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Über Mitglieder des
RRK (2004)
Holger Kraft |
Holger Kraft |
"Das sind zwei
nette, gute, talentierte Menschen"
Elke Sommer über ihre Arbeit
mit den Rüsselsheimern Kai Schmidt und Holger Kraft am Theater in Erlangen
Von Stephan A. Dudek
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Sie gehören zu den
erfolgreichen Eigengewächsen der Rüsselsheimer Kulturszene: Holger Kraft,
Kulturstipendiat des Jahres 1997, ist mittlerweile als Theater-Schauspieler in
Jena und Erlangen tätig, Kai Schmidt, Verfasser mehrerer Theaterstücke mit opelstädtischem Lokalkolorit, zeichnet am "Markgrafenthater" als Dramaturg für
den Bereich "Kinder- und Jugendtheater" verantwortlich.
Jetzt inszenierte Schmidt das
Schauspiel "Oskar und die Dame in Rosa" von Eric-Emmanuel Schmitt mit
Hollywood-Star Elke Sommer und Holger Kraft in den Hauptrollen. Darin geht es um
die Begegnung einer freiwilligen Betreuerin auf einer Kinderkrebsstation mit dem
zehnjährigen Oskar, den sie bis zum Tode begleitet. In einem Waschsalon, so
Schmidts Inszenierung für Erlangen, erzählt sie dessen Inhaber, was sie im
Krankenhaus erlebt hat.
Die "Main-Spitze" sprach mit Elke
Sommer über das Stück und die beiden Rüsselsheimer Kollegen.
FRAGE: Frau Sommer, Sie haben neben
Kino-Giganten wie Paul Newman oder Peter Sellers und unter der Leitung von
Regie-Stars wie Blake Edwards gespielt. Können Holger Kraft und Kai Schmidt da
mithalten?
SOMMER: Das macht überhaupt keinen
Unterschied. Es sind zwei nette, gute, talentierte Menschen. Mit Prominenz hat
das nichts zu tun.
FRAGE: Im Ernst: Wie arbeitet es sich
denn mit den jungen Kollegen?
SOMMER: Es arbeitet sich prima mit
den beiden. Wir haben viel Freude gehabt und das Stück auch so hingekriegt, wie
wir uns das vorgestellt haben. Es ist nur noch zum Teil eine Lesung, wie es sich
zu Beginn dargestellt hat, denn Holger verwandelt sich manchmal in den kleinen
Jungen. Wir haben uns tagelang die Köpfe zerbrochen, wie man das schaffen kann.
Aber Holger ist super und auch Kai war gut drauf.
FRAGE: Die gemeinsame
Rollen-Entwicklung, gerade bei einem sensiblen Thema wie in diesem Stück, bringt
mit einem Schauspieler-Kollegen gewiss eine große Nähe mit sich. Wie haben Sie
sich mit Holger Kraft über die besondere Thematik auseinander gesetzt?
SOMMER: Das ist von Anfang an
geschehen, wobei ich kurz nach dem Tod meiner Mutti zu der Produktion kam und
deshalb besonders gut das Private auf der Bühne verwerten könnte. Es gibt
zwischen mir und Holger eine unheimliche Intensität auf der Bühne. Und es wäre
sicher ziemlich schwer gewesen, einen solchen Stoff mit einem Schauspieler zu
entwickeln, den man nicht mag.
FRAGE: Wie würden Sie denn die
Arbeitsweise von Kai Schmidt beschreiben? Trägt die Inszenierung speziell seine
Handschrift oder ist sie als gemeinschaftliche Leistung entstanden?
SOMMER: Seine Idee, statt in ein
Krankenhaus in einen Waschsalon zu gehen, war ganz super. Er hört gerne zu,
lässt sich auch etwas sagen, aber gleichzeitig ist er sehr bestimmt. Für mich
ist das eine gute Konstellation, denn ich lasse mich gerne leiten.
FRAGE: Konnten Sie den jungen
Kollegen mit Ihrer Erfahrung den einen oder anderen Tipp geben? Oder war das gar
nicht nötig?
Holger Kraft, Kai Schmidt und Elke Sommer |
SOMMER: Es war eine absolute
Symbiose, ein sehr schönes Arbeiten. Wir haben uns nicht einmal gekabbelt und
wurden mit der Zeit zu einer wirklichen Gemeinschaft. Das Schöne an Kai ist,
dass er sich unheimlich freuen kann. Während wir Darsteller noch selbstkritisch
über Verbesserungen nachgegrübelt haben, hat er sich schon längst grenzenlos
über eine gelungene Szene gefreut.
FRAGE: Was hat Sie denn überhaupt
dazu bewogen, in Erlangen Theater zu spielen?
SOMMER: Ich habe ein Haus in Erlangen
und es war schön, nach den Proben nach Hause gehen zu können. Aber eigentlich
war es reiner Zufall. Vor etwa sieben Jahren habe ich nach 93 Filmen und 48
Theaterstücken beschlossen, nur noch solche Sachen anzunehmen, die mir wirklich
Spaß machen oder die ich noch nie gemacht habe. So habe ich den "Jedermann"
gespielt oder bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg mitgemacht. Das
Angebot für Erlangen hat mir ein alter Freund gemacht, der mich gebeten hatte,
den Text einmal durchzulesen. Und bald habe ich gemerkt: "Das ist etwas ganz
Besonderes."
FRAGE: "Oskar und die Dame in Rosa"
erzählt von einem todkranken Kind. Wie gehen Sie während der Proben und den
nachfolgenden Aufführungen mit diesem bedrückenden Thema um?
SOMMER: Das ist eine ganz eigenartige
Sache. Mir war von Anfang an klar: Die letzte Seite - der Junge ist tot -
schaffe ich nicht. Jedenfalls nicht, ohne dass ich auf offener Bühne zu heulen
anfange. Deshalb wird der letzte Brief des Jungen auch per Ton-Einspielung
vorgelesen. Insgesamt haben wir versucht, so wenig Pathos wie möglich zu
entwickeln. Manchmal kriegt man feuchte Augen, aber es sind ja auch lustige
Momente drin. Holger bringt so viel Liebenswertes ein ...
Wie gesagt, ich hatte zu Beginn noch
am Tod meiner Mutti zu knapsen. Aber es sind so viele Passagen in dem Stück, die
Sinn machen, die Mut geben und die einen den Tod auch einmal ganz anders sehen
lassen.
FRAGE: Am Samstag war Premiere. Wie
ist es denn gelaufen?
SOMMER: Es war toll. Wir hatten ein
knallvolles Haus und die Leute haben am Schluss gepfiffen, getrampelt und vor
Begeisterung Bravo gerufen. Wir hatten eine kleine Panne, Holger hatte ein Heft
vertauscht, aus dem ich vorzulesen hatte, aber das ist eben Live-Theater. Die
zweite Vorstellung am Sonntag war dann ganz super.
FRAGE: Jetzt kommen sie nach
Rüsselsheim. Verbinden Sie irgendetwas mit der Stadt? Was haben die beiden
Kollegen denn von ihrer Heimatstadt erzählt?
SOMMER: Die haben mir viel erzählt.
Vor allem, was da gerade bei Opel passiert. Das ist ja fürchterlich! Übrigens
habe ich am Nürburgring schon mal für Opel ein Rennen gefahren. Gerade vor ein
paar Tagen habe ich den Pokal wiedergefunden. Allerdings weiß ich nicht, ob ich
schon einmal in Rüsselsheim gespielt habe.
FRAGE: Letzte Frage: Stimmt es, das
Sie ein Film-Angebot für diese Theaterarbeit ausgeschlagen haben?
SOMMER: Nein, das stimmt nicht,
denn ich habe diesen Film gemacht. Er heißt "Die Reblaus" und wird am 1.
November 2005 in der ARD gezeigt. Immer wenn wir nicht gedreht haben, habe ich
in Erlangen geprobt.
Zwei Rüsselsheimer kehren erfolgreich
zurück
std. Weggehen, um
heimzukehren! Für zwei Künstler aus der Rüsselsheimer Kultur-Szene wird dies am
Dienstag Wirklichkeit: Schauspieler Holger Kraft und Dramaturg Kai Schmidt
kommen mit einer gemeinsamen Produktion für das "Markgrafentheater" in Erlangen
auf die Bühne des Rüsselsheimer Stadttheaters. Sie kommen nicht alleine, denn in
einer der beiden Rollen des Zwei-Personen-Stücks "Oskar und die Dame in Rosa"
von Eric-Emmanuel Schmitt wird Hollywood-Star Elke Sommer zu sehen sein.
Schmitt schlüpfte beim Schreiben des
Buches in die Rolle des zehnjährigen Oskars. Der Junge leidet an Leukämie und
hat nur noch kurze Zeit zu leben. Währenddessen schreibt er immer wieder Briefe
an den lieben Gott, in denen er beschriebt, wie ihm die "Dame in Rosa", eine
freiwillige Betreuerin im Krankenhaus, hilft, mit der Situation fertig zu
werden.
Kai Schmidts Inszenierung verlegt die
Handlung aus dem Krankenhaus in einen Waschsalon, wo die "Dame in Rosa" dessen
Inhaber ihre Geschichte mit Oskar erzählt. Im Zeitraffer erlebt das Kind die
Möglichkeiten eines ganzen Lebens ...
Begegnung im Waschsalon
Theater: Regisseur Kai Schmidt
und Schauspieler Holger Kraft kommen mit Elke Sommer und dem Stück "Oskar und
die Dame in Rosa" in ihre Heimatstadt – Vom Umgang mit der Wahrheit
Elke Sommer und Holger Kraft |
Wenn sich die Wege ehemaliger
Rüsselsheimer Kulturtreibender in der Ferne wieder einmal kreuzen, dann ist man
in der Heimat stets gespannt auf die Ergebnisse ihres gemeinsamen Schaffens. Nun
haben sich runde 400 Kilometer südöstlich der Opelstadt, in Erlangen, der
Regisseur, Autor und Dramaturg Kai Schmidt und der Schauspieler Holger Kraft
zusammengetan in Schmidts Inszenierung des Briefromans "Oskar und die Dame in
Rosa". Mit dieser gastieren sie im Stadttheater. Die Rolle der Dame in Rosa
spielt Filmstar Elke Sommer.
Aus Eric-Emmanuel Schmitts
Romanvorlage um einen zehn Jahre alten todkranken Jungen hat Kai Schmidt eine
Begegnung in einem Waschsalon mit Cafébar nach Vorbild der "Waschbar" in seiner
Heimatstadt gemacht. Der kleine Oskar im Buch hat nur noch kurze Zeit zu leben.
Seine Eltern sind völlig hilflos im Umgang mit dem Thema Tod, nur Oma Rosa, eine
ältere Dame, die ehrenamtlich die Kinder auf der Kinderstation betreut, spricht
mit Oskar offen und mutig über seine Krankheit. In Briefen an den lieben Gott
erstattet er Bericht von seinem Leben, das er sich auf Anraten Oma Rosas wie im
Zeitraffer vorstellt: Ein Tag sind zehn Jahre.
Während die meisten Inszenierungen
von "Oskar und die Dame in Rosa" allein die ältere Pflegerin erzählen lassen,
hat Kai Schmidt sein Theaterstück als Begegnung angelegt. Oma Rosa kommt in den
Waschsalon, um Oskars Kleider zu waschen. Sie findet die Briefe und beginnt zu
lesen. Der unbedarfte junge Mann hinterm Tresen (Holger Kraft) – eine Art "Herr
Lehmann", wie der Regisseur ihn charakterisiert – wird unfreiwillig mit dem Tod
eines Kindes konfrontiert; mit einem Thema, das er wie die meisten Menschen
lieber umschiffen würde.
„Im Laufe des Abends werden sie die
ganze Geschichte von Oskar erzählt haben. Sie werden Spielsituationen erfunden
haben und immer wieder zur Lektüre zurückgekehrt sein“, kündigt Kai Schmidt an.
"Nach Paolo Cuelho ist Eric-Emmanuel Schmitt der Autor, der die Wahrheiten am
einfachsten und am schönsten verpackt", begründet er die Wahl dieses Stücks. "Als Erwachsener ist man erstmal
sprachlos, wie ein Kind auf sein Schicksal reagiert und fest daran glaubt, dass
die Dinge so richtig sind, wie sie sind."
Diese Inszenierung entstand für das
Theater in Erlangen, wo Schmidt seit zwei Jahren als Dramaturg arbeitet und als
Regisseur bislang vor allem szenische Lesungen auf die Bühne brachte. Sein
Konzept für den Oskar überzeugte auch die in Hollywood lebende Schauspielerin
Elke Sommer, die in Erlangen aufgewachsen und noch regelmäßig dort zu Besuch
ist. Über einen Bekannten aus früheren Tagen ließ der Regisseur ihr seinen Text
zukommen, wenig später meldete sie sich begeistert zurück.
"Wir hatten uns gleich so viel zu
erzählen über das Stück, für Elke war sofort klar, dass sie das machen würde",
berichtet Kai Schmidt. Die Schauspielerin, die das Magazin "Playboy" zu den
hundert erotischsten Frauen zählt und die vier Tage vor dem Rüsselsheimer
Gastspiel ihren 64. Geburtstag feiert, wähle heute nur noch ungewöhnliche Rollen
aus, Rollen, die mehr beinhalten als boulevardeske Heiterkeit.
Holger Kraft stand vor gut 15 Jahren
schon einmal in einer Schmidt-Inszenierung auf der Bühne: Er spielte den Major
Kraft in "Seifert – Deutsches Leben", das Kai Schmidt neben dem "Autokraten" und
"Das Elend der Liebe, der Tod" als zweiten Teil einer Rüsselsheimer Trilogie
geschrieben hatte. Bis vor kurzem war der ehemalige Schauspieler der
Rüsselsheimer Gruppe "Schon geseh’n" am Schauspielhaus in Jena engagiert,
inzwischen arbeitet er als freier Schauspieler.
Einen inhaltlichen Bezug von "Oskar
und die Dame in Rosa" zu Rüsselsheim möchte Kai Schmidt nicht herstellen.
Höchstens mit Augenzwinkern, weil ganz weit hergeholt die Buchstabenmixtur in
"Oskar" und Opels "Corsa" fast identisch ist. Oder mit der Tatsache, dass das
Stück optimistisch macht, obwohl einer stirbt.
Den Skandal des Todes auf die Spitze
getrieben
Kai Schmidts Inszenierung von "Oskar und
die Dame in Rosa" mit Elke Sommer und Holger Kraft im Stadttheater
Von Stephan A. Dudek (aus
"Main-Spitze" vom 11.11.2004)
Konfusion allenthalben. Nichts ist
sicher. Der Besitzer eines Waschsalons spricht die Worte eines kleinen Jungen.
Die Sprache des Zehnjährigen hat bisweilen gar nichts Kindliches an sich. Eine
gepflegte ältere Dame, die eigentlich gar nicht so alt wirkt, gibt sich als
knochenbrechende Catcherin aus. Alles ist durcheinander.
Gut so: Denn "Oskar und die Dame in
Rosa" zeigt das Undarstellbare, Unausdenkbare, Unvorstellbare. Der Skandal des
Todes wird in dem Theaterstück nach Eric-Emmanuel Schmitts gleichnamigen
Briefroman auf die Spitze getrieben, indem er es dazu zwingt, das Siechtum eines
Kindes unmittelbar mitzuerleben. Kai Schmidt lässt in seiner Inszenierung denn
auch folgerichtig alle dramaturgischen Grenzen außer Acht: Dies ist keine
Lesung, kein Schauspiel, sondern der Situation entsprechend konfuses Gegrübel
mit Anklängen zum Delirium. Er bringt die Gedanken und Gefühle eines Menschen,
der soeben das Liebste verloren hat, unmittelbar auf die Bühne, einschließlich
der Projektion des gestorbenen Kindes auf die Person des Waschsalon-Besitzers.
Allein dieser ästhetische Schachzug macht die Handlung von "Oskar und die Dame
in Rosa" überhaupt erträglich.
Elke
Sommer und Holger Kraft in "Oskar und die Dame in Rosa". |
Es sind Briefe an den lieben Gott,
die über die letzten zwölf Tage des an Leukämie erkrankten Buben Auskunft geben.
Oma Rosa (Elke Sommer) und der Waschsalon-Besitzer (Holger Kraft) lesen sie vor
und schlüpfen in die beschriebenen Rollen. Doch vor allem ist es Oma Rosas
Erinnerung an den anfangs recht rebellischen Knaben, der mit ihrer Hilfe
schließlich sein Schicksal anzunehmen lernt. Einen Tag solle er durchleben, als
wäre er für zehn Lebensjahre gut. Im Zeitraffer erkennt Oskar, dass es der
Mensch selbst in der Hand hat, wie sein Glück ausfällt. Er lernt eine Demut
kennen, die sich aus der Erkenntnis nährt, dass das Leben kein Geschenk sondern
nur eine Leihgabe ist.
Oma Rosa hilft Oskar bei diesem
Prozess - und beschreibt gleichzeitig, wie wenig es hilft, einen Kranken zu
schonen, aus guter Absicht zu belügen oder sich gar von ihm abzuwenden. Genau
genommen, formuliert Schmitt hier eine Botschaft für die Kindererziehung
schlechthin: Sie besagt, dass Kinder viel mehr aushalten als gemeinhin
angenommen. Beschädigungen entstehen erst dann, wenn man junge Menschen in ihrer
vermeintlichen Unvollkommenheit nicht ernst nimmt.
Hollywood-Star Elke Sommer ist
meilenweit davon entfernt, als Diva aufzutreten. Im Gegenteil, sie wirft gleich
zu Beginn mit Kraftausdrücken nur so um sich, tut alles, um der erdrückenden
Thematik das quälend Dumpfe zu nehmen. Holger Kraft hat den vielseitigeren Part:
In ihm kommen Trauer, Wut und Erschöpfung zusammen. Am besten spielt er in den
Momenten, wo er den wilden jungen Mann herauskehren kann. Funktionieren tut
diese Besetzung aber vor allem als Gemeinschaft. Da gibt es keine Leerstelle, es
entwickelt sich spürbare Nähe. Die Schicksalsgemeinschaft zweier Menschen in
zwölf Tagen kritischster Daseinsbewältigung wird geradezu greifbar.
Problematisch erscheinen auf die
Dauer allein die religiösen Untertöne Schmitts, denen Schmidt nach Kräften die
Spitze zu nehmen versuchte. Zwar ist noch immer der "liebe Gott" Adressat der
Briefe Oskars, doch tut die Inszenierung alles, um deren Inhalt als Zwiesprache
zwischen einem Menschen und einer nicht näher beschriebenen spirituellen Macht
darzustellen. Das öffnet und macht "Oskar und die Dame in Rosa" auch für
Zuschauer goutierbar, die sich nicht auf einen christlich motivierten Glauben
stützen können.
Am Ende gab es langen, herzlichen
Beifall des leider nur zur Hälfte gefüllten Parketts im Rüsselsheimer
Stadttheater. Ein Heimbonus für die beiden Rüsselsheimer Kai Schmidt und Holger
Kraft brauchte nicht gewährt zu werden. Den hatte diese Aufführung gar nicht
nötig.
Einfälle bleiben Einzelteile
Theater: Regisseur Kai Schmidt
zeigt „Oskar und die Dame in Rosa“ mit Elke Sommer und Holger Kraft –
Überlegungen zu theatralischen Mitteln enden in weit hergeholten Konstrukten
Wenn am Ende der Inszenierung von
"Oskar und die Dame in Rosa" am Dienstagabend im Stadttheater ein seltsames
Gefühl zurückbleibt, dann liegt das nicht nur daran, dass ein zehn Jahre alter
Junge an Leukämie stirbt. Die von Autor Eric Emmanuel Schmitt als Briefe des
kleinen Oskar an den lieben Gott verfasste Textvorlage stellt einen
Theaterregisseur vor Anforderungen, deren Bewältigung dem aus Rüsselsheim
stammenden und inzwischen am Erlanger Markgrafentheater beschäftigten Kai
Schmidt nicht so richtig gelang.
Nach
dem Aufstieg in der Halle nun auch 1994 der Wiederaufstieg auf dem
Feld in die Erste Bundesliga, also die 1. Herren des RRK rundherum
wieder erstklassig (hinten: Gerrit Rothengatter, Holger Kraft,
Holger Klein, Klaus Eberts, Jens George, Benny Schröter,
Glenn Eifert, Björn Emmerling, Torwart Christopher Reitz, Trainer
Berti Rauth; vorn: Torben Stalmach, Volker Schädel, Patrick
Honnef, Jan-Erik Reitz, Oliver Domke, Sven Schaefer) |
Mit der Darstellung beauftragte er
gleichermaßen lokale wie internationale Prominenz: Der inzwischen etwas
verblasste Star Elke Sommer ist Oskars Krankenpflegerin Oma Rosa, Holger Kraft,
dessen Schauspielkarriere in der Rüsselsheimer Amateurszene begann, übernimmt
die Rolle des Oskar. Die alte Dame schlägt dem krebskranken Kind vor, sich jeden
der letzten ihm verbleibenden Tage wie zehn Jahre vorzustellen und seine
Erlebnisse und Gedanken dem lieben Gott in Briefen zu berichten.
Die Szene verlegt Kai Schmidt in
einen Waschsalon mit Bar. Warum? Das bleibt letztlich unklar. Alle Versuche,
diesem Ort einen Sinn zu geben, enden in furchtbar weit hergeholten Konstrukten.
Ein Ort, der beruhigend und belebend wirken kann, der Geräusche macht und Stille
fühlbar werden lässt – diesen Intentionen der Regie jedenfalls kommt das
Bühnenbild von Stephan Rinke nicht nach. Rosa kommt herein, packt die Kleider
des Kindes in die Waschtrommel, holt ganz unten aus der Tasche ein Heft mit
Oskars Briefen und beginnt zu lesen, als wär’s selbstverständlich.
Und dann bringt der junge Mann, der
ja eigentlich Oskar ist, aber doch irgendwie auch der Angestellte der Waschbar,
zwei Bier und spielt Gitarre. Für die ist sogar ein Halter an der Wand mit der
faltigen gelben Strukturtapete festgeschraubt – einzelne Einfälle, die irgendwie
kein Gesamtes ergeben wollen.
Im Wechsel lesen die beiden
Darsteller die Berichte Oskars (Elke Sommer setzt dafür immer wieder ihre
Lesebrille auf und ab), um dann wieder in den Dialog zwischen dem Jungen und der
Pflegerin zu treten. Das verleiht dem Text, den Gedanken Oskars mit allen ihren
Höhen und Tiefen und ihrer Kindersprache, eine gewisse szenische Spannung. Durch
abwechslungsreiches Spiel gelingt es, dem rührseligen und mit pathetischen
Weisheiten nicht sparsamen Stoff seine Traurigkeit bisweilen fast ganz zu
nehmen.
Oft jedoch bleiben die Mittel in
dieser Inszenierung mehr pragmatische denn wirklich theatralische: Der aus der
Perspektive einer Person verfasste Text wird auf der Bühne etwas spielbarer.
Neue zusätzliche Bedeutungsebenen bekommt er dadurch allerdings nicht.
Der Waschsalon mit dem direkten
Draht zu Gott
Von Linda Maeding
Rüsselsheim. "Irgendwo gibt es immer
eine Tüte Mehl." Wer einer solchen Aussage nicht folgen kann, dem geht es kaum
anders als Oskar. Eigentlich will Oma Rosa ihrem Schützling damit aber nur
vermitteln: Irgendwo gibt es immer eine Lösung. Für die gleichnamige Figur des
Theaterstücks "Oskar und die Dame in Rosa" ist eine Lösung zumindest auf Erden
nicht mehr zu finden: Oskar ist unheilbar krank und sieht im Krankenhaus dem Tod
entgegen.
Im Stadttheater kam das Stück des
französischen Autors Eric-Emmanuel Schmitt, dessen Roman "Monsieur Ibrahim und
die Blumen des Koran" vor kurzem auch in deutschen Kinos als Filmfassung zu
sehen war, nun zur Aufführung. Wer bei dem Gastspiel des Theaters Erlangen
angesichts des Themas – ein Kind erkrankt an Leukämie – ein sentimentales
Rührstück erwartet hatte, irrte. Auf der Bühne war vielmehr ein humorvolles
Stück der leisen Töne zu erleben. Das Publikum verdankte dies nicht zuletzt den
beiden Schauspielern Elke Sommer und Holger Kraft.
Regisseur Kai Schmidt transportierte
das Dramengeschehen vom Krankenhaus in den Waschsalon – eine befremdende
Ortswahl, die sich aber durchaus folgerichtig in das Inszenierungskonzept fügte.
Die Szenen wurden nicht nur gespielt, sondern von den Schauspielern auch aus
schmalen Textbüchern rezitiert: Ebenfalls ein Weg, den Zuschauer nicht zur
rückhaltlosen Einfühlung anzuhalten, sondern auf Distanz zu setzen.
Der kleine, aber umso mutigere Oskar
braucht das Mitleid des Publikums nicht, so viel ist schnell klar. Scharfsinnig
beobachtet er seine Umgebung, weiß beim Blick in die Gesichter seiner Ärzte um
die Hoffnungslosigkeit seines Zustands. Zutrauen flößen ihm jedoch weder die
Medizinmänner noch die Eltern ein, die ihm die Wahrheit vorenthalten wollen.
Auftrieb gibt ihm vielmehr die Dame in Rosa, seine Begleiterin am Krankenbett.
Die Rolle der Frau mit dem besonderen
Draht zu Gott lässt das religiös angehauchte Stück zwar stellenweise in
gefährliche Nähe zum Kitsch abgleiten, sorgt aber andererseits auch für die
eigentliche Substanz des Theaterstücks. Denn dessen Rückgrat bilden Oskars
Briefe an Gott, kindlich-naiv und gerade deshalb ungeschminkt der Realität ins
Auge blickend. So kommt das Stück aus der Kindheitsperspektive auch beim
erwachsenen Publikum an.
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