Denise Klecker
und Irene Balek |
Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 21.05.2002
Ein 4:2 der RRK-Damen im
Europapokal der Landesmeister über Slavia Prag wendet den Abstieg aus der
A-Division ab, Rüsselsheim verhindert in Spanien das Schlimmste
TERRASSA. Wenn ein Europacupturnier der Landesmeister im Feldhockey zu
Ende geht, werden die Unterschiede zwischen den besten und den weniger
guten Mannschaften auch räumlich sichtbar. Zwei der acht Teams, die zuvor
drei Tage lang den gleichen Platz wie alle anderen bespielen durften, müssen
aufgrund ungenügender Leistungen in der Vorrunde ihre abschließende
Partie auf dem Nebenplatz austragen. Daß es am Pfingstmontag die
Spielerinnen des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) sein würden, die um
9.30 Uhr auf dem sandverfüllten Kunstrasen des CD Terrassa zu einem der
beiden Partien gegen den Abstieg aus der A-Division aufgerufen wurden, mit
denen unweit von Barcelona der Tag der Entscheidungen begann, hätte am
Untermain im Vorfeld der 29. Austragung dieses hochrangigsten Wettbewerbs
für Vereinsmannschaften in Europa keiner gedacht. Daß die Begegnung gegen Slavia Prag von den Hessinnen schließlich 4:2
gewonnen wurde und somit auch der nächste deutsche Meister nicht mit dem
Makel der Zweitklassigkeit leben muß, konnte beim RRK nach dem dritten
Platz in der schwächer eingeschätzten Vorrundengruppe B niemand
zufriedenstellen. "Wenn man im Vorfeld auf den vierten Platz hofft
und den dritten Rang als Riesenerfolg ansieht, ist unser Abschneiden auf
jeden Fall eine Enttäuschung", sagte Denise Klecker. Während die
Spielführerin des RRK sich so fühlte, "als habe sie ein Turnier
gespielt und nicht dran teilgenommen", war ihr Trainer froh, "daß
wir heute zumindest so engagiert gespielt haben, um ein für unsere Verhältnisse
unbefriedigendes Turnier noch positiv abzuschließen". Nach zwei
Siegen, einem zweiten und einem dritten Platz bei den bisherigen
Teilnahmen an diesem Wettbewerb seit 1993 sah sich Berti Rauth mit seinem
Team erstmals vor die Situation gestellt, daß eine finale Niederlage
unangenehme Konsequenzen haben würde. "Wenn wir nicht um die
Medaillen mitspielen, ist das unser Problem. Aber wenn wegen uns der nächste
deutsche Teilnehmer in die B-Gruppe gezwungen worden wäre, hätte dies
weitreichendere Folgen gehabt", sagte Rauth.
Spielbesprechung in der Halbzeit
im Schatten |
Die
Rüsselsheimer Bank |
Die RRK-Damen
machten in Terrassa nicht gerade den besten Eindruck.
Der Frust
saß tief: Die erfolgsgewohnten Hockeyspielerinnen
(hier Tanja Dickenscheid, Lisa Jacobi und Mandy Haase) fanden nicht
in das
Turnier und verhinderten nur mit Mühe den Abstieg.
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Die These, wonach solche schicksalhaften Begegnungen mehrheitlich im Kopf
entschieden werden, erhielt unter dem strahlend blauen Himmel in
Katalanien neue Nahrung. Nachdem der Berliner HC vor einem Jahr in den
Niederlanden einen 0:1-Rückstand gegen die Weißrussinnen von Ritm Grodno
mit Mühe in einen 2:1-Erfolg verwandelt hatte und der aktuelle Ausrichter
CD Terrassa nach einer 2:0-Führung noch absteigen mußte, war auch der
RRK nicht frei von Nervosität. Die zahlreichen technischen Fehler, Paßungenauigkeiten
und Abwehrschwächen der ersten drei Tage, die durch den 6:1-Sieg im
zweiten Spiel gegen den russischen Vertreter Donchanka Volgodonsk
kurzzeitig überdeckt worden waren, hatten ihre Spuren hinterlassen. Fast
alle, speziell aber auch die international erfahrenen Kräfte im roten
Trikot des Rüsselsheimer RK, hatten neben dem ungewohnten Boden mit ihren
Nerven zu kämpfen. Obwohl die Pragerinnen nach drei Niederlagen und 1:19
Toren in der Vorrunde durchgängig als schwächstes Team und entsprechend
dankbarer Gegner eingestuft worden waren, blieb trotz erkennbaren Bemühens
zunächst vieles Stückwerk. Auch das 1:0 durch Nina Günther (14. Minute)
half nicht viel, da der Aufsteiger postwendend durch Hany Kremanova der
Ausgleich gelang (16.). Da in dieser Szene neben Torhüterin Jennifer Lutz
auch Denise Klecker nicht besonders gut aussahen, fühlte sich Trainer
Rauth in seiner Einschätzung bestätigt, "daß speziell Denise und
Silke Müller durch die vielen Einsätze mit dem Nationalteam überspielt
sind". Die beiden Nationalspielerinnen hatten in den zurückliegenden
Wochen an Turnieren mit dem Nationalteam in China und Japan teilgenommen,
und zumindest Silke Müller räumte nach ihren wenig überzeugenden
Leistungen ein, "daß das vom Kopf vielleicht alles ein bißchen viel
gewesen ist".
Auch nach dem 3:1 durch Tanja Dickenscheid, die im Anschluß an eine
Strafecke den 2:1-Halbzeitvorsprung von Bettina Edlefsen ausgebaut hatte,
war die Abstiegsgefahr noch nicht gebannt. Abermals benötigten die
Tschechinnen nur zwei Minuten, um durch Helene Babicka auf 2:3 zu verkürzen.
Auf den plazierten Flachschuß von Nicole Hardt nach der sechsten
Strafecke konnte der allenfalls kämpferisch ebenbürtige Gegner dann
keine Antwort mehr geben, obwohl der RRK nach der Gelben Karte gegen die
französische Nationalspielerin Aurélie Morin fünf Minuten in Unterzahl
geriet. Obwohl der Jubel verhalten ausfiel, dürften alle 16 Spielerinnen
und der dreiköpfige Betreuerstab die Schlußsirene mit Erleichterung
vernommen haben. "Wenigstens das", sagte Abteilungsleiter Martin
Müller, ohne deshalb den Blick für das Wesentliche zu verlieren:
"Mit solchen Leistungen werden wir es schwer haben, die eingleisige
Bundesliga zu erreichen." Viel Zeit, an den zahlreichen Unzulänglichkeiten
zu arbeiten, bleibt nicht. Am nächsten Wochenende stehen die Hessenderbys
beim SC 1880 und gegen Eintracht Frankfurt auf dem Programm, wobei eine
Niederlage am zweiten oder dritten Spieltag noch leicht zu korrigieren
ist.
ULRICH FRIED
Die
RRK-Mannschaft beim Feld-Europacup 2002 in Terrassa (hinten: Betreuer
Thomas Blivier, Tanja Dickenscheid, Bettina Edlefsen, Nicole Hardt,
Lena Jacobi, Irene Balek, Lisa Jacobi, Lotte Schwärzel, Annika Martin,
"Physio" Hanne Zöller , Sybille Breivogel; vorn: Denise Klecker, ...,
Jennifer Lutz, Mandy Haase, ..., Silke Müller, Elena Christl, Nina
Günther, Aurelie Morin, Trainer Berti Rauth) |
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