Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Holger Kraft

 

Holger Kraft

 

 

 

 

Theaterhaus Rüsselsheim

Das Theaterhaus Rüsselsheim ist eine freie, ungebundene Institution, ein loser Zusammenschluss freier darstellender Künstler, das professionell Theaterutopien vermittelt. Das Projekt "Kinder der Revolution" ist ein Anfang.
 

Zahlreiche Rüsselsheimer sind in den letzten Jahren ausgezogen, an den unterschiedlichsten Schulen, Universitäten, Theatern ihr Handwerk zu erlernen. Schauspieler, Regisseure, Dramaturgen, Bühnenbildner; manche davon längst erfolgreich, fest angestellt an Bühnen oder freiberuflich. Die freie Gruppe Theaterhaus Rüsselsheim bündelt mit diesem ersten Projekt diese Kräfte und will künftig in wechselnden Formationen wiederkommen, vor Ort Visionen entwickeln, wie ein Theater der Zukunft aussehen kann: flexibel, intermedial, kontrovers und vor allem künstlerisch nicht statisch. Das Theaterhaus Rüsselsheim sucht die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen, stellt zugleich den Bezug zur Stadt und ihren Bewohnern her; mit scharfem Blick von außen und zugleich einer großen Nähe.

Das Theaterhaus Rüsselsheim sind heute: Der Regisseur Thomas Zielinski, der Schauspieler Holger Kraft und die Schauspielerin Bianca Karger, der Dramaturg Kai Schmidt, der Musiker Kai Beck zusammen. Als Gäste treten auf: René Marik, Sophie Basse und einige Überraschungen. Einmischungen sind erbeten.

Erarbeitete Produktionen: Die am Projekt Theaterhaus Rüsselsheim beteiligten Personen sind seit Jahren überregional aktiv und erfolgreich. Zielinski arbeitete mit Luc Perceval und inszenierte an den Münchner Kammerspielen, Kraft und Schmidt waren z.B. 2005 mit Elke Sommer deutschlandweit auf Tournee, Marik ist regelmäßig im Fernsehen zu besichtigen. (z.B. Pro 7 Quatsch Comedy Club)

Kontakt: Kai Schmidt, Telefon 0176 20017578 kaii.schmidt@web.de – Holger Kraft, Telefon 0177 8866788 holger.kraft@gmx.de

Bankverbindung: "Theaterhaus Rüsselsheim" (Holger Kraft), Rüsselsheimer Volksbank, Konto-Nr.: 21420808, BLZ: 50853000

Vielleicht, das könnte sein, geht von dieser Begegnung ein Widerstand aus. Ein kleines bisschen. Und dann geht das wieder los, mit den Fragen. Warum das alles so ist und nicht anders? Es hätte doch auch alles anders sein können.


Blick hinter die Kulisse der Familie Bin Ladens

"Theaterhaus" feiert Premiere mit "Kinder der Revolution" / Gegensätzlichkeit von Terror und Spaßgesellschaft

Von André Domes (aus "Main-Spitze" vom 21.07.2007) 
 

Mit dem Werktitel "Kinder der Revolution" kommt das "Theaterhaus Rüsselsheim" noch ganz im frühen 70ies-Outfit daher und lockt auch ein bisschen mit dem dazugehörigen Revoluzzer-Pathos. Doch wer am Donnerstag der Premiere des zweiteiligen Theaterabends beiwohnte, der merkte schnell, dass es der Künstlergruppe bei ihrer Doppelinszenierung zum Thema Terror keinesfalls um ein bloßes Aufwärmen der allseits bekannten Ereignisse ging. Im Gegenteil: "Kinder der Revolution" ist hier wörtlich zu verstehen und zeichnet das ambivalente und viel zu selten thematisierte Bild vom Terror der Generation nach der Nachkriegsgeneration.

Aus genau dieser stammen nämlich die derzeit acht Mitglieder des "Theaterhaus Rüsselsheim", das sich als professioneller wie freier, weil nicht formalisierter Zusammenschluss darstellender Künstler begreift und sich zum Ziel gesetzt hat, inhaltliche Theaterarbeit jenseits der Tourneebühnen wieder nach Rüsselsheim zu bringen. Dazu gehört freilich auch die Wahl des Spielortes und die ist, wie auch das Erreichen des selbst gesteckten Zieles, für beide Teile des Abends exzellent gelungen.

Los ging es im Opel Forum, das nicht nur durch seine ursprünglich kapitalorientierte Zweckbestimmung, sondern auch mit seiner technischen Ausstattung beste Vorraussetzungen für den mit "Terror, gestern, heute und morgen" betitelten szenischen Vortrag bot. Sophie Basse, Holger Kraft und René Marik stellten sich, verstärkt durch Assistentin Bianca Karger und Musiker Kai Beck, als Moderatoren einer BKA-Vortragsreihe vor, die sich im Sinne von Infotainment dem Thema Terror widmen wolle. Mit der entsprechenden Multimedialität entwickelte das Trio so ein Panoptikum unterschiedlicher Sichtweisen auf die Materie. Das reichte von Pressekonferenz-artig verlesenen Abrissen über historische Terrorakte über den "Blick hinter die Kulissen" der Familie Bin Laden und den per Playmobil nachvollzogenen Zugriff auf die RAF-Terroristin und Amarenabecher-Fan Eva Haule bis hin zu Einspielern mit einer entlarvenden Straßenumfrage zum Thema Sicherheitsbedürfnis in Rüsselsheims Fußgängerzone. Dass sich bei alldem Ideologie mit Nonsens, Humor mit Phrasendrescherei und Popkultur mit Morbidität zu einem letztlich beängstigend-eigenschaftslosen Stimmungsbild verdichteten, offenbarte die selten so treffend dargestellte Gegensätzlichkeit von Terror und Spaßgesellschaft.

Völlig anders und doch in dieselbe Kerbe schlagend zeigte sich der zweite Teil, für den Ensemble und Publikum in die benachbarte Werkshalle A1 umzogen. Die mit großem Einsatz und wenigen Mitteln inszenierte Groteske "Der Leutnant von Inishmore" des Iren Martin McDonagh machte im Stile eines Tarrantino oder Lynch bizarre Gegensätze und Zwiespälte zwischen unreflektierter Brutalität und emotionaler Einfalt zum Leitthema.


Tiere liebt er aber wirklich sehr

Von Sylvia Staude (aus "Frankfurter Rundschau" vom 23.07.2007)


Am 2. August 1986 wurde die RAF-Terroristin Eva Haule-Frimpong in einem Eiscafé in Rüsselsheim festgenommen. Ein Ereignis, das eine Rüsselsheimer Theatergruppe einfach nicht ignorieren kann, wenn sie sich des Themas Terrorismus annehmen will. Und so tritt Eva Haule nun im Rüsselsheimer Opel-Forum auf – als dunkelhaariges Playmobil-Figürchen, das in einer Playmobil-Eisdiele sitzt und von Playmobil-Polizisten verhaftet wird.

Schauspieler Holger Kraft in der Debüt-Produktion des "Theaterhauses" mit dem Titel "Kinder der Revolution"

"Theaterhaus Rüsselsheim" nennt sich eine Neugründung, obwohl die Akteure über ein Haus nicht eigentlich verfügen, sondern bei Opel Unterschlupf fanden für ihre erste Produktion mit dem Titel "Kinder der Revolution". Den ersten, einstündigen Teil – "Terror, gestern, heute und morgen" – zeigt die Gruppe in einer Art Tagungsraum: Drei Mitarbeiter des Bundeskriminalamts (die Schauspieler René Marik, Holger Kraft, Sophie Basse) laden zum Terrorismus-Vortrag. Von D wie Definition bis L wie Linksextremismus.

Gemeinsam mit den Zuhörern üben sie, wie man El Kaida richtig ausspricht (mit Rachen-Ch, angeblich). Und ein Video dokumentiert, wie durch die Fußgängerzone schlendernde Rüsselsheimer auf die Frage reagieren, ob sie sich sicher fühlen. Und wohin man noch reisen kann, ohne sich in Gefahr zu begeben. Nicht wenige Befragte waren auch der Meinung, dass Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Prinzip auf dem rechten Weg ist. In diesem ersten Aufführungsteil wird auch die Festnahme Haule-Frimpongs in Playmobil-Land nachgestellt, mit entschiedenem Mut zum Slapstick.

Was einem Angst macht, darüber muss man scherzen. Dem Motto scheint auch der zweite Teil des Abends zu folgen. In der Opel-Werkshalle A1, in der es genau so aussieht, wie man sich eine alte Industriehalle vorstellt, spielen Marik, Kraft und Basse sowie Bianca Karger ein kurzes, grelles Stück des 1970 geborenen Iren Martin McDonagh: "Der Leutnant von Inishmore", 2001 von der Royal Shakespeare Company uraufgeführt, ist eine herrlich geschmacklose Komödie, ein bös-bitteres Terroristen-Porträt.

Die "Freiheitskämpfer", die darin auftreten, gründen zum einen alle naselang eine neue Splittergruppe und schießen sich dann gegenseitig nieder; finden zum anderen nichts dabei, Menschen zu foltern (ihnen die Zehennägel auszureißen, zum Beispiel) - brechen aber in Tränen aus, wenn eine Katze ins Gras beißt.

Alles dreht sich im "Leutnant von Inishmore" nämlich um den Kater der psychopathischen IRA-Titelfigur Padraic (Sophie Basse), die er "Wee Thomas" ruft, "Klein-Thomas". Wee Thomas also ist tot, als das Stück beginnt. Und Donny (Marik als Padraics Vater) sowie Davey (Kraft) überlegen, wie sie es dem jungen Psychopathen beibringen. Beziehungsweise, ob sie versuchen sollen, ihm eine mit Schuhcreme geschwärzte Katze als Ersatz unterzujubeln.

Der vonTrauer überwältigte Padraic fände übrigens gar nichts dabei, zur Strafe auch seinen Vater zu erschießen. Es stellt sich aber raus, dass eine andere Splittergruppe Wee Thomas tötete, um den IRA-Leutnant aus seinem Versteck zu locken ....

Zynisch, alles andere als IRA-freundlich und von monty-pythoneskem Humor ist McDonaghs Stück, das "Theaterhaus Rüsselsheim" lässt es unter der Regie Thomas Zielinskis splattern und krachen, zuletzt werden die Toten fachmännisch zerlegt (aber hinter der Couch, keine Angst).

Dieses rabenschwarze "Kinder der Revolution"-Doppel ist ein respektabel respektloser Einstand für eine Truppe, die künftig immer mal wieder - in wechselnder Konstellation - in Rüsselsheim auch über Rüsselsheim reden (und spielen) will. Vielleicht ja so erfolgreich, dass es irgendwann fürs Theaterhaus ein festes Dach über dem Kopf gibt.


"Kinder der Revolution" von Thomas Zielinski

Rüsselsheim: Mit besonderem Interesse schaut der Regisseur auf die aktuell wieder aufflammende Angst vor terroristischen Bedrohungen

Von Andrea Volb (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 05.09.2007)
 

Thomas Zielinski ist in Rüsselsheim aufgewachsen, er lebt in Prag. Als Regisseur hat er mit der Gruppe "Theaterhaus Rüsselsheim" das Stück "Kinder der Revolution" erarbeitet.

Ein Kind der Revolution zu sein, heißt für Thomas Zielinski, als junger Mensch den "Deutschen Herbst" des Jahres 1977, den Terror der RAF, die Demonstrationen an der Startbahn West miterlebt zu haben. Wenn man zu dieser Zeit in Rüsselsheim gewohnt hat, dann ist die Festnahme der Terroristin Eva Haule in der Eisdiele "Dolomiti" vielleicht noch in Erinnerung. Die Stadt im Fokus des BKA, die Gewalttäterin mittendrin in der Marktstraße beim Eisbecher und mit der Schusswaffe in der Tasche.

Thomas Zielinski hat diese Zeit erlebt, und er schaut als Theaterregisseur mit besonderem Interesse auf die aktuell wieder aufflammende Angst vor terroristischen Bedrohungen.

Mit dem Stück "Kinder der Revolution" haben sich in Rüsselsheim unter dem Namen "Theaterhaus Rüsselsheim" Theaterschaffende zusammengefunden, die in der Stadt aufgewachsen sind und inzwischen jenseits ihrer Grenzen arbeiten. Ihre Inszenierung, die im Juli Premiere feierte, wird jetzt wieder aufgenommen. Spielorte sind die Rathaus-Rotunde und die Opel-Werkhalle A 1.

Den ersten Teil "Terror gestern, heute und morgen" entwickelte die Gruppe selbst, man spielt in der Rotunde. Dann wandert die ganze Theatergesellschaft hinüber in die Werkhalle A 1, wo das Stück "Der Leutnant von Inishmore" des Iren Martin McDonagh gezeigt wird. Das geschäftige Schüren der Angst vor Terrorismus hier, die brutal-labilen und bisweilen erbsenhirngesteuerten Gemüter der Terroristen dort: Das eine ist so grotesk wie das andere, meint der Regisseur.

Durch seine tschechische Mutter ist Zielinski zweisprachig aufgewachsen. Nach Abitur und Wehrdienst verließ er Rüsselsheim, um an der Prager Akademie der musischen Künste Theaterregie zu studieren.

Für eine Abschluss-Inszenierung von Biljana Srbljanovics "Familiengeschichten Belgrad" wurde er von der tschechischen Theaterkritik als "Talent des Jahres" nominiert.

Die Kontakte zum Theater bestanden vor dem Studium in der Mitgliedschaft in der Schul-Theater-AG, in einem Praktikum im Schauspiel Frankfurt und durch seine Freunde Holger Kraft und Gerd Zinck, die im Rüsselsheimer Ensemble "Schon geseh’n" mitwirkten. Kraft war es dann auch, der mit der Idee des "Theaterhaus"-Projekts Kontakt zu Zielinski aufnahm.

Nach zweijähriger Regieassistenz an den Münchner Kammerspielen und Regiearbeiten für das Prager Nationaltheater und für Flanderns größte Bühne "Het Toneelhuis" in Antwerpen lebt Zielinski inzwischen mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn in Prag, war dort zuletzt künstlerischer Leiter des Prager Stadttheaters "Rokkoko" und arbeitet derzeit als freier Regisseur.

Von den derzeit sieben Ensemblemitgliedern des "Theaterhaus" stammen neben ihm noch vier aus Rüsselsheim: Die Schauspieler Holger Kraft und Bianca Karger, der Musiker Kai Beck und der Dramaturg Kai Schmidt. Es zieht sie halt immer wieder zurück in die Heimat: Die Stadt sei so hässlich, das schüre die Energie, sich daran abzuarbeiten, meint der Fünfunddreißigjährige. Etwas verändern zu wollen. Es gehe allerdings nicht, hier einfach einen Shakespeare aufzuführen. Theater muss bei Thomas Zielinski einen Bezug haben zur Gegenwart. Den neuen Hang zurück zur Werktreue an deutschen Bühnen beobachtet er mit Sorge. Das Theater ist für ihn ein Gesamtkunstwerk, ganz wie bei Wagner, nur mit den Zeichensystemen und Themen der Zeit. Also wird mit Text und Schauspielkunst genauso gearbeitet wie mit rockiger Musik oder den Mitteln der Nachrichtenmedien. Seine Schauspieler bestätigen ihm ein ausgesprochen glückliches Händchen für den kreativen Prozess in der Gruppe: Es wird viel gelacht bei den Proben, die sich, so die Hoffnung, bald schon um eine neue Produktion drehen.