Der folgende Bericht von
Polizei-Pressedienst/Oliver Palme aus "www.rudern1.de" über einen Bootsunfall in
Frankfurt am 9. April 2006 war der Anlaß, einmal zwei Veröffentlichungen über
"Kentern im kalten Wasser" zusammenzustellen:
Schiffsunfall auf dem Main -
Ruderachter brach
auseinander
Am
Sonntag, den 09.04.06, gegen 11.26 Uhr, lag in Frankfurt am Main, zwischen
Westhafen und Gutleuthafen bei Main-km 32,5, ein Ruderachter des Frankfurter RC
Griesheim in einem Abstand von ca. 30 Meter von einem Tankmotorschiff. Als die
erste Welle durch die Vorbeifahrt des Binnenschiffes an das Ruderboot kam, brach
ein Teil der Bordwand und das Boot nahm sofort Wasser auf. Die nächste Welle
nahm das Boot auf und rollte es, so dass dieses in der Mitte brach. Die Insassen
des Achters schwammen sofort Richtung Land, doch einige schafften es nicht
alleine.
FRG-Ruderer retten Griesheimer "Alte Herren"
Ein
Gig-Doppelvierer der Frankfurter RG Germania sah den Unfall von knapp 300 m Entfernung und
reagierte sofort. Schnellstmöglich wurde zum Unfallort gerudert. Einen Ruderer
zogen die Germanen aus der Strömung an Land. Dann sprangen zwei Ruderer der FRG
ins Wasser und retteten einen älteren Ruderer aus den Fluten, der durch einen
Asthma-Anfall stark geschwächt und mit dem Kopf schon unter Wasser war. Zwei
weitere ältere Ruderer trugen sie an Land und verhinderten einen schlimmeren
Ausgang. Die geschockten Bootskameraden standen am Ufer und realisierten nicht
ganz die Tragweite. Die stark unterkühlten Ruderer wurden dann in einem
Rettungswagen der Feuerwehr untergebracht, eine Person wurde vorsorglich in die
Uniklinik Frankfurt gebracht. Nach Behandlung wurde die Person aus der Klinik
entlassen. Begünstigt wurde der Unfall durch den erhöhten Wasserstand und
starken Wind - der Sachschaden beziffert sich auf ca. 15 - 20.000 Euro.
Starke Gefährdung für "Alte Herren"
Dieser
Unfall war einmal mehr ein Beispiel für die Gefahr bei einem solchen Unfall. Die
Ruderer schwammen einzeln an Land, keiner blieb am Boot. Die
Baumwoll-Trainingsanzüge waren nicht nur eine schwere Last während des
Schwimmens, sondern sorgten nachher auch für die Unterkühlung. Der Verfasser
dieses Artikels war selbst dabei und völlig überrascht, wie hilflos die Alten
Herren im Main schwammen. Selbst knapp vor dem Ufer waren einige nicht mehr in
der Lage, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das lag nicht an der Mannschaft,
sondern an der Situation. Erst brach der Achter ohne Vorwarnung, dann waren die
Ruderer auf sich selbst angewiesen. Die Temperatur des Wassers, die starke
Strömung und die Wellen erzeugten dann eine Situation, die selbst sehr erfahrene
Ruderer an ihre Grenzen brachte. Es ist etwas gänzlich anderes, wenn man über
solch einen Unfall liest oder selbst beteiligt ist.
Man kann
es sich nur schwer vorstellen, wenn man lange rudert und so einen Unfall nicht
erlebt hat - aber es ist sehr gefährlich und kann schnell in einem Desaster
enden. Schwimmwesten und klare Verhaltensregeln bei Unfällen können eine
Gefährdung sicher verhindern - man sollte dies nicht unterschätzen - auch wenn
man ruderisch sehr erfahren ist und schon mehrere Dekaden unseren Sport ausübt!
Aus "rudersport", Januar
2006:
Eiskalt erwischt - wie Ruderer ihre Überlebenschancen im
kalten Wasser verbessern können
Von Dr. med. Frank
Praetorius, Kardiologe Offenbach, und Carl-Friedrich Ratz, Berlin
Ganz besonders
Einer-Ruderer riskieren beim Wasserwintertraining ohne permanente
Motorbootbegleitung ihr Leben. Ein Kentern kann, auch mit besten Materialien,
jederzeit durch Materialschaden an Dolle/Skull/Riemen sowohl bei Anfängern als
auch bei Weltklasseruderern passieren. Im Wasser schwimmende Gegenstände oder
einfach die fehlende ruderische Perfektion können in einem Sekundenbruchteil zum
Sturz in das eiskalte Nass führen. Der Athlet fällt ohne Vorwarnzeit, bereits
mit einer erhöhten Herzfrequenz und entsprechender Sauerstoffschuld (Atemnot),
oft mit einer Trainings-Ermüdung (ggf. bereits ca. 90 - 120 Min.
Trainingsbelastung) in das kalte Wasser. Ein Vollschlagen von Renn- und
Gig-Großbooten aufgrund hohen Wellengangs kann Mannschaften bei Booten mit zu
gering dimensionierten Bootsauftriebskräften ins kalte Wasser zwingen. Auch
Wander- und Freizeitruderer setzen sich in der kalten Jahreszeit auf Flüssen,
Seen oder an den Küsten durch Wind, Welle, Strom, Schifffahrt, Termindruck oder
Alkohol nicht unerheblichen Risiken aus. Eine Kollision oder ein Vollschlagen
bei schlechter Sicht kann den Rudersport zum Überlebenskampf werden lassen.
Selbst Rudertrainer im
Begleitmotorboot gehen bei winterlichen Temperaturen einem riskanten Hobby nach:
"Herausfallen" beim Einstieg/Ausstieg, sich unterwegs recken, beim kleinen
Geschäft unterwegs, bei der kleinen Montage an Ruderbooten auf dem Wasser, beim
manuellen Motorstart, beim Bergen von gekenterten Ruderern.
An Unterkühlung sterben
nur gut ein Drittel aller tödlich Verunglückten. Kanadische und britischen
Studien haben gezeigt, dass 60 %
der Ertrinkungsfälle in den ersten 15 Minuten passierten - also lange bevor die
ersten Symptome der Unterkühlung zu erwarten wären. Dabei gingen 63
% der Unfallopfer in einem
Abstand von weniger als 15 Meter zum Ufer unter. Viele waren nicht imstande,
auch nur die letzten zwei Meter zu schwimmen, um sich zu retten. Rund zwei
Drittel der Betroffenen galten als gute Schwimmer. Der Grad der Fähigkeit einer
Person, im warmen Wasser zu schwimmen, erlaubt keine Voraussage über das
Verhalten in eisigem Wasser. Doch welche biologischen Mechanismen machen den
Verunglückten unfähig, sich selbst zu helfen?
Ein RRK-Achter am 15.01.2005 auf
dem Rückweg von Eddersheim zum RRK-Bootshaus kurz vor Flörsheim -
die Sonne geht unter |
Stadium 1:
Eintauchreflexe und Kälteschock
Mit dem Eintauchen in
kaltes Wasser werden Nervenendigungen in der Haut gereizt und lösen unmittelbar
eine reflexartige Reaktion aus. Alle betroffenen Personen beginnen sofort mit
einem extrem tiefen Atemzug, der direkt zum Ertrinken führen kann. Häufig folgt
ein vom Willen nicht unterdrückbares schnelles Atmen, durch das es zu Krämpfen
kommen kann. Schon bei 15° Celsius Wassertemperatur ist die Fähigkeit zum
Luftanhalten um 70 % reduziert. Es kommt zu Panik und Willensverlust,
schließlich zum Inhalieren der nächsten Welle und zum Ertrinken - manchmal trotz
Rettungsweste. Hinzu tritt ein massiver Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck
mit der Gefahr eines Herzstillstandes.
Wenn das kalte Wasser in
die Ohren eindringt, wird zusätzlich das Gleichgewichtsgefühl beeinträchtigt.
Die Folge kann ein fataler Verlust der Orientierung unter Wasser sein - man
taucht tiefer statt nach oben.
Stadium 2:
Schwimmversagen
Der Kraftverlust der
Muskulatur beträgt pro Grad Temperaturabfall im Muskel 3 %: Das wären bei einem
Abfall von 37° auf 20° C bereits über 50 %! Zusätzlich wirkt sich die
verlangsamte Geschwindigkeit und Intensität der Nervenleitung aus. Diese
Mechanismen führen nach 3 - 30 Minuten in Wasser unter 15° C zum Verlust vor
allem des Streckvermögens, aber auch der gesamten Koordination von
Schwimmbewegungen, bis zum völligen Schwimmversagen und zum Ertrinken. Gegen die
berechenbare Abkühlung der Arm- und Beinmuskeln und -nerven ist auch ein
trainierter Sportler nicht gefeit, auch er verliert die Fähigkeit zur
Selbstrettung.
Das durch die Kälte
"programmierte" Schwimmversagen erklärt, warum sich in Großbritannien 55 % der
Ertrinkungsfälle innerhalb 3 Meter Entfernung von der Rettungsmöglichkeit (Boot, Ufer) ereigneten. Die Kälte vermindert nicht nur die Kraft der Arme und Beine,
sondern auch die Feinarbeit der Handmuskeln und -nerven. Zum Kraftverlust
addiert sich eine Reduzierung der Geschicklichkeit.
Der Tod in kaltem oder
eisigem Wasser ereignete sich bei vielen Unfällen innerhalb weniger Minuten nach
dem Eintauchen, oft obwohl die Opfer gesund und gute Schwimmer waren und häufig
in knapper Entfernung zum rettenden Ufer oder Boot. Die Botschaft dieser Fakten
ist klar: Plötzliches und ungeschütztes Eintauchen in kaltes Wasser ist weit
gefährlicher, als allgemein angenommen wird.
Stadium 3: Unterkühlung bei längerem
Aufenthalt im Wasser
Im Gegensatz zu Stadium 1 und 2 ist
die langsam eintretende Unterkühlung des Körperkerns den meisten Ruderern
bekannt. Die Überlebenschancen hängen von vielen Faktoren ab: Von
Wassertemperatur und Kleidung, Seegang und Strömung, Produktion von Körperwärme
durch Kältezittern und Bewegung, dem Verhältnis von Körpermasse zur
Körperoberfläche, der Dicke des Unterhautfettgewebes, von körperlicher Fitness,
von vorheriger Nahrungsaufnahme, Körperposition im Wasser sowie der
Willensstärke des Verunglückten.
Stadium 4: Kollaps nach der
Rettung
Erfahrungsgemäß ereignen sich bis zu
20 Prozent der Todesfälle während der Bergung aus dem Wasser oder innerhalb der
folgenden Stunden. Als Ursachen werden der Verlust der Kreislaufstabilisierung
durch das Wasser, ein Mangel an Kreislaufvolumen, Bluteindickung, Unterkühlung
des Herzmuskels sowie der psychische Stress genannt. Auf jeden Fall muss man bei
der Bergung mit
dem so genannten "Afterdrop"
rechnen, einem weiteren Absinken der Kerntemperatur durch den Rückfluss kalter
Blutflüssigkeit aus den Extremitäten.
Ideen zur Vorbeugung, Rettung und
Bergung/Transport
I. Vorbeugung
• Check der eigenen
Fähigkeiten und von Wetter/Bootstyp/Material vor jeder Fahrt (Mensch und
Material nur im topfiten Zustand) - im Zweifel an Land Ruderergometer rudern.
• Eigene Rettung
vor jeder Fahrt mental planen (im Panikmoment werden Sie sich so an eigene
Checkliste schneller erinnern).
• Bei Kälte immer
mit Automatik-Rettungsweste rudern (ab 50,- € im Fachhandel).
• Trainer sollten
u. a. wegen Vorbildfunktion im Motorboot Rettungsweste tragen.
• Eingeschaltetes
wasserdicht- und schwimmfähig verpacktes Mobiltelefon mit programmierter
Notruf-Nr. der Feuerwehr (Bundeseinheitlich ohne Vorwahl) 112 am Körper tragen
(eins pro Boot). Bedienung im eigenen Ernstfall wegen Geschicklichkeitsverlust
aber fraglich! (ggf. altes Dritthandy aus Schublade "ca. Flohmarktwert 15 €" +
Schwimmverpackung ca. 25 €).
• Rudern nur am
helllichten Tag und nahe am Ufer - wichtig Sichtkontakt zu
Trainingskameraden/Spaziergänger/Schifffahrt (ideal permanente
Motorbootbegleitung).
• Kleidung: Ruder-Jacke mit
"Handyfach für verpacktes Mobiltelefon" inkl. Kapuze (siehe z.B. Segeljacken
und Kapuze in Signalfarbe) oder Mütze mit Befestigung (in Signalfarbe); Hosen
grundsätzlich enganliegend, atmungsaktiv, Jacke (siehe oben) hoch atmungsaktiv
und wasserdicht, so entsteht im Ernstfall eine isolierende Wasserschicht für
empfindlichen Oberkörper, feinmaschige Socken, wasserdichte Socken (ca. 40 €).
• Boot: Renn- und
Gig-Großboote (4- bis 8+) haben oftmals zu wenig Auftrieb, um der Mannschaft
beim Vollschlagen den nötigen Auftrieb für ein Verbleiben der ganzen
Mannschaft im Ruderboot zu ermöglichen. Eine Nachrüstung ist ggf. dringend zu
empfehlen (günstige Möglichkeit handelsübliche Auftriebskörper von
Optimist-Segeljollen oder ähnliches).
• Boot:
Scharfkantige Enden von Auslegerschrauben und Dollenstiftgewinde durch
Kunststoffhutmuttern wegen Verletzungsgefahr für Mensch und Rettungsweste
entschärfen (ca. 4 €/ RoIIsitz).
II. "Verhalten im
Wasser"
Nach Kenterung: Kopf
über Wasser halten, Atmung in den Griff bekommen (Schock überwinden kann mehrere
Minuten dauern), Situation einschätzen (wo ist das eigene Boot und die
Mannschaftskameraden), zusammen am Boot bleiben, so schnell wie möglich den
eigenen Körper ganz aus dem Wasser bekommen, mindestens Oberkörper auf
Bootsrumpf oder wenn Boot weggetrieben Skulls/Riemen als Schwimmhilfe benutzen.
Achtung: Rettungsweste nicht durch Ausleger/Schrauben beschädigen! Rettung
herbeirufen - warten - positiv denken die Rettung kommt ganz bestimmt (!!),
Kopfbedeckung/Mütze aufsetzen, Energie sparen.
Vollschlagen von
Zweier bis Achter: Ganze Mannschaft im Boot bleiben, so bleibt der Oberkörper
außerhalb des Wassers (funktioniert ggf. nur bei genügend Bootsauftrieb bei
Vierer und Achter unter den Ruderplätzen).
Wenn keine Möglichkeit
besteht das Wasser zu verlassen: Kopf aus dem Wasser halten, alle
Körperbewegungen minimieren und allenfalls die Beine bewegen (ohne Rettungsweste
verringert sich die Überlebenszeit dann um ca. 50 %).
Die Entscheidung zur
Selbstrettung durch Schwimmen ans Ufer sollte ausdrücklich der letzte Ausweg
wegen Gefahrenstellen wie Wehren und Staustufen sein, weil sie am wenigsten
Aussicht auf Erfolg hat.
Wenn es notwendig
wird, sollte ein Retter so langsam wie möglich ins Wasser gleiten. Er sollte
erst mit Schwimmbewegungen beginnen, wenn die Atmung unter Kontrolle ist, dann
allerdings ohne Zögern.
III.
Bergung/Transport
Ein Unfallopfer sollte
zur Vermeidung des Kollaps (Stadium 4) möglichst:
• bei der Bergung
umgehend in horizontale Position gebracht werden,
• vor weiterem
Wärmeverlust durch Decken geschützt werden,
• umgehend ins
Krankenhaus transportiert werden (genaue Schilderung, was passiert ist).
Mit den Ideen und
Maßnahmen sollen für Ruderer einfache Möglichkeiten zur Verbesserung der
Sicherheit und Rettung aufgezeigt werden - ohne Anspruch auf Methodenkompetenz
und Vollständigkeit. Es sollte jeder selbst und hoffentlich im "Warmen"
entscheiden.
Quellen und weitere
Informationen:
Brooks, C. J.: Survival
in Cold Waters; Transport Canada (TP
13822E), 01/2003
FISA Minimum Guidelines for the safe
practice of rowing (http://www.usrowing.org/Libraries/Safety/fisasafety.sflb.ashx)
Leo Blockley Memorial Campaign: FAQ,
buoyancy tests, accident database
(www.leoblockley.org.uk)
Praetorius, Frank: Überleben im (eis-)kalten
Wasser; Nautische Nachrichten
4/2004 (www.frank-praetorius.gmxhome.de/segeln_4_medizin-an-bord.html)
Thöl, Peter: Rettungswesten und
Rudern? Rudersport 24/2005
Kaltes Wasser – Wie
Du Deine Überlebenschance vergrößerst!
Von Jane Blockley,
Ärztin
(Quelle: http://www.leoblockley.org.uk/documents/KaltesWasser.pdf)
Inhalt
1 Einleitung
2 Hintergrund
2.1 Aber ich kann doch schwimmen, reicht
das nicht?
2.2
Wie kalt ist kalt?
3 Wie kann ich mich
körperlich und geistig aufs Überleben vorbereiten?
3.1
Steig' nicht ins Boot, wenn Du
Dich nicht 100 % wohl fühlst
3.2 Schätze realistisch ein, was Du kannst
3.3 Übungstechniken
3.4 Trage die richtige Ausrüstung/Bekleidung
3.5
Plane Deine eigene Rettung
4 Die Gefahren des
Eintauchens in kaltes Wasser – und wie man damit umgeht
4.1 Trockenes Ertrinken
(möglich ab dem Moment des Eintauchens)
4.2 Kälteschock
(größtes Risiko bei 1 – 5 Minuten nach dem Eintauchen)
4.3
Schwimmstörung (Risiko steigt mit
der Zeit, die Du Dich im Wasser befindest)
4.4
Unterkühlung (häufigste
Todesursache ab 30 Minuten aufwärts)
4.5
Kollaps nach der Rettung (Gefahr
bei oder kurz nach der Rettung)
5 Zusammenfassung – Checkliste für
das Überleben in kaltem Wasser
6 Einfach zu merkende
Schlüsselbotschaften
1 Einleitung
Es ist klar, aber es
muss
gesagt werden – der wichtigste Rat ist: Wenn immer es möglich ist,
bleibe in deinem Boot! Das
verlangt Vorausschau:
· Versichere dich, dass dein
Boot voll schwimmfähig und in Ordnung ist.
·
Kenne und beherrsche
die örtlich gültigen Regeln zur Vermeidung von Kollisionen und die
Navigationsregeln
·
Stelle sicher, dass du im Dunkeln
passende Beleuchtung hast und trage weiße oder retroreflektierende Kleidung
·
Prüfe den neuesten Wetterbericht und
den Zustand des Wassers vor der Abfahrt – und
fahre nicht raus, wenn die
Bedingungen ungünstig sind oder werden, während du auf dem Wasser bist.
Wenn du all dies getan hast, kannst du glücklich das Beste hoffen... stelle aber
sicher, dass du dich auch auf das Schlimmste vorbereitest. Merke: Wenn du erst
einmal im kalten Wasser drin bist, ist dein Leben in Gefahr. Es gibt vieles, was
du zur Vergrößerung deiner Überlebenschancen tun kannst. Aber zuerst musst du
akzeptieren, dass es auch dir wirklich passieren kann – es wird nicht immer
jemand anderes sein.
2
Hintergrund
2.1 Aber ich kann doch
schwimmen, reicht das nicht?
Augenscheinlich hilft es, wenn man schwimmen kann – wenigstens wegen des
psychologischen Antriebes, den es gibt, wenn du dich im Wasser wiederfindest.
Aber genau so viele Schwimmer wie Nichtschwimmer ertrinken in Situationen, in
denen Schwimmen möglich ist. (z.B. UK Home Office 1981
- http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs2/hosb1880.pdf
).
Viele ertrinken auch in nächster Nähe zum rettenden Ufer. Im Vereinigten
Königreich (UK) im Jahre 1977 geschahen 55% der Ertrinkensfälle in offenem
Wasser weniger als 3 m und 42% weniger als 2 m von der Sicherheit entfernt (UK
Home Office). Zwischen 1991 und 2001 waren in Kanada 41% derjenigen, die bei
einer Bootstour ertrunken sind, nicht mehr als 10 m vom Ufer entfernt. Und 22%
waren nur 10-15 m vom Ufer entfernt. (Quelle: Canadian Safe Boating Council /
Smart risk survey)
Deine Fähigkeit, in warmem Wasser zu schwimmen und dich über Wasser zu halten,
sagt nichts über deine Schwimmfähigkeit in kaltem Wasser. Warum ist das so?
Abgesehen von dem Einfluss von Wellen und Strömung wird deine Fähigkeit zu
schwimmen oder dich über Wasser zu halten von mehreren Dingen beeinflusst, z.B.
von dem Zustand, in dem du dich vor dem Eintauchen befindest, vom ‚trockenen
Ertrinken‘, vom Kälteschock, vom Fehlschlagen deiner Schwimmbemühungen
(Schwimmstörung), und von Unterkühlung. Diese können bis zu einem gewissen Grade
beeinflusst oder gelindert werden – verschaffe dir das Wissen dazu und sei
vorbereitet.
2.2
Wie kalt ist kalt?
Wassertemperaturen unter 26,5 °C haben einen negativen Einfluss auf die
Überlebenschancen. Binnengewässer sind allgemein kälter als das Meer. Die
Temperaturen der meisten Binnengewässer in Deutschland übersteigen nur selten
die 15°C Marke, meist liegen die Temperaturen deutlich niedriger. Die
lebensbedrohliche Kälteschockreaktion beginnt bei Wassertemperaturen unter 25 °C
und hat ein Maximum zwischen 10 und 15 °C.
“Überlebensvorhersage-Kurven”, welche eine ungefähre Überlebenszeit abhängig von
der Wassertemperatur zeigen, sind nur begrenzt brauchbar. Sie gehen von
bestimmten Auskühlungsraten des Rumpfes aus. Allerdings können lokale
Unterkühlungseffekte bereits fatale Folgen haben, noch bevor die Rumpftemperatur
in lebensbedrohliche Bereiche sinkt. Zum Beispiel sind die Funktionen der Hände
bereits bei Wassertemperaturen unter 15°C stark eingeschränkt, was sich
erschwerend auf die Selbstrettung auswirkt.
Die FISA rät zu speziellen Vorsichtsmaßnahmen, z.B. dem Tragen einer
Rettungsweste, wenn die Wassertemperatur 10 °C oder weniger ist. Siehe
FISA-Richtlinien für Minimale Sicherheitsstandards, dort die
Kaltwasser-Richtlinien auf S. 5
http://dps.twiihosting.net/fisa/doc/content/doc_7_1087.pdf
3 Wie
kann ich mich körperlich und geistig aufs Überleben vorbereiten?
3.1 Steig' nicht ins
Boot, wenn Du Dich nicht 100 % wohl fühlst
Es
ist dir vielleicht bewusst, dass du nicht gut rudern kannst, wenn du krank oder
müde bist, oder du unter dem Einfluss von Alkohol oder „Erholungs“-Drogen
stehst. Das heißt auch, dass es wahrscheinlicher ist, dass du in Schwierigkeiten
kommst und du weniger fähig bist, damit umzugehen, wenn ‚es‘ passiert. Alkohol
zum Beispiel beeinflusst nachteilig das Urteilsvermögen, die Fähigkeit,
Entscheidungen zu treffen, die Reaktionsgeschwindigkeit, die körperlichen
Fähigkeiten und die Wahrnehmung der Umgebung. Er prädisponiert dich auch für
eine Unterkühlung. Hunger und Austrocknen sind ebenfalls Feinde von klaren
Gedanken und körperlicher Leistungsfähigkeit.
Gib dir selbst also die besten Chancen. – Gehe nicht Rudern, wenn du von
irgendeiner dieser Bedingungen betroffen bist. Denke dran: Wenn du nicht gut
funktionierst, dann könntest du auch deine Kameraden in Gefahr bringen. Wasser
ist eine gefährliche Umgebung. Du brauchst alle deine Sinne für dich, wenn etwas
falsch läuft.
3.2 Schätze
realistisch ein, was Du kannst
"Wie schwierig kann das schon sein? Wenn ich kentere, werde ich mein Boot
aufrichten und wieder einsteigen – oder ans Ufer schwimmen. Wenn mein Boot
sinkt, werde ich mich daran festhalten bis ich gerettet bin. Wenn ich dicht am
Ufer bin, werde ich einfach dahin schwimmen – ein paar Meter schaffe ich. Es
sind immer die Anderen, die in Schwierigkeiten geraten."
Es
ist nur menschlich, diese Gedanken zu haben. Aber in kaltem Wasser sind diese
Manöver viel schwieriger, als du dir das vorstellst.
Ein Beispiel: Du hast vielleicht in einem warmen Schwimmbad Kenterübungen
gemacht, aber Kentern in einem kalten Fluss oder See ist komplett anders. In der
Kälte beschleunigt die Anstrengung beim Aufrichten des Bootes die Unterkühlung
und reduziert maßgeblich deine Überlebenszeit. Wenn du das Boot aufgerichtet
hast, wirst du durch eingeschränkte Greifkraft und Gliedersteifigkeit
Schwierigkeiten haben, ins Boot zu klettern. Es könnte besser sein, wenn du dich
auf das gekenterte Boot ziehst, um einen möglichst großen Teil deines Rumpfes
aus dem Wasser zu bekommen und dann auf Hilfe zu warten.
Lerne die Grundprinzipen in den fünf "Gefahren"-Abschnitten (s. u.), damit du in
jeder gegebenen Situation abschätzen kannst, wie du am besten handeln solltest.
3.3 Übungstechniken
Wenn du noch nie probiert hast, in deiner Ruderkleidung zu schwimmen, hast du
noch nicht erfasst, wie sehr das anders ist. Wenn du nicht weißt, was dich
erwartet, triffst du falsche Entscheidungen darüber, was du tun sollst, wenn du
unerwarteterweise im Wasser liegst.
Mache Kenterübungen. Nutze die Möglichkeit, um zu üben, dich am Boot
festzuhalten, damit du weißt, wie es sich anfühlt. Denke dran, ein
schwimmfähiger Einer bietet viel mehr Auftrieb als ein nicht schwimmfähiger
Achter, der vollgeschlagen gerade unter der Wasseroberfläche treibt.
Übe auch, dich aufs Boot zu ziehen um deinen Rumpf soweit als möglich aus dem
Wasser zu bekommen. Übe, aus dem Wasser auf den Beckenrand bzw. aufs Ufer zu
kommen.
3.4 Trage die
richtige Ausrüstung/Bekleidung
Das Problem beim Rudern ist, dass man warm wird und Bewegungsfreiheit braucht.
Deswegen muss die Ausrüstung ein Kompromiss sein, der einerseits im Boot bequem
ist und andererseits vor Wärmeverlust im Wasser schützt. Die ideale Bekleidung
gibt es noch nicht, aber hier sind ein paar Hinweise:
·
Mehrere Schichten
leichter Bekleidung helfen, eine Schicht Wasser (und vielleicht auch etwas Luft)
einzufangen, um den Wärmeverlust zu reduzieren.
·
Eine Schicht atmungsaktiven, aber
wasserdichten Stoffes ist viel effizienter für das Einfangen einer Schicht von
Luft und Wasser.
·
50% des Wärmeverlustes findet über
den Kopf statt. Eine wasserdichte Mütze, die man
aus dem Kragen eines
Kleidungsstückes mit einer Hand herausziehen kann, wäre nützlich. Wenn die Mütze
hell ist und reflektiert, würde sie eventuellen Rettern helfen, dich im Wasser
zu finden.
·
Die Kleidung soll
dicht anliegen um das Risiko zu verringern, dass du dich im Boot
verhedderst. Eng anliegende
Kleidung verringert auch den Widerstand, wenn du dich im Wasser fortbewegen
musst.
·
Mehrere Quellen
schreiben, dass wollene Kleidung guten Kälteschutz bietet.
Das Tragen einer Rettungsweste
vergrößert eindeutig die Überlebenschancen, ist aber keine Garantie.
Idealerweise sollte man so ein Hilfsmittel immer tragen. Einige schlagen vor,
man solle Rettungs- oder Schwimmwesten im Boot oder im Trainerboot haben oder
man solle sie verpackt hinten auf der Hüfte tragen – aber diese Varianten sind
alle mangelhaft. Es ist sehr mühsam, eine Rettungs- oder Schwimmweste anzulegen,
oder sie auch nur mit kalten, gefühllosen Händen in Position zu ziehen,
besonders, wenn du vom Kälteschock betroffen bist.
Das Tragen einer Rettungsweste hilft auf zwei Arten zum Überleben:
·
Sie hilft, dein
Gesicht aus dem Wasser zu halten um Wasserschlucken zu vermeiden –
dennoch musst du in welligem
Wasser daran denken, deinen Rücken zu den Wellen zu drehen.
·
Sie ermöglicht dir,
stillzuhalten und eine Körperhaltung einzunehmen, die den
Wärmeverlust vermindert. Ohne
Rettungsweste bist du gezwungen, Wasser zu treten oder zu schwimmen um dich über
Wasser zu halten, wodurch sich deine Überlebenszeit halbiert.
3.5 Plane Deine
eigene Rettung
Nimm dir einen Moment Zeit vor jeder Ausfahrt um zu durchdenken, wie du gerettet
werden oder dich selbst retten könntest, wenn du in diesem Moment ins Wasser
fällst, aus diesem Boot, mit diesen Leuten und an diesem Ort. Wenn du schon ein
geistiges Bild davon hast, was zu tun wäre, wenn es passiert, dann wirst du dich
nach einem kurzen Panikmoment schnell sicherer fühlen – und das ist wesentlich
um deine Überlebenschance zu vergrößern.
Das ist ähnlich einer persönlichen „Risikoabschätzung“. Frage dich zum Beispiel,
ob dieses Boot vollständig schwimmfähig und gut in Ordnung ist. Gibt es ein
Trainerboot als Begleitung? Ist der Rest der Mannschaft sicherheitsbewusst? Wird
jemand da sein um, wenn nötig, Hilfe herbeizurufen? Wie sehen die Ufer aus –
kannst du da rausklettern?
Ist es einfach zu kalt, um es an diesem Ort zu riskieren? Wenn du allein fährst
(nicht empfohlen), weiß dann jemand, dass du auf dem Wasser bist und wann man
dich zurückerwarten soll?
4
Die Gefahren des Eintauchens in kaltes Wasser -
und wie man damit umgeht
4.1 Trockenes
Ertrinken (möglich ab dem Moment des Eintauchens)
a) Was ist das?
Unglücklicherweise reagiert der Körper manchmal (in bis zu einem Fünftel aller
Fälle) anders als bei einem Kälteschock (weiter unten beschrieben). Es kann
einen plötzlichen Reflex geben bei dem der Luftweg durch einen Muskelspasmus
geschlossen wird. Kein Wasser kann dann in die Lunge eindringen, aber Luft
ebenso wenig. Man geht davon aus, dass dies ein automatischer Schockreflex ist,
der ausgelöst wird, wenn kaltes Wasser in die Nase oder den Rachen eindringt. Es
kann in dem Moment eintreten, in dem du auf das Wasser auftriffst.
b) Wie kann ich es
vermeiden?
Trockenes Ertrinken ist wahrscheinlicher, wenn du mit den Füßen voran ins Wasser
fällst, wodurch Wasser in die Nase aufwärts eindringen kann. Es ist auch
wahrscheinlicher, wenn du verkrampft und geistig unvorbereitet bist, d.h. wenn
du es nicht erwartet hast, nass zu werden.
Natürlich ist jeder Unfall unerwartet (obwohl meist vermeidbar), aber wenn du
nicht gerade ins Wasser geworfen wirst (z.B. durch das Fangen eines Krebses),
hast du üblicherweise einige Sekunden Vorwarnung, dass du reinfallen wirst. Nutze
den Augenblick, um geistig die Kontrolle zu übernehmen – du weißt, was zu tun
ist, um die Überlebenschancen zu verbessern.
Hole tief Luft, wenn möglich, und halte dir die Nase zu, halte deinen Mund
geschlossen und lasse dich langsam ins Wasser rollen anstelle mit den Füßen
zuerst hineinzugehen. Vermeide, ins kalte Wasser zu springen. Wenn du erst im
Wasser bist, achte darauf, dein Gesicht aus dem Wasser und deinen Rücken gegen
die Wellen zu halten, wie in dem Abschnitt über den Kälteschock beschrieben.
Damit vermeidest du, dass Spritzwasser in Nase und Rachen kommt.
4.2 Kälteschock
(größtes Risiko bei 1 – 5 Minuten nach dem Eintauchen)
a) Was ist das?
Kälteschock ist eine erhöhte respiratorische Reaktion auf das Eintauchen in
kaltes Wasser. Zuerst gibt es einen unfreiwilligen Atemzug, welchem
Hyperventilation (schnelles und ungeordnetes Atmen) folgt. Das wird
üblicherweise von einem gewissen Grad an Orientierungslosigkeit begleitet, so
dass du für wenige Augenblicke nicht sicher sein kannst, wo es nach oben geht, wo
du dich relativ zum Boot befindest, wo das Ufer ist etc.
Die Stärke der Effekte des Kälteschocks steigt mit sinkender Wassertemperatur,
wobei das Maximum zwischen 10 und 15 °C liegt. Die Fähigkeit, den Atem
anzuhalten, sinkt proportional mit der Wassertemperatur. Der Kälteschock dauert
ungefähr ein bis drei Minuten.
b) Wie werde ich damit
fertig?
Konzentriere dich während der ersten, äußerst kritischen Minuten darauf, nicht
zu ertrinken! Es mag sich allzu simpel anhören, aber wenn du die
Kälteschockreaktion erwartest und du Bescheid weißt, geht der Schock schnell
vorbei. Dann hast du eine bessere Chance ihn zu überleben. Wenn der erste
unfreiwillige Atemzug stattfindet und dein Gesicht noch unter Wasser ist,
bekommst du Wasser anstelle von Luft in die Lunge. Wenn du in kabbeligem Wasser
bist, deine Atmung unkontrolliert ist und du dich schlecht orientiert fühlst,
dann könntest du Schwierigkeiten haben, das Atmen mit den Lücken zwischen den
Wellen zu koordinieren. Um NICHT zu ertrinken, musst du dich darauf
konzentrieren, dein Gesicht aus dem Wasser zu halten. Drehe deinen Rücken zu den
Wellen um Einatmen von Spritzwasser zu vermeiden und versuche dein Äußerstes um
deine Atmung in den Griff zu bekommen. Erinnere dich daran, es wird bald vorbei
gehen. Nachdem sich deine Atmung beruhigt hat, und du dich wieder orientieren
kannst, wirst du Zeit haben, die Situation einzuschätzen und zu entscheiden, was
du am besten für deine Rettung tun kannst.
4.3 Schwimmstörung
(Risiko steigt mit der Zeit, die Du Dich im Wasser befindest)
a) Was ist das?
Deine Fähigkeit zu schwimmen ist in kaltem Wasser reduziert. Je kälter das
Wasser ist, desto mehr verschlechtert sich dein Schwimmen. Dieser Effekt tritt
ein, lange bevor eine signifikante Abkühlung des Rumpfes stattfindet. Deswegen
ist es keine Folge einer Unterkühlung des Rumpfes.
Die Schwimmstöße werden kürzer und schneller – wodurch die Schwimmstöße weniger
und weniger effektiv, dafür aber anstrengender, werden. Der Schwimmwinkel wird
größer, d.h. dein Körper hängt aufrechter im Wasser. Damit wird die mit jedem
Schwimmstoß erreichte Vorwärtsbewegung kleiner. Es wird schwieriger und
schwieriger, die Glieder zu strecken und die Schwimmbewegungen zu koordinieren.
Die Finger spreizen sich und beginnen, sich zu beugen. Man nimmt an, dass diese
Effekte Folge der lokalen Abkühlung der Muskeln in den Gliedern sind. Tragen
einer Rettungsweste verhindert nicht das Entstehen von Schwimmstörungen.
b) Wie kann ich es
vermeiden?
Unglücklicherweise ist die einzige Antwort: Vermeide das Schwimmen in kaltem
Wasser so weit du irgend kannst. Unterschiedliche Menschen werden von
Schwimmstörungen in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Einige werden sehr
schnell angegriffen und andere sind in der Lage, ordentliche Strecken zu
schwimmen, bevor der Effekt eintritt. In einem Experiment schien der
entscheidende Faktor die Dicke der Haut am Oberarm zu sein. Je mehr die Muskeln
isoliert sind, desto wärmer und leistungsfähiger bleiben sie. Rettung durch
Schwimmen sollte nur der letzte Ausweg sein.
4.4 Unterkühlung
(häufigste Todesursache ab 30 Minuten aufwärts)
Unterkühlung ist als Rumpftemperatur unter 35 °C definiert (normale
Rumpftemperatur ist 37 °C). Der Körper verliert Wärme im Wasser 25 – 30mal
schneller, als an der Luft. Das Ausmaß des Wärmeverlustes hängt von
verschiedenen Faktoren ab:
·
Temperaturunterschied – wie viel dein Körper wärmer ist verglichen mit dem
Wasser
·
Isolierung durch die Kleidung
·
Dicke des Körperfettes – eingebaute Isolierung.
·
Verhältnis Körpermasse
zu Oberfläche – je massiger du bist, desto besser hält sich die Wärme.
·
Ausmaß der Wasserbewegung – jedes
bisschen an der Haut erwärmtes Wasser wird dauernd durch kälteres Wasser ersetzt.
·
Körperliche Anstrengung – Bewegung
zieht warmes Blut aus dem Rumpf in die Muskeln
der Extremitäten, wo der
Wärmeverlust größer ist. Wassertreten oder Schwimmen vergrößert den Wärmeverlust
ungefähr um 40%.
·
Körperhaltung im
Wasser – einige Körperteile verlieren Wärme schneller als andere, z.B. der Kopf
(50% des Wärmeverlustes), Hals, Achseln, Brust und Leistengegend.
·
Körperliche Fitneß
·
Ernährung vor dem
Eintauchen
Die vorhersehbare Überlebenszeit für einen voll angezogenen, eine Schwimmweste
tragenden Erwachsenen bei 5°C ist ungefähr eine Stunde und zwei Stunden bei 10
°C. Ein dünner Jugendlicher ohne Schwimmweste wird viel eher umkommen. Viele
Menschen, die durch Eintauchen in kaltes Wasser sterben, sterben jedoch nicht
durch Unterkühlung des Rumpfes. Viele sterben bevor dies vollständig eintreten
konnte. Wenn die Rumpftemperatur sinkt, treten die ersten sichtbaren Effekte am
Gehirn ein. Das Opfer wird verwirrt, ist unfähig sich an Dinge zu erinnern, wird
schläfrig und schließlich bewusstlos. Zuerst wird der Herzschlag langsamer, aber
dann wird der Herzmuskel empfindlich und es können gefährliche Rhythmusstörungen
auftreten. Weniger Sauerstoff erreicht die Körpergewebe. Die Urinproduktion
steigt und führt zu einem Verlust an Blutvolumen und einer Verdickung des
Blutes. Der die Luftwege schützende Hustenreflex wird verschlimmert, so dass eine
vergrößerte Gefahr entsteht, Wasser in die Lungen zu bekommen.
Das Opfer kann auch noch an Unterkühlung sterben, nachdem es bereits aus dem
Wasser gerettet wurde. Die Todesraten in diesem Stadium schwanken zwischen 20
und 80%, je nach Alter, Fitness, Grad der Unterkühlung und der Qualität der
medizinischen Behandlung Bevor eine Unterkühlung des Rumpfes einsetzt, gibt es
bereits Effekte lokaler Abkühlung der Glieder, mit denen man zu kämpfen hat.
Dies reduziert die Greifkraft und die Handfertigkeit und es reduziert die
Fähigkeit, mit den Fingern zu fühlen. Der Effekt kann sehr bald nach dem
Eintauchen auftreten und kann zum Überleben notwendige Handlungen, wie das
Festhalten am Boot, stark beeinträchtigen.
Wie kann ich das
Risiko verringern?
Wenn du dich vom Kälteschock erholt hast und dich orientieren kannst, besteht
die höchste Priorität darin, so schnell wie möglich so viel deines Körpers wie
nur irgend möglich aus dem Wasser zu bekommen und dann deinen Kopf zu bedecken,
der 50% des Wärmeverlust des Körpers ausmacht.
Du
könntest dich auf dein (möglicherweise umgedrehtes) Boot oder jedes andere
geeignete, nahe Objekt im Wasser ziehen. Wenn das nicht möglich ist, dann halte
dich an irgendwas fest, was schwimmt und dir etwas Unterstützung geben kann. Das
wird üblicherweise das Boot sein, wenn es nicht vollständig versunken oder vom
Strom weggetragen ist.
Wenn du nicht aus dem Wasser rauskommst, dann ist die nächste Prioritätsstufe,
im Wasser so bewegungslos wie möglich zu bleiben und deinen Rücken zu den Wellen
zu kehren, um das Einatmen von Wasser zu vermeiden.
Wenn du eine Rettungsweste trägst, bist du eventuell in der Lage eine Position
zur Verringerung des Wärmeverlustes anzunehmen, im Grunde die Position eines
Fötus. Kreuze deine Arme über deine Brust, halte die Ellbogen nahe an deinen
Seiten und ziehe dann die Knie zur Brust hoch. Das gibt zusätzlichen Schutz für
die Körperstellen mit höherem Wärmeverlust, z. B. die Achseln, die Leistengegend
und die Brust.
Wenn mehrere Leute im Wasser sind, die alle Rettungswesten tragen, dann kann man
durch Zusammendrängen Seite an Seite in einem Kreis weitere Körperwärme
bewahren. Der Verwundbarste, d. i. der Kleinste und Dünnste kann in die Mitte des
Kreises genommen werden, damit er von der Körperwärme der ihn Umgebenden
profitiert.
Wenn du keine Rettungsweste trägst, hast du keine Wahl als Wasser zu treten
während du dich am Boot oder an anderem gerade verfügbarem festhältst. Das
verringert die Überlebenszeit markant um bis zu 50%.
Jetzt wirst du eine Bestandsaufnahme machen und entscheiden müssen, wie weiter.
Deine Entscheidung wird auf mehreren Faktoren gegründet sein, z.B. darauf, ob
und wann mögliche Hilfe durch andere kommt, auf die Nähe zum Ufer, wie einfach
es ist, aus dem Wasser aufs Ufer zu kommen, ob du in der Lage warst, dich auf
das Boot oder ein anderes Objekt zu ziehen und darauf, ob irgendwelche Gefahren
in der Nähe sind, z.B. ein Wehr oder ein ungeschützter Überlauf.
Du
musst jede unnötige Bewegung vermeiden. Verschwende beispielsweise keine Energie
darauf, zu versuchen, das Boot aufzurichten, wenn du in der Lage bist, einfach
auf das umgedrehte Boot zu klettern. Denke daran, unter Kältebedingungen wird
die Anstrengung immens sein, kostbare Energie verbrauchen und den Wärmeverlust
des Körpers vorantreiben. Wenn du Erfolg hattest, musst du noch genug Energie
übrig haben, um in das Boot zurückklettern zu können. Zu dem Zeitpunkt werden
aber deine Hände, Arme und Beine gefühllos, steif und voller Schmerzen sein.
Die Entscheidung zur Selbstrettung durch Schwimmen muss der letzte Ausweg sein,
weil sie am wenigsten Aussicht auf Erfolg hat. Denke daran:
·
Ziehe dich aus dem Wasser soweit du irgend kannst oder halte dich an irgendetwas
fest.
·
Kehre deinen Rücken gegen die Wellen.
·
Bedecke deinen Kopf.
·
Bleibe so bewegungslos wie möglich.
·
Nimm dir Zeit, den besten Weg zur Rettung auszudenken.
4.5 Kollaps nach der
Rettung (Gefahr bei oder kurz nach der Rettung)
a) Was ist das?
Unterkühlung erzeugt eine tiefgreifende Unterbrechung der normalen
Körperfunktion und dies kehrt nicht in dem Moment zum Normalzustand zurück, in
dem das Opfer aus dem kalten Wasser gerettet ist. Die Hämodynamik des Körpers
ist geschädigt und es kann ein Flüssigkeitsverlust stattgefunden haben. Wenn ein
Opfer für irgendeinen Zeitraum im Wasser war, kann es einen Kreislaufkollaps in
dem Moment geben, wenn es aus dem Wasser geholt wird. Das Herz wird sehr
anfällig für Rhythmusstörungen (Arhythmie). Sogar passive Bewegung kann eine
fatale Arhythmie herbeiführen. Unangebrachte Erwärmung kann in der Öffnung der
Blutgefäße in den Extremitäten resultieren und damit das wärmere Blut vom Rumpf
wegziehen, dafür aber das kältere, stockende Blut aus den Extremitäten in den
Körper zurück bringen. Dies wird einen weiteren Abfall der Körpertemperatur
erzeugen, was sich als fatal herausstellen kann.
b) Wie können wir die
Gefahr verringern?
Ein Opfer, welches für irgendeine Zeit im Wasser war, sollte in horizontaler
Position aus dem Wasser gehoben werden um einen Kreislaufkollaps zu vermeiden.
Das Opfer soll mit äußerster Vorsicht behandelt werden, um das Auftreten einer
Herzarhythmie zu vermeiden. Das Opfer soll so bewegungslos wie möglich gehalten
werden. Vermeide weiteren Wärmeverlust durch Bedecken mit Isolierdecken (oder
improvisiere mit was auch immer verfügbar ist) und bringe das Opfer sorgsam in
eine warme Umgebung. Sofortiger Transport ins Krankenhaus ist lebensnotwendig,
weil die Behandlung einer Unterkühlung kompliziert ist. Opfer, die schlottern,
aber bei Sinnen sind und keine anderen Anzeichen von Unterkühlung zeigen,
sollten von der nassen Kleidung befreit, trocken eingepackt und in eine warme
Umgebung gebracht werden. Sie sollen Bewegung vermeiden, bis sie völlig
wiederhergestellt sind. Alle anderen Opfer sollen hingelegt werden, bewegungslos
gehalten und eingepackt werden während man den Transport ins Krankenhaus zu eine
vollständigen Untersuchung erwartet.
5
Zusammenfassung - Checkliste für
das Überleben in kaltem Wasser
·
Unternimm an erster Stelle alles, damit du nicht ins Wasser fällst.
·
Übe alle relevanten Techniken.
·
Lerne, wie das
Eintauchen in kaltes Wasser die körperlichen und geistigen Fähigkeiten
beeinflusst.
·
Steige nicht ins Boot, wenn du
krank, müde, hungrig, durstig bist oder unter dem Einfluss von Alkohol oder
Drogen stehst.
·
Ziehe dich passend an. Ziehe in Betracht, eine Rettungsweste anzulegen.
·
Prüfe die Umstände
jeder Ausfahrt sorgfältig, um deine eigene Rettung zu planen und sei
darauf vorbereitet,
Vereinbarungen entsprechend anzupassen oder die Ausfahrt abzusagen, wenn die
Gefahr zu groß ist.
·
Vermeide, alleine oder ohne Sicherung zu fahren.
·
Wenn du ins Wasser
gezwungen wirst, versuche die Lage des Eintreffens zu kontrollieren um zu
vermeiden, dass du Wasser in Nase oder Rachen bekommst.
·
Konzentriere dich während des
Kälteschocks auf das bewusste Atmen und darauf, Mund und Nase aus dem Wasser zu
halten.
·
Halte dich an irgendwas fest und
versuche deinen Rumpf so weit wie möglich aus dem Wasser zu bekommen.
·
Bedecke deinen Kopf
·
Nimm dir die Zeit, in
den gegebenen Umständen den besten Weg zur Rettung zu durchdenken.
·
Drehe deinen Rücken zu den Wellen.
·
Wenn du eine
Rettungsweste trägst, versuche durch geeignete Haltung den Wärmeverlust zu
minimieren.
·
Halte so still wie möglich. Vermeide unnötige Manöver.
·
Schwimme nur als
letzten Ausweg und versuche irgendwas als Rettungsfloß zu benutzen.
·
Wenn sie aus dem Wasser raus sind,
sollen sich von der Kälte angegriffene Opfer
hinlegen, eingepackt werden und sich bewegungslos
verhalten, während man den Transport ins Krankenhaus erwartet.
6 Einfach zu
merkende Schlüsselbotschaften
Bleibe am Leben! Halte dich aus kaltem Wasser raus!
Kaltes Wasser tötet! Bevor du rausfährst, überlege, wie du
aus dem Wasser kommst!
Halte dich an irgendwas fest! Ziehe dich auf irgendwas
rauf! Halte still, schwimme nicht!
Halte dein Gesicht aus dem Wasser! Drehe deinen Rücken zu
den Wellen!
In kaltem Wasser geht nichts wie gewohnt! Du kannst nicht
schwimmen, wenn du kalt und steif bist!
Du kannst nicht mit starren Händen greifen!
Nützliche Webseiten
und Referenzen
Transport Canada :
Document TP 13822E. Survival in Cold Waters - (http://www.tc.gc.ca/eng/marinesafety/tp-tp13822-menu-610.htm)
United States Search and
Rescue Task Force. Cold Water Survival - (http://www.ussartf.org/cold_water_survival.htm)
Washington State Parks and Recreational Commission Boating Programs. Hypothermia
and Cold Water Survival -
(http://www.boatwashington.com/safety) |