Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Oliver Domke

Oliver Domke

 

 

 

 

 

 

Die letzte argentinische Rückhand

Hockey: Der Rüsselsheimer Oliver Domke, ein Mann für die genialen Momente und spektakulären Tore, beendet seine Karriere

Von Ralph Baumann (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 16.06.2010)
 

Nun hat er sie – die Zeit, um endlich mal etwas in Ruhe, ohne Druck in Angriff zu nehmen. Nun muss er nicht mehr nach Dienstschluss nach Hause hetzen, die Sporttasche packen, um ins Training an den Rüsselsheimer Sommerdamm zu fahren. Oliver Domke hat am Samstag letztmals den Hockeyschläger für ein ernsthaftes Match seines Rüsselsheimer RK in der Hand gehabt. "Wenn ich ihn irgendwann wieder hervorkrame, dann ganz sicher nur für ein Juxspiel oder ein Seniorenmatch", sagt der 34-Jährige.

Seit vier Jahren schon redet der quirlige Angreifer, der laut RRK-Legende Fritz Schmidt "neben Rainer Seifert der technisch Beste ist, den unser Klub jemals hervorgebracht hat", vom Aufhören. Immer wieder ließ er sich zum Weitermachen überreden, auch im vergangenen Jahr. "Da war es mir wirklich sehr, sehr ernst", versichert Domke.

Doch weil mit Stephan Decher ein Trainer am Main anheuerte, den Rüsselsheims Sturmführer aus gemeinsamen Nationalmannschaftszeiten kennt und schätzt, hängte Oliver Domke ein weiteres Jahr dran. Im Laufe der vergangenen Monate merkte er jedoch immer mehr, wie schwer sich die Belastungen als Polizist und Hockeycrack in Deutschlands höchster Liga vereinbaren lassen.

In den letzten Spielen, in denen sich der Ruder-Klub ein weiteres Jahr Erstligazugehörigkeit sicherte, war Domke schon gar nicht mehr dabei: "Ich hatte immer weniger Lust, habe wenig trainiert, war dann auch nicht mehr richtig fit, und da macht es keinen Sinn, anderen einen Platz im Kader streitig zu machen, die immer im Training sind und ihre Leistung bringen."

Dennoch sei er stolz gewesen, ein Teil dieser willensstarken Mannschaft gewesen zu sein, die mit viel Leidenschaft die Klasse gehalten hat. Domkes Ratschlag an seine Kumpels: "Wenn man konditionell topfit ist, hat man auch ohne große Einzelkönner eine Chance. Auch in der nächsten Runde." Oliver Domke selbst möchte dann ein wenig Tennis spielen, mit Freunden joggen und radeln, aber alles in Maßen.

Weil mit Hockey wenig bis gar kein Geld zu verdienen war, auch nicht für einen Ausnahmekönner wie Domke, entschied sich der Rüsselsheimer bereits auf dem Höhepunkt seines sportlichen Schaffens gegen die Nationalmannschaft und für den Beruf. Ein 28-Jähriger, der noch zwei Jahre zuvor Deutschland zum WM-Titel geschossen und in 194 Länderspielen stolze 101 Tore erzielt hatte, hörte von heute auf morgen auf. Die Fachwelt war geschockt im Jahre 2004, vor allem aber der damalige Bundestrainer Bernhard Peters, heute Direktor für Sport und Nachwuchsförderung beim Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim.

Peters ist sicher: "Mit Oli wären wir 2004 in Athen Olympiasieger geworden." Der ehemalige Bundestrainer schwärmt von Domkes schneller Auffassungsgabe, von seinen Geistesblitzen, seiner Kreativität, seiner blendenden Technik und seiner argentinischen Rückhand, mit der er so manchen Torhüter düpierte.

Dankeschön: Martin Müller, Hockey-Abteilungsleiter im Rüsselsheimer RK, verabschiedete den langjährigen Leistungsträger Oliver Domke nicht nur, sondern der 61-Jährige ließ es sich auch nicht nehmen, im All-Stars-Team mitzuwirken, das am Samstag gegen die aktuelle Bundesliga-Formation ein 10:10 erreichte.

Der Blondschopf, der als Fünfjähriger von seiner Tante zum Hockeyplatz geschleppt wurde, hätte wohl auch in jedem anderen Ballsport Karriere gemacht. Kurzzeitig ließ er sich als Erwachsener bei der SKG Bauschheim und beim TV Haßloch zum Fußballspielen überreden. Ohne Training wirbelte er auch hier die Abwehrreihen durcheinander.

Der Rüsselsheimer, der seiner Heimatstadt trotz verlockender Angebote stets treu blieb, war unberechenbar – im positiven wie im negativen Sinn. Manchmal ging das Temperament mit ihm durch, und er schwächte sein Team, weil er sich mit dem Schiedsrichter oder einem Gegner anlegte oder gar mit beiden.

Oft aber war er es, der ein längst verloren geglaubtes Spiel mit unwiderstehlichen Soli noch aus dem Feuer riss. Unvergessen ist das nationale Hallen-Halbfinale vor acht Jahren, das der RRK gegen den UHC Hamburg mit 11:10 nach Siebenmeterschießen gewann. Nach Ende der regulären Spielzeit hatte es 8:8 gestanden, und Oliver Domke hatte trotz engster Bewachung seitens der Nordlichter alle acht Tore des RRK erzielt.

Wie sagte doch Mannschaftskapitän Mirco Fuchs kurz vor Domkes Abschiedsspiel: "Es war für mich eine Ehre, mit so einem genialen Hockeyspieler in einem Team wirken zu dürfen. Schon als Jugendlicher war ich beeindruckt, wenn er wieder aus unmöglichem Winkel getroffen hatte."

Welche sportlichen Erlebnisse sind bei dem 34-Jährigen besonders haften geblieben? Da seien zum einen die Olympischen Spiele 1996 und 2000, auch wenn dabei keine Medaillen heraussprangen. "Doch das Gefühl, tagtäglich mit Weltklasseathleten zusammen zu sein, zu frühstücken, zu plaudern, das ist schon etwas ganz Tolles." Zum anderen ist Domke der Europacup-Triumph des vergangenen Jahres in besonderer Erinnerung, "denn was gibt es schöneres, als in der eigenen Halle, vor all den Freunden und Verwandten zu gewinnen?"

Bei seinem Abschiedsspiel hat Domke nicht gewonnen, die Partie zwischen dem aktuellen RRK-Team und einer All-Stars-Auswehl endete vor knapp 200 begeisterten Zuschauern 10:10. Der scheidende Star, der nie einer sein wollte und stets bescheiden blieb, traf in der ersten Halbzeit einmal für die Bundesligamannschaft, ehe er später für die Auswahl drei weitere Male erfolgreich war, davon zweimal mit seiner Spezialität, der technisch anspruchsvollen argentinischen Rückhand. Bernhard Peters hat's leider nicht gesehen, er hätte seine helle Freude gehabt.

Viel gefragt und viel getroffen: Oliver Domke blickte vor dem Abschiedsspiel im Gespräch mit Moderator Stefan Schröder auf seine glanzvolle Laufbahn zurück und schlug anschließend noch vier Mal trefflich zu.


Letzten Pfiff selbst getätigt

ABSCHIEDSSPIEL   Der dreimalige Hockey-Weltmeister Oliver Domke sagt mit vier Toren servus

Von Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 14.06.2010)
 

Es war kurz vor halb acht, als eine bemerkenswerte Hockey-Karriere am 12. Juni ihren Schlussakkord erlebte: Oliver Domke bekam die Trillerpfeife vom Schiedsrichter überreicht und beendete höchstpersönlich das Abschiedsspiel, das der Rüsselsheimer RK zu Ehren seines dreimaligen Weltmeisters und Rekordnationalspielers am Sommerdamm organisiert hatte. "Ich hoffe, ihr habt alle Spaß gehabt. Es sind ja schließlich auch ein paar Tore gefallen", richtete der 34-Jährige die Worte an die gut 150 Zuschauer, die den letzten Auftritt des einstigen Weltklassestürmers in einer Aktivenmannschaft sehen wollten.

Und das Kommen sollte sich trotz einiger weniger Regentropfen und stetig sinkender Temperaturen lohnen. 10:10 (5:4) endete das kurzweilige Kräftemessen zwischen dem aktuellen Erstligakader des Ruder-Klubs und einer sogenannten All-Stars-Auswahl, in der sich neben einigen Altgedienten – darunter Abteilungsleiter Martin Müller – und Mitspielern aus Domkes ersten Aktivenjahren auch etliche Teamkollegen eingefunden hatten, die inzwischen woanders dem Hartplastikball hinterher jagen. Insbesondere die Region Hamburg war stark vertreten: Neben Torhüter Nico Jacobi (Uhlenhorster HC) hatte es auch Konstantin Rentrop, Julian Hofmann-Jeckel (Club an der Alster) und Sven Wohlfahrt (Großflottbeker THGC) aus diesem Anlass in die Heimat gezogen.

Naheliegend, dass der Mann des Abends beim Abschied (Domke: "Da sich das über vier Jahre hingezogen hat und ich schon öfter aufhören wollte, kommen kaum sentimentale Gefühle auf") noch einmal das tun durfte, was ihn in den 17 Jahren in der ersten Mannschaft ausgezeichnet hatte: Aufs Tor schießen. Nach einem Treffer in der ersten Halbzeit für seine aktuellen Teamkollegen, mit denen er sich vor Wochenfrist über den Verbleib in der Bundesliga freuen konnte, versenkte "Olli D." im zweiten Abschnitt das Runde noch drei weitere Male für das All-Star-Team im Eckigen – darunter zwei Kracher mit der argentinischen Rückhand.

Geschenke gab's natürlich auch: Abteilungsleiter Müller, der vor dem Anpfiff noch einmal Domkes Vereinstreue hervorgehoben hatte, übergab einen Bildband und ein Getränkepräsent. Die Mannschaft hatte ebenfalls ein großes Bild mit spektakulären Domke-Szenen zusammengestellt und überreichte zudem einen Reisegutschein auf die Zugspitze. "Wer Wandern als ein Hobby hat, sollte auch mal auf dem höchsten Berg Deutschlands gewesen sein", so Mannschaftskapitän Mirco Fuchs.

Ein originelles Mitbringsel hatte zudem ein RRK-Schiedsrichter des Abschiedsspiels parat: Walter Isselhard übergab Olli Domke einen Satz Strafkarten, verziert mit den Konterfeis von drei "Lieblings"-Unparteiischen des künftigen Seniorenhockeyspielers. Speziell Letzteres erscheint noch immer schwer vorstellbar ...


"Bin zufrieden, wie es gelaufen ist"

INTERVIEW   Vor dem heutigen Abschiedsspiel blickt Hockey-Weltmeister Oliver Domke auf seine Karriere zurück

Das Gespräch führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 12.06.2010)
 

Der letzte Vorhang fällt an diesem Samstag um kurz vor halb acht dort, wo der Aufstieg zu einem der weltweit besten und gefürchtetsten Angreifer einst begann. Nach 29 Jahren, die gekrönt waren von WM-Triumphen, EM-Siegen und Olympia-Teilnahmen, gespickt mit ungezählten spektakulären Toren, aber auch immer wieder durchsetzt mit Enttäuschungen und Verletzungen, klingt Oliver Domkes besondere Hockeykarriere mit einem Abschiedsspiel im Trikot seines Rüsselsheimer RK aus. Spielpartner am Sommerdamm ist ab 18 Uhr eine All-Stars-Auswahl. Und weil das bei einem solchen Anlass üblich ist, darf sich der geneigte Hockey- und RRK-Fan bestimmt auf den einen oder anderen Domke-Treffer freuen. Für die "Main-Spitze" blickt der 34-Jährige auf seine Zeit mit Krummstock und Hartplastikball zurück.

Herr Domke, vor Ihrem ersten Länderspiel im Juni 1994 sollen Sie bei der Teamvorstellung weiche Knie gehabt haben. Könnte das heute in Ihrem Abschiedsspiel auch passieren?

Da ich noch nie ein Abschiedsspiel absolviert habe, könnte das natürlich passieren. Ich weiß nur, dass dieses um 18 Uhr startet. Was dann passieren wird, steht in den Sternen. Aber es wird sicher nicht so sein, dass für mich eine Welt zusammenbricht. Es wird auch ohne so viel Hockey genug Sachen geben, die ich tun kann.

Als fünfjähriger Knirps sind Sie erstmals mit Hockey in Kontakt gekommen. Wie hätten die vergangenen 29 Jahre ausgesehen, wenn Ihre Tante Sie damals zum Tennis oder Fußball gelotst hätte?

Ganz oben: Dank eines späten Domke-Tores zum finalen 2:1-Sieg über Australien wurde Deutschland 2002 in Malaysia zum ersten Mal Hockey-Weltmeister.

Na ja, zum Glück wissen wir das nicht. Ich bin zufrieden, wie es bei mir gelaufen ist. Ich habe viele nette Menschen und Freunde durch das Hockey gefunden. Es war immer und überall eine familiäre Atmosphäre zu spüren. Ich habe zwar ein großes Talent, was Ballsportarten angeht. Aber in anderen Sportarten braucht man vielleicht auch noch mehr Glück, um ganz nach oben zu kommen, da es mehr Sportler gibt, die diese Sportarten betreiben. Ich bin meiner Tante aber sehr dankbar, dass sie mich zum Hockey gebracht hat. Außerdem konnte ich bei der SKG Bauschheim und beim TV Haßloch drei, vier Jahre etwas Fußballluft schnuppern. Das war auch ganz interessant.

Sie wurden als größtes deutsches Talent des Jahrgangs 1976 gepriesen und einige Male als bester Spieler einer bedeutenden Veranstaltung ausgezeichnet. Was konnten Sie besser als viele andere?

Das haben immer andere Leute bewertet. Vielleicht hat es den Menschen gefallen, dass ich auf dem Platz mal etwas gemacht habe, was die Trainer nicht so vorgegeben haben und ich aus dem normalen Spielmuster ausgeschert bin. Ich hatte wohl auch das Glück, dass ziemlich viele Sachen davon geklappt haben. Im Vereinstraining und bei der Nationalmannschaft konnte ich immer alles probieren, ohne dass mir jemand genaue Vorgaben gemacht hat. Das ist bei anderen Spielern vielleicht anders gewesen. Es gibt viele gute Verteidiger und Mittelfeldspieler, aber als Stürmer schießt man nun mal die meisten Tore. Vielleicht werden deshalb in vielen Sportarten fast immer Offensivspieler gewählt.

Welche Erfolge haben den größten Stellenwert für Sie?

Die Feld-Weltmeisterschaft in Malaysia 2002 und auf jeden Fall der Hallen-Europacupsieg in Rüsselsheim vor heimischem Publikum mit der Vereinsmannschaft 2009.

Und was waren die größten Enttäuschungen?

Vielleicht die verpasste Bronzemedaille in Atlanta bei den Olympischen Spielen 1996. Enttäuschend waren aber auch die Trainer-Entlassungen von Torsten Althoff und Kai Stieglitz durch die jeweiligen Vereinsmannschaften. Das hätte man bestimmt auch etwas anders regeln können, obwohl ich dazu nicht den 100-prozentigen Überblick hatte. Schade war auch, dass Berti Rauth, der uns Mitte der neunziger Jahre in die Bundesliga geführt hat, aufgrund der Doppelbelastung die Herren dann aber abgegeben hat. Ich hätte gerne unter ihm die ein oder andere Bundesligasaison gespielt.

Für die Olympischen Spiele 2004 in Athen wollte Bundestrainer Bernhard Peters Sie unbedingt zu einem Comeback überreden und nicht wenige Stimmen besagen, dass mit Ihnen mehr als Bronze möglich gewesen wäre. Haben Sie diesen Entschluss jemals bereut?

Nein, diesen Beschluss habe ich niemals bereut. Die Entscheidung, in der Nationalmannschaft ein Jahr nach dem WM-Sieg aufzuhören, kam von heute auf morgen, da ich keine Lust mehr verspürte, den hohen Trainingsaufwand zu leisten. Ich habe mit 14 Jahren im Jugendnationalteam angefangen und bis zu meinem 27. Lebensjahr durchgängig in der Nationalmannschaft gespielt. In dieser Zeit gab es fast nur Schule, Ausbildung, Hockey. Das kann man nur so lange machen, wie man 100 Prozent dahinter steht, und das war mit 27 nicht mehr der Fall. Dass mit mir mehr als Bronze möglich gewesen wäre, glaube ich nicht. Vier Jahre später habe ich ja auch nicht mitgespielt, und da hat es dann für Gold gelangt. Um solche Titel zu holen, braucht man immer eine intakte Mannschaft und wenig Verletzte, aber eben auch ein Quäntchen Glück.

Oliver Domke im Abschiedsspiel

Bei der Hallen-DM 2000 in Essen haben Sie im Halbfinale beim 11:10-Sieg über UHC Hamburg bis zum Siebenmeterschießen (8:8) alle RRK-Tore erzielt und 70 Minuten durchgespielt. War dies das größte Spiel Ihrer Karriere?

Es war bestimmt eines der kuriosesten Spiele von der Trefferausbeute her. Aber die meisten Tore habe ich dort durch Eckenableger geschossen, was vorher auch nicht so planbar ist. Beim Siebenmeter-Schießen haben die Anderen dann ja auch zeigen können, dass wir als Team nicht umsonst da waren.

Sie haben in Ihrer Laufbahn alle lukrativen Angebote finanzstarker Vereine abgelehnt und sind dem RRK stets treu geblieben. Warum?

Weil ich hier immer gut aufgehoben war, und ich eigentlich nicht so der Weltenbummler bin. Dazu kamen Schule, Ausbildung und Studium, die ich hier begonnen und abgeschlossen habe. Ich war mit der Nationalmannschaft oft genug im Ausland und spätestens nach drei Wochen froh, wieder zu Hause bei der Familie und bei meinen Freuden zu sein.

Auf und neben dem Platz sind Sie immer mal wieder angeeckt, manche würden auch sagen unangenehm aufgefallen. Was mögen Sie selbst an sich am Wenigsten?

Na ja, das war oder ist so meine Art gewesen. Jeder Mensch hat wohl seine schwachen und guten Seiten. Ich kann es nicht haben, verarscht zu werden. Wenn man zu schlecht war, um zu gewinnen, ist das für mich okay. Aber wenn man merkt, dass jemand persönlich etwas gegen einen hat, dann wurde es für mich immer schwer, das zu akzeptieren. Und mit dem RRK hatte ich oft das Gefühl, dass wir gegen größere Vereine nie eine Lobby hatten. Es gab genug Schiedsrichter in meiner Karriere, mit denen ich nie Probleme hatte. Die haben das ein oder andere persönliche Wort an einen gerichtet und alles war geregelt. Andere hatten eher eine arrogante Art, zu pfeifen.

In der Endphase der aktuellen Saison sind Sie nicht mehr im RRK-Team aufgelaufen. Fällt der Abschied leichter, weil es die Mannschaft am Ende ohne Sie geschafft hat?

Man wird sehen, wie leicht es mir am Samstag fällt. Es ist schön zu sehen, dass die Mannschaft nun so weit ist, dass es nicht auffällt, ob ich dabei war oder nicht. Das hat mich für die Mannschaft sehr gefreut. Durch die Arbeit konnte und wollte ich nicht mehr so viel trainieren, und da war es für den neuen Trainer zunehmend schwerer, gegenüber der Mannschaft zu verkaufen, warum ich spielen soll und andere nicht, die auch Leistung gezeigt haben. Ich bin jedenfalls sehr stolz in dieser Mannschaft gespielt zu haben, die den Klassenverbleib geschafft hat.

Trauen Sie dem RRK zu, sich dauerhaft in der Bundesliga etablieren zu können?

Das muss man abwarten. Durch die Abgänge und weil Trainer Stephan Decher aufhört, wird die nächste Saison bestimmt nicht einfacher als diese. Aber die Mannschaft hat nun gesehen, was sie kann und was nicht. Sie muss konditionell noch besser werden, um spielerische Defizite auszugleichen. Auf Dauer müssen auch wieder mehr Eigengewächse gefördert werden, sodass es wieder mehr Jugend- und dann vielleicht auch wieder erwachsene Nationalspieler im Verein gibt. Ansonsten wird es verdammt schwer, die Bundesliga zu halten.

Wie sieht die Zukunft ohne Leistungshockey aus und schließen Sie ein Comeback definitiv aus?

Wenn ich etwas gemacht habe, dann immer zu 100 Prozent. Das Ende meiner Karriere zur Belustigung meiner Freunde habe ich nun schon über vier Jahre vor mir hergeschoben. Aber dieses Mal ist wirklich Schluss. Jetzt kann ich vielleicht mal das eine oder andere Turnier mit den Senioren mitspielen, aber vor allem mal ein Wochenende ohne Hockey verplanen und mich einfach erholen. Ich freue mich, etwas mehr mit Freunden und meiner Freundin zu unternehmen oder mich meinem neuen Hobby, einem Oldtimer, zu widmen.

Stimmen zu Oliver Domke

Bernhard Peters (Hockey-Bundestrainer bis 2006; seither Jugend- und Sportdirektor bei 1899 Hoffenheim): Oliver Domke war schon ein ganz außergewöhnlicher Spieler, der die Situationen einfach schneller erfasste als andere. Dank seiner kreativen Techniken konnte er manche Dinge, speziell die argentinische Rückhand, einfach viel früher. Mit dem Ball war er unheimlich schnell und er hat sehr wenig Chancen gebraucht. Ich erinnere mich an unglaubliche Treffer von ihm bei unserem ersten WM-Turniersieg 2002. Und das Bild, wie er nach dem Endspiel auf dem Tor saß, wird mir immer im Gedächtnis haften. Däs war ein typischer Ausdruck seiner Spontanität. Es war einfach klasse, mit so einem Spielertyp zusammengearbeitet zu haben. Schade war nur, dass er zu früh mit Hochleistungshockey aufgehört hat. Ich bin mir absolut sicher, dass wir mit ihm 2004 Olympiasieger geworden wären.

Mirco Fuchs (RRK-Mannschaftskapitän): Für mich war es immer eine besondere Ehre und einfach nur genial mit so einem einzigartigen Spieler in einer Mannschaft zusammengespielt zu haben. Ich war früher schon beim Zuschauen total beeindruckt, wenn er mal wieder ein unmögliches Tor erzielt hatte. Sein Auftreten war zwar nicht selten grenzwertig, aber darüber konnte ich eigentlich immer gut wegsehen. Er hat zweifellos seine Eigenarten, hat sich aber nie verbiegen lassen und immer 100 Prozent für die Mannschaft gegeben. Ich werde ihn definitiv sehr vermissen.

Berti Rauth (früherer RRK-Trainer): Als kleiner Junge hatte der Olli im Kindertraining schon einen irren Bewegungsdrang. Sehr früh hat er geniale Dinge gemacht, durch die er sich von den Anderen abgesetzt hat. In den ersten Jahren hat er oft die Flucht nach vorne ergriffen und erst Ruhe gegeben, wenn der Ball mindestens einmal drin war. Später hat er mehr Ruhe entwickelt und darüber dann bei großen Turnieren nicht selten der gesamten Weltspitze die Grenzen aufgezeigt. Und wenn bei der WM in Utrecht 1998 nach einem Domke-Rückhandtreffer aus vollem Lauf unter die Latte 15.000 Holländer aufstehen und applaudieren, dann sagt das alles über seine Reputation aus. Andere Vereine oder Klubs hätten so einen Spieler zur Ikone hochstilisiert, aber in Deutschland haben viele Handwerker mehr Glanz als dieser unglaublich geniale Typ. Er ist zweifellos ein ganz Großer, auch weil er immer bescheiden geblieben ist. Ich wünsche ihm, dass er mit Stolz auf das zurückblicken und genießen kann, was er geleistet hat.

Fritz Schmidt (RRK-Olympiasieger von 1972): Nach Rainer Seifert war der Olli technisch das Beste, was der RRK hervorgebracht hat. Allein das hat mich schon total gefreut. Als Spieler war er genial, vor allem in puncto Einsatz und Schnelligkeit. Nicht verstanden habe ich, dass er für Olympia in Athen 2004 nicht ins Nationalteam zurückgekehrt ist, obwohl er da voll im Saft stand. Das habe ich ihm auch so gesagt. Wie alle Guten hatte auch er oft das Gefühl, benachteiligt zu werden und ist dann mal ausgerastet. Dafür habe ich Verständnis – ich war ja auch kein Leiser ... (kri).

Oliver Domke: Stationen − Erfolge

1. A-Länderspiel: 15. Juni 1994 in Frankfurt (2:1 gegen Pakistan)

Letztes A-Länderspiel: 22. Januar 2006 in Eindhoven (4:3 gegen Polen; EM-Finale)

Länderspiele: 203 (182 Feld / 21 Halle); dazu weitere 63 Einsätze in DHB-Nachwuchsteams

Länderspieltore: 111 (Feld 79 / Halle 32)

WM-Titel: 1993 (Junioren Feld); 2002 (Feld), 2003 (Halle)

EM-Titel: 1995 (Feld), 2003, 2005 (Halle)

Olympische Spiele: Atlanta 1996 (4.), Sydney 2000 (5.)

Champions-Trophy-Siege: 1995, 1997, 2001

Deutscher Meister: 1990 (Feld) und 1991 (Halle) mit den A-Knaben des RRK; 2008 (Halle)

Europacup-Gewinner: 2009 (Halle)

World-Games-Sieger: 2005 (Halle)

Bundesliga-Aufstiege: 1996 und 2008

Ehrungen: Bester Spieler der Hallen-DM 2000 und 2008 sowie bei der Feld-WM 1998 in Utrecht


Abschied von Oliver Domke

Der Schläger kommt in die Ecke

Von Christian Stör (aus "Frankfurter Rundschau" vom 11.06.2010)
 

Irgendwann muss einfach Schluss ein. "Es wird Zeit, dass die jungen Spieler an die Reihe kommen", sagt Oliver Domke, der am vergangenen Sonntag zum letzten Mal das Trikot des Rüsselsheimer RK getragen und danach den Hockeyschläger aus der Hand gelegt hat. "Und außerdem", fügt der ehemalige Nationalspieler ein wenig spitzbübisch hinzu, "bin ich ja auch langsam alt genug, um aufzuhören." Das klingt fast so, als wäre er eine Art Hockey-Methusalem – was er mit seinen 34 Jahren aber ganz sicher nicht ist. Trotzdem freut er sich auf die Zeit nach der Karriere, die mit dem Abschiedsspiel am Samstag (18 Uhr) im Rüsselsheimer Stadion am Sommerdamm offiziell zu Ende gehen wird.

Eigentlich wollte Domke schon im vergangenen Jahr seine Karriere beenden, wurde dann aber im letzten Moment noch vom neuen Trainer Stephan Decher zum Weitermachen überredet. "Jetzt habe ich aber einfach nicht mehr genug Zeit", sagt der Diplom-Verwaltungswirt, der sich nicht mehr abends nach der Arbeit "zum Training hinquälen" will. Dazu fehlt ihm inzwischen der Antrieb.

Auffallend ist, dass der gebürtige Rüsselsheimer während seiner gesamten Karriere als Sportler seine Heimatstadt nie verlassen hat. Von klein auf spielte er Hockey für den Rüsselsheimer RK. Seinem Hobby Fußball ging er beim TV Haßloch und bei der SKG Bauschheim nach. Aber das liegt ja um die Ecke von Rüsselsheim. Ein Wechsel zu einem Hockey-Bundesligisten in der Großstadt oder gar im Ausland kam für ihn trotz vieler Angebote nie in Frage. "Das Umfeld passt hier einfach, deshalb wollte ich immer hier bleiben", sagt Domke, der "stolz darauf" ist, dass er Hockey ausschließlich beim RRK gespielt hat.

Oliver Domke in einem seiner letzten Bundesligaspiele

Höhepunkt Europapokal

Auf Reisen ging es für ihn eigentlich immer nur dann, wenn er das Dress der Nationalmannschaft trug. Das allerdings war nicht gerade selten der Fall, immerhin hat er in seiner Nationalmannschaftskarriere insgesamt 198 Länderspiele auf dem Feld (105 Tore) und fünf Länderspiele in der Halle (sechs Tore) bestritten, ist Europa- und Weltmeister geworden und hat dreimal die Champions Trophy gewonnen. Der Erfolg bei der WM 2002 in Kuala Lumpur war natürlich besonders schön, denn das entscheidende Tor zum 2:1 im Finale gegen Australien erzielte kein anderer als er selbst. Bei Olympia reichte es zwar nur für die Plätze vier (Atlanta) und fünf (Sydney). Als größten Erfolg auf Vereinsebene bezeichnet Domke den Gewinn des Europapokals in der Halle vor einem Jahr. "Das habe ich als Spieler vorher nie erlebt – und dann auch noch in eigener Halle. Das war etwas ganz Besonderes."

Vom Sport wird Domke auch in Zukunft nicht lassen können. Ob Tennis oder Radtouren – etwas mehr Zeit als bisher wird er dafür aufbringen können. Genauso wie für seinen alten Opel Diplomat, den der passionierte Oldtimerfahrer seit gut einem Jahr besitzt. Den Hockeyschläger wird er dagegen kaum noch benutzen. "Vielleicht bei einem Senioren- oder Juxturnier." Sonst nicht. Irgendwann muss einfach Schluss sein.


"Es langt jetzt"

30 Jahre Rüsselsheimer RK: Oliver Domke vor seinen letzten drei Hockeyspielen

Von Alex Westhoff (aus "FAZ" vom 27.05.2010)
 

Oliver Domke ist 34 Jahre alt. Wie viele Stunden in seinem Leben er Schienbeinschoner getragen hat und einen Hockeyschläger in den Händen hielt, "will ich gar nicht wissen". Es sind die letzten Tage, an denen der frühere Nationalspieler auf die Anlage des Rüsselsheimer RK kommt. Stutzen hochziehen, Schuhe schnüren, Mundschutz rein – seitdem er vier ist, tut er dies. Und trotz zahlreicher anderer Offerten stand auf Domkes Trikot 30 Jahre lang immer: Rüsselsheimer RK. "Ich habe nie den Drang verspürt, hier wegzumüssen", sagt er. Nun könnte man meinen, dass so einer vor seinen letzten Trainingseinheiten und seinen letzten drei Bundesligaspielen wehmütig wird, mit seinem feststehenden Abschied vielleicht hadert. Nicht so Oliver Domke. "Es langt jetzt", sagt er und lässt den Blick über die Kunstrasenplätze am Sommerdamm schweifen. Er wohnt immer noch nur fünf Fahrradminuten entfernt.

Lust und Unlust am Spiel hielten sich bei ihm in den vergangenen Jahren stetig die Waage. Seit vier Saisons spricht der gebürtige Rüsselsheimer eigentlich schon von Abschied – wegen der Karriere bei der Polizei und um "einfach mal etwas anderes zu machen, sich mal anderen Dingen zu widmen". Jedes Jahr konnte er von Mitspielern und Trainern wieder überredet und dann auch überzeugt werden, noch ein Jahr dranzuhängen. Auf die Extraklasse "vom Olli" und seinen Torjägerqualitäten verzichtet keine Mannschaft gerne. Und der Mittelstürmer entschied sich immer wieder für den Sport und damit auch für die Begleitumstände des Bundesligahockeys, die ihm schon lange widerstreben: Training, Mannschaftssitzungen, ewige Fahrten durch die ganze Republik. "Das Tor steht immer noch in der Mitte", sagt Domke. Und seine Tore erzielt er immer noch dank seiner Technik, seines ausgeprägten Instinkts und seiner Ruhe im gegnerischen Schusskreis. Auch wenn der RRK als schwächstes Vorrundenteam viele Niederlagen bezog und es Spiele gab, "bei denen ich besser zu Hause geblieben wäre". Nun kämpft Domke in der Abstiegsrunde um ein Happy End beim RRK. An diesem Sonntag können die Hessen im wichtigen Spiel bei der TG Frankenthal dem Klassenziel nahe kommen – oder auch den vielleicht entscheidenden Schritt Richtung zweite Liga machen.

Bei Domke, der in 203 Länderspielen mehr als 100 Tore erzielte, überwog in den vergangenen Wochen wieder die Unlust an seinem Sport. Zig Trainingseinheiten im Dauerregen waren nicht nach dem Geschmack des Weltmeisters von 2002, der im Finale in Malaysia damals das Siegtor schoss. "Nach so vielen Jahren Leistungshockey ist man auch vom Kopf her irgendwann nicht mehr bereit", hat RRK-Trainer Stephan Decher Verständnis für seinen prominentesten Spieler.

Abgesehen vom Europapokalsieg in der Halle im vergangenen Jahr, hat Domke sich mit seiner Treue zum kleinen RRK die Chance auf mehr nationale Titel und Triumphe genommen. Die Meriten holte er sich dafür mit der Nationalmannschaft: zweimal Europameister, dreimal Gewinner der Champions Trophy. Eine olympische Medaille blieb dem Hessen aber versagt. Nah dran war er 1996 in Atlanta, als er im Spiel um Bronze kurz vor Schluss das 1:0 erzielte, sich kurz auswechseln ließ, um Luft zu schnappen – und das Spiel 1:2 verloren ging. Am Sonntag, dem 6. Juni, wird Domke das letzte Mal in offizieller Spielermission für den RRK auflaufen. Danach, sagt er, werde er vielleicht mal zum Zuschauen kommen. Und ab und an mal montagabends zum Training: in der Altherrenmannschaft.