"Rüsselsheimer
Echo" vom 07.10.2002
Debakel beim
"Maß aller Dinge"
Feldhockey: RRK-Männer halten beim 1:9 im DM-Viertelfinale weder kämpferisch
noch spielerisch mit dem Club an der Alster mit
Die Hansestadt
Hamburg war für die Hockey-Männer des Rüsselsheimer Ruder-Klubs alles
andere als ein lohnendes Ziel: Am gestrigen Sonntag kam der Tabellenvierte
der Bundesliga-Südstaffel im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft
beim Nordersten Club an der Alster Hamburg mit 1:9 (0:3) unter die Räder.
„Wir haben es
in keiner Phase geschafft, Alster ins Wackeln zu bringen. Die Hamburger
sind im Moment das Maß aller Dinge. Gegen solch ein Team hätten wir nur
in optimaler Form vielleicht eine Chance. So aber haben wir zu viele
Fehler gemacht, die dann knallhart bestraft wurden“, analysierte Rüsselsheims
Trainer Kai Stieglitz die Partie.
Der RRK hielt
gegen den Titelfavoriten nur zu Beginn mit, lag allerdings schon nach drei
Minuten durch einen Treffer von Frank Gemmrig mit 0:1 hinten. Möglichkeiten
zum Ausgleich boten zwei Strafecken für die Rüsselsheimer, von denen
eine zu einem Siebenmeter führte. Der sonst treffsichere Nationalstürmer
Oliver Domke scheiterte jedoch, es blieb beim Rückstand. „Wenn wir den
Ausgleich erzielt hätten, hätte das Spiel wohl einen anderen Verlauf
genommen“, sagte RRK-Abteilungsleiter Martin Müller, der von einem zu
hohen Ergebnis für Alster sprach.
Die
1. Herrenmannschaft des RRK im letzten Punktspiel der
Bundesliga-Feldsaison 2002, das am Sommerdamm 2:2 endet. Ein
Sieg hätte den 2. Platz bedeutet und damit im Viertelfinale
Heimspiel gegen "Harvestehude", das Unentschieden
bedeutet der 4. Platz und Viertelfinale beim Nordersten Club an
der Alster. Schlecht gelaufen! |
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Den Rüsselsheimern
gelang es allerdings weder kämpferisch noch spielerisch, den Hanseaten
Paroli zu bieten. Nach den vergebenen Chancen für die Hessen erhöhte
Alster durch Constantin Baak und Oliver Hentschel auf 3:0, so dass die
Begegnung im Grunde schon vor der Pause gelaufen war. Für die endgültige
Entscheidung sorgte dann Thomas Tihl, der Alsters erste Ecke nach der
Pause in der 40. Minute zum 4:0 nutzte.
Danach steckte
der RRK weitgehend auf und deckte nicht mehr konsequent genug, was vor 200
Zuschauern zu zahlreichen Konterchancen für die Gastgeber führte. „Wir
haben die Bälle vorne verloren und nicht mehr energisch genug attackiert,
das war es dann, beschrieb Stieglitz den Beginn des Debakels.
Die Hamburger
schalteten trotz der deutlichen Führung nicht zurück und waren
stattdessen auch nach dem 4:0 bemüht, das Ergebnis in die Höhe zu
schrauben und ihren Fans ein Schützenfest zu bieten. „Alster hat sehr
konsequent durchgespielt, während wir immer weniger Gegenwehr gezeigt
haben“, erläuterte Müller.
Den einzigen
Treffer für den Rüsselsheimer Ruder-Klub erzielte Nico Hosang, der in
der 59. Minute eine Eckenkombination zum Zwischenstand von 1:6 abschloss.
Bot das Spiel in Hamburg auch kein erfreuliches Ergebnis, so darf der RRK
mit der Saison insgesamt zufrieden sein. Die Qualifikation für die
eingleisige erste Bundesliga geriet nie ernsthaft in Gefahr, zudem
verpasste der RRK Rang zwei nur um Haaresbreite – und Alster stellt nun
einmal eine Klasse für sich dar.
„Die sind für
uns eine Nummer zu groß. Ich bin gespannt, wie sich Rot-Weiß München in
der kommenden Woche dort schlägt“, meinte Abteilungsleiter Müller.
Tore:
1:0
Frank Gemmrig (3.), 2:0 Constantin Baack (22.), 3:0 Oliver Hentschel
(26./Ecke), 4:0 Thomas Tihl (40.), 5:0 Tihl (49./Ecke), 6:0 Max Landshut
(54./Ecke), 6:1 Nico Hosang (59./Ecke), 7:1 Laatzen (61.), 8:1 Tihl
(64.), 9:1 Gemmrig (65.).
Eckenverhältnis:
6:6. Siebenmeter: 0:1. Schiedsrichter: Müller-Wiedenhorn
(Oldenburg)/Zysk (Braunschweig). Zuschauer: 200.
Kader des RRK:
Andreas Späck (Adriaan Kühn) – Lars Hosang, Frank Trautmann, Falk May,
Glenn Eifert, Mirco Fuchs, Oliver Markowsky, Christian Domke, Nico Hosang,
Thomas Jost, Sven Wohlfahrt, Jan Petersen, Lorenz Klee, Christian Minar
und Oliver Domke.
Der
Kader der 1. Herrenmannschaft des RRK in der Feldsaison 2002
(hinten: Betreuer Martin Müller, Trainer Kai Stieglitz, Lars
Hosang, Betreuerin Beate Müller, Nico Hosang, Jan Petersen, Frank
Trautmann, Sven Wohlfahrt, Andreas Späck, Philipp
Tangerding, Falk May, Jonas Hof, Daniel Burghardt; vorn: Roland
Schneefuß, Jürgen Stuhlträger, Mirco Fuchs, Christopher Reitz,
Christian Minar, Thomas Jost, Lorenz Klee, Oliver Domke; es
fehlen: Glenn Eifert, Christian Domke, Oliver Markowsky, Adriaan
Kühn) |
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"Frankfurter Allgemeine" vom
08.10.2002
Trotz des bitteren 1:9
im Hockey-Play-off: "Die Rückfahrt war schon wieder ganz lustig"
Der RRK und sein
schlafender Trainer
Der Übungsleiter lag noch
im Bett und hatte keine Lust, Rede und Antwort zu stehen. „Also heute
wirklich nicht", sagte Kai Stieglitz. Daß der 35 Jahre alte
Hockeytrainer des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) einem Interviewversuch
auf diese Weise begegnet, ist nicht normal und legt die Vermutung nahe,
daß sich ungewöhnliche Dinge ereignet haben müssen. 24 Stunden zuvor
war die Welt für Stieglitz und die 16 Spieler des hessischen
Bundesligavereins noch in Ordnung gewesen. Um zwölf Uhr hatten die
Schiedsrichter die Viertelfinalpartie der deutschen Feldmeisterschaft auf
der Anlage des Clubs an der Alster angepfiffen. Um 12.03 Uhr der erste
Dämpfer: Die Heimmannschaft, ihres Zeichens Titelverteidiger und
aktueller Europapokalsieger der Landesmeister, war 1:0 in Führung
gegangen. Was im Lager des Außenseiters vom Untermain zu diesem Zeitpunkt
noch keiner ahnen konnte, sollte um kurz vor 13.30 Uhr bittere Realität
werden: Der Favorit aus
Hamburg hatte 9:1 gewonnen und für den höchsten Sieg seit der
Einführung des Play-off-Viertelfinales im Jahre 1994 gesorgt. Obwohl Kai
Stieglitz vor der Zugfahrt in den Norden von einem „zwiespältigen
Gefühl" gesprochen hatte, „weil die Vorbereitung aufgrund
angeschlagener und fehlender Spieler nicht optimal gelaufen ist und Alster
derzeit das Maß aller Dinge darstellt", dürfte der Trainer
mitnichten die deutlichste Niederlage in der langen Bundesligahistorie des
RRK ins Kalkül gezogen haben. Warum die Vorfreude auf den Vergleich, „bei
dem wir nichts zu verlieren haben", letztlich in totale Ernüchterung
umgeschlagen ist, darauf war Stieglitz nach Spielende keine Antwort
schuldig geblieben: „Die haben wesentlich schneller und direkter
gespielt, als dies alle Gegner in der Südgruppe können. Es war
unheimlich schwer für uns, überhaupt in Ballbesitz zu kommen. In der
Form können wir uns nicht an Alster messen."
Während sein Trainer den
Tag nach dem Debakel zum Ausschlafen nutzte, fiel es Christian Domke nicht
schwer, das Erlebte in Worte zu fassen: „Das Ergebnis hört sich
natürlich hart an. Aber da ich weiß, wie das Spiel gelaufen ist, geht es
eigentlich", sagt der Nationalspieler. Vor allem in der ersten
Halbzeit hätten er und seine Mitspieler das hohe Tempo gut mitgehen, ja
sogar in Führung gehen können. „Wir hatten fast genauso viele
Torchancen wie die. Der Unterschied war nur, daß die fast alles, wir aber
fast nichts getroffen haben. Und in der Abwehr sind wir halt doch noch ein
bißchen unerfahren. Ein 6:3 wäre das gerechtere Endergebnis
gewesen", sagt Domke. Daß sein prominenter Bruder Oliver, am Freitag
vom Sporthilfe-Ausflug in die Türkei zurückgekehrt, nach mehr als einer
Woche ohne Training in der
15. Minute zur Ausführung des Siebenmeters schritt und den1:1-Ausgleich
vergab, war für den in der Vorwoche noch erfolgreichen
Siebenmeterschützen Christian Domke kein Problem: „Wenn er sich nicht
sicher gewesen wäre, wäre er bestimmt nicht hingegangen. Aber daß er
stark erkältet war und in der Nacht vor dem Spiel kaum geschlafen hatte,
das hat man ihm schon angemerkt." So nahm das Schicksal für die
Rüsselsheimer fortan seinen Lauf, „weil wir uns nach dem 0:4-Rückstand
eben nicht nur hinten reingestellt haben. Nur zweistellig sollte es nicht
ausgehen", sagt Domke. Befürchtungen, daß die Hessen lange an der
heftigen Niederlage zu arbeiten haben, hegt der 24 Jahre alte
Mittelfeldspieler nicht: „Natürlich war man direkt nach dem Spiel
ernüchtert und enttäuscht. Aber nach dem Viertelfinalaus in der Halle
habe ich mich viel mehr geärgert. Die Rückfahrt war eigentlich schon
wieder ganz lustig."
Angst vor der eingleisigen
Bundesliga, die im nächsten Jahr gestartet wird, habe das 1:9 auch keine
erzeugt: „Wir sind ein super junges Team mit vielen Spielern unter
zwanzig Jahren, die in dieser Saison eine Menge dazugelernt haben. Wir
werden in der eingleisigen Bundesliga bestimmt nicht gleich im oberen
Drittel mitspielen, aber weiter Erfahrung sammeln. Die anderen sollen im
nächsten Jahr erst einmal zu uns kommen. Auch Alster."
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