Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Silke Müller

Metallene Plakette am Band: Silke Müllers Erinnerung an Olympia 2004

 

 

 

 

 

 

Athener Augenblicke für die Ewigkeit

Früher selbst von der Sporthilfe gefördert, ist Silke Müller nun für die Stiftung auf Achse. Mit dem RRK kämpft die Hockey-Olympiasiegerin um die Play-offs.

Von Alex Westhoff (aus "FAZ" vom 08.01.2011)
 

"Athen" ist das Stichwort − und Silke Müller strahlt im Nu noch mehr als sonst schon. "Bei Nationalhymnen bekomme ich heute noch eine Gänsehaut", sagt sie. "Auch bei ausländischen." Ihre Erinnerungen an jenen 26. August 2004, den größten Tag ihrer Hockeykarriere, sind noch immer dicht, präsent und lebendig. Wie sie im olympischen Finale nach einem Treffer für Deutschland jubelnd die niederländische Kapitänin anschrie: "Heute schaffen wir das!" Wie sich bei der Medaillenübergabe ihre Blicke mit der ihrer spanischen Mutter, die ihre Anreise zum Endspiel verschwiegen hatte, trafen. Wie die deutschen Hockeydamen nach einem irren Turnierverlauf ihren sensationellen Goldtriumph wild feierten. In den Monaten danach hat Silke Müller immer zum 26. jedes Monats die Medaille hervorgeholt, "ich habe sie umgehängt und bin zu Hause damit rumgelaufen". So hat die Frankfurterin, die seit November wieder in der Bundesliga für den Rüsselsheimer RK spielt, ihre Athener Momente konserviert. Die Augenblicke des vollkommenen sportlichen Glücks.

Die goldene Plakette kommt heute noch zum Einsatz. Und zwar immer wenn die Zweiunddreißigjährige mit dem Truck der Deutschen Sporthilfe unterwegs ist. Silke Müller arbeitet bei der Stiftung in der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise und betreut die Kampagne "Dein Name für Deutschland". "Ich wünsche mir, dass die Leute noch mehr verstehen", sagt Silke Müller nach Begegnungen mit Leuten, in deren Weltsicht erfolgreiche Spitzenathleten, die auch mal im Fernsehen zu sehen sind, entweder steinreich, gedopt oder beides sind. Die Hessin weiß aus Erfahrung, wie sehr Athleten - gerade in einer Amateursportart wie Hockey, in der aber mit professionellem Aufwand trainiert wird − auf die Zuwendungen der Sporthilfe angewiesen sind. In ihrer Zeit als Nationalspielerin (130 Einsätze) war sie mitunter rund 130 Tage im Jahr mit der Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes unterwegs. Während der Olympiavorbereitung erstattete die Stiftung Deutsche Sporthilfe ihrem Arbeitgeber die Fehltage, und von der Sporthilfe Hessen gab es ein Taschengeld dazu. "Ich weiß, wie wichtig dies für Athleten ist", sagt sie. Gerade Hockeyspieler "müssen eine ordentliche Portion Idealismus aufbringen". Beim Rüsselsheimer RK zahlen die Bundesligaspielerinnen Vereinsbeitrag.

Das hält sie aber nicht vor einer guten Hallenrunde ab − auch dank Rückkehrerin Silke Müller, die nach einem missglückten wie kurzen Engagement beim MHC Laren in der holländischen Liga und einer mehrmonatigen Hockeypause an den Untermain zurückgekehrt ist, wo die wirbelige Außenstürmerin mehrere deutsche Meisterschaften und Europacupsiege feierte. An diesem letzten Vorrundenwochenende mit Spielen beim Mannheimer HC und daheim gegen den TSV Mannheim wollen sich die RRK-Damen für das Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft qualifizieren. "Das wird ganz eng", glaubt die Olympiasiegerin. "Platz eins und auch ein Ausscheiden sind noch möglich." Mit 32 Jahren ist Silke Müller, die dank ihrer Technik geniale Dinge mit Ball und Schläger anzustellen weiß, im jungen RRK-Team eine der Erfahrensten. "Dies zeigt, dass die Talentschmiede beim RRK noch funktioniert", sagt die Offensivkraft, die selbst einst von Eintracht Frankfurt nach Rüsselsheim gewechselt ist.

"Silke hat zuletzt sehr stark gespielt und ist eine Vorbereiterin par excellence", lobt der Rüsselsheimer Trainer Benedikt Schmidt-Busse seine auf dem Feld unberechenbarste Spielerin. Taktische Vorgaben interpretiert sie manchmal auf ihre Weise und ist dabei immer in der Lage, dem Spiel ihres Teams eine überraschende Wendung zu verpassen. "Ich spiele nach Impuls, höre oft auf mein Bauchgefühl", sagt Silke Müller. "Zubbeln", wie viele Hockeyspieler das Dribbeln und Fintieren nennen, kann sie immer noch so flüssig wie früher. "Ich verlange viel von mir und meinen Mitspielerinnen", sagt sie. Die Hockeypause hat sie zwar ihrer auf dem Platz oft aufsprühenden Emotionalität nicht beraubt, doch ist sie gelassener geworden. Ob ihr Comeback beim RRK von Dauer ist, kann sie aber noch nicht sagen. Ihr Freund lebt nach wie vor in Holland. "Ich sage nicht: Ich bleibe. Und ich sage nach der Hallensaison auch nicht: das war's." Wenn Silke Müller es nicht schafft, den Hockeyschläger beiseite zu legen, würde es zumindest niemanden wundern.

Wieder mit Spaß und Engagement im Spiel: Silke Müller im Viertelfinale


Dem Kribbeln nachgeben

Hockey-Olympiasiegerin Silke Müller zeigt nach längerer Spielpause beim Rüsselsheimer RK alte Stärken und zieht ins Finale ein. Unter Druck setzen lässt sich die 32-Jährige aber nicht.

Von Chistian Stöhr (aus "Frankfurter Rundschau" vom 27.01.2011)
 

Ihre Dribblings sind noch immer unwiderstehlich, ihr Spielwitz ist phänomenal. Silke Müller, so viel steht fest, hat auch in dieser Saison wieder großen Anteil am Erfolg des Rüsselsheimer RK, der am Wochenende in der Finalrunde der Hallenhockey-Bundesliga in Duisburg um den deutschen Meistertitel kämpft. Damit gerechnet hatte die Olympiasiegerin von Athen zu Beginn der Saison nun wirklich nicht.

Ziele habe sie sich damals keine gesetzt, sagt Müller, die nach einer elfmonatigen Hockeypause erst drei Wochen vor dem ersten Spiel wieder mit dem Training angefangen hatte: "Ich habe mir überhaupt keinen Stress gemacht, ich wollte mich erst mal wieder eingewöhnen." Das hat überraschend schnell geklappt, schon bald hat sie an ihre alte Form wieder anknüpfen können. "Klar sind die Erwartungen hoch, aber ich weiß auch, dass man nichts erzwingen kann. Deshalb setze ich mich nicht mehr unter Druck."

Die Freizeit genossen

Lange war nach dem missglückten Ausflug zum niederländischen Klub MHC Laren unklar gewesen, ob die 130-malige Nationalspielerin überhaupt noch einmal einen Hockeyschläger in die Hand nehmen würde. "Es war mal ganz schön, die Freizeit zu genießen und nicht irgendwo hinhetzen zu müssen." Aber wie das eben so ist bei erfolgreichen Sportlerinnen: Irgendwann kam halt dann doch der Punkt, an dem es sie wieder in den Fingerspitzen zu kribbeln begann. "Ich war noch nicht bereit, schon aufzuhören", sagt Müller, die "einfach noch mal was machen" musste.

Dass Hockey trotzdem nicht mehr im Mittelpunkt ihres Lebens steht, hat mit ihrem Beruf zu tun. Nachdem sie ihres Freundes wegen, der in den Niederlanden lebt, zunächst überlegt hatte, dort zu bleiben, eröffnete sich ihr die Möglichkeit, für die Deutsche Sporthilfe zu arbeiten. Für Müller, die als ehemalige geförderte Nationalspielerin aus eigener Erfahrung weiß, wie wichtig die Sporthilfe für einen Athleten sein kann, kam das Angebot wie gerufen. Bei der Stiftung fühlt sie sich, wie sie meint, "am rechten Fleck".

Nicht als Favorit ins DM-Finale

Nachdem sie einst beim Landessportbund Hessen eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert hatte, bevor sie später in Utrecht für einen regionalen Fernsehsender und zwei Jahre lang beim Radiosender You FM arbeitete, ist sie seit einem Jahr für die Kampagne "Dein Name für Deutschland" mitverantwortlich. Bei dieser kann jeder Bürger mit einer kleinen monatlichen Summe dazu beitragen, die deutschen Sportler zu unterstützen.

"Wir wollen damit erreichen, dass die Bindung zwischen Zuschauer und Sportler wächst und den Menschen bewusst wird, dass Spitzensportler nicht gleich Millionäre sind", sagt die 32-Jährige, die auch mit dem Showtruck unterwegs ist, mit dem seit einigen Monaten für die Aktion geworben wird. Die nächste Fahrt geht im Februar zur alpinen Skiweltmeisterschaft nach Garmisch-Partenkirchen. "Viele Leute kennen die Sporthilfe zwar", sagt Müller, "wissen aber nicht genau, was dort im Einzelnen passiert. Das möchten wir ihnen auf diese Art vermitteln."

Besonders angenehm wäre es für Silke Müller natürlich, wenn sie als deutsche Meisterin dort hinkommen könnte. Als Favoriten sieht sie den RRK in der Finalrunde aber nicht: "Alle Teams liegen ganz nah beieinander. Da hängt viel von der Tagesform ab."

Ob sie ihre Karriere danach beenden wird, weiß Müller derzeit noch nicht. "Wahrscheinlich werde ich aber weitermachen."