Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen

 

Über Mitglieder des RRK (2013)                                  

Nicolas Jacobi

Nico Jacobi

 

 

 

 

 

"Nico in Indien"

 

Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi spielt bis Februar 2013 in Indiens neuer Profiliga und berichtet im "Hamburger Abendblatt" regelmäßig über seine Erfahrungen.
 

Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi vom Uhlenhorster HC (bis 2008 beim RRK) spielt in diesem Winter vom 14. Januar bis 10. Februar in der neu gegründeten Profiliga Hockey India League (HIL) für die Delhi Waveriders. Für "abendblatt.de" beschreibt der 25-Jährige seine Eindrücke in einem Tagebuch.


10.02.13   Hockey-Kolumne (29)

Nico in Indien: Ein nicht ganz perfekter Abgang

Gern hätte ich euch in meinem letzten Tagebuch aus Indien eine Erfolgsnachricht geschrieben, aber leider haben wir das Finale verloren und sind nur Zweiter geworden. 1:2 sind wir den Ranchi Rhinos unterlegen, und statt meinem Zimmerpartner Oskar Deecke und mir jubelt nun mein UHC-Klubkollege Moritz Fürste über den Premierentitel der Hockey India League.

Es war ein Endspiel, das eigentlich keinen Sieger verdient hatte. In der ersten Halbzeit hatte Ranchi keine Torchance aus dem Spiel heraus. Wir lagen durch ein Tor unseres Neuseeländers Simon Child mit 1:0 in Führung, haben aber auch nicht besonders gut gespielt. In der zweiten Halbzeit haben die heißblütigen Fans ihr Team nach vorn gepeitscht, und ich denke, da hat sich ausgezahlt, dass die Endrunde in Ranchi ausgetragen wurde. Austin Smith und Manpreet Singh drehten die Partie, und die Fans, die sowieso schon extrem laut waren, drehten völlig durch.

Für den Finalsieg bekommt die Franchise der Rhinos 500.000 Dollar als Sonderprämie, wir erhalten immerhin noch die Hälfte, dazu 20.000 Dollar extra, weil wir die meisten Tore geschossen haben. Wie die Kohle auf uns Spieler verteilt wird, ist noch nicht klar, es hieß aber, dass wir mindestens die Hälfte bekommen. Das ist natürlich noch einmal ein schönes Trostpflaster.

Letztendlich muss ich aber sagen, dass mich die Finalniederlage nicht so sehr mitnimmt wie die, die ich mit dem UHC erlitten habe. Hier stand für mich nicht das Sportliche im Mittelpunkt, sondern die Erfahrungen, die ich sammeln konnte. Deshalb fällt mein Fazit nach einem Monat Indien auch überwiegend positiv aus. Ich habe tolle Menschen getroffen, aufregende Dinge erlebt, viel über Indien lernen können und vor allem eine Menge Spaß gehabt. Trotzdem bin ich froh, dass ich bald wieder in Deutschland bin.

Gefreut habe ich mich heute auch über die Nachricht, dass meine Schwester Lena mit dem Berliner HC den Hallenmeistertitel gewonnen hat. So kann die Familie Jacobi heute immerhin einen Titel feiern!

Morgen haben wir in Delhi noch eine Abschlussparty, wie genau die aussehen wird, hat uns wie immer noch niemand gesagt. Wir würden uns schon gern gebührend von den Fans verabschieden. Heute Abend werden wir es im Teamkreis im Hotel noch ordentlich krachen lassen. Am Dienstag reise ich dann mit meinen Eltern, die beim Finale dabei waren, für zwei Tage ans Meer nach Kerala, und am Donnerstag geht dann der Rückflug nach Hamburg. Dann sehen wir uns wieder. Ich möchte mich bei euch bedanken, dass ihr dieses Tagebuch fleißig gelesen habt. Ich hoffe, ihr hattet dabei so viel Spaß wie ich. Alles Gute und bis bald, euer Nico!


09.02.13   Hockey-Kolumne (28)

Nico in Indien: 3:1-Sieg und "Man of the match"

Finale! Wir haben es geschafft! 3:1-Sieg im Halbfinale gegen die Punjab Warriors! Es war ein komisches Spiel, wir haben durch zwei Eckentore von Andres Mir und Rupinder Pal Singh 2:0 geführt und dann noch vor der Pause das Anschlusstor durch Jamie Dwyer kassiert. In der zweiten Halbzeit hatte Punjab neun Ecken, aber sie konnten keine davon verwerten, auch weil ich einen ganz guten Tag erwischt hatte, der mit der Auszeichnung zum "Man of the match" belohnt wurde. Drei Minuten vor Schluss haben wir einen Konter zum 3:1 durch Lloyd Norris-Jones abgeschlossen, und da war es geschafft.

Die Stimmung im Stadion in Ranchi, wo die Endrunde ausgetragen wird, war sehr gut. Geradezu euphorisch soll sie aber im ersten Halbfinale gewesen sein, das wir nicht sehen konnten. Aber das haben die Ranchi Rhinos mit meinem UHC-Klubkollegen Moritz Fürste 4:2 gegen die Uttar Pradesh Wizards gewonnen. Das heißt, dass es am Sonntag um 20 Uhr zu einem deutsch-deutschen Finale kommt. Das ist natürlich ein perfekter Abschluss für unser Indien-Abenteuer. Ich freue mich unheimlich auf das Spiel, denn ich glaube, dass es ein offener Schlagabtausch zwischen den beiden besten Teams der Liga wird. Natürlich hat Ranchi mit dem fanatischen Publikum im Rücken einen klaren Heimvorteil, aber wir haben hier auch in der Hauptrunde schon gewonnen. Deshalb sehe ich gute Chancen, dass wir den Titel holen.

Euch jetzt einen schönen Abend und bis morgen! Euer Nico


07.02.13   Hockey-Kolumne (27)

Nico in Indien: Niederlage als Lehre betrachten

Jetzt ist es doch noch passiert! Im zwölften und letzten Spiel der Hauptrunde haben wir die erste Niederlage kassiert. Es war ein furchtbares Spiel. Alle bei uns wussten, dass es für uns um nichts mehr ging, da wir ja schon als Erster feststanden, und so haben wir auch gespielt: bloß nicht noch verletzen! Für unsere Gegner, die Uttar Pradesh Wizards, war das Spiel sehr wichtig, schließlich sind sie durch den 4:1-Sieg nun Dritter und müssen im Halbfinale nicht gegen uns spielen, sondern gegen die Ranchi Rhinos.

Die sind Gastgeber der Endrunde, die an diesem Wochenende stattfindet. Wir werden morgen Vormittag nach Ranchi fliegen und treffen dort am Sonnabend um 17 Uhr Ortszeit auf die Punjab Warriors. Ich muss sagen, dass ich damit sehr zufrieden bin, denn ich finde die Wizards stärker als die Warriors. Letztlich glaube ich aber, dass jeder Gegner es schwer hat, uns zu besiegen, wenn wir als Team spielen. Wenn wir das nicht tun, können wir aber auch gegen jeden verlieren, wie man heute gesehen hat. Deshalb war die Niederlage meines Erachtens eine gute Lehre und auch eine Warnung, dass wir jeden Gegner ernst nehmen müssen.

Es war heute unser letztes Heimspiel. Eine Abschiedsparty mit den Fans gab es nicht. Die ist für Montag in Delhi geplant, wenn wir aus Ranchi zurück sind − hoffentlich mit dem Titel im Gepäck. Am Dienstag werde ich mit meinen Eltern noch für zwei Tage an den Strand fahren, ehe es am Donnerstag wieder zurück nach Deutschland geht. Ich gebe gern zu, dass ich mich auf die Rückkehr schon sehr freue.

Jetzt aber gilt es erst einmal, das Abenteuer hier zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Deshalb werden wir heute Abend auch nicht groß feiern, zumal es ja eh nichts zu feiern gibt, sondern früh schlafen gehen, damit wir für den letzten Teil der Reise Kraft tanken können. Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag. Bis bald, Euer Nico


06.02.13   Hockey-Kolumne (26)

Nico in Indien: Vorfreude auf das letzte Heimspiel

Heute ist mir bewusst geworden, dass meine Zeit in Delhi beinahe um ist. Morgen ist unser letztes Heimspiel, danach geht es nach Ranchi, wo am Wochenende die Endrunde ausgespielt wird, und dann war es das mit dem Abenteuer Indien. Deshalb haben mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich heute den Tag genutzt, um einige Dinge zu erledigen, die wir uns vorgenommen hatten.

Wir sind am frühen Morgen aus Jalandhar, wo wir gestern gespielt haben, per Bus nach Amritsar abgereist und von dort nach Delhi geflogen. Gegen 10 Uhr morgens waren wir da, haben uns im Hotel noch ein wenig aufs Ohr gelegt und sind danach in die Stadt gefahren, um ein paar Besorgungen zu machen. Ich habe Mitbringsel gekauft, wir haben unsere maßgeschneiderten Anzüge abgeholt, und wir waren in der deutschen Botschaft, wo wir einen netten Nachmittag verbracht haben.

Abends sind Oskar und ich noch ein wenig in den Hotel-Fitnessraum gegangen, damit wir uns heute wenigstens ein bisschen bewegen konnten, und nun liegen wir im Bett und lassen den Abend locker ausklingen. Morgen werden wir den Tag nutzen, um noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen, und dann steht abends die Partie gegen die Uttar Pradesh Wizards an. Ob es danach noch eine Abschiedsparty mit den Fans gibt, wissen wir nicht. Das wird wahrscheinlich, wie so vieles hier, spontan entschieden. Auf jeden Fall freue ich mich auf das letzte Heimspiel, wir wollen weiter unbesiegt bleiben und den Schwung in die Endrunde mitnehmen. Ich wünsche Euch einen ruhigen Abend und melde mich morgen nach dem Spiel. Alles Gute, Euer Nico


05.02.13   Hockey-Kolumne (25)

Nico in Indien: Abstecher zum Goldenen Tempel

Die große Chance, die Hauptrunde unbesiegt zu überstehen, haben wir uns erhalten. Heute konnten wir bei den Punjab Warriors mit 3:2 gewinnen. Es war ein Spiel, wie wir es vom Verlauf her schon häufig hatten. Wir haben durch Tore von Rupinder Pal Singh und meinen Zimmerkollegen Oskar Deecke, der als Schütze des schönsten Tors des Tages 25.000 Rupien (gut 300 Euro) Sonderprämie einsackte, schnell 2:0 geführt, nach dem Anschlusstor schnell das 3:1 durch unseren Südafrikaner Lloyd Norris-Jones nachgelegt und die Führung dann souverän über die Zeit gebracht.

"Tourist" Nicolas Jacobi vor dem Goldenen Tempel in Amritsar

Die Stimmung im Stadion war super, weil mehr als die Hälfte der Fans uns die Daumen gedrückt hat. Das hat allerdings einen einfachen Grund: In unserem Team stehen viele Inder, die aus dem Bundesstaat Punjab stammen. Für die war es toll, in ihrer Heimat antreten zu können. Gespielt wurde in der Stadt Jalandhar. Leider hatte ich keine Zeit für einen Stadtbummel, aber was ich vom Bus aus gesehen habe, war sehr ansprechend. Es scheint eine sehr moderne und aufgeräumte Stadt zu sein.

Ein Highlight haben wir gestern erlebt. Da Jalandhar keinen Flughafen hat, sind wir in Amritsar gelandet, was rund zwei Stunden Busreise entfernt liegt. Dort gibt es den Goldenen Tempel, das höchste Heiligtum der Religionsgemeinschaft der Sikhs. Für die Sikhs in unserem Team war es wie eine Pilgerreise, die waren total beeindruckt und haben sich riesig über den Ausflug gefreut. Und auch mir hat es sehr gut gefallen. Der im 16. Jahrhundert erbaute Tempel ist komplett mit Blattgold belegt, das ist schon imposant.

Heute morgen habe ich beim Frühstück meinen UHC-Clubkollegen Moritz Fürste getroffen, der mit den Ranchi Rhinos gestern bei den Warriors gespielt hat. Er hat das Glück, für das letzte Hauptrundenspiel seines Teams übermorgen in Mumbai geschont zu werden, so dass er heute schon nach Ranchi zurückreisen und sich dort für die Endrunde schonen durfte, die am Wochenende in Ranchi ausgetragen wird. Wir dagegen fliegen morgen früh nach Delhi zurück und müssen Donnerstag nochmal gegen die Uttar Pradesh Wizards ran. Das Spiel ist zwar bedeutungslos, da wir längst als Erster für die Endrunde qualifiziert sind. Aber natürlich wollen wir jetzt nicht im letzten Hauptrundenspiel mit dem Verlieren anfangen.

Den Abend werden wir an der Hotelbar ausklingen lassen und ein bisschen den Sieg feiern, aber nicht zu heftig, denn um 5 Uhr geht es morgen früh schon mit dem Bus in Richtung Amritsar los, von wo wir zurückfliegen. Ich wünsche Euch einen schönen Abend und melde mich morgen aus der "Heimat". Viele Grüße, Euer Nico


03.02.13   Hockey-Kolumne (24)

Nico in Indien: Leichtes Heimweh stellt sich ein

Uns allen war klar, dass die Auswärtstour, auf der wir uns derzeit befinden, dazu führen würde, dass wir irgendwann ziemlich müde sein werden. Dieser Punkt ist heute erreicht. Wir sind gerade in unserem Hotel in Lucknow angekommen, und obwohl es erst früher Abend ist, hat keiner von uns zu etwas anderem Lust als sich ins Bett zu legen.

Immerhin haben wir heute unsere Serie ausgebaut und sind auch im zehnten Spiel ohne Niederlage geblieben. Bei den Uttar Pradesh Wizards haben wir 3:0 gewonnen. Für mich war es das erste Zu-Null-Spiel der Saison, und weil ich dazu auch meinen Beitrag geleistet habe, wurde ich als Spieler des Spiels ausgezeichnet, was immerhin gut 300 Euro Sonderprämie bedeutet. Wir haben sehr souverän gespielt, vor allem in der ersten Halbzeit war unser Angriff eiskalt. Andres Mir per Ecke, Simon Child und Gurwinder Singh Chandi haben unsere Tore gemacht. In der zweiten Hälfte haben wir dann gut verteidigt und die Führung locker nach Hause gespielt.

Das Problem war, dass die gestrige Anreise fast elf Stunden gedauert hat. Von Ranchi mussten wir nach Delhi fliegen, dort hatte unser Anschlussflug fast drei Stunden Verspätung. Die Computer streikten, deshalb konnte unser Gepäck nicht bis Lucknow durchgecheckt werden, wir mussten es in Delhi abholen und neu aufgeben. Unsere Tickets wurden alle handschriftlich ausgestellt, das hatte ich vorher auch noch nicht erlebt.

In unserem Hotel in Lucknow war dann zu allem Überfluss auch noch eine Hochzeit in Gange, so dass große Teile des Teams fast überhaupt nicht geschlafen haben. Dafür war unsere Leistung wirklich nicht schlecht. Morgen früh heißt es dann wieder um 5 Uhr aufstehen, dann fliegen wir weiter nach Jalandhar, wo wir am Dienstagabend bei den Punjab Warriors antreten. Dort haben wir bislang nicht gespielt, es ist die letzte Stadt, die ich auf meiner Reise kennen lerne, denn am Wochenende steht ja schon die Endrunde in Ranchi an. Und so gut es mir mit meinem Team gefällt: Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich schon darauf freue, wenn das Abenteuer hier beendet ist. Ich wünsche Euch ein schönes Rest-Wochenende. Viele Grüße, Euer Nico


01.02.13   Hockey-Kolumne (23)

Nico in Indien: Genervt − nach dem besten Spiel der Saison

Ich glaube, dass wir heute das beste Spiel der Saison gemacht haben. 5:2-Sieg bei unserem ärgsten Verfolger, den Ranchi Rhinos, das ist schon eine ordentliche Leistung! Der erste Tabellenplatz ist uns damit nur noch theoretisch zu nehmen. Aber das bringt letztlich nichts, wenn wir dann im Halbfinale einen schlechten Tag erwischen. Aber das ist ja noch Zukunftsmusik, jetzt freuen wir uns erst einmal über den Sieg.

Nach sieben Minuten haben wir heute schon 2:0 geführt durch Tore von Gurwinder Singh Chandi, der auch zum 3:0 traf, und Simon Child. Nach dem 0:2 wurde der gegnerische Torhüter ausgewechselt! In der zweiten Halbzeit haben wir mit zwei schnellen Toren durch Rupinder Pal Singh und Gurbaj Singh, der der technisch beste Spieler ist, den ich jemals gesehen habe, alles klar gemacht. Im Stadion, das wieder ausverkauft war, herrschte Totenstille, und das passiert hier wohl nicht oft. Mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste, Kapitän der Rhinos, war während dem Spiel und auch nach Abpfiff ziemlich angefressen. Aber ich denke, dass wir uns heute Abend an der Hotelbar noch einmal treffen.

Heute hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich die Nase voll habe von Indien. Die Menschen hier sind grundsätzlich sehr freundlich, aber sie übertreiben es mit ihrem "Servicedenken". Immer, wenn sie ihre Dienste anbieten, wollen sie dafür ein Trinkgeld, auch wenn man die Dienste gar nicht braucht. Heute haben mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich uns zum Mittagsschlaf hingelegt, das "Bitte nicht stören"-Schild hingehängt und um Ruhe gebeten. Während der 90 Minuten, die wir im Bett lagen, hat achtmal das Telefon geklingelt, und immer wollte jemand wissen, ob wir irgendetwas brauchen. Und als wir dann wirklich etwas brauchten, mussten wir zehnmal nachfragen, bis uns geholfen wurde. Das hat mich irgendwann so sehr genervt, dass ich gedacht habe: "Jetzt würde ich gern nach Deutschland zurückfliegen!" Aber eine Woche werde ich es noch aushalten ...

Morgen haben wir einen anstrengenden Reisetag vor uns, wir fliegen von Ranchi über Delhi nach Lucknow, wo wir am Sonntagabend bei den Uttar Pradesh Wizards antreten. Ich wünsche euch bis dahin ein schönes Wochenende. Euer Nico!


31.01.13   Hockey-Kolumne (22)

Nico in Indien: Ohne Kumpel Moritz Fürste nach Ranchi

Nico Jacobi wurde nach der letzten Partie gegen die Ranchi Rhinos als "Man of the Match" ausgezeichnet!

Sollte ich euch mit diesem Tagebucheintrag langweilen, bitte ich das zu entschuldigen. Aber heute war Reisetag, deshalb ist bis auf Auschecken im Hotel in Delhi, Flug nach Ranchi und Einchecken im Hotel in Ranchi nicht viel passiert. Leider hatten unsere Gegner, die Ranchi Rhinos, die gestern Abend ja bei uns in Delhi zu Gast waren, einen anderen Flug als wir. Deshalb konnte ich nicht wie geplant mit meinem UHC-Teamkollegen Moritz Fürste, der Kapitän der Rhinos ist, plaudern. Das wollen wir aber morgen Vormittag nachholen. Da haben wir einen Termin mit Michael Maske vom NDR, der gerade zu Besuch ist und eine Dokumentation über uns Hamburger in Indien dreht.

Aus unserem Spiel morgen Abend gegen die Rhinos ist leider etwas die Luft raus, da heute die Mumbai Magicians 0:2 gegen die Punjab Warriors verloren haben und damit die vier Halbfinalteilnehmer feststehen. Wir sind Tabellenführer, Ranchi ist Zweiter, und da es nicht danach aussieht, dass wir im Halbfinale aufeinander treffen werden, können wir es morgen ruhig angehen lassen. Unser Trainer wird mit Sicherheit wieder viel durchwechseln. Das Problem ist, dass das gestern für viel Unruhe gesorgt hat und vor allem die ausländischen Spieler unzufrieden waren, weil der Spielrhythmus darunter gelitten hat. Das wollen wir morgen noch einmal mit dem Trainer besprechen, damit nicht Verdruss entsteht, wo er nicht notwendig ist. Für uns geht es vielmehr darum, uns weiter einzuspielen, um dann bei der Endrunde am kommenden Wochenende in Topform zu sein.

Was mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich heute Abend noch tun, weiß ich nicht. Gestern haben wir den spanischen Fußballklassiker Real Madrid gegen FC Barcelona live gesehen. Das ist immer eine schöne Ablenkung. Vielleicht machen wir heute einfach mal etwas früher das Licht aus. Im Bett liegen wir immerhin schon. Euch wünsche ich einen spannenderen Abend. Viele Grüße, Euer Nico


30.01.13   Hockey-Kolumne (21)

Nico in Indien: Spieler des Spiels gegen Fürstes Ranchi

Ich gebe es zu: Heute hatten wir ein wenig Glück, dass unsere Serie von sieben Spielen ohne Niederlage nicht im achten Spiel gerissen ist. Das 2:2 gegen unseren Verfolger Ranchi Rhinos war ein Unentschieden, mit dem wir gut leben können. Die Tatsache, dass ich zum Spieler des Spiels gewählt wurde, zeigt, dass Ranchi sehr viele Chancen hatte. Aber die meisten konnte ich zum Glück vereiteln. Jetzt bin ich um 25.000 Rupien reicher, das sind gut 300 Euro.

Diese Poster von Nicolas Jacobi – und natürlich auch anderen Spielern als Motiv – hängen in ganz Delhi

Wichtig war aber in erster Linie, dass wir weiter unbesiegt geblieben sind. Wir lagen lange 0:1 zurück, gingen dann durch unseren Südafrikaner Lloyd Norris-Jones und ein Eigentor 2:1 in Führung und kassierten am Ende doch noch den Ausgleich. In zweiter Linie war für mich persönlich wichtig, dass mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste, der für Ranchi spielt, wieder nicht gegen mich getroffen hat. Jetzt bleibt ihm noch eine Chance in der Hauptrunde, und zwar am Freitag in Ranchi. Morgen Mittag fliegen wir gemeinsam dorthin.

Mo hatte ja vor der Abreise getönt, dass er einen Pferdemagen und deshalb keine Angst habe, sich einen Magen-Darm-Infekt zu holen, wie ihn eigentlich alle Europäer in Indien irgendwann bekommen. Da hat er sich ziemlich getäuscht, er lag sogar schon zweimal flach und war gerade rechtzeitig zum heutigen Match wieder fit geworden. Wir hatten leider kaum Zeit zum Quatschen, aber das werden wir sicher morgen auf dem Flug nachholen.

Heute Mittag waren mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich zu Besuch in der Deutschen Schule in Delhi. Die hat rund 140 Schüler, viele sind Diplomatenkinder oder Kinder von Deutschen, die in Delhi für große Unternehmen arbeiten. Wir haben kurz mit den Schülern, Lehrern und dem Direktor gesprochen. Leider hatten wir keine Zeit für ein gemeinsames Hockeytraining, das machen wir vielleicht nächste Woche, wenn die Auswärtstour beendet ist. Dann wollen wir auch die Kinder, die Lust haben, zu einem Heimspiel einladen.

Jetzt lasse ich den Abend mit Kofferpacken ausklingen, denn leider müssen wir für die Zeit der Auswärtstour wieder unsere Zimmer im Hotel räumen. Das nervt etwas, ist aber nicht zu ändern. Ich wünsche Euch einen schöneren Abend! Viele Grüße, Euer Nico


29.01.13   Hockey-Kolumne (20)

Nico in Indien: Vorfreude auf das Duell mit Moritz Fürste

Ich habe einen Verdacht. Ich glaube, dass unser Trainer dieses Tagebuch liest. Gestern hatte ich darüber geschrieben, dass ich davon ausgehe, jedes Spiel zu machen, weil er bislang noch keine Anstalten gemacht hatte, mir eine Pause zu geben – und heute saß ich in unserem Spiel gegen die Punjab Warriors auf der Bank. Dass wir prompt ohne Gegentor gewonnen haben, ist die Ironie des Schicksals. Allerdings glaube ich, dass ich gegen diesen Gegner auch zu Null gespielt hätte, denn die haben eigentlich nur einmal aufs Tor geschossen. Und wir waren richtig gut, obwohl wir viel durchgewechselt und viele Spieler, die bislang wenig bis gar nicht gespielt haben, ihre Chance bekommen haben.

Das 3:0 war für uns der siebte Sieg im siebten Spiel, das Halbfinale ist damit erreicht, entsprechend groß ist die Zufriedenheit. Heute hat unser indischer Shootingstar Akashdeep Singh zum dritten Mal das Tor des Tages erzielt, das bringt ihm jedes Mal 25.000 Rupien Extraprämie, umgerechnet gut 300 Euro. Die weiteren Treffer kamen von unseren Neuseeländern. Andrew Haywood war per Ecke erfolgreich, kurz vor Schluss traf dann noch Simon Child, was für den Gegner doppelt bitter war, denn bei Niederlagen mit drei oder mehr Toren Unterschied gibt es null Punkte, sonst immerhin noch einen.

Morgen im Heimspiel gegen die Ranchi Rhinos werde ich wieder im Tor stehen. Darauf freue ich mich, denn bei Ranchi spielt ja mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste. Am Donnerstag geht es dann für uns gemeinsam nach Ranchi, wo wir am Freitag erneut aufeinandertreffen. Ich denke, dass mir die Pause mal ganz gut getan hat. Die Saison ist ja noch stressig genug, sieben Spiele innerhalb von zwölf Tagen stehen an.

Vor dem Spiel hatten mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich einen Schreck zu verkraften, denn wir sind beklaut worden. Aus unserem Hotelzimmer wurden Eintrittskarten für das morgige Spiel und auch kleine Geldbeträge entwendet. Allerdings waren die Laptops und Mobiltelefone noch da. Deshalb vermuten wir, dass es Hotelpersonal war, das dachte, dass uns der Verlust nicht auffallen würde. Wir haben jetzt unsere Wertsachen im Safe deponiert.

Gestern hatten Oskar und ich einen interessanten Abend. Wir waren bei dem ARD-Asien-Korrespondenten Kai Küster zu einem Barbecue eingeladen. Er lebt hier in Delhi und hatte ein paar Deutsche, die sich beruflich in Indien aufhalten, eingeladen. Es gab sogar Rindfleisch, das von einem speziellen Händler eingekauft worden war. Es war eine sehr nette Gesellschaft. Solche Termine sind immer eine schöne Abwechslung. Jetzt wünsche ich euch eine gute Nacht und melde mich morgen, hoffentlich mit einem Sieg gegen Mo! Euer Nico


28.01.13   Hockey-Kolumne (19)

Nico in Indien: Unser Trainer − ein Typ wie Klopp

Ich weiß, ich bin nicht hier, um Urlaub zu machen. Aber am Sonntag habe ich es mir nicht nehmen lassen, mich wie ein Tourist zu benehmen. Mit ein paar Teamkollegen haben wir uns einen Fahrer gebucht und sind zum Taj Mahal gefahren. Dieses Mausoleum, das der Großmogul Shah Jahan im 17. Jahrhundert für seine verstorbene Hauptfrau errichten ließ, ist eins der berühmtesten Wahrzeichen Indiens. Es liegt in Agra, rund drei Autostunden von Delhi entfernt, aber ich muss sagen, dass es die Fahrerei absolut wert ist. Der Bau ist sehr beeindruckend, alles ist aus Marmor, sehr prunkvoll. Wir haben dort eine Führung mitgemacht und uns alles angeschaut, und es war wirklich ein toller Ausflug.

Heute wollte ich die Zeit zwischen unserer Videobesprechung am Vormittag und dem Training am Nachmittag nutzen, um in Delhi auf einem Schmuckmarkt ein paar Geschenke einzukaufen. Aber das war leider eine ziemliche Touristenfalle. Das, was da als Silberschmuck angeboten wurde, war in Wirklichkeit nur wertloses Blech, das aber den Preis von Silberschmuck hatte. Da habe ich lieber die Finger davon gelassen.

Der gestrige freie Tag war wohl der letzte bis zum Saisonende, denn jetzt wartet ein straffes Programm auf uns. Morgen Abend spielen wir um 20 Uhr gegen die Punjab Warriors, am Mittwoch gegen die Ranchi Rhinos, dann geht es wieder auf Auswärtstour mit drei Spielen innerhalb von sechs Tagen. Bislang habe ich von unserem Trainer Ajay Kumar Bansal noch kein Zeichen bekommen, dass er mir mal ein Spiel Pause geben wird und meinen Ersatzmann Pirmin Blaak spielen lassen will. Mir ist das recht, ich spiele gern jedes Spiel. Für Pirmin ist das natürlich nicht so schön. Vielleicht bekommt er ja seine Chance, wenn wir uns sicher fürs Halbfinale qualifiziert haben.

Unser Trainer pflegt grundsätzlich einen sehr lockeren und freundschaftlichen Umgang mit den Spielern. Er ist zwar schon Ende 50, ein kleiner, dicker, gemütlicher Mann, aber vom Typ her ist er wie Jürgen Klopp. Die Gestaltung der Trainingseinheiten und auch die Videosessions überlässt er weitgehend seinen beiden Assistenten, dafür macht er das Coaching bei den Spielen und ist auch für die Taktik zuständig. Wobei ich sagen muss, dass sich die meisten sowieso nicht an die taktischen Vorgaben halten, sondern eher das tun, was sie für richtig erachten. Aber der Erfolg mit sechs Siegen aus sechs Spielen gibt uns recht.

Mein früherer UHC-Teamkollege Philip Sunkel, der im vergangenen Jahr in der Konkurrenzliga hier in Indien gespielt hat, hatte mir erzählt, dass die indischen Spieler meist starr an der vorgegebenen Taktik festhalten, auch wenn diese nicht zum Erfolg führt. Das kann ich in unserem Team gar nicht beobachten. Hier bringen sich alle Spieler ein und ändern im Spiel auch mal spontan die Ausrichtung, wenn es nötig ist. Was aber auffällt ist, dass die einheimischen Spieler dem Trainer mit größerem Respekt und manchmal sogar beinahe einer Unterwürfigkeit begegnen, die wir Ausländer nicht gewohnt sind. Der Trainer spricht mit manchen Indern auch Hindi, weil sie kein Englisch verstehen. Aber grundsätzlich macht er von sich aus keinen Unterschied zwischen Indern und Ausländern. Ich finde seine Arbeit sehr angenehm. Und so lange wir gewinnen, gibt es für ihn ja auch keine Veranlassung, daran etwas zu ändern.

Ich melde mich morgen wieder, dann hoffentlich mit dem siebten Sieg im Rücken! Viele Grüße, Euer Nico


26.01.13   Hockey-Kolumne (18)

Nico in Indien: Riesenjubel am Nationalfeiertag

Was heute bei uns im Stadion abging, habe ich bislang noch nicht erlebt. In Indien war heute Nationalfeiertag, und diese Stimmung schienen die Fans übertragen zu wollen. Es war unglaublich laut. Dazu hat natürlich auch beigetragen, dass wir im sechsten Spiel den sechsten Sieg geschafft haben! 4:3 gegen die Mumbai Magicians, für die es um alles ging, weil sie noch sieglos waren − und es weiter sind. Es war das dritte und letzte Spiel gegen Mumbai in der Hauptrunde, und wie die anderen beiden war es eng und kurios. Wir führten durch ein Jahrhunderttor von Imran Khan − hüfthoch volley aus spitzem Winkel − und zwei Treffer von Lloyd Norris-Jones mit 3:0 zur Halbzeit, dann kam Mumbai aber ran, bis Rupinder Pal Singh per Ecke für die Entscheidung sorgte.

Die Fans haben uns total abgefeiert, sie sangen noch lange nach Spielende. Wenn man ihnen zuwinkt, drehen sie total durch, und wenn man ein Foto mit ihnen macht, ist das für die wie das Erlebnis des Jahres. Echt super!

Meine Eltern, die heute morgen gelandet sind, waren auch total begeistert. Sie hatten VIP-Tickets fürs Spiel, sie haben einen Fahrer, das heißt, dass der Club alles tut, damit auch sie sich wohlfühlen. Das ist unglaublich nett! Meine Eltern bleiben noch bis Mittwoch in Delhi, gehen dann auf Reisen, und am Finalwochenende treffen wir uns in Ranchi wieder.

Gestern habe ich meine Freizeit für ein wenig Sightseeing genutzt und habe mir den Lotustempel angesehen. Außerdem habe ich eine Rikschatour durch Old Delhi gemacht. Sehr spannend war das, ich fühlte mich 100 Jahre zurückversetzt. Alles war voll Menschen, und durch die Straßen kam man nur per Rikscha, weil überall Marktstände stehen, wo Gewürze und allerlei Lebensmittel verkauft werden. Eigentlich wollte ich auch noch zum Roten Fort, aber das war wegen des Nationalfeiertags geschlossen. Vielleicht klappt es morgen, da haben wir spielfrei, die nächste Partie ist am Dienstag gegen die Punjab Warriors.

Jetzt werde ich aber erst einmal mit meinen Eltern auf den Sieg anstoßen. Viele Grüße, Euer Nico!


Homepage der "Delhi Waveriders" am 25. Januar 2013


24.01.13   Hockey-Kolumne (17)

Nico in Indien: Pool-Party bis fünf Uhr morgens

Es war eine nette Party, die wir gefeiert haben am Pool unseres Hotels in Ranchi. Bis 5 Uhr morgens haben wir auf den 5:4-Sieg bei den Rhinos, mit dem wir unsere Tabellenführung in der HIL verteidigen konnten, gebührend angestoßen. Entsprechend verkatert waren wir, als wir am Vormittag wieder zum Flughafen mussten, um nach Delhi zurückzufliegen.

Nach einer Woche auf Auswärtstour muss ich sagen, dass sich die Rückkehr fast schon anfühlte wie ein Nachhausekommen. In unserem Teamhotel haben wir zwar neue Zimmer bekommen, aber die sind genauso gut wie die alten, und mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich, wir fühlen uns wirklich sehr wohl. Überhaupt scheinen wir mit unserem Club einen richtigen Glücksgriff gemacht zu haben. Mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste, der in Ranchi spielt, klagte vor allem über die lästigen Reisen. Da es von Ranchi nur einen Direktflug nach Delhi gibt, müssen die Rhinos immer über Delhi fliegen. Dadurch dauern Auswärtsreisen gern mal zwölf Stunden. Das ist für uns anders, denn von Delhi kommt man überall hin, und das Fliegen ist hier absolut komfortabel. Vom Flughafen zum Hotel sind es im Bus auch nur 20 Minuten. Von daher ist es auszuhalten.

Die "Delhi Waveriders" feiern den 5:4-Sieg gegen die "Ranchi Rhinos" 
mit Nico Jacobi (hinten 3. v. r.) und Oskar Deecke (hinten 1. v. r.)

Da steckt man doch auch locker weg, dass das Klima bei uns bislang einem Gefühl von Winter am nächsten kommt. In Lucknow, Mumbai und Ranchi war es wärmer. Allerdings ist auch das Klagen auf sehr hohem Niveau, denn heute waren auch bei uns in Delhi rund 20 Grad und Sonnenschein. Da lässt sich der Winter aushalten!

Nachdem wir heute komplett ausspannen durften, steht morgen sicherlich wieder Training an, aber natürlich wissen wir noch nicht, wann das sein wird. Aber auch daran, dass hier alles etwas spontaner ist als in Deutschland, haben wir uns längst gewöhnt. Wir wollen morgen den Tag nutzen, um endlich mal ein richtiges Sightseeing in Delhi zu machen. Wir werden uns einen Fahrer nehmen und eine ausgedehnte Stadttour machen. Darauf bin ich schon sehr gespannt. Und am Sonnabendmorgen landen dann meine Eltern in Delhi. Ich bin schon gespannt, wie es ihnen hier gefällt. Jetzt heißt es aber noch fernsehen, denn unsere Konkurrenten spielen heute alle, und das will ich nicht verpassen. Deshalb: Viele Grüße und bis morgen! Euer Nico


23.01.13   Hockey-Kolumne (16)

Nico in Indien: Verrückter Sieg gegen Fürstes Mannschaft

Was ich hier heute beim Spiel in Ranchi erlebt habe, ist nur schwer in Worte zu fassen. Die Atmosphäre war sensationell. Das Stadion, in dem die Rhinos spielen, fasst rund 6.000 Zuschauer, aber ich bin mir sicher, dass mindestens 1.000 mehr drin waren. Es war unfassbar laut, obwohl wir am Ende 5:4 gewonnen und unsere Tabellenführung verteidigt haben. Als wir beim Stand von 4:4 kurz vor Schluss eine Strafecke bekamen, flogen Flaschen aufs Feld und die Fans sind fast durchgedreht. Da konnte man schon erahnen, was los sein wird, wenn die Finalspiele hier ausgetragen werden.

Es war ein tolles Spiel, vor allem in der zweiten Hälfte ging es hin und her. Zur Pause stand es 1:1, nachdem wir durch ein Tor von Gurwinder Singh Chandi in Führung gegangen waren. Nach der Halbzeit gerieten wir in Rückstand, drehten die Partie aber durch zwei Eckentore von Rupinder Pal Singh und einen Treffer von Akashdeep Singh in ein 4:2. Dann allerdings fiel eins der Flutlichter aus, und wir mussten das Spiel zehn Minuten unterbrechen. Die Ranchi-Spieler wollten am liebsten nicht weiterspielen, aber als das Licht wieder da war, ging es weiter, und wir kassierten den Ausgleich. Doch im Gegenzug gab es die Ecke, die die Flaschen fliegen ließ, und unser Niederländer Tim Jenniskens traf mit dem Rebound zum Sieg.

Noch etwas wichtiger als die fünf Punkte war für mich, dass mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste, der bei Ranchi Kapitän ist, kein Tor gegen mich geschossen hat. Darauf werde ich gleich am Hotelpool ein paar Drinks nehmen. Das Wetter ist noch so gut, dass wir auch um Mitternacht noch draußen sitzen können. Unser Franchise-Chef hat eingeladen, und da lassen wir uns natürlich nicht lumpen.

Morgen geht es dann wieder zurück nach Delhi, wo uns drei Heimspiele in Serie erwarten, das erste am Sonnabend um 19 Uhr gegen die Mumbai Magicians. Das bedeutet, dass ich zwei freie Tage habe, die ich gerne nutzen will, um Delhi und seine Umgebung etwas besser kennen zu lernen. Am Freitag kommen außerdem meine Eltern zu Besuch, und wenn mit dem Visum alles klappt, kommt sogar meine Freundin. Dann will ich in der Lage sein, meine Familie schon ein bisschen in der Stadt herumzuführen. Ich wünsche euch einen schönen Abend. Euer Nico!


23.01.13   Hockey-Kolumne (15)

Nico in Indien: Mit Vorfreude gegen Fürstes Rhinos

Bitte entschuldigt, dass ich mich gestern nicht gemeldet habe. Aber wir haben den ganzen Nachmittag verschlafen, nachdem wir morgens von Mumbai nach Ranchi geflogen sind, und dann ist eigentlich nichts mehr passiert. Das wird heute Abend anders, denn wir spielen gegen die Ranchi Rhinos, und Hockey in Ranchi soll etwas ganz Besonderes sein.

Moritz Fürste schaut im Hotelzimmer von Nico Jacobi vorbei

Mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste spielt für die Rhinos. Wir haben ihn gestern getroffen und ein paar Geschichten ausgetauscht. Er erzählte, dass die Stimmung im Stadion unglaublich sein soll. Die Spiele sind nicht nur ausverkauft, es sind sogar viel mehr Leute im Stadion, als eigentlich reinpassen. Mo hat total geschwärmt, und ich freue mich sehr darauf, das zu erleben.

Es war natürlich sehr nett, dass wir gestern ein bisschen Zeit zum Quatschen hatten. Es wird spannend sein, Mo als Gegner zu haben, für mich ist das irgendwie ein komisches Gefühl. Wichtig ist, dass er kein Tor gegen mich schießt! Da haben wir gestern viel drüber geflachst. Ich habe euch auch zwei Fotos geschickt. Eins zeigt das feindliche Rhino auf dem Hotelbett in meinem Zimmer. Das andere ist der Flughafen von Ranchi. Da stand bei unserer Ankunft nur ein einziges Flugzeug, und das war unseres! Daran könnt ihr erkennen, dass es hier eher ländlich ist. Aber mehr konnte ich von der Stadt bislang noch nicht sehen.

Ich melde mich nach dem Spiel, das um 20 Uhr Ortszeit, also um 15.30 Uhr deutscher Zeit, beginnt. hoffentlich mit einem Sieg und ohne Gegentor. Bis später, Euer Nico


21.01.13   Hockey-Kolumne (14)

Nico in Indien: Tabellenführer nach kuriosem Spiel

Was war das bitte für ein verrücktes Spiel heute? Wir haben bei den Mumbai Magicians 6:4 gewonnen und sind jetzt mit drei Siegen und einem Unentschieden Tabellenführer! Aber es war zum ersten Mal ein Spiel, wie ich es häufiger erwartet hatte. Auf die Defensivarbeit wurde irgendwann überhaupt nicht mehr geachtet, alle wollten nur noch Tore schießen. Für unsere Stürmer war es toll, dass sie sich mal so richtig austoben konnten. Für die Abwehrspieler und mich war es nicht so lustig, aber wenn man am Ende die Punkte holt, ist alles gut.

Wir lagen schnell 0:1 hinten, haben dann aber das Spiel bis zur Halbzeit auf 3:1 für uns gedreht. Im dritten Viertel ging gar nichts, wir haben drei Tore kassiert und lagen plötzlich 3:4 zurück. Doch dann haben wir einen grandiosen Endspurt hingelegt, ebenfalls drei Tore gemacht und noch 6:4 gewonnen. Ich muss sagen, dass heute ein Tor schöner als das andere war. Wir haben wirklich eine richtig starke Mannschaft, vor allem sind auch unsere indischen Spieler super. Einer von ihnen, Akashdeep Singh, hat heute doppelt getroffen, die anderen vier Treffer kamen von Ausländern, je eins von Oskar Deecke, Simon Child, Andres Mir und Lloyd Norris-Jones.

Die Stimmung im Stadion war wieder sehr gut, obwohl nur rund 5.000 Zuschauer da waren. Überrascht hat mich, dass viele Fans für uns gejubelt und Fahnen in unseren Vereinsfarben geschwenkt haben. Aber das liegt wohl daran, so haben mir die Inder erklärt, dass die Zuschauer grundsätzlich sehr fair sind. Sie wollen einfach gutes Hockey sehen, und da die Teams alle neu sind, ist noch keine Identifikation mit den Lokalmatadoren da. Wenn Spieler aus Mumbai für andere Teams spielen wie in unserem Fall, dann bekommen sie auch Applaus. Das macht wirklich großen Spaß hier.

Überhaupt muss ich sagen, dass mir Mumbai sehr gut gefällt. Es ist eine tolle Stadt, die "Hollywood Indiens" genannt wird, weil hier die Reichen und Schönen leben. Mein Teamkollege Yuvraj Valmiki, der aus Mumbai stammt, hat mich heute Mittag vor dem Spiel auf eine Stadtrundfahrt eingeladen, das war sehr interessant. Und jetzt wollen wir unseren Sieg auch noch ein bisschen in der Stadt feiern gehen. Als Tabellenführer darf man sich wohl ein paar Drinks genehmigen.

Allerdings werden wir es nicht zu sehr krachen lassen, denn morgen früh geht es schon wieder gegen 5 Uhr zum Flughafen. Wir müssen weiter nach Ranchi reisen, wo wir am Mittwochabend gegen die Rhinos antreten müssen. Das ist der Klub von meinem UHC-Teamkollegen Moritz Fürste. Ich bin sehr gespannt, was uns dort erwartet. Doch davon erzähle ich euch morgen mehr.

Jetzt erst einmal einen schönen Abend! Euer Nico


20.01.13   Hockey-Kolumne (13)

Nico in Indien: Neuer Zimmerpartner in Mumbai

Dritter Tag unserer Auswärtstour, zweite Stadt, und diesmal muss ich sagen, dass ich sehr angetan bin. Mumbai hat sehr schöne, alte Bauten aus der britischen Kolonialzeit. Wir sind in einem wunderbaren Hotel direkt an der Strandpromenade untergebracht und hatten nachmittags etwas Zeit, die Stadt ein wenig anzuschauen. Das Wetter ist schön, rund 25 Grad und Sonnenschein – das lässt sich aushalten.

Nico Jacobi an der Strandpromenade in Mumbai

Trainiert haben wir heute nicht, wir waren nur im Gym und haben ein bisschen Krafttraining gemacht. Morgen früh werden wir den Platz kennen lernen, wo wir morgen Abend um 20 Uhr gegen die Mumbai Magicians antreten müssen. Die kennen wir ja schon, das erste Spiel haben wir 2:1 gegen sie gewonnen. Die sind nach drei Spielen noch ohne Sieg und stehen schon mit dem Rücken zur Wand, deshalb dürfte das morgen ein ziemlich enges und aufregendes Spiel werden.

Ich teile mir hier in Mumbai das Hotelzimmer mit unserem Spanier Andres Mir und nicht mit Oskar Deecke. Die haben hier die Buchung durcheinander gebracht, aber das ist kein Problem, denn wir sind mittlerweile schon zu einer verschworenen Einheit geworden, in der sich vor allem die Ausländer alle gut verstehen. Deshalb ist es auch mal ganz witzig, einen anderen Zimmerpartner zu haben.

Um Kontakt zur Heimat zu halten, habe ich mir heute ein internetfähiges Handy gekauft, damit ich meine WhatsApp-Nachrichten abrufen kann. Wie angenehm das ist, merkt man, wenn man es nicht hat. Bislang habe ich versucht, über Skype mit meiner Freundin oder meiner Familie zu telefonieren, oder mich mit SMS zu verständigen. Aber jetzt bin ich wieder online, habe neben meinem deutschen Handy nun zwei indische Telefone. Da sollte also nichts schief gehen. Und falls doch, dann müssen eben alle dieses Tagebuch lesen ... Viele Grüße, Euer Nico!


20.01.13   Hockey-Kolumne (12)

Nico in Indien: Club-Sandwich und Bierchen

Das erste Auswärtsspiel der Saison bei den Uttar Pradesh Wizards liegt hinter uns, und ich muss zugeben, dass ich froh bin, wenn wir Lucknow heute verlassen und Richtung Mumbai weiterfliegen. Mir hat das ganze Drumherum nicht so gut gefallen. Das Stadion war zwar voll und die Stimmung sehr gut, aber es war alles etwas schäbig. Die Stadt ist eher ländlich geprägt, und grundsätzlich ist alles anstrengender, wenn man auswärts antreten muss. Eine lange Busfahrt zum Stadion, ungewohnte Platzverhältnisse – aber damit müssen ja letztlich alle Teams klarkommen.

Immerhin haben wir 1:1 gespielt, sind weiter ungeschlagen. Es war ein eher langweiliges Spiel, ich hatte wenig zu tun und habe das Gegentor nach einer Ecke kassiert. Für uns hatte unser Neuseeländer Simon Child zum 1:0 getroffen. Insgesamt muss ich sagen, dass wir überraschend gut verteidigt haben.

Vor allem in der zweiten Halbzeit standen wir sehr sicher. Ein Unentschieden bringt jedem Team zwei Punkte, ein Sieg fünf und eine Niederlage mit weniger als drei Toren Unterschied immerhin noch einen Punkt. Und dass wir hier ein Remis mitnehmen konnten, ist ein Erfolg, denn immerhin haben die Wizards fünf Holländer im Aufgebot.

Nun sind wir gespannt, was uns am Montagabend beim Spiel in Mumbai erwartet. Wir werden am Sonntagvormittag dorthin fliegen, der Flug dauert wohl rund 2:15 Stunden, dann nachmittags noch einmal dort trainieren. Danach hoffe ich, wieder die Spiele der Fußball-Bundesliga schauen zu können. Das haben wir gestern im Hotel in Lucknow getan, in Indien werden die Spiele der Bundesliga, der Premier League und der Primera Division live mit englischem Kommentar gesendet. Dazu ein Club-Sandwich und ein Bier – das war ein schöner Abend, der nur davon getrübt wurde, dass mein UHC das Derby gegen Alster verloren hat und kaum noch Chancen auf das Viertelfinale in der deutschen Hallenmeisterschaft hat.

Das ist bitter! Ich melde mich heute Abend aus Mumbai. Viele Grüße, Euer Nico


18.01.13   Hockey-Kolumne (11)

Nico in Indien: Auswärtsreise − alles eine Nummer schäbiger

Verrückt, aber ich muss gestehen, dass ich mich nach knapp zwei Wochen, die ich hier in Indien bin, schon so gut an meine neue Heimat Delhi gewöhnt habe, dass ich die Stadt vermisse, wenn ich nicht dort bin. Das habe ich heute gespürt, denn hier in Lucknow, wo wir am Sonnabend um 11.30 Uhr gegen die Uttar Pradesh Wizards unser erstes Auswärtsspiel bestreiten, ist alles eine Nummer schäbiger.

Wir sind um neun Uhr morgens mit der Inlandslinie Indigo nach Lucknow geflogen, es war ein 45-minütiger, ganz normaler Flug, auch das Flugzeug hatte europäischen Standard. Der Bus allerdings, mit dem wir vom Flughafen abgeholt wurden, war ein Abenteuer. Das Hotel, in dem wir wohnen, ist okay. Das Stadion, in dem wir spielen werden, ist nicht mit dem Standard zu vergleichen, den wir in Delhi genießen. Wir haben heute Nachmittag im Stadion trainiert, mussten eine Stunde mit dem Bus fahren, um dorthin zu gelangen. Der Platz ist nicht gut dort, das Flutlicht reicht nicht aus, um abends zu spielen. Zu allem Überfluss hat es beim Training auch noch ein heftiges Gewitter gegeben. Dennoch bin ich sehr gespannt auf das Spiel und die Stimmung, denn wer weiß, was uns erwartet?

Die Wizards sind vom Papier her eine starke Truppe, sie haben mit Roelant Oltmans einen niederländischen Trainer, der gleich fünf Landsleute im Kader hat. Darunter ist mit Teun de Nooijer der große Star der Holländer, aber auch andere gute Leute wie Jeroen Hertzberger, Wouter Jolie, Sander Baart und Marcel Balkestein, dazu die starken Australier Luke Doerner und Eddy Ockenden. Mal schauen, wie wir dagegenhalten können. Ob ich im Tor stehen werde, weiß ich nicht. Der Trainer sagt zwar immer nette Sachen über mich, aber die Aufstellung erfahren wir kurzfristig. Dennoch rechne ich damit, dass ich spielen darf.

Als Ersatz für unsere beiden nach Hause geschickten Pakistaner werden wir wohl Neuseelands Kapitän Dean Cousins verpflichten. Er soll allerdings frühestens zum Spiel in Mumbai am Montag kommen. Gegen die Wizards hilft morgen dann wohl nur Zauberei. Aber das werden wir sicherlich teamintern besprechen. Jetzt wünsche ich euch eine gute Nacht. Bis morgen, Euer Nico!


17.01.13   Hockey-Kolumne (10)

Nico in Indien: Überleben im Verkehrs-Chaos von Delhi

Eigentlich war heute ja ein Ruhetag angesagt, aber an Ruhe war nicht zu denken, denn mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich hatten die Idee, zu einer Shopping-Mall zu fahren. Also bestiegen wir eines der Taxis, von denen es in Delhi mehr zu geben scheint als Einwohner, und stürzten uns in den indischen Verkehr. Das wichtigste Utensil, was alle Autos oder auch die vielen Motorrad-Rikschas hier haben müssen, ist die Hupe. Da es keinerlei Vorfahrtsregeln zu geben scheint, sondern derjenige zuerst fährt, der zuerst da ist, braucht es die Hupe, um sich bemerkbar zu machen. Denn Rückspiegel sind hier entweder gar nicht vorgesehen oder werden schlicht missachtet. Wenn man als Deutscher hier selber fahren müsste, dann würde man wohl nach ein paar hundert Metern einen Nervenzusammenbruch erleiden.

Weil die Straßen sehr voll waren und Delhi eine große Stadt ist, merkten wir irgendwann, dass wir die Mall nicht mehr erreichen würden, ohne unsere Teilnahme am Nachmittagstraining zu gefährden, und da wir hier nicht wenig Geld dafür bekommen, um Hockey zu spielen, gab es keine andere Alternative als umzudrehen. So sparten wir immerhin Geld, das wir beim Einkaufen auf den Kopf gehauen hätten.

Die Nachmittagseinheit bestand im Wesentlichen aus Krafttraining und Pflege. Unser Funktionsteam ist sehr gut, wir haben einen Teamarzt, einen Masseur und einen Physiotherapeuten, die immer verfügbar sind. Alle drei Inder, sehr nett, sehr kompetent, da gibt es wirklich keinen Grund zu klagen.

Morgen früh werden wir schon um 5 Uhr mit dem Teambus abgeholt und zum Flughafen gebracht. Wir fliegen nach Lucknow, wo wir am Sonnabend um 11.30 Uhr gegen die Uttar Pradesh Wizards spielen. Der Flug dauert wohl nur 45 Minuten. Mal schauen, wie es so ist, in Indien einen Inlandsflug zu machen. Manche berichten von abenteuerlichen Szenen mit lebenden Tieren an Bord, aber wahrscheinlich ist das alles Unsinn.

Großer Unsinn ist es in jedem Fall, dass wir für die Zeit unserer sechstägigen Auswärtsreise unsere Hotelzimmer räumen müssen. Das heißt, wir müssen unser gesamtes Gepäck packen. Zwar müssen wir nicht alles mitnehmen, sondern können es zwischenlagern, aber das Ganze ist trotzdem nervig. Ich hatte gehofft, dass wir das Zimmer für die Dauer der Saison behalten würden. Aber da der Klub auf Reisen ja auch Hotelkosten hat, kann ich das auch irgendwie verstehen.

Heute Abend ist noch ein Teammeeting geplant, auf dem wir besprechen wollen, wie wir auf die erzwungenen Abgänge unserer pakistanischen Spieler reagieren. Alle anderen Klubs haben bereits neue Ausländer verpflichtet, wir hängen etwas hinterher, bräuchten aber dringend noch mindestens einen guten Abwehrmann. Davon müssen wir nun noch unseren Trainer und die Teamleitung überzeugen. Mal schauen! Ich melde mich morgen aus Lucknow. Viele Grüße, Euer Nico

Das Team der "Delhi Waveriders" nach dem 2:1-Sieg gegen die "Mumbai Magicians"


16.01.13   Hockey-Kolumne (9)

Nico in Indien: Politische Krise überschattet den Erfolg

Wir scheinen uns langsam, aber sicher zu Experten für 2:1-Siege zu entwickeln. Nachdem wir am Montag im Eröffnungsspiel 2:1 gegen die Punjab Warriors gewonnen haben, gab es heute im zweiten Heimspiel wieder dieses Ergebnis. Diesmal waren die Mumbai Magicians unsere "Opfer", das Spiel war allerdings recht kurios. In der ersten Halbzeit hätten wir fünf oder sechs Tore machen müssen, aber bis auf ein Eckentor von unserem Spezialisten Rupinder Pal Singh sprang nichts heraus.

In der zweiten Halbzeit gingen wir durch unseren Südafrikaner Lloyd Norris-Jones schnell 2:0 in Front, kassierten aber im Gegenzug per Ecke das 2:1 − und von da an wackelte alles. Ich musste mehrere Großchancen vereiteln und hatte in der letzten Minute noch Glück, als ein Siebenmeter von Innenpfosten zu Innenpfosten und von dort zurück ins Feld prallte. So konnten wir auch diesmal den Vorsprung irgendwie ins Ziel retten.

Die Stimmung unter den rund 7.000 Zuschauern war atemberaubend. Noch eine halbe Stunde nach dem Spiel standen die Fans auf der Tribüne und haben gesungen. Die Lautstärke, mit der sie einen anfeuern, ist wirklich unglaublich. Die gehen voll mit, das ist echt absolut geil.

Ein wenig überschattet wird der Ligastart durch den Streit zwischen Indien und Pakistan, der gerade wieder aufflammt, weil im Grenzgebiet pakistanische Soldaten zwei Inder getötet und den Kopf eines Opfers mit nach Pakistan genommen haben sollen. Danach wurde entschieden, dass alle Pakistani unerwünschte Personen in Indien sind, was zur Folge hat, dass auch alle Spieler, die in den fünf HIL-Teams unter Vertrag stehen, nach Hause geschickt werden müssen. Bei uns sind das Muhammad Rizwan Senior und Muhammad Rizwan Junior, unser Gegner aus Mumbai hatte allerdings gleich vier Abgänge zu verkraften.

Immerhin sollen die Spieler ihr Gehalt bekommen, aber natürlich ist es traurig, dass sie nicht die Chance haben, in dieser Liga zu spielen, und dass der Sport für politische Zwecke missbraucht wird. Die Zeitungen sind voll von Berichten über die Krise, deshalb war es nicht möglich, dass sich die Klubs widersetzen. Jetzt sind unsere Klubeigner natürlich auf der Suche nach Ersatz für die beiden Pakistani. Wir haben noch 50.000 Dollar im Budget, und dem Vernehmen nach sollen zwei Abwehrspieler aus Australien und Neuseeland kommen.

Für mich persönlich war der heutige Tag ein guter, denn ich habe mich heute erstmals nach meiner Darmerkrankung wieder richtig fit gefühlt. Morgen haben wir einen Ruhetag, den wir nutzen wollen, um die Stadt zu erkunden. Am Freitag fliegen wir dann nach Lucknow, wo wir am Sonnabend bei den Uttar Pradesh Wizards spielen. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf mein Bett. Gute Nacht! Euer Nico


15.01.13   HOCKEY-KOLUMNE (8)

Nico in Indien: Ausschlafen nach dem ersten Sieg

Heute habe ich etwas getan, was ich in meiner ersten Woche in Delhi nicht geschafft hatte: Ich habe ausgeschlafen! Nachdem wir im Anschluss an unseren 2:1-Sieg gegen die Punjab Warriors am Montagabend noch ein paar Drinks genommen haben, wurde es doch etwas später. Zum Glück war der Morgen trainingsfrei, und wir haben die Zeit genutzt, um ein bisschen zu chillen.

Für mich war das ganz gut, weil ich so meine Darmprobleme und die Oberschenkelzerrung auskurieren konnte. Es ist zwar noch nicht alles gut, aber ich denke, dass ich morgen Abend um 20 Uhr bei unserem zweiten Spiel gegen die Mumbai Magicians wieder im Tor stehen kann.

Nico Jacobi nach dem Auftaktsieg gegen die "Punjab Warriors"

Heute Abend hatten wir ein kurzes Regenerationstraining, aber natürlich gab es da keine Belastungen, denn jetzt, da die Saison begonnen hat, haben wir so viele Spiele, dass an normalen Trainingsbetrieb gar nicht mehr zu denken ist. So spielen wir am Sonnabend bei den Uttar Pradesh Wizards, am Montag in Mumbai und am Mittwoch bei den Ranchi Rhinos, wo mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste als Kapitän aufläuft. Das wird unser erster Auswärtstrip, und weil wir alle wissen, dass das anstrengend wird, war der Tag heute sehr wichtig, um Kraft zu tanken. In diesem Sinne wünsche ich eine gute Nacht. Euer Nico!


14.01.13   Hockey-Kolumne (7)

Nico in Indien: Auftaktsieg im ersten Ligaspiel

Auftaktsieg! Wir haben es geschafft! 2:1 im ersten Spiel der Hockey India League gegen die Jaypee Punjab Warriors, und das Beste: Mein Zimmerpartner Oskar Deecke hat das erste Tor der HIL-Geschichte geschossen. In der 14. Minute traf er mit einem abgefälschten Schrubber aus spitzem Winkel und brachte uns in Führung. Dafür gab es für ihn eine Sonderprämie von 25.000 Rupien, umgerechnet sind das rund 53 Euro. Das ist doch nicht schlecht!

Unser zweites Tor schoss Gurvinder Singh Chandi neun Minuten später, und ich muss sagen, dass wir in der ersten Halbzeit wirklich sehr gut gespielt haben. Das Niveau ist mindestens vergleichbar mit dem eines durchschnittlichen Bundesligaspiels. Ich hatte meine Durchfallerkrankung zum Glück einigermaßen in den Griff bekommen. Meine Oberschenkelzerrung habe ich mir dick bandagieren lassen, und so konnte ich mitspielen. So etwas will man sich dann ja doch nicht entgehen lassen.

In der zweiten Halbzeit wurde es nach dem Anschlusstor durch den Australier Kieran Govers in der 43. Minute noch einmal echt eng, aber ich fand, dass wir erstaunlicherweise auch in der Abwehr für indische Verhältnisse sehr diszipliniert gestanden haben. Ich habe insgesamt vielleicht sechs Schüsse halten müssen, und angesichts der Eindrücke aus dem Training, wo nur die Offensive zählte, finde ich das völlig in Ordnung. Wir haben den Vorsprung clever über die Zeit gerettet, und ich muss sagen, dass ich von der Leistung des Teams und insbesondere der unserer indischen Spieler sehr angetan war.

Es waren knapp 10.000 Zuschauer im Stadion, so dass es zu rund zwei Dritteln gefüllt war. Die Stimmung war trotzdem atemberaubend. Sobald wir über die Mittellinie kamen, wurden wir frenetisch angefeuert. Die Inder flippen echt total aus. Vor dem Spiel, bei dem auch die anderen drei Mannschaften aus unserer Liga, die erst am Mittwoch in den Spielbetrieb starten, auf der Tribüne saßen, hatte es ein großes Feuerwerk gegeben, das wir leider nicht sehen konnten, weil wir da gerade beim Warm-up waren. Aber zum Glück wurde für unseren Sieg ein weiteres Feuerwerk abgebrannt, und wir wurden mit Beifall verabschiedet. Das hat wirklich Spaß gemacht.

Jetzt ist es schon nach Mitternacht, und wir wollen in unserem Hotel mit den anderen ausländischen Spielern noch ein paar Drinks nehmen. Auch mein UHC-Teamkollege Moritz Fürste, der für die Ranchi Rhinos spielt, ist dabei. Ich freue mich schon, ein bisschen mit ihm über unsere Erlebnisse zu quatschen. Ich muss mal schauen, was mein Magen so verträgt, aber zum Glück haben wir morgen früh frei und erst am Abend eine Regenerationseinheit, bevor am Mittwoch um 20 Uhr bereits das nächste Spiel gegen die Mumbai Magicians ansteht. Mal sehen, ob die Jungs wirklich zaubern können. Viele Grüße, Euer Nico!


13.01.13   Hockey-Kolumne (6)

Nico in Indien: Verletzt vor dem ersten Liga-Auftritt

Jetzt ist es leider doch passiert: Ich habe mir schön den Magen verdorben! Das, wovor mich alle, die Indien kennen, gewarnt haben, ist leider am Sonnabend eingetreten. Mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich haben heftigen Durchfall bekommen uns auf der Toilette abgewechselt. Wo wir uns das eingefangen haben, ist schwer zu sagen, wir haben das Büffet am Freitag im Verdacht, als wir bei unserem Teambesitzer eingeladen waren. Letztlich ist das aber auch egal.

Oskar ging es heute schon wieder besser, ich bin leider noch immer Stammgast auf Klo. Trotzdem habe ich versucht, die Abendeinheit mitzumachen, und das war keine gute Idee, denn zu allem Überfluss habe ich mir auch noch eine leichte Oberschenkelzerrung eingefangen. Jetzt ist mein Einsatz in unserem ersten Ligaspiel morgen Abend gegen die Jaypee Punjab Warriors doppelt fraglich. Nach dem Morgentraining werden wir entscheiden, ob es geht oder nicht.

Auf jeden Fall spüren wir alle, dass die Vorfreude steigt und die Menschen in der Stadt sich freuen, uns spielen zu sehen. Es gibt Gerüchte, dass bis zu 25.000 Fans kommen wollen. Das Problem ist, dass eigentlich nur 16.000 ins Stadion passen. Mal schauen, wie das hier so geregelt wird. Gespielt wird um 20 Uhr Ortszeit. Das Wetter wird dann recht kühl sein. Tagsüber sind derzeit 18 bis 20 Grad, aber abends nicht mehr als zehn. Aber das ist angenehmer als schwüle Wärme.

In der Mannschaft ist die Stimmung gut, wir freuen uns alle sehr darauf, dass die Trainingsphase beendet ist und es jetzt endlich losgeht. Über unseren Auftaktgegner wissen wir eigentlich fast nichts. Ich kenne natürlich ihren Trainer, den früheren australischen Nationalcoach Barry Dancer. Er hat ein paar starke Australier ins Team geholt, darunter Simon Orchard, Kieran Govers und Superstar Jamie Dwyer, der als Topspieler eingekauft wurde. Es wird bestimmt ein interessantes Spiel. Jetzt hoffe ich nur noch, dass ich auch dabeisein kann. Viele Grüße aus Delhi, Euer Nico!


11.01.13   HOCKEY-KOLUMNE (5)

Nico in Indien: Reichtum − beeindruckend und bedrückend

Warum Indien als Land der Gegensätze bezeichnet wird, in dem die Kluft zwischen Arm und Reich so groß ist wie sonst nirgendwo auf der Welt, das konnte ich heute erleben. Wir waren zum Mittagessen zu einem Empfang bei Manpreet Singh Chadha eingeladen. Das ist unser Teambesitzer, seiner Familie gehört die Wave Group, die unserem Team den Namen gibt. Mister Chadha hatte die gesamte Mannschaft und alle Topmanager aus seinem Unternehmen auf sein Anwesen gebeten, das rund eine Stunde Fahrt außerhalb von Delhi liegt.

Oskar Deecke (l.) und Nico Jacobi in den maßgeschneiderten Ausgehanzügen ihres Klubs Delhi Waveriders

Dieses Anwesen ist von einem 20 Meter hohen Zaun gesichert. Auf dem Gelände stehen ungefähr zehn Villen verschiedener Größe, wobei allein das Poolhaus so groß ist wie das Wohnhaus meiner Eltern. Um Mister Chadhas Villa zu erreichen, muss man drei gesicherte Tore passieren. Ich habe noch nie in meinem Leben einen solchen Reichtum erlebt, und ich glaube auch nicht, dass es in Deutschland vergleichbare Anwesen gibt. Das Krasseste ist aber, dass direkt außerhalb des Geländes die Slums beginnen, wo Menschen auf der Straße hausen. Dieser Kontrast ist wirklich sehr beeindruckend – und bedrückend.

Wir hatten zum ersten Mal unsere maßgeschneiderten Ausgehanzüge an, in denen wir ein bisschen so aussehen wie Kapitäne einer asiatischen Fluggesellschaft. Zum Essen wurde uns ein feines indisches Büffet serviert, mit diversen Currys, Lamm und Hähnchen, aber alles, so sagte Mister Chadha, so schwach gewürzt, dass auch wir Europäer es essen konnten. Und das stimmte, besonders scharf war es nicht. Dafür aber sehr lecker.

Überhaupt komme ich mit dem Essen hier bislang sehr gut klar. Natürlich beachte ich die Vorsichtsmaßnahmen, die nötig sind, um sich keine Durchfallerkrankung zu holen. Ich esse nur gut durchgegarte Speisen, keinen Salat, kein Obst. Ich trinke auch keine Elektrolytgetränke, da diese mit Leitungswasser angemischt werden, sondern nur Wasser aus geschlossenen Flaschen. Zum Essen gibt es auch mal eine Cola, aber immer ohne Eiswürfel.

Wir nehmen fast jede Mahlzeit in unserem Hotel ein. Das Frühstück ist sehr ordentlich, es gibt ein kontinentales Büffet mit vielem, was wir Europäer gewohnt sind. Mittag- und Abendessen wird ebenfalls in Büffetform angeboten, und das ist so reichhaltig, dass man jeden Tag etwas anderes probieren kann. Natürlich sind die Gerichte reislastig, es gibt aber auch chinesische Nudeln, dazu diverse Fleischsorten. Und ich bin besonders vom Nachtisch-Angebot fasziniert, das so üppig ist, dass ich leider nur selten daran vorbeikomme. Gestern Abend haben wir uns dann in einer Pizzeria nahe des Hotels zur Abwechslung eine Pizza gegönnt, die auch absolut okay war.

Bevor der Eindruck entsteht, dass ich hier nur am Fressen bin, komme ich noch kurz zum Sportlichen. Heute haben wir wegen der Essenseinladung nur abends trainiert, und weil unser Stadion bereits für das Saisoneröffnungsspiel am Montag hergerichtet wird, haben wir auf dem Nebenplatz trainiert. Allerdings sind mittlerweile bei jeder Einheit Kamerateams und Reporter von Zeitungen vor Ort. Gestern gab es eine Pressekonferenz, auf der die Starspieler des Teams vorgestellt wurden. Mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich sind die beiden ausländischen "Stars", dazu kommen noch drei Inder. Es wurden Fotos von uns gemacht, die als riesengroße Poster in der ganzen Stadt ausgehängt werden. Man spürt, dass langsam die Begeisterung und das Interesse wachsen.

Gestern Abend hatten wir unser erstes Trainingsspiel gegen eine Regionalauswahl des Bundesstaates Punjab. Wir haben 4:2 gewonnen und phasenweise schon richtig ordentlich gespielt. Ich habe mich mit meinem Ersatzmann Pirmin Blaak abgewechselt, allerdings hat unser Coach mir signalisiert, dass ich die Nummer eins bin und die meisten Spiele machen werde. Morgen spielen wir noch einmal gegen die gleiche Mannschaft, es ist unsere Generalprobe, bevor es am Montag gegen die Jaypee Punjab Warriors in der Liga ernst wird. Ich bin gespannt, ob wir morgen schon eine Weiterentwicklung zeigen können. Jetzt freue ich mich aber auf mein Bett – und hoffe, dass mein UHC gleich das Lokalderby beim HTHC gewinnt. Alles Gute, Euer Nico!


09.01.13   HOCKEY-KOLUMNE (4)

Nico in Indien: Taschengeld für die müden Sportler

Heute habe ich leider kaum Zeit für einen ausführlichen Bericht, und das hat zwei Gründe: Zum einen hatten wir heute ein erstes Treffen mit dem Chef unseres Franchisenehmers, der Wave Group. Dabei haben wir auch erstmals über die taktische Ausrichtung des Teams geredet, außerdem haben wir unsere offiziellen Trainingsanzüge bekommen. Die maßgeschneiderten Ausgehanzüge sollen morgen folgen.

Zum anderen bin ich aber auch sehr müde, denn das Training war heute wirklich hart. Wir haben morgens drei Stunden trainiert und abends noch einmal eine lange Einheit absolviert. Ich fühle mich wie auf einem Lehrgang mit der Nationalmannschaft, wo man auch nicht mehr sieht als Trainingsplatz und Hotel. Aber das ist ja verständlich, schließlich haben wir nur eine sehr begrenzte gemeinsame Zeit, um uns auf das Auftaktspiel am Montag vorzubereiten. Morgen wird es ein Pressetraining mit anschließender Pressekonferenz geben. Da bin ich mal gespannt, was die indischen Journalisten so wissen wollen.

Zwei gute Nachrichten gab es heute auch: Das Wetter ist besser geworden, nach dem Morgentraining konnten wir sogar ein paar Minuten in der Sonne sitzen. Es ist auch nicht mehr so kalt, ich würde schätzen, dass wir tagsüber an die 15 Grad hatten, und abends kühlte es auch nicht so schnell ab. Noch schöner war aber, dass wir unser erstes Taschengeld bekommen haben! Das Gehalt wird in vier Tranchen auf das Konto überwiesen, aber jeder Spieler erhält zusätzlich noch ein Taschengeld von 50 Dollar pro Tag. Heute haben wir den Umschlag für die ersten sieben Tage bekommen, und da gab es bei einigen doch leuchtende Augen!

Den geplanten Stadtbummel mit Besuch einer Shisha-Bar haben wir trotzdem abgesagt. Alle sind zu müde. Ein indischer Teamkollege hat aber angekündigt, eine Shisha ins Hotel mitzubringen. Dann können wir vielleicht noch in einem Zimmer gemütlich den Abend ausklingen lassen.

Mit meinen Gedanken bin ich jetzt allerdings in Hamburg, wo mein Verein, der UHC, heute das Stadtderby gegen den Club an der Alster spielt. Möge das richtige Team gewinnen! Euch einen schönen Abend, Euer Nico!


08.01.13   HOCKEY-KOLUMNE (3)

Nico in Indien: Sonnenkönig Sardar überstrahlt alle

Die aus meiner Sicht traurigste Nachricht des Tages will ich gleich zum Einstieg meines heutigen Tagebuchs loswerden. Leider hat sich mein UHC-Teamkollege Oliver Korn gegen das Angebot entschieden, als Nachrücker für den verletzten Niederländer Taeke Taekema in mein neues Team zu wechseln. Das finde ich sehr schade, denn natürlich hätten mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich uns sehr gefreut, einen dritten Deutschen bei den Delhi Waveriders zu begrüßen.

Stattdessen kommt der Holländer Tim Jenniskens zu uns, der bei den Olympischen Spielen in London genau wie ich Ersatzspieler war. Er ist ein sehr guter Abwehrspieler, und dementsprechend freue ich mich über seinen Zugang, denn im heutigen Training ist mir wieder einmal klar geworden, dass wir gute Abwehrspieler dringend benötigen. Wir hatten zwei harte Einheiten, vormittags gab es rund zwei Stunden Torschusstraining, und abends haben wir mit acht gegen acht dreimal 17,5 Minuten auf Großfeld gegeneinander gespielt. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich im Tor gelangweilt hätte, denn obwohl sechs Spieler weniger als normal auf dem Feld standen und die Jungs ganz schön viel laufen mussten, gab es sehr viele Torszenen.

Die "Delhi Waveriders" mit Nico Jacobi (hinten 5. v. r.) und Oskar Deecke (vorn 1. v. l.)

Ich bin allerdings sehr positiv davon überrascht, dass die Mitspieler, vor allem die indischen, sehr offen für Anregungen sind und auch die Bereitschaft zeigen, sich auf Neues einzulassen. Mit Rupinder Pal Singh habe ich einen sehr starken Innenverteidiger vor mir, der mich schon mehrfach um meine Meinung gefragt hat und sich Tipps geben lässt, was er verbessern kann. Eine Struktur in der Mannschaft ist schon jetzt, am dritten Tag unseres Abenteuers, klar erkennbar. Über allen strahlt Sardar Singh, unser Sonnenkönig. Er ist Indiens Superstar und der teuerste Spieler der Hockey India League. Das Gute ist aber, dass er sich das nicht anmerken lässt. Er ist unglaublich nett und hilfsbereit, hat immer ein offenes Ohr und versucht, sich für die Belange der Mitspieler einzusetzen. Oskar und mir hat er schon angeboten, dass er uns zum Taj Mahal, das etwa drei Autostunden entfernt liegt, mitnehmen will. Und morgen Abend will er uns in der Stadt eine schöne Shisha-Bar zeigen.

Um Sardar dreht sich alles, er ist der Mittelpunkt der Mannschaft. Dazu gibt es noch drei, vier weitere Inder, die zum Führungszirkel gehören, und dann sind da noch die Ausländer, von denen ebenfalls erwartet wird, dass sie Führung übernehmen. Die Verständigung auf Englisch klappt sehr gut, die Inder, die internationale Erfahrung haben, sprechen ein sehr gut verständliches Englisch. Diejenigen, die bislang nur in Indien und nicht im Nationalteam gespielt haben, haben allerdings auch kein Problem, weil unser Trainer Ajay Kumar Bansal im Training alles immer erst auf Hindi erklärt. Der einzige, für den es schwer werden dürfte, ist unser Spanier Andres Mir, der erst morgen einfliegt. Er spricht nämlich weder Englisch noch Hindi. Das wird spannend.

An zwei Dinge müssen Oskar und ich uns noch gewöhnen. Zum einen wird hier jeden Morgen vor dem Training gebetet, dann stellen sich alle Hindus im Kreis auf, fassen sich an den Händen und bitten um göttlichen Beistand. Wir anderen schauen ihnen dabei zu. Zum anderen gibt es leider keine verlässliche Planung für einige Tage im Voraus, wie wir es aus unseren Vereinen oder dem Nationalteam gewohnt sind. Wann Training ist, erfährt man mit viel Glück am Vorabend, oft aber auch erst beim Frühstück oder durch einen morgendlichen Anruf von Sardar oder vom Trainer. Damit keiner von uns Ausländern eine Einheit verpasst, haben wir eine What's-App-Gruppe gegründet, um uns gegenseitig zu informieren. Das klappt bislang sehr gut. Und wir lernen, dass nicht immer alles perfekt sein muss. Ich wünsche Euch einen schönen Abend und melde mich morgen wieder. Euer Nico!


07.01.13   HOCKEY-KOLUMNE (2)

Nico in Indien: Wo Olympiasieger Millionäre werden

Die, die Indien kennen, hatten es mir im Vorfeld gesagt: Manchmal muss man in puncto Organisation ein paar Abstriche machen. Man darf niemals erwarten, dass die Dinge so reibungslos funktionieren, wie wir es in Deutschland gewohnt sind. Heute, am zweiten Tag meines Indien-Abenteuers, habe ich die erste Kostprobe davon bekommen. Das Abendtraining in unserem Stadion musste abgesagt werden, weil aus nicht näher benannten Gründen das Flutlicht nicht eingeschaltet werden durfte!

In diesem Stadion trägt Nicolas Jacobi mit seinen neuen Kollegen die Heimspiele der Delhi Waveriders aus

Ich habe die unverhoffte Freizeit genutzt, um im Kraftraum meines Hotels ein bisschen für mich zu trainieren. Den ersten Eindruck davon, wie unser Sport hier in Indien interpretiert wird, hatte ich allerdings schon beim Vormittagstraining gewinnen können. Wir haben ein Trainingsspielchen gemacht, und schnell wurde klar, dass die Inder von Verteidigung wenig halten. Das Spiel ist eindeutig auf Offensive ausgelegt, und dort kommt es eher darauf an, Kabinettstückchen zu zeigen, als kontrolliert anzugreifen. Es fielen eine Menge Tore, zu meinem Glück die meisten davon bei meinem Gegenüber Pirmin Blaak, der im niederländischen Nationalteam die Nummer zwei ist. Gut, es war erst das erste Balltraining, und es wird sich sicherlich noch einiges ändern. Aber die Grundausrichtung ist klar, und ich denke, dass ich mich in den Spielen nicht über zu wenig Arbeit werde beklagen müssen.

Am Sonntagabend hatten wir ein kurzes Treffen mit unserem Teammanager, außerdem waren mein Zimmerpartner Oskar Deecke, unser Australier Matthew Gohdes und ein paar der einheimischen Führungsspieler, darunter Indiens Superstar Sardar Singh, dabei. Wir erfuhren unter anderem, dass wir alle Auswärtsreisen per Flugzeug absolvieren, was mich sehr beruhigt hat, denn ich habe über die anstrengenden Bustouren durchs Land einiges gehört. Dass die uns erspart bleiben, finde ich super!

Außerdem will der Klub unbedingt meinen UHC-Teamkameraden Oliver Korn als Ersatz für den verletzten Holländer Taeke Taekema verpflichten. Allerdings hat Olli sich bis Dienstag Bedenkzeit erbeten. Ich hoffe sehr, dass er sich für das Angebot entscheidet. Es wäre schön, noch einen weiteren Deutschen hier bei uns zu haben.

Allerdings muss ich sagen, dass die indischen Mitspieler bislang einen sehr netten und aufgeschlossenen Eindruck machen. Heute haben sie Oskar und mich gefragt, wie das war mit dem Olympiasieg in London, und sie wollten wissen, was wir für die Goldmedaille bekommen haben. Als wir ihnen sagten, dass pro Spieler 15.000 Euro ausgezahlt wurden, da haben sie uns ausgelacht! Wenn Indien olympisches Gold geholt hätte, dann wären alle Spieler jetzt Millionäre, haben sie gesagt. So viel zum Stellenwert des Hockeys in diesem Land. Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Erfahrungen und werde euch bald ein wenig mehr über meine neuen Mitspieler berichten. Bis dahin alles Gute! Euer Nico


06.01.13    HOCKEY-KOLUMNE (1)

Nico in Indien: Kaltstart ins heiße Abenteuer

Seit 18 Stunden bin ich jetzt in Delhi, der Hauptstadt Indiens, und mein erster Eindruck ist: kalt! Mit einem Temperaturdurchschnitt von 14,5 Grad soll der Januar zwar der kälteste Monat des Jahres sein, aber derzeit haben wir nicht einmal zehn Grad, und das hat mich doch etwas verwundert. Als wir heute Nachmittag den ersten Stadtbummel gemacht haben, habe ich mir richtig einen abgefroren!

Mein Nationalmannschaftskollege Oskar Deecke, der ebenfalls in Delhi spielt, und ich sind am Sonnabendmorgen von Hamburg nach Zürich geflogen und von dort siebeneinhalb Stunden weiter nach Delhi, wo wir am Sonntagmorgen um 1 Uhr Ortszeit gelandet sind. Vom Flughafen ging es direkt in unser Hotel "The Park", das mitten im Stadtzentrum dieser Elf-Millionen-Einwohner-Megacity liegt. Oskar und ich bewohnen ein Doppelzimmer, und wir werden für die gesamte Dauer unseres Aufenthaltes hier leben. Der erste Eindruck ist absolut positiv, es ist ein sehr schönes Viereinhalbsterne-Hotel, und wir waren so frei, am ersten Morgen in Indien bis 11 Uhr zu schlafen.

Nachverpflichtung von Oliver Korn?

Danach sind wir mit dem Shuttlebus abgeholt und zum Stadion gebracht worden. Die Fahrt dauert, je nach Verkehrsaufkommen, zehn bis 20 Minuten, für uns steht immer ein Bus zur Verfügung, so dass wir nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. Im Stadion haben wir mit den Spielern, die schon da sind, ein leichtes Aufwärmtraining gemacht. Bislang ist allerdings erst ungefähr die Hälfte des Kaders da, der Rest trifft am Montag ein. Leider hat sich der Niederländer Taeke Taekema verletzt und wird nicht kommen. Das ist allerdings die Chance für meinen UHC-Teamkollegen Oliver Korn, der bei der Spielerauktion im Dezember nicht ersteigert worden war. Die Teameigner wollen unbedingt noch einen Ausländer nachverpflichten, und Olli ist einer der Kandidaten. Wäre natürlich super, wenn er kommt!

Auch unseren Cheftrainer, Doktor Ajay Kumar Bansal, haben wir kennen gelernt, er hatte allerdings wenig Zeit für uns, weil noch Organisatorisches zu klären war. Die erste Einheit mit ein bisschen Laufen und einem Stretchingprogramm hat sein Assistent geleitet. Meine indischen Mitspieler scheinen alle nett zu sein, aber auch sehr zurückhaltend, fast schon schüchtern. Mit einigen von ihnen waren Oskar und ich nach dem Training noch in der Stadt, und da haben wir schon ein wenig mehr über das erfahren, was uns in den nächsten Wochen erwartet.

Heute Abend ist allerdings noch ein Teamessen angesetzt, wo wir unsere Manager und die Chefs vom Franchisenehmer Wave Group kennen lernen und in alle organisatorischen Dinge eingeweiht werden sollen. Darüber werde ich euch in meinem nächsten Beitrag mehr berichten. Bis dahin viele Grüße aus Indien!


Jacobi startet in das Hockey-Abenteuer in Indien

Der Torwart des UHC spielt einen Monat für die Delhi Waveriders

Aus "Hamburger Abendblatt" vom 05.01.2013
 

bj - Für Besinnlichkeit war in Nico Jacobis Weihnachtsurlaub kein Platz. Während sich viele Teamkollegen auf den Wiederbeginn der Hallensaison am 9. Januar einstimmten, galt es für den Hockey-Nationaltorwart vom Uhlenhorster HC, elementare Dinge zu erledigen. Impfungen gegen Hepatitis und Tollwut brauchte er wie ein Visum und Flugtickets. Im Internet informierte er sich über die besten Mittel gegen Durchfall. Wenn der 25-Jährige an diesem Sonnabend über Zürich nach Delhi fliegt, dann hat er alles getan, um sich gut vorzubereiten. Ein Abenteuer wird seine Reise nach Indien dennoch.

Nico Jacobi ist einer von drei Deutschen, die vom 14. Januar bis 10. Februar in der neuen Hockey India League (HIL) spielen. Fünf Teams, gesponsert von indischen Großunternehmen, treten im Modus "jeder gegen jeden" je dreimal gegeneinander an, gefolgt von Halbfinale und Finale. Weil die Bezahlung für Hockey-Verhältnisse astronomisch ist, ist die HIL ein Sammelbecken der Stars, auch Welthockeyspieler Moritz Fürste (Ranchi Rhinos) ist dabei.

Bei der Versteigerung am 16. Dezember wurde Jacobi für 50.000 US-Dollar Gehalt zu den Delhi Waveriders transferiert. Franchisenehmer ist der Multikonzern Wave Group (Zucker, Papier, Immobilien), der seinen Einstieg in den Profisport schaffen will. "Es war seltsam, wie eine Ware auf dem Basar behandelt zu werden", sagt Jacobi. An das Gefühl, erstmals in der Karriere ein Gehalt für die Ausübung seines Sports zu beziehen, müsse er sich noch gewöhnen. Das dürfte das kleinste Problem sein. Welche Herausforderung das feuchtwarme Klima, ungewohnte Nahrungsmittel und die strapaziösen Busreisen an Europäer stellen, erfuhr 2012 Jacobis früherer UHC-Teamkollege Philip Sunkel, der in der Konkurrenzliga WSH spielte. Er nahm mehrere Kilo ab und kehrte "mental und körperlich völlig ausgelaugt" zurück.

Jacobi, der laut Vertrag in einem Viersternehotel wohnen wird, schreckt das nicht ab. Er freut sich auf die Herausforderung, in einer mit Weltstars gespickten Liga zu spielen. Was ihn vor Ort wirklich erwartet, kann er nicht einschätzen. 2009 spielte der gebürtige Mainzer mit der Nationalmannschaft ein Turnier in Indien, Land und Leute lernte er dabei jedoch nicht kennen. Genau das will er nun nachholen. Neben neun weiteren Ausländern, darunter der seit Langem in Krefeld spielende Hamburger Oskar Deecke, Hollands Eckenspezialist Taeke Taekema und Neuseeland-Torjäger Simon Child, stehen 14 Einheimische in Delhi unter Vertrag, auch Indiens Star Sardar Singh.

Der Trainer der Mannschaft ist der einzige einheimische Coach in der HIL. Gesprochen wird Englisch. Wie gut die Abstimmung und das Zusammenspiel funktionieren, obwohl die Mannschaft am Sonntag und damit nur acht Tage vor dem Eröffnungsspiel gegen die Punjab Warriors erstmals gemeinsam trainiert, bleibt ebenso abzuwarten − wie vieles andere auch.