MSp portraitiert
Rüsselsheims
Hockey-Nationalspieler
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Über Mitglieder des
RRK (1969)
Martin Müller |
Martin Müller und das
"negative Doping" von Nürnberg
Der
Dennoch-Sieg, der große Freude bereitete ‒ Viele Gemeinsamkeiten mit
Rainer Seifert ‒ Müller zog Hockey dem Rudern vor ‒ Abschluss als
Maschinenbau-Ingenieur erhofft ‒ Zusätzliche Laufarbeit in der Woche
Von Helmut Zimmermann (aus "Main-Spitze"
vom 07.03.1969) |
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Auf dem Spielfeld bestechen die beiden Rüsselsheimer Hockeyspieler Rainer
Seifert und Martin Müller durch glänzend Harmonie und ihr bisweilen "blindes"
Verständnis auf dem linken Flügel. Viele Gemeinsamkeiten jedoch haben die beiden
Youngster auch in ihren Angaben zur Person, ihrem sportlichen Werdegang, ihrem
Privatleben und ihren Zielen, so dass es nach einem Portrait von Seifert gar
nicht mehr ganz leicht fällt, Martin Müller in ein wenig abweichender Form
halbwegs korrekt abzuhandeln.
Auch Martin Müllers Stern ging in der Endrunde der deutschen
Feldhockeymeisterschaft 1968 auf. Bereits beim sensationell hohen 6:1(2:1)-Sieg
beim Berliner HC ließ er zusammen mit seinem Flügelkollegen von der rechten
Seite, Jirzik, aufhorchen. Doch so recht aufmerksam wurde eine breitere
Hockey-Öffentlichkeit erst beim Rüsselsheimer Finale, als er beim 4:1(1:1) gegen
den Westzweiten Schwarz-Weiß Köln mit dem zweiten und vierten Tor zwei
entscheidende Treffer beisteuerte. Und dies, nachdem er zuvor in allen sechs
Endrundenspielen 420 und dazu im Endspiel noch 53 Minuten lang ohne Erfolg
geblieben war.
In der Höhe von Font Romeu
Hier beginnen wieder seine Gemeinsamkeiten mit Rainer Seifert. Denn die beiden
hoffnungsvollen Rüsselsheimer Nachwuchsspieler wurden bereit kurz darauf mit
einem Nachwuchsaufgebot des Deutschen Hockey-Bundes zum Training nach Frankreich
in die Höhe von Font Romeu entsandt. Soweit des 20jährigen Werkzeugmachers und
derzeitigen Studenten bisherige Berufungen auf DHB-Ebene, in der
Franz-Schmitz-Auswahl des Hessischen Hockey-Verbandes hatte er 1964 und 1965
zuvor fünfmal gestanden.
Martin Müller (links)
im Kampfgetümmel vor dem Tor von Schwarz-Weiß Köln im Finale um die Deutsche Meisterschaft im
Herren-Feldhockey 1968 am Rüsselsheimer Sommerdamm. Deutscher
Feldhockey-Meister 1968 wird der RRK, auch dank zweier Tore von
Martin Müller. |
Geboren wurde Martin Müller am 30. Oktober 1948 in Rüsselsheim. Wie Seifert kam
er 1954 zum Hockey, doch begann er bereits als Sechsjähriger. Schon die damalige
Knabenmannschaft sah ihn auf dem Linksaußenposten, den er auch heute noch
bekleidet. Mit Jugendmannschaften aller Altersklassen wurde er rund zehnmal
hessischer Meister in Halle und Feld; 1968 kam die Erringung der
Hessenmeisterschaft und des deutschen Feldtitels hinzu.
In seiner durchaus sportbegeisterten Familie schlägt Martin Müller freilich ein
wenig aus der Art. Zwar brachte ihn Vater Hermann als altes RRK-Mitglied dem
Klub nahe, doch gehörte er wie auch Martins Bruder Rudolf der Ruderriege an.
Doch den kleinen Martin zog es mehr zum Hockeysport, in dessen Anfangsgründe ihn
wie so viele RRK-Spieler Fritz Schneider einführte, und auf dessen übermittelten
spielerischen Grundlagen später Spielertrainer Fritz Schmidt weiter aufbauen
konnte.
Müller beschränkte sich nicht auf das wöchentlich zweimalige, in der Saison
meist dreimalige Training mit der Vereinsmannschaft, sondern legt dazu einmal
pro Woche noch zusätzliche Laufarbeit zur Verbesserung der Kondition ein.
Hallen- und Feldhockey spielt er, wie alle Rüsselsheimer, gleich gern, alles
eben zu seiner Zeit.
Schwimmen und Tischtennis
Als Ausgleichssportarten nennt er
‒ wie könnte es anders sein ‒ wie Seifert und
Kraus Schwimmen und Tischtennis, und es ist geradezu beruhigend zu erfahren,
dass
es mit Bowling immerhin noch eine nicht von allen anderen ebenfalls betriebene
Sportart gibt. Die Hobbys sind schlicht und einfach, "Sport und Beruf", für die
der 20jährige jede freie Minute aufwendet. Im Hockey, das ihm bereits
Auslandsreisen nach Spanien und Belgien beschert hat, ist sein Ziel die
Nationalmannschaft, beruflich der erfolgreiche Abschluss als
Maschinenbau-Ingenieur.
Ersteres hat er durch seine Berufung in das Lahore-Aufgebot erst einmal
erreicht, und man kann ihm nur wünschen daß er die gebotene Chance ebenso voll
zu nutzen weiß, wie er zielstrebig der Realisierung seiner beruflichen Pläne
nachzugehen versteht.
Auf eine nette Begebenheit oder Anekdote aus seiner bisherigen Hockeylaufbahn
befragt, erinnert sich Müller an ein Erlebnis, das sich im Hockeylager freilich
nicht gerade selten ereignet. Beim Hallenturnier des 1. FC Nürnberg zu Anfang
1968 also hatten der RRK und der Nürnberger HTC nach je zwei Siegen in den
Samstagsspielen erste Aussichten auf den Gruppensieg und damit den Gesamterfolg.
Kein Grund für eine fidele Hockeygruppe, sich beim abendlichen Turnierball als
Kinder von Traurigkeit zu gebärden. So kamen die RRK-Spieler zu bereits
vorgerückter Stunde denn auch freudig der Einladung des Nürnberger
Nationalspielers Hermann End zu einem Besuch der Weihnachtsfeier im
NHTC-Clubhaus nach. Dort begrüßte man die Gäste mit großem Hallo und
bewirtete sie generös.
Im allgemeinen Trubel jedoch verschwanden still und heimlich die NHTC-Spieler,
im ersten Spiel des nächsten Morgens Gegner der Opelstädter. Bei den
Rüsselsheimern selbst dagegen soll es etwas später geworden sein. Das Erwachen
am Sonntagmorgen war böse.
Schon beim Betreten der Halle sah man beim schadenfrohen Gegner recht belustigte
Gesichter. "Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten", erinnert sich Martin
Müller heute nicht weniger belustigt. "Nach Spielende hatten nämlich nur noch
wir Grund zur ungetrübten Freude. Wir hatten trotz des "negativen Dopings" am
Vorabend mit 5:4 knapp gewonnen und holten uns hinterher auch noch den
Turniersieg."
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