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Über Mitglieder des
RRK (1998)
Jana Schwärzel |
Seit ihrem Debüt immer dabei
Mit intelligenten Pässen glänzte Jana Schwärzel
auch im EM-Siegerteam
Von Andrea Duphorn (aus "Main-Spitze"
vom 10.09.1998)
Die Goldmedaille, die Jana Schwärzel am 15. August mit der U21-Auswahl des
Deutschen Hockey-Bundes (DHB) bei der Europameisterschaft in Belfast
(Nordirland) umgehängt bekam, hat in ihrem Zimmer natürlich einen Ehrenplatz
bekommen. Doch obgleich die defensive Mittelfeldspielerin des Rüsselsheimer RK
mit dem Gewinn des EM-Titels bei den Juniorinnen den größten Erfolg ihrer jungen
Laufbahn feierte, hat ein anderes Ereignis den bislang tiefsten Eindruck
hinterlassen.
"Am meisten habe ich mich über den Gewinn der deutschen Meisterschaft 1996 mit
den A-Mädchen des RRK gefreut. Vielleicht weil das mein erster nationaler Titel
überhaupt war", sagt Jana. Inzwischen blickt sie auf zwei deutsche
Meisterschaften und zwei Europacupsiege mit dem Damenteam des RRK zurück.
Kurz nach dem Triumph mit den A-Mädchen erhielt Jana eine Einladung zum
U16-Lehrgang des DHB in den Osterferien, der zur Vorbereitung auf ein
Sechs-Nationen-Turnier dienen sollte, für das sie gleichfalls nominiert worden
war. Gespielt hat sie dort nicht. Vereins- und Damen-Bundestrainer Berti Rauth
machte seinerzeit auf dem Weg nach Utrecht in Köln kurzerhand halt, dirigierte
die heute 17-jährige in sein Auto und ließ sie beim Europapokal-Wettbewerb der
Pokalsieger im Bundesligateam des Ruder-Klubs Erfahrung sammeln. Nachdem sie in
der Vorrunde und im Halbfinale zu Kurzeinsätzen gekommen war, stand sie beim
5:1-Sieg im Spiel um Rang drei von Beginn an auf dem Platz und wurde für ihre
couragierte Leistung mit der ersten internationalen Medaille sowie einem
Stammplatz in der Bundesliga-Formation belohnt.
"Während andere Nachwuchsspielerinnen in ihrer ersten Bundesligasaison
vielleicht zu maximal drei Spielen kommen, haben wir Jana seit ihrem Debüt nicht
mehr herausgenommen", sagt Thomas Blivier. Für den sportlichen Leiter des
RRK-Damenteams ist die Oberschülerin in vielerlei Hinsicht "eine überraschende
Erscheinung". "Obwohl sie noch so jung ist, strahlt sie auf dem Feld sehr viel
Ruhe aus, hat einen Blick für den Raum und ihre Mitspielerinnen und spielt
intelligente Pässe", so Blivier weiter. Das muss auch dem
Juniorinnen-Bundestrainer Heino Knuf aufgefallen sein. Nachdem Jana bei ihrer
ersten EM-Teilnahme in Nordirland in der Vorrunde und im Halbfinale jeweils nur
zu Kurzeinsätzen gekommen war, stand sie beim 4:2-Endspielsieg im
Siebenmeterschießen über die Niederlande von Anfang an auf dem Platz und scheint
daher den direkten Weg, den sie im RRK-Damenteam genommen hat, nun auch auf
nationaler Ebene fortzusetzen.
Der RRK ehrt 1996 im
Bootshaus seine erfolgreichen aktiven Sportler, natürlich dabei auch die
Hockeymädchen: Andschana Mendes, Nicole Corell, Jana Schwärzel, Ingrid
Stuhlträger, Nina Günther, Lena Schüder und Nicole Loeck. |
Dabei war die zierliche Athletin in Sachen Auswahlteam zunächst alles andere als
eine Senkrechtstarterin gewesen. Erst bei ihrer dritten Teilnahme an einer
Hessenkadersichtung wurde sie für gut genug befunden. "Das war für mich
gewissermaßen die letzte Chance, überhaupt für die U16-Auswahl gesichtet zu
werden", erinnert sich Jana, die es seitdem auf 18 Länderspieleinsätze gebracht
hat. Dass sie dabei in fast jedem Team, in dem sie spielt die Jüngste ist, daran
hat sie sich mittlerweile gewöhnt. Dass in der Statistik, die bei internationalen
Turnieren oder Meisterschaften oftmals in den Programmheften zu finden ist,
unter der Rubrik "Tore" bei ihr noch immer eine Null steht, ärgert sie dagegen
mächtig. „Ich trau' mich oft noch nicht, selbst aufs Tor zu schießen und spiel'
den Ball lieber schnell wieder ab", sagt das Talent, das in Ober-Ramstadt zu
Hause ist.
Diese Uneigennützigkeit hat ihr beim RRK wohl auch den Ruf eingebracht, eine
geborenen Spielmacherin zu sein. Nachdem der Ruder-Klub wohl bis zur Rückrunde
der Hallensaison 1998/99 ohne seine schwangere Spielregisseurin Britta Becker
auskommen muss, soll Jana nun Gelegenheit erhalten, ihre Qualitäten auf einer
zentraleren Position unter Beweis zu stellen. "Manche Leute scheinen mir mehr
zuzutrauen, als ich mir selbst. Ehrlich gesagt, hab' ich manchmal schon ein
bisschen Panik", sagt Jana.
Papa Hans-Georg, unter dem sie bis 1992 bei TSG 46 Darmstadt trainiert hat,
fährt die jüngere von zwei Töchtern dreimal in der Woche zum Training ins rund
40 Kilometer entfernte Rüsselsheim. Wie sie vor rund zwölf Jahren zum
Hockeyspielen gekommen ist, daran kann sie sich gar nicht mehr so genau
erinnern. "Mein Vater hat früher selbst Hockey gespielt und mich wohl ziemlich
oft mit auf den Platz genommen. Mit vier oder fünf Jahren habe ich dann im
Jungenteam der TSG angefangen. Ein Mädchenteam gab's damals noch nicht", sagt
Jana.
Mit Beginn des neuen Schuljahrs ist sie ans Darmstädter Georg-Büchner-Gymnasium
übergewechselt, weil man an ihrer alten Schule zunehmend weniger
Verständnis für die zahlreichen Fehltage aufgrund von Kadermaßnahmen,
Länderspielreisen oder ähnlichem aufbrachte. Zudem habe sie nun auch die
Möglichkeit, Sport als Leistungsfach zu wählen. Was sie später beruflich machen
will, davon hat sie noch keine konkrete Vorstellung. Eines aber steht fest: "Bei
der U18-EM im nächsten Jahr in Belfast wäre ich gerne wieder dabei." Zuvor hat
sie mit dem RRK aber auch noch einiges vor: Nicht weniger als vier Titel sind zu
verteidigen.
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