Was macht eigentlich
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Über Mitglieder des
RRK (1995)
Rainer Seifert |
Rainer Seifert wohnt noch immer neben dem Hockeyplatz
Im Spiel mit den "alten Kumpeln" kommen alte Gefühle auf
Von Michael Burau (aus "FAZ" vom 16.12.1995)
RÜSSELSHEIM. Am Eingang steht neben dem Hausherrn Rainer Seifert Bobtail
"Paulchen", jede Menge Hund: An Eintritt ist fürs erste nicht zu denken. Als
schließlich der Weg frei ist, wird die Wohnung immer größer, im Gegensatz zum
ersten Eindruck. "Das habe ich mir alles mit Hockey geschaffen", bemerkt der
Olympiateilnehmer von 1972 und 1976 ironisch. In seiner Sportart war - zumal in
den siebziger Jahren - nicht viel zu verdienen. Das Haus der Großmutter,
ansehnlich renoviert, hat Rainer Seifert zeitlebens bewohnt, mithin knapp mehr
als 48 Jahre.
Zur Person
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Name: Rainer Seifert
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Geburtstag: 10. Dezember 1947
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Beruf: Technischer Angestellter
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Wohnort: Rüsselsheim
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Sportart: Hockey
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Erfolge: Olympiateilnehmer 1972 und 1976, 122 Länderspiele,
zwei dritte Plätze bei Weltmeisterschaften, vier Titel bei
Europameisterschaften, acht deutsche Meisterschaften mit dem Rüsselsheimer
Ruder-Klub
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Das Domizil hat gerade für ihn immer ausgesprochen praktisch gelegen: gleich
neben dem Rüsselsheimer Sportzentrum zwischen Main und "Sommerdamm". Die beiden
Hockeyfelder in der Nachbarschaft waren für ihn schon bald wichtige
Anlaufstellen geworden. Mit sechs Jahren trat er der Hockeyabteilung des
traditionsreichen Rüsselsheimer Ruder-Klubs bei, schon mit 14 Jahren spielte er
in der ersten Mannschaft. "Ich hatte schnell das Gefühl, wo der Ball hinkommen
könnte." Als Stürmer brachte der geborene Techniker, körperlich eher ein
Leichtgewicht, die Kugel dann reichlich oft im Gehäuse des Gegners unter,
unterstützt von ähnlich talentierten Freunden wie dem späteren
Rekord-Nationalspieler Fritz Schmidt. Rainer Seifert brachte es zwischen 1968
und 1980 auf 122 Länderspiele, dann blieb ihm die dritte Olympiateilnahme wegen
des Boykotts der Spiele von Moskau versagt.
Fünfte Deutsche
Feldhockey-Meisterschaft mit dem RRK 1978 nach einem 2:0-Sieg über den
Gladbacher HTC für Rainer Seifert (hinten: Stellv. Abteilungsleiter Alfred
Rausch, Masseur Karl-Heinz Borg, Rainer Seifert, Michael Heuß,
Christoph Krehl, Norbert Mexner, Roland
Segner, Harald Eisenacher, Manfred Liebig, Coach Walter
Leichtweiß, Fritz Schmidt; vorn: Berthold Rauth, Norbert
Boll, Peter Kraus, Dr. Randolf Renker, Martin Müller, Alfred
Segner, Michael Walz) |
Die Olympischen Spiele 1972 in München waren der Höhepunkt seiner sportlichen
Laufbahn. "Das olympische Dorf war für mich wie ein Schlaraffenland", sagt er.
Es gab viel zu sehen. Seifert nennt die Namen der Sportgrößen Valerij Borsow und
Mark Spitz heute noch fast ehrfurchtsvoll. Bei den Sommerspielen 1976 in
Montreal seien die Wege hingegen viel zu weit gewesen für Begegnungen auf engem
Raum.
Zu seinen Kollegen aus der Nationalmannschaft hat Rainer Seifert noch guten
Kontakt: Man sieht sich ein-, zweimal im Jahr. Geschätzt hat der Rüsselsheimer
immer die Kameradschaft auf Vereinsebene, "mit den Kumpeln", wie er sagt. Die
alte Verbindung pflegt er auch sportlich, spielt - ohne Training ("Es reicht") -
bei den Senioren mit, bei denen es zuweilen "ganz schön zur Sache geht und alte
Gefühle aufkommen".
Die Sportreisen in alle Erdteile - Australien diente 1980 als Ersatz für Moskau
- haben Rainer Seifert viel gegeben. "Ich bin aber auch gern zu Hause", bekennt
Seifert, der ein geordnetes, zufriedenes Familienleben führt. Mit seiner Frau
Heidi spielt er gern Tennis - "Ich hätte da auch Leistungssportler werden
können, das war mir aber damals zu hochgestochen" - und läuft Ski. Tochter
Alexandra, 20 Jahre alt, ist sportlich vielseitig interessiert und war jahrelang
intensiv beim Ballett engagiert. Häuslicher Mittelpunkt ist seit einem Jahr
"Paulchen", um den sich alles dreht.
Beruflich ist Rainer Seifert seit langem bei der Opel AG als technischer
Angestellter tätig, zeichnet für Illustrationen verantwortlich. Dem Unternehmen
müsse er heute noch dankbar sein, sagt er, daß es ihn in den siebziger Jahren im
Sommer jeweils drei Monate für den Leistungssport freigestellt habe. Der
gelernte Dekorateur hat einiges vom Vater, einem Grafiker, mitbekommen.
"Dreidimensionales Denken hat mir immer schon gelegen", sagt Seifert.
Zeichnungen, Entwürfe von Logos, Plakaten und Visitenkarten machen ihm
besonderen Spaß.
Das Sportinteresse ist bei Rainer Seifert auch passiv stark ausgeprägt. Er ist
stets am Fernseher präsent, "wenn der Becker spielt", bei der Formel l mit
Schumacher, beim Fußball allgemein. Nicht zuletzt ist Hockey vor Ort - der
Rüsselsheimer RK stellt bei den Herren zwei aktuelle Nationalspieler - ein
steter Freizeitvertreib. Schließlich gefallen ihm auch neue Sportarten wie Snowboard. Er freut sich dann mit den jungen Leuten, die sie ausüben, und denkt
bisweilen: "Jetzt könnte man vielleicht noch mal 30 Jahre jünger sein."
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