Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Ruderwanderfahrt 2011 der AH-Ruderer des RaB und des RRK anlässlich ihrer 44-jährigen Ruderfreundschaft in Ungarn vom 23. bis 25. Juni 2011

 

Die Teilnehmer an der Wanderfahrt von RaB und RRK in Ungarn

Liebe Freunde vom RaB und RRK,

dies ist eine Nachbetrachtung, ein Erinnerungsprotokoll sozusagen, geschrieben rund sieben Monate nach unserer Wanderfahrt im äußersten Nordwesten Ungarns. Also seht es mir bitte nach, wenn ich hier und da etwas durcheinander würfele und mit den Namen ungarischer Orte und Lokalitäten nicht  immer klarkomme. Zu Einem aber stehe ich unumstößlich: Es war eine Wanderfahrt der besonderen Art, von Jochen Rudloff, unserem Halb-Rüsselsheimer, bestens organisiert, von Manfred Klein, dem Halb-Magyaren, bestens betreut und von der bewährten Essen-Rüsselsheimer Rudergemeinschaft mit Freude erlebt.

Jochen hatte uns gewarnt. Eine Wanderfahrt auf der Mosoni-Duna (zu deutsch: Kleine Donau) würde in gewisser Hinsicht entbehrungsreich werden. Aber so recht gelitten hat wohl keiner der Beteiligten. Sicher kommt die Mosoni-Duna mit Strömung, meist aber – zumindest als wir sie befuhren – nur behäbig und unaufgeregt in ihrem Bett voran. Wer wollte, konnte dies als eher langweilig empfinden – keine Schleuse, kein Schiff, ab und an ein paar Kanuten. Wohl hat auch in den mittäglichen Ruderpausen manchem der Magen geknurrt, weil es an ufernahen Kneipen mangelte und Chips und Erdnüsse nicht unbedingt als Ersatz für eine knackige Bratwurst mit Pommes herhalten können. Auch ist die ungarische Sprache einer spontanen Kontaktaufnahme mit der einheimischen Bevölkerung nicht eben förderlich, was allerdings eher unsere Essener Ruderkameraden als Hemmnis empfanden. Und nach drei Tagen purer Natur mit viel Grün und allerlei Wassergetier stellte sich bei diesem oder jenem zudem die Sinnfrage.

Aber, aufgepasst, wie Wolfgang Freimuth zu sagen pflegt, es wird  wohl niemand bereut haben, diese Wanderfahrt mitgemacht zu haben. Und dies, obwohl nach fast 40 gemeinsamen Wanderfahrten das Erwartungs- bzw. Anspruchsniveau zumindest nach meinem Empfinden eine stetige Steigerung erfahren hat. Mitteleuropa ist fast zu klein für uns geworden – könnte man meinen.

Doch will ich nun eine kleine Chronologie der Ereignisse versuchen:

RaB´ler und RRK´ler reisten getrennt an und trafen sich nahezu vollzählig am Mittwoch, den 22. Juni 2011, mit dem üblichen „Hallo“ und „Mein Gott, siehst du alt aus“ auf dem Wiener Flughafen. Unser „Gastgeber“, Manfred Klein, hatte einen Bus organisiert, der uns zu der etwa 120 km von Wien entfernten 2800-Seelen-Gemeinde Kimle und dort in die Klein´sche  Ferienanlage, unsere „Basis“, brachte.

Zu Kimle ist wenig zu sagen. Es ist ein typisches ungarisches Dorf, nicht unweit von Györ an der Mosoni-Duna gelegen. Die Geschichte Ungarns ergab es, dass es hier eine ungarische, eine kroatische und eine deutsche Landsmannschaft gibt (an der Schule steht heute noch „Grundschule“). Die Mosoni-Duna ist ein stark mäandernder und praktisch unberührter Nebenfluss der Donau, der bei Cunovo (Slowakei) von der Donau abzweigt und sich nach etwa 125 Fluss-km bei Gönyü wieder mit der Donau vereinigt; ein für Faltboot- und Kanufahrer ideales Gewässer, das sich aber auch für eine Ruderwanderfahrt bestens eignet, insbesondere, da man nur an einem einzigen kleinen, flachen Wehr umtragen muss.

Und natürlich auch eine paar Worte zu Manfred Klein: Der mittlerweile 65jährige steuerte zwischen 1972 und 1992 den Deutschland-Achter. Er nahm an vier Olympischen Spielen teil und wurde 1988 Olympiasieger. Dazu kamen in den Jahren 1989, 1990 und 1991 drei Weltmeisterschaften mit dem Achter. Während seiner gesamten Karriere war er im Berliner Öffentlichen Dienst beschäftigt. Irgendwann reifte der Entschluss, sich in Ungarn einzukaufen und einen Wohnsitz in Kimle zu begründen. Heute besitzt er ein ständig in der Erweiterung befindliches hübsches Ferienhaus auf einem etwa 3000 m² großen Grundstück, zwei Bootsschuppen mit einigen Gig-Booten und eine eigene Anlegepritsche an der Mosoni-Duna. Als Betreuer und Organisator von Wanderfahrten, sowie als Vermieter von gepflegten Ferienwohnungen hat er sich in der Region mittlerweile einen Namen gemacht.

Zurück zu uns: Nach der Ortsbesichtigung und Zimmerverteilung – einige Ruderkameraden wurden in der Nachbarschaft einquartiert, was nicht folgenlos bleiben sollte – ging es per Linienbus (Rentner, also fast wir alle, fuhren umsonst) zu einem Abendessen in ein Restaurant, dessen Name ich vergessen habe, in einem Ort, dessen Namen ich auch vergessen habe. Der erste Eindruck war durchaus positiv. Die ungarische Gastronomie kann sich sehen lassen, die Ungarn kochen eine kalorienreiche Kost, und das Bier – ein wesentliches Kriterium – ist durchaus trinkbar. Per Linie kehrte man nach Kimle zurück, und tatsächlich, eine nahe gelegene, fußläufige  Kneipe mit Namen „Korcsma“ hatte geöffnet; eine Wanderfahrt nahm ihren gewohnten und oft genug praktizierten Anfang. Das bedeutet insbesondere, dass die Mehrzahl der Kameraden noch vor Mitternacht ermattet in die Betten fiel, während der harte Kern der üblichen Verdächtigen bei Fatima und ihren Schankkünsten ausharrte. Oder lag es vielleicht doch an ihrem kanariengelben, körperbetonten Dress, aus dem an passender Stelle ein Hirschgeweih hervorlugte? Wie dem auch sei, eine Gruppe desorientierter Spätheimkehrer wurde auf ihrem Weg durch Kimle von mindestens 1000 Hunden angebellt, bevor sie endlich ihr Quartier und die ersehnte Ruhe fand.

Der folgende Donnerstag sah eine vollzählig versammelte und erwartungsfrohe Truppe beim Frühstücksbuffet im gepflegten Gartenzeltling. Manfred und Christa, eine hilfreiche Nachbarin, hatten reichlich aufgetischt und dafür gesorgt, dass der als bald geforderten Kraftentfaltung nichts im Wege stand. Zuvor jedoch die übliche Auslosung der Bootsbesatzungen. Es galt, vier Gig-Vierer mit Namen „Freia“, „Szabi“, „Gudrun“ und „Giselher“ sowie zwei Gig-Zweier namens „Oder“ und „Eri“ zu bemannen. Wie üblich wurde schon hier eifrig gemauschelt und getrickst, und nur der Ahnungslose mochte an Losglück oder Lospech glauben. Es sind gerade die immer wiederkehrenden Rituale, die eine Wanderfahrt so spannend machen, und dies, obwohl Rudi Reitz diesmal nicht mit von der Partie war. Bevor die Boote von der hauseigenen kleinen Pritsche zu Wasser gelassen wurden, gab Manfred Klein Erläuterungen zur Tagesetappe und appellierte an Vernunft und Disziplin im Umgang mit Material und Mensch. Er tat dies sehr akribisch und detailliert  und verleugnete damit nicht, dass er dereinst Steuermann eines erfolgreichen Deutschland-Achters und überdies vor nicht allzu ferner Zeit auch Berliner Beamter war.

Dann endlich nahm uns die Mosoni-Duna auf. Die angekündigte Ruhe kam über uns, eine nahezu unberührte Auenlandschaft zog vorbei, Enten verkrümelten sich in den dichten Uferbewuchs, am Heck der Boote wehten die Flaggen des DRV, RaB und RRK und wanderrudernde Kanutenjugend begleitet uns ein Stück. Wenn überhaupt, störten nur Diskussionen in den Booten und die von den Steuerleuten zu spät erkannten tief hängenden Äste die Beschaulichkeit. Die Bewirtschaftung eines kleinen Campingplatzes gab lediglich jede Menge Flaschenbier her. Außer den schon erwähnten Chips und Erdnüssen gab es im „Strand Büfé“ sonst nichts zu futtern, und auch die völlig verdreckte Toilette wusste wenig zu begeistern. Der erste Rudertag endete nach etwa 35 km im ansprechenden Restaurant „Halaszkert Vendéglo“ (was immer das heißen mag) in der Ortschaft Dunaszeg und, nach Bustransfer, in Kimle. Wo genau der Tag endete, ob auf der Klein´schen Terrasse, bei Fatima und schon im eigenen Bett, ist dem Chronisten entfallen.

Der zweite Rudertag begann mit einem kräftigenden Frühstück und der mittlerweile gewohnten Busanreise zum Startplatz in Dunaszeg. Es musste wohl in der Nacht geregnet haben, denn als Erstes war jede Menge Wasser aus den in der Nähe des Restaurants lagernden Booten zu schöpfen. Auf dem Wasser die mittlerweile vertraute Atmosphäre: Ruhe, Abgeschiedenheit, ab und an ein Mensch am Ufer. Die Steuerleute kamen mit der teils heftigen Strömung des mäandernden Flusses und den oft recht abrupten Richtungsänderungen meist gut zurecht, zumal sich der Fluss beständig verbreiterte und die Strömung nachließ. Als Rudernder hatte man im Übrigen sehr viel Zeit sich der Betrachtung des Rückens des Vordermanns zu widmen, denn sonst gab es wenig zu sehen. In der Nähe von Dunaszentpal allerdings erregten riesige Entenkolonien unsere Aufmerksamkeit. Man sagte, es seien die nun freilaufenden Überlebenden einer aufgegebenen Entenfarm.

Kurz vor Györ, dem ehemaligen Raab, schneidet der Rábca-Kanal eine Schleife der Mosoni-Duna ab. Hübsche Gartenhäuschen (oder sagt man auch in Ungarn „Datschen“?) beleben das Ufer und kündigen die nahe und sehenswerte Stadt Györ an. In Györ ist der älteste Ruderclub Ungarns beheimatet, Grund genug um dort anzulanden. Einen regen Trainingsbetrieb auf der schnurgeraden 2000-m-Regattastrecke konnten wir nicht beobachten, auch im Innern des einstmals sehr noblen, aber nun marode wirkenden Bootshauses trafen wir nur zwei Sportler an. Immerhin brachten wir in Erfahrung, dass nicht weit entfernt eine Art Klub namens „Bridge“ mit großer Freiterrasse existiert. Natürlich gab es dort außer Chips und Erdnüssen nichts zu essen, aber es gab ein feines Bier vom Fass – und es gab Evi, eine hübsche junge Ungarin, die unseren Blicken ebenso charmant standhielt wie unserem Genörgel über die geringe Anzahl an Biergläsern. Endlich konnte Jochen Rudloff, der sich für Evi zuständig fühlte, seine Kenntnis in ungarischer Sprache erproben: „Azt szeretnem hogy 24 doboz sör“, will heißen: „Ich hätte gerne 24 Bier“. Offenbar wussten auch wir der blonden Evi zu gefallen, denn sie lud uns ein, aus einem Karton Freibierlose zu ziehen, wovon wir natürlich ausgiebig Gebrauch machten.

Wie zu erwarten und nahezu zwangsläufig, hatten wir nunmehr keine Gelegenheit, die Sehenswürdigkeiten Györs und insbesondere die barocke Altstadt zu besichtigen. Schließlich waren noch etwa 10 km Mosoni-Duna zu rudern und zudem erwartete uns bei Fluss-km 1794 deren Einmündung in die „große“ Donau. Manfred Klein hatte auf die beeindruckend starke Strömung der  Donau hingewiesen und uns eindringlich vor den seichten Stellen und flachen Buhnen gewarnt. Obwohl diese Empfehlungen nicht von allen Steuerleuten beachtet wurden, gelangten alle Ruderkameraden beim Dörfchen Gönyü unversehrt an Land. Am Abriggern und Verladen der Boote – Manfred Klein musste die Boote noch in der Nacht zum nächsten Startplatz transportieren – beteiligte man sich mehr oder weniger willig. Wenig hilfreich war zudem, dass findige Essener eine Bierquelle ausmachten und tablettweise gezapftes Bier herbeischafften.

Lohn für die Mühen des Tages war das vorzügliche Abendessen im Restaurant „Hajoskeri“. Aber nicht nur das. Zum guten Essen wurde auch noch Folklore geboten. Eine vielköpfige Tanzgruppe in ungarischer Tracht wirbelte zu den Klängen ungarischer Volksmusik durch den Innenhof des Restaurants. Rübi und Helmut Gerds reihten sich spontan ein und demonstrierten hüftsteif, aber dennoch eindrucksvoll, dass jede Menge Temperament in Ruderern vom Baldeneysee steckt. Nachdem diese und andere Szenen ausgiebig abgelichtet und dokumentiert waren, startete man gegen 21.00 Uhr Richtung Kimle.

Samstag, der letzte Rudertag, sollte noch einige Überraschungen bringen. Der Bus entließ uns in Halazi einem etwa 25 Fluss-km von Kimle entfernten kleinen Dorf nahe der Stadt Moson-Magyaróvár.  Das Aufriggern auf dem sehr ansprechenden Campingplatz wurde durch etliche Runden Bier begleitet, was den Abschied und die nachfolgende Aufnahme der Ruderarbeit erschwerte. Glücklicherweise kam man unterstützt durch eine flotte Strömung der Mosoni-Duna flott voran. Vor dem größeren Ort Moson-Magyaróvár gerieten unsere Boote in eine Drachenboot-Regatta, was deren Organisatoren und aktive Drachenbootler gleichermaßen irritierte. Hier erwies es sich als durchaus hilfreich, dass man der ungarischen Sprache nicht mächtig war und sie vor allem auch nicht verstand.

Kaum war diese Aufregung überstanden, wurde die ganze Truppe von einem kurzen aber heftigen Unwetter überrascht, was uns durchnässt und an verbotener Stelle (Privatgrundstück) zum Aussteigen zwang. Ein weiteres Mal versuchte man in einem nahe gelegenen kleinen Dorf ein Mittagessen zu ergattern, was in der einzigen geöffneten Kneipe wie erwartet misslang.

Aber, und dies sollte sich zu einem unvergesslichen Erlebnis auswachsen, Jochen Rudloff gelang es auf die ihm eigene Art und Weise, die ebenso freundliche wie vollbusige Wirtin Barbara zu bewegen, etwa 65 Eier in der Nachbarschaft einzusammeln und in die Pfanne zu schlagen, um daraus Rühreier mit Schinken zu zaubern. Das war so recht nach dem Geschmack der Truppe: Rühreier und Soproni-Bier, vergessen waren Chips und Erdnüsse. Gegen 16.30 Uhr entschied man sich zum Aufbruch und erreichte nach etwa 14 km leichter Wasserarbeit das Klein´sche Anwesen. Nach Abriggern, Putzen und Einlagern der unversehrt gebliebenen Boote steuerte man geduscht dem traditionellen Abschiedsabend entgegen.

Manfred Klein, seine liebe Frau Erika und Christa liefen noch einmal zu großer Form auf: Sie hatten neben einer formidabel mundenden Fischsuppe einen original ungarischen Kesselgulasch zubereitet, der uns nicht nur aus purer Rührung das Wasser in die Augen trieb. Selbstverständlich wurden Dankesreden gehalten und kleine Aufmerksamkeiten übergeben: Jochen Rudloff lobte die perfekte und angesichts der großen Teilnehmerzahl nicht immer einfache Organisation durch Manfred Klein und überreichte eine RaB-Clubmütze und -Flagge. Peter Riethmüller übergab ein abgesägtes und von allen Beteiligten handsigniertes Ruderblatt. Wolfgang Gummersbach herzte Jochen Rudloff und dankte ihm für sein Engagement. Ein T-Shirt vom RRK sowie 3 Flaschen Rheinwein gingen an Manfred Klein und eine Runde Selbstgebrannter an die Allgemeinheit. Wer die unfassbare Idee hatte, der lieben Erika „Besenstiele“, das heißt nicht mehr benötigte Flaggenstöcke, als Dankeschön zu übereignen, blieb unklar. 

Am Sonntag hieß es Abschiednehmen von den Klein´s, von Kimle und der Mosoni-Duna, die uns neue und durchaus beeindruckende Erfahrungen sammeln ließ. Nach drei Tagen „in purer Natur mit Wasservögeln auf Du und Du“ sollte die vermeintliche „kurzzeitige zivilisatorische Unterversorgung“ (so Jochen Rudloff) mit einem Besuch Budapests enden. So geschah es. Zwei Kleinbusse brachten uns sicher in Ungarns Metropole und damit einem für die meisten Teilnehmer der Wanderfahrt 2011 ungewöhnlichen Ereignis näher: Budapest mit dem Fahrrad erleben, eine Idee, die etwas hatte!  

In zwei Gruppen radelte man, geführt durch zwei junge Einheimische, auf funktionstüchtigen Mietfahrrädern durch Budapest, eine normalerweise lebensgefährliches Unterfangen, das wir vor allem dank der sonntäglichen Ruhe in der Stadt schadlos überstanden. Es ist müßig, all´ die Sehenswürdigkeiten aufzuzählen, die man uns zeigte. Man bräuchte mehrere Tage, um diese Stadt mit allen Sinnen zu erleben und vielleicht auch zu verstehen. Eines aber hat selbst der Kurzbesuch gezeigt: Budapest hat sich zu einer lebendigen, modernen europäischen Stadt entwickelt und es stört keineswegs, dass man überall der in Bronze und Eisenguss erstarrten Geschichte dieser Stadt begegnet. Von allen Gebäuden und Plätzen sind mir zwei in besonderer Erinnerung geblieben: das grandiose, im neogotischen Stil erbaute Parlamentsgebäude und der Heldenplatz „Hösök Tere“, beides monumentale Zeugnisse einer Historie, auf die die Ungarn mit Recht stolz sind. Aber Budapest ist auch eine junge und fröhliche Stadt. Ein Beispiel dafür konnte man im Budapester Stadtpark „Park Varosliget“ beobachten. 25 europäische Künstler demonstrierten in halb poetischer und halb provozierender Weise die Freiheit der Kunst. Auf dem beschaulichen Parkteich wurde „Art of Lake“ gezeigt: ein in das Wasser getauchtes Autowrack, eine halb versunkene Holzhütte, ein schwimmendes Dixi-Klo – alles reine Geschmackssache natürlich, aber mit Sicherheit originell und mutig.

Der Abend war der freien Gestaltung vorbehalten. Viele bummelten durch die Waiznergasse „Váci utca“, die Flaniermeile Budapests, streiften an der Donau entlang zur historischen Kettenbrücke oder genossen den Ausblick auf den illuminierten Gellértberg. Andere wieder saßen in einer der vielen Kneipen und tauchten in die pulsierende Atmosphäre dieser weltoffenen Stadt ein. Kurz, eine in vieler Hinsicht beschauliche Wanderfahrt auf der Mosoni-Duna erfuhr durch den Besuch Budapests eine ungeahnte Bereicherung.

In getrennten Gruppen traten die Essener und Rüsselsheimer Ruderfreunde die Rückreise in die Heimat an. Die sonst übliche und fast zum Ritual gewordene Verabschiedung fiel diesmal recht kurz und bündig aus, so kurz, dass man noch nicht einmal ausreichend Zeit fand, über eine mögliche Wanderfahrt 2012 nachzudenken. Der von Wanderruderern noch weitgehend unerschlossene Jangtsekiang in China wäre eine bestechende Option, es könnte aber auch die Lahn sein.

Dietmar Klausen