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Über Mitglieder des RRK (2004)                                  

Holger Kraft

 

Holger Kraft

"Das sind zwei nette, gute, talentierte Menschen"

Elke Sommer über ihre Arbeit mit den Rüsselsheimern Kai Schmidt und Holger Kraft am Theater in Erlangen

Von Stephan A. Dudek

Sie gehören zu den erfolgreichen Eigengewächsen der Rüsselsheimer Kulturszene: Holger Kraft, Kulturstipendiat des Jahres 1997, ist mittlerweile als Theater-Schauspieler in Jena und Erlangen tätig, Kai Schmidt, Verfasser mehrerer Theaterstücke mit opelstädtischem Lokalkolorit, zeichnet am "Markgrafenthater" als Dramaturg für den Bereich "Kinder- und Jugendtheater" verantwortlich.

Jetzt inszenierte Schmidt das Schauspiel "Oskar und die Dame in Rosa" von Eric-Emmanuel Schmitt mit Hollywood-Star Elke Sommer und Holger Kraft in den Hauptrollen. Darin geht es um die Begegnung einer freiwilligen Betreuerin auf einer Kinderkrebsstation mit dem zehnjährigen Oskar, den sie bis zum Tode begleitet. In einem Waschsalon, so Schmidts Inszenierung für Erlangen, erzählt sie dessen Inhaber, was sie im Krankenhaus erlebt hat.

Die "Main-Spitze" sprach mit Elke Sommer über das Stück und die beiden Rüsselsheimer Kollegen.

FRAGE: Frau Sommer, Sie haben neben Kino-Giganten wie Paul Newman oder Peter Sellers und unter der Leitung von Regie-Stars wie Blake Edwards gespielt. Können Holger Kraft und Kai Schmidt da mithalten?

SOMMER: Das macht überhaupt keinen Unterschied. Es sind zwei nette, gute, talentierte Menschen. Mit Prominenz hat das nichts zu tun.

FRAGE: Im Ernst: Wie arbeitet es sich denn mit den jungen Kollegen?

SOMMER: Es arbeitet sich prima mit den beiden. Wir haben viel Freude gehabt und das Stück auch so hingekriegt, wie wir uns das vorgestellt haben. Es ist nur noch zum Teil eine Lesung, wie es sich zu Beginn dargestellt hat, denn Holger verwandelt sich manchmal in den kleinen Jungen. Wir haben uns tagelang die Köpfe zerbrochen, wie man das schaffen kann. Aber Holger ist super und auch Kai war gut drauf.

FRAGE: Die gemeinsame Rollen-Entwicklung, gerade bei einem sensiblen Thema wie in diesem Stück, bringt mit einem Schauspieler-Kollegen gewiss eine große Nähe mit sich. Wie haben Sie sich mit Holger Kraft über die besondere Thematik auseinander gesetzt?

SOMMER: Das ist von Anfang an geschehen, wobei ich kurz nach dem Tod meiner Mutti zu der Produktion kam und deshalb besonders gut das Private auf der Bühne verwerten könnte. Es gibt zwischen mir und Holger eine unheimliche Intensität auf der Bühne. Und es wäre sicher ziemlich schwer gewesen, einen solchen Stoff mit einem Schauspieler zu entwickeln, den man nicht mag.

FRAGE: Wie würden Sie denn die Arbeitsweise von Kai Schmidt beschreiben? Trägt die Inszenierung speziell seine Handschrift oder ist sie als gemeinschaftliche Leistung entstanden?

SOMMER: Seine Idee, statt in ein Krankenhaus in einen Waschsalon zu gehen, war ganz super. Er hört gerne zu, lässt sich auch etwas sagen, aber gleichzeitig ist er sehr bestimmt. Für mich ist das eine gute Konstellation, denn ich lasse mich gerne leiten.

FRAGE: Konnten Sie den jungen Kollegen mit Ihrer Erfahrung den einen oder anderen Tipp geben? Oder war das gar nicht nötig?

Holger Kraft, Kai Schmidt und Elke Sommer

SOMMER: Es war eine absolute Symbiose, ein sehr schönes Arbeiten. Wir haben uns nicht einmal gekabbelt und wurden mit der Zeit zu einer wirklichen Gemeinschaft. Das Schöne an Kai ist, dass er sich unheimlich freuen kann. Während wir Darsteller noch selbstkritisch über Verbesserungen nachgegrübelt haben, hat er sich schon längst grenzenlos über eine gelungene Szene gefreut.

FRAGE: Was hat Sie denn überhaupt dazu bewogen, in Erlangen Theater zu spielen?

SOMMER: Ich habe ein Haus in Erlangen und es war schön, nach den Proben nach Hause gehen zu können. Aber eigentlich war es reiner Zufall. Vor etwa sieben Jahren habe ich nach 93 Filmen und 48 Theaterstücken beschlossen, nur noch solche Sachen anzunehmen, die mir wirklich Spaß machen oder die ich noch nie gemacht habe. So habe ich den "Jedermann" gespielt oder bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg mitgemacht. Das Angebot für Erlangen hat mir ein alter Freund gemacht, der mich gebeten hatte, den Text einmal durchzulesen. Und bald habe ich gemerkt: "Das ist etwas ganz Besonderes."

FRAGE: "Oskar und die Dame in Rosa" erzählt von einem todkranken Kind. Wie gehen Sie während der Proben und den nachfolgenden Aufführungen mit diesem bedrückenden Thema um?

SOMMER: Das ist eine ganz eigenartige Sache. Mir war von Anfang an klar: Die letzte Seite - der Junge ist tot - schaffe ich nicht. Jedenfalls nicht, ohne dass ich auf offener Bühne zu heulen anfange. Deshalb wird der letzte Brief des Jungen auch per Ton-Einspielung vorgelesen. Insgesamt haben wir versucht, so wenig Pathos wie möglich zu entwickeln. Manchmal kriegt man feuchte Augen, aber es sind ja auch lustige Momente drin. Holger bringt so viel Liebenswertes ein ...

Wie gesagt, ich hatte zu Beginn noch am Tod meiner Mutti zu knapsen. Aber es sind so viele Passagen in dem Stück, die Sinn machen, die Mut geben und die einen den Tod auch einmal ganz anders sehen lassen.

FRAGE: Am Samstag war Premiere. Wie ist es denn gelaufen?

SOMMER: Es war toll. Wir hatten ein knallvolles Haus und die Leute haben am Schluss gepfiffen, getrampelt und vor Begeisterung Bravo gerufen. Wir hatten eine kleine Panne, Holger hatte ein Heft vertauscht, aus dem ich vorzulesen hatte, aber das ist eben Live-Theater. Die zweite Vorstellung am Sonntag war dann ganz super.

FRAGE: Jetzt kommen sie nach Rüsselsheim. Verbinden Sie irgendetwas mit der Stadt? Was haben die beiden Kollegen denn von ihrer Heimatstadt erzählt?

SOMMER: Die haben mir viel erzählt. Vor allem, was da gerade bei Opel passiert. Das ist ja fürchterlich! Übrigens habe ich am Nürburgring schon mal für Opel ein Rennen gefahren. Gerade vor ein paar Tagen habe ich den Pokal wiedergefunden. Allerdings weiß ich nicht, ob ich schon einmal in Rüsselsheim gespielt habe.

FRAGE: Letzte Frage: Stimmt es, das Sie ein Film-Angebot für diese Theaterarbeit ausgeschlagen haben?

SOMMER: Nein, das stimmt nicht, denn ich habe diesen Film gemacht. Er heißt "Die Reblaus" und wird am 1. November 2005 in der ARD gezeigt. Immer wenn wir nicht gedreht haben, habe ich in Erlangen geprobt.


Zwei Rüsselsheimer kehren erfolgreich zurück

std. Weggehen, um heimzukehren! Für zwei Künstler aus der Rüsselsheimer Kultur-Szene wird dies am Dienstag Wirklichkeit: Schauspieler Holger Kraft und Dramaturg Kai Schmidt kommen mit einer gemeinsamen Produktion für das "Markgrafentheater" in Erlangen auf die Bühne des Rüsselsheimer Stadttheaters. Sie kommen nicht alleine, denn in einer der beiden Rollen des Zwei-Personen-Stücks "Oskar und die Dame in Rosa" von Eric-Emmanuel Schmitt wird Hollywood-Star Elke Sommer zu sehen sein.

Schmitt schlüpfte beim Schreiben des Buches in die Rolle des zehnjährigen Oskars. Der Junge leidet an Leukämie und hat nur noch kurze Zeit zu leben. Währenddessen schreibt er immer wieder Briefe an den lieben Gott, in denen er beschriebt, wie ihm die "Dame in Rosa", eine freiwillige Betreuerin im Krankenhaus, hilft, mit der Situation fertig zu werden.

Kai Schmidts Inszenierung verlegt die Handlung aus dem Krankenhaus in einen Waschsalon, wo die "Dame in Rosa" dessen Inhaber ihre Geschichte mit Oskar erzählt. Im Zeitraffer erlebt das Kind die Möglichkeiten eines ganzen Lebens ...


Begegnung im Waschsalon

Theater: Regisseur Kai Schmidt und Schauspieler Holger Kraft kommen mit Elke Sommer und dem Stück "Oskar und die Dame in Rosa" in ihre Heimatstadt – Vom Umgang mit der Wahrheit

Elke Sommer und Holger Kraft

Wenn sich die Wege ehemaliger Rüsselsheimer Kulturtreibender in der Ferne wieder einmal kreuzen, dann ist man in der Heimat stets gespannt auf die Ergebnisse ihres gemeinsamen Schaffens. Nun haben sich runde 400 Kilometer südöstlich der Opelstadt, in Erlangen, der Regisseur, Autor und Dramaturg Kai Schmidt und der Schauspieler Holger Kraft zusammengetan in Schmidts Inszenierung des Briefromans "Oskar und die Dame in Rosa". Mit dieser gastieren sie im Stadttheater. Die Rolle der Dame in Rosa spielt Filmstar Elke Sommer.

Aus Eric-Emmanuel Schmitts Romanvorlage um einen zehn Jahre alten todkranken Jungen hat Kai Schmidt eine Begegnung in einem Waschsalon mit Cafébar nach Vorbild der "Waschbar" in seiner Heimatstadt gemacht. Der kleine Oskar im Buch hat nur noch kurze Zeit zu leben. Seine Eltern sind völlig hilflos im Umgang mit dem Thema Tod, nur Oma Rosa, eine ältere Dame, die ehrenamtlich die Kinder auf der Kinderstation betreut, spricht mit Oskar offen und mutig über seine Krankheit. In Briefen an den lieben Gott erstattet er Bericht von seinem Leben, das er sich auf Anraten Oma Rosas wie im Zeitraffer vorstellt: Ein Tag sind zehn Jahre.

Während die meisten Inszenierungen von "Oskar und die Dame in Rosa" allein die ältere Pflegerin erzählen lassen, hat Kai Schmidt sein Theaterstück als Begegnung angelegt. Oma Rosa kommt in den Waschsalon, um Oskars Kleider zu waschen. Sie findet die Briefe und beginnt zu lesen. Der unbedarfte junge Mann hinterm Tresen (Holger Kraft) – eine Art "Herr Lehmann", wie der Regisseur ihn charakterisiert – wird unfreiwillig mit dem Tod eines Kindes konfrontiert; mit einem Thema, das er wie die meisten Menschen lieber umschiffen würde.

„Im Laufe des Abends werden sie die ganze Geschichte von Oskar erzählt haben. Sie werden Spielsituationen erfunden haben und immer wieder zur Lektüre zurückgekehrt sein“, kündigt Kai Schmidt an. "Nach Paolo Cuelho ist Eric-Emmanuel Schmitt der Autor, der die Wahrheiten am einfachsten und am schönsten verpackt", begründet er die Wahl dieses Stücks. "Als Erwachsener ist man erstmal sprachlos, wie ein Kind auf sein Schicksal reagiert und fest daran glaubt, dass die Dinge so richtig sind, wie sie sind."

Diese Inszenierung entstand für das Theater in Erlangen, wo Schmidt seit zwei Jahren als Dramaturg arbeitet und als Regisseur bislang vor allem szenische Lesungen auf die Bühne brachte. Sein Konzept für den Oskar überzeugte auch die in Hollywood lebende Schauspielerin Elke Sommer, die in Erlangen aufgewachsen und noch regelmäßig dort zu Besuch ist. Über einen Bekannten aus früheren Tagen ließ der Regisseur ihr seinen Text zukommen, wenig später meldete sie sich begeistert zurück.

"Wir hatten uns gleich so viel zu erzählen über das Stück, für Elke war sofort klar, dass sie das machen würde", berichtet Kai Schmidt. Die Schauspielerin, die das Magazin "Playboy" zu den hundert erotischsten Frauen zählt und die vier Tage vor dem Rüsselsheimer Gastspiel ihren 64. Geburtstag feiert, wähle heute nur noch ungewöhnliche Rollen aus, Rollen, die mehr beinhalten als boulevardeske Heiterkeit.

Holger Kraft stand vor gut 15 Jahren schon einmal in einer Schmidt-Inszenierung auf der Bühne: Er spielte den Major Kraft in "Seifert – Deutsches Leben", das Kai Schmidt neben dem "Autokraten" und "Das Elend der Liebe, der Tod" als zweiten Teil einer Rüsselsheimer Trilogie geschrieben hatte. Bis vor kurzem war der ehemalige Schauspieler der Rüsselsheimer Gruppe "Schon geseh’n" am Schauspielhaus in Jena engagiert, inzwischen arbeitet er als freier Schauspieler.

Einen inhaltlichen Bezug von "Oskar und die Dame in Rosa" zu Rüsselsheim möchte Kai Schmidt nicht herstellen. Höchstens mit Augenzwinkern, weil ganz weit hergeholt die Buchstabenmixtur in "Oskar" und Opels "Corsa" fast identisch ist. Oder mit der Tatsache, dass das Stück optimistisch macht, obwohl einer stirbt.


Den Skandal des Todes auf die Spitze getrieben

Kai Schmidts Inszenierung von "Oskar und die Dame in Rosa" mit Elke Sommer und Holger Kraft im Stadttheater

Von Stephan A. Dudek (aus "Main-Spitze" vom 11.11.2004)
 

Konfusion allenthalben. Nichts ist sicher. Der Besitzer eines Waschsalons spricht die Worte eines kleinen Jungen. Die Sprache des Zehnjährigen hat bisweilen gar nichts Kindliches an sich. Eine gepflegte ältere Dame, die eigentlich gar nicht so alt wirkt, gibt sich als knochenbrechende Catcherin aus. Alles ist durcheinander.

Gut so: Denn "Oskar und die Dame in Rosa" zeigt das Undarstellbare, Unausdenkbare, Unvorstellbare. Der Skandal des Todes wird in dem Theaterstück nach Eric-Emmanuel Schmitts gleichnamigen Briefroman auf die Spitze getrieben, indem er es dazu zwingt, das Siechtum eines Kindes unmittelbar mitzuerleben. Kai Schmidt lässt in seiner Inszenierung denn auch folgerichtig alle dramaturgischen Grenzen außer Acht: Dies ist keine Lesung, kein Schauspiel, sondern der Situation entsprechend konfuses Gegrübel mit Anklängen zum Delirium. Er bringt die Gedanken und Gefühle eines Menschen, der soeben das Liebste verloren hat, unmittelbar auf die Bühne, einschließlich der Projektion des gestorbenen Kindes auf die Person des Waschsalon-Besitzers. Allein dieser ästhetische Schachzug macht die Handlung von "Oskar und die Dame in Rosa" überhaupt erträglich.

Elke Sommer und Holger Kraft in "Oskar und die Dame in Rosa".

Es sind Briefe an den lieben Gott, die über die letzten zwölf Tage des an Leukämie erkrankten Buben Auskunft geben. Oma Rosa (Elke Sommer) und der Waschsalon-Besitzer (Holger Kraft) lesen sie vor und schlüpfen in die beschriebenen Rollen. Doch vor allem ist es Oma Rosas Erinnerung an den anfangs recht rebellischen Knaben, der mit ihrer Hilfe schließlich sein Schicksal anzunehmen lernt. Einen Tag solle er durchleben, als wäre er für zehn Lebensjahre gut. Im Zeitraffer erkennt Oskar, dass es der Mensch selbst in der Hand hat, wie sein Glück ausfällt. Er lernt eine Demut kennen, die sich aus der Erkenntnis nährt, dass das Leben kein Geschenk sondern nur eine Leihgabe ist.

Oma Rosa hilft Oskar bei diesem Prozess - und beschreibt gleichzeitig, wie wenig es hilft, einen Kranken zu schonen, aus guter Absicht zu belügen oder sich gar von ihm abzuwenden. Genau genommen, formuliert Schmitt hier eine Botschaft für die Kindererziehung schlechthin: Sie besagt, dass Kinder viel mehr aushalten als gemeinhin angenommen. Beschädigungen entstehen erst dann, wenn man junge Menschen in ihrer vermeintlichen Unvollkommenheit nicht ernst nimmt.

Hollywood-Star Elke Sommer ist meilenweit davon entfernt, als Diva aufzutreten. Im Gegenteil, sie wirft gleich zu Beginn mit Kraftausdrücken nur so um sich, tut alles, um der erdrückenden Thematik das quälend Dumpfe zu nehmen. Holger Kraft hat den vielseitigeren Part: In ihm kommen Trauer, Wut und Erschöpfung zusammen. Am besten spielt er in den Momenten, wo er den wilden jungen Mann herauskehren kann. Funktionieren tut diese Besetzung aber vor allem als Gemeinschaft. Da gibt es keine Leerstelle, es entwickelt sich spürbare Nähe. Die Schicksalsgemeinschaft zweier Menschen in zwölf Tagen kritischster Daseinsbewältigung wird geradezu greifbar.

Problematisch erscheinen auf die Dauer allein die religiösen Untertöne Schmitts, denen Schmidt nach Kräften die Spitze zu nehmen versuchte. Zwar ist noch immer der "liebe Gott" Adressat der Briefe Oskars, doch tut die Inszenierung alles, um deren Inhalt als Zwiesprache zwischen einem Menschen und einer nicht näher beschriebenen spirituellen Macht darzustellen. Das öffnet und macht "Oskar und die Dame in Rosa" auch für Zuschauer goutierbar, die sich nicht auf einen christlich motivierten Glauben stützen können.

Am Ende gab es langen, herzlichen Beifall des leider nur zur Hälfte gefüllten Parketts im Rüsselsheimer Stadttheater. Ein Heimbonus für die beiden Rüsselsheimer Kai Schmidt und Holger Kraft brauchte nicht gewährt zu werden. Den hatte diese Aufführung gar nicht nötig.


Einfälle bleiben Einzelteile

Theater: Regisseur Kai Schmidt zeigt „Oskar und die Dame in Rosa“ mit Elke Sommer und Holger Kraft – Überlegungen zu theatralischen Mitteln enden in weit hergeholten Konstrukten

Wenn am Ende der Inszenierung von "Oskar und die Dame in Rosa" am Dienstagabend im Stadttheater ein seltsames Gefühl zurückbleibt, dann liegt das nicht nur daran, dass ein zehn Jahre alter Junge an Leukämie stirbt. Die von Autor Eric Emmanuel Schmitt als Briefe des kleinen Oskar an den lieben Gott verfasste Textvorlage stellt einen Theaterregisseur vor Anforderungen, deren Bewältigung dem aus Rüsselsheim stammenden und inzwischen am Erlanger Markgrafentheater beschäftigten Kai Schmidt nicht so richtig gelang.

Nach dem Aufstieg in der Halle nun auch 1994 der Wiederaufstieg auf dem Feld in die Erste Bundesliga, also die 1. Herren des RRK rundherum wieder erstklassig (hinten: Gerrit Rothengatter, Holger Kraft, Holger Klein, Klaus Eberts, Jens George, Benny Schröter, Glenn Eifert, Björn Emmerling, Torwart Christopher Reitz, Trainer Berti Rauth; vorn: Torben Stalmach, Volker Schädel, Patrick Honnef, Jan-Erik Reitz, Oliver Domke, Sven Schaefer)

Mit der Darstellung beauftragte er gleichermaßen lokale wie internationale Prominenz: Der inzwischen etwas verblasste Star Elke Sommer ist Oskars Krankenpflegerin Oma Rosa, Holger Kraft, dessen Schauspielkarriere in der Rüsselsheimer Amateurszene begann, übernimmt die Rolle des Oskar. Die alte Dame schlägt dem krebskranken Kind vor, sich jeden der letzten ihm verbleibenden Tage wie zehn Jahre vorzustellen und seine Erlebnisse und Gedanken dem lieben Gott in Briefen zu berichten.

Die Szene verlegt Kai Schmidt in einen Waschsalon mit Bar. Warum? Das bleibt letztlich unklar. Alle Versuche, diesem Ort einen Sinn zu geben, enden in furchtbar weit hergeholten Konstrukten. Ein Ort, der beruhigend und belebend wirken kann, der Geräusche macht und Stille fühlbar werden lässt – diesen Intentionen der Regie jedenfalls kommt das Bühnenbild von Stephan Rinke nicht nach. Rosa kommt herein, packt die Kleider des Kindes in die Waschtrommel, holt ganz unten aus der Tasche ein Heft mit Oskars Briefen und beginnt zu lesen, als wär’s selbstverständlich.

Und dann bringt der junge Mann, der ja eigentlich Oskar ist, aber doch irgendwie auch der Angestellte der Waschbar, zwei Bier und spielt Gitarre. Für die ist sogar ein Halter an der Wand mit der faltigen gelben Strukturtapete festgeschraubt – einzelne Einfälle, die irgendwie kein Gesamtes ergeben wollen.

Im Wechsel lesen die beiden Darsteller die Berichte Oskars (Elke Sommer setzt dafür immer wieder ihre Lesebrille auf und ab), um dann wieder in den Dialog zwischen dem Jungen und der Pflegerin zu treten. Das verleiht dem Text, den Gedanken Oskars mit allen ihren Höhen und Tiefen und ihrer Kindersprache, eine gewisse szenische Spannung. Durch abwechslungsreiches Spiel gelingt es, dem rührseligen und mit pathetischen Weisheiten nicht sparsamen Stoff seine Traurigkeit bisweilen fast ganz zu nehmen.

Oft jedoch bleiben die Mittel in dieser Inszenierung mehr pragmatische denn wirklich theatralische: Der aus der Perspektive einer Person verfasste Text wird auf der Bühne etwas spielbarer. Neue zusätzliche Bedeutungsebenen bekommt er dadurch allerdings nicht.


Der Waschsalon mit dem direkten Draht zu Gott

Von Linda Maeding

Rüsselsheim. "Irgendwo gibt es immer eine Tüte Mehl." Wer einer solchen Aussage nicht folgen kann, dem geht es kaum anders als Oskar. Eigentlich will Oma Rosa ihrem Schützling damit aber nur vermitteln: Irgendwo gibt es immer eine Lösung. Für die gleichnamige Figur des Theaterstücks "Oskar und die Dame in Rosa" ist eine Lösung zumindest auf Erden nicht mehr zu finden: Oskar ist unheilbar krank und sieht im Krankenhaus dem Tod entgegen.

Im Stadttheater kam das Stück des französischen Autors Eric-Emmanuel Schmitt, dessen Roman "Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran" vor kurzem auch in deutschen Kinos als Filmfassung zu sehen war, nun zur Aufführung. Wer bei dem Gastspiel des Theaters Erlangen angesichts des Themas – ein Kind erkrankt an Leukämie – ein sentimentales Rührstück erwartet hatte, irrte. Auf der Bühne war vielmehr ein humorvolles Stück der leisen Töne zu erleben. Das Publikum verdankte dies nicht zuletzt den beiden Schauspielern Elke Sommer und Holger Kraft.

Regisseur Kai Schmidt transportierte das Dramengeschehen vom Krankenhaus in den Waschsalon – eine befremdende Ortswahl, die sich aber durchaus folgerichtig in das Inszenierungskonzept fügte. Die Szenen wurden nicht nur gespielt, sondern von den Schauspielern auch aus schmalen Textbüchern rezitiert: Ebenfalls ein Weg, den Zuschauer nicht zur rückhaltlosen Einfühlung anzuhalten, sondern auf Distanz zu setzen.

Der kleine, aber umso mutigere Oskar braucht das Mitleid des Publikums nicht, so viel ist schnell klar. Scharfsinnig beobachtet er seine Umgebung, weiß beim Blick in die Gesichter seiner Ärzte um die Hoffnungslosigkeit seines Zustands. Zutrauen flößen ihm jedoch weder die Medizinmänner noch die Eltern ein, die ihm die Wahrheit vorenthalten wollen. Auftrieb gibt ihm vielmehr die Dame in Rosa, seine Begleiterin am Krankenbett.

Die Rolle der Frau mit dem besonderen Draht zu Gott lässt das religiös angehauchte Stück zwar stellenweise in gefährliche Nähe zum Kitsch abgleiten, sorgt aber andererseits auch für die eigentliche Substanz des Theaterstücks. Denn dessen Rückgrat bilden Oskars Briefe an Gott, kindlich-naiv und gerade deshalb ungeschminkt der Realität ins Auge blickend. So kommt das Stück aus der Kindheitsperspektive auch beim erwachsenen Publikum an.