Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Tanja Dickenscheid

Tanja Dickenscheid und Nationalmannschaftskameradin Simone Thomaschinski

 

 

 

 

 

 

 

Tanja Dickenscheid − immer bei den "Besten"
 

 Von Uli Meyer (aus "Deutsche Hockeyzeitung" vom 30. Oktober 1991)

 

Immer, wenn Bundestrainer Rüdiger Hänel im Anschluss an Länderspiele in diesem ereignisreichen Jahr 1991 nach den stärksten Spielerinnen in seinem Team gefragt wurde, konnte ein Name nicht fehlen: Tanja Dickenscheid.

Die 22-jährige vom Rüsselsheimer RK ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil der deutschen Damen-Nationalmannschaft geworden. Im mittleren Mittelfeld hält sie die Fäden zusammen, ohne dabei eine Spielmacherin im klassischen Sinne zu sein. Als zuverlässige KE-Herausgeberin ist Tanja außerdem ein wichtiger Garant für den vielfach entscheidenden Erfolg bei Strafecken.

Auch wenn Tanjas Stil längst nicht so elegant wirkt wie der ihrer Vereins- und Mittelfeldkollegin Britta Becker, so besticht sie durch andere Qualitäten: hervorragende Defensivarbeit, unglaubliches Laufpensum,  kluge Vorstöße und ökonomische Spielweise. Eigenschaften, die sie auch in Auckland bei der Olympia-Qualifikation  wieder zu einer der Wertvollsten im deutschen Team machten. "Gerade im Halbfinale und im Endspiel hat Tanja eine absolut tolle Ausnahmeleistung geboten", schwärmte Rüdiger Hänel.

Dabei wäre fast alles gar nicht so eitel Sonnenschein gewesen. Die groß gewachsene junge Damen plagen seit geraumer Zeit Schmerzen. Mit  einer  Knochenverschiebung im Bereich des Fußballens vermutlich Folge von allzu intensiver Kunstrasen- und Hallenhockey-Belastung - kommt Tanja Dickenscheid seit rund einem Jahr nur noch mit Spritzen halbwegs klar. Was hat sie mit Hilfe der Ärzte vom  Olympia-Stützpunkt Frankfurt nicht schon alles versucht: Spezialschuhe, Löcher in den Schuhen. Alles hat nichts gefruchtet. Die Schmerzen blieben. "Zwei Tage vor der Champions Trophy war's so schlimm, dass ich wirklich nicht wusste, ob ich in Berlin spielen kann", sagt Tanja.

Sie hat auf die Zähne gebissen. Und wird es auch in den nächsten Monaten tun. Eine notwendige Operation, so hat man ihr gesagt, sei nicht unproblematisch und könne zudem bis zur vollen Wiederherstellung eine lange Pause mit sich bringen. Kein Thema im Augenblick. Alles, was die Teilnahme an den Olympischen Spielen gefährdet, wird hinter das sportliche Topereignis 1992 zurückgestellt. Das gilt für die leidige Fußgeschichte ebenso wie für das berufliche Weiterkommen. Das  Studium der Biologie (nebenbei auch zwei Jahre Sport) läuft derzeit noch auf niedrigen Touren. "Ich bin im 6. Semester, aber eigentlich habe ich erst drei davon wirklich voll absolviert", räumt Tanja ein, kündigt aber im gleichen Atemzug ein Umdenken an: "Nach der Olympiade 1992 geht das Studium vor. Man kann ja mit Hockey schließlich nicht seinen Lebensunterhalt verdienen."

In ihrem rheinhessischen Wohnort Gau-Algesheim (DHZ-Zitat aus dem Jahr 1985: "Mit 7.200 Einwohnern die kleinste hockeyspielende Stadt Deutschlands") begann Tanja Dickenscheids Karriere im zarten Alter von sechs Jahren. Sie erreichte als Mädchen A mit dem 4. Platz bei der DM-Hallenendrunde 1984/85 den größten Erfolg in der Geschichte des kleinen SV Gau-Algesheim. Im Frühjahr 1985 folgte dann der Wechsel  ("das  ist mir nicht leicht gefallen") zum arrivierten Rüsselsheimer RK.

In der Talentschmiede von Berti Rauth, der auch schon die Gau-Algesheimer Mädchen trainierte, ging es für Tanja fortan steil bergauf: Deutsche Jugendmeisterin, Bundesliga-Aufstieg, Deutsche Hallenmeisterin bei den Damen und schließlich auch Europacupsiegerin. Dies alles mit dem RRK, und persönlich wuchs sie zur Jugend-Nationalspielerin, wurde Stammspielerin in der Juniorinnen-Nationalmannschaft, mit der  sie Titel bei der Europameisterschaft 1988 und der Weltmeisterschaft 1989 holte.

Ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft gab Tanja Dickenscheid im März 1989 im Londoner Wembley-Stadion, wo ihr gleich ein blitzsauberes "Traumtor" (bis heute sind es sieben Treffer in der Nationalelf geworden) gelang. Deutschland verlor dennoch mit 2:3 gegen England. Die Britinnen waren auch Gegner bei einem weiteren besonderen Länderspiel für Tanja Dickenscheid. Ihr Jubiläum (50. Einsatz) wurde  mit einem 3:1-Sieg im Halbfinale von Auckland versüßt.     

Sorgen macht sich Berti Rauth auch über den Hallenboden in Braunschweig und über den Hockeyschläger von Britta Becker. Der Boden sei "glatt wie eine Eisfläche. Es ist eigentlich eine Farce, dort eine Endrunde zu spielen. Vieles wird vom Zufall abhängen". Zudem ist das Arbeitsgerät seiner Nationalspielerin in die Brüche gegangen.

Britta Becker hat sich an ein höchst ungewöhnliches, im Handel nicht mehr erhältliches Modell gewöhnt. In einer Schreinerei hat Rauth einen gängigen Schläger umbauen lassen und hofft, daß die erfolgreiche Torschützin auch damit treffen wird.