und bestimmte
Kommandos aussprechen – sind zu beachten. Jochen ist dies zwar
bekannt, aber dank aller möglichen Tricks ist es uns gelungen, ihn bei
vier Hochspannungsleitungen abzulenken, mit der Konsequenz von
anständigen vier Runden für jeweils 14 Ruderer (4 x 14 = 56). Jeder,
der Jochen kennt, weiß, dass er dieses Problem während des
Bratkartoffelessens sehr elegant gelöst hat, wie, verraten wir nicht.
Abends dann, für
mich jedenfalls, der schönste Teil der Wandertour – nämlich zwischen
20.45 und 21.30 Uhr zurück nach Vegesack mit dem Kirchboot, gesteuert
von unserem erfahrenen Steuermann Eckehart aus Vegesack. Es ist ganz
still und ruhig auf dem Wasser, kein Wind, nur das rhythmische
Schlagen der 14 Ruderer und ab und zu ein knappes Kommando. So
beeindruckend und schön kann rudern sein.
Die Boote werden
nach etwa 38 km Ruderstrecke an diesem Tag noch an Land gebracht. Zum Abschluss im Bootshaus dann eine kurze
Ansprache von Rübi als Organisator, des dieses Mal verantwortlichen
Essener Ruderkameraden. Rübi stellt fest, dass noch alle da sind und
keiner verloren ging, meint, dass auch Überraschungen heute noch sein
müssen und er trifft damit den Kern der Angelegenheit. Unseren Dank
mit Übergabe der Fahne und einiger Nadeln spricht Ragnar aus, der über
warmes und kaltes Essen und entsprechende Zeitpunkte oder Unzeitpunkte
für solche Tätigkeiten einige nette Anmerkungen macht.
Am nächsten Morgen
dann Putzen der beiden Großboote. Abschiedsworte von Ingo Giese an uns
mit Übergabe eines schönen Bierkruges und der Chronik des Vereins.
Abschiednehmen – bis zum nächsten Jahr. Wohin es dann gehen wird ?
3. Rudertag:
Die Barke im Abendlicht auf den
letzten Metern vor Vegesack (Jürgen Kleine, Ragnar Otto) |
Mit vereinten Kräften: Reinigen
der Boote am Sonntagmorgen |
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Viel Spaß !!! |