"Ich würde das Turnier am liebsten
noch mal wiederholen", sagt die 20 Jahre alte Hanauerin. Und denkt dabei
bestimmt eher an das Halbfinale und ans Spiel um Platz drei als an die zweite
Vorrundenpartie gegen die Gastgeberinnen. "Das war echt schlimm. Man zweifelt an
seinen Fähigkeiten und hatte zudem fast das Gefühl, die Holländer lachen über
einen", so Krauss zum 2:10-Debakel in ihrem 48. Länderspiel. Da die Auswahl von
Bundestrainer Marc Herbert (Hamburg) mit Polen und Weißrussland keine Mühe
hatte, stand das Halbfinale gegen Spanien nicht infrage. Doch hier, wie später
gegen England, setzte es jeweils arg unglückliche 2:3-Niederlagen, sodass es
ohne Medaille nach Hause ging. Dass das niederländische U21-Team im Endspiel
Spanien ebenfalls deklassierend 9:1 schlug, kommentiert die angehende Studentin
der Sport- und Erziehungswissenschaften an der Frankfurter Goethe-Universität
auf ihre Weise: "Ich weiß nicht, was die genommen haben."
Die Hoffnung auf eine
Leistungssteigerung hatten Marilena Krauss vor fünf Jahren dazu bewogen, sich
von ihrem Heimatverein abzunabeln und fortan eine knapp 50 Kilometer lange
Anfahrt zum RRK auf sich zu nehmen. "Das hat überwiegend meine Mama übernommen,
zum Teil drei Mal pro Woche. In Frankfurt gab es keinen Bundesligisten, sonst
wäre ich unter Umständen auch dort gelandet", sagt Krauss. Obwohl sie beim
Hanauer THC mit Krummstock und Hartplastikball hantiert, "seit ich laufen kann"
und Opa, Papa wie Bruder ebenfalls der dortigen Hockeysparte angehören, waren
keine großen Überredungskünste notwendig: "Ich war von Lisa Jacobi schon als
Landestrainerin begeistert. Sie ist sehr vielseitig, und in Rüsselsheim hat sie
mir dann weitere gute Dinge beigebracht. Es war auf jeden Fall ein enormer
Schritt für mich, zumal ich lernen musste, meinen Tag gut zu strukturieren."
Von ihrer kontinuierlichen
Weiterentwicklung profitiert seither auch der Ruderklub: "Sie hat zweifellos
Qualitäten als Stürmerin, einen sehr guten Zug zum Tor und ist mit Vor- und
Rückhand gleich gefährlich. Sie kann ein echter ,Knipser‘ werden", sagt Benedikt
Schmidt-Busse. Der RRK-Chef- und DHB-Assistenztrainer sieht gleichwohl
Entwicklungspotenzial: "Sie muss noch konstanter werden und ihre Defensivarbeit
verbessern. An einem schlechten Tag verschwindet sie schon mal in der Versenkung
und scheut manche Zweikämpfe." Schmidt-Busse führt dies auf den Unfall gegen
Wettingen zurück, was Krauss einräumt: "Es ist viel besser geworden, kommt aber
noch vor."
Daran, dass sie sich lieber draußen
als drinnen ("Das ist mir zu brav und zu taktisch. Man hat keinen Platz und darf
den Ball nicht hoch spielen.") mit dem runden Spielobjekt beschäftigt, hat weder
die schmerzvolle körperliche Erfahrung gegen den Schweizer Rekordmeister noch
die seelische in den Niederlanden etwas geändert. Acht EM- und insgesamt 41
Länderspieltore können sich sehen und haben zumindest gewisse Hoffnungen auf den
A-Kader reifen lassen: "Laut Bundestrainer Herbert zeichnet mich ein gewisser
Spielwitz aus und im A-Kader gibt es ja gerade einen ziemlichen Umbruch. Aber
der Aufwand, der dort betrieben wird, ist natürlich enorm." Ergo blickt sie
zunächst eher in Richtung 2013, wenn die U21-WM ansteht. Ein Ausrichterland wird
noch gesucht, nachdem Indien kein Thema mehr ist. Schweiz und Niederlande stehen
nicht zur Disposition.