Aus "Die Zeit" vom
26. September 1969
kw - Im Vorstand
der Continental-Gummi-Werke herrscht Erleichterung. Nach einigem Zögern hat sich
die Hausbank, die Deutsche Bank, bereit erklärt, den Schutzpatron des größten
deutschen Reifenherstellers zu spielen.
Die Aufgabe des
Schutzpatrons: eine Überfremdung durch Ausländer zu verhindern. Denn in den
letzten Monaten hatten große Umsätze in Conti-Gummi-Aktien den Verdacht genährt,
dass eine potente ausländische Gruppe sich für Conti-Gummi interessiert.
Im Juli machte Dr.
Karl Klasen, einer der Sprecher der Deutschen Bank, die ersten Andeutungen über
die Bildung eines "Schutzpaketes". Jetzt hat die Bank wohl eine Beteiligung von
25 Prozent an Conti-Gummi in Händen.
Am 15. September
übernahm die Deutsche Bank ein Paket von gut 10 Prozent des Conti-Kapitals aus
dem Besitz von Georg von Opel, dem bisherigen Aufsichtsratsvorsitzenden des
hannoverschen Unternehmens. Er kassierte dafür rund 80 Millionen Mark.
Weitere 10 Prozent
des Kapitals liegen noch bei anderen Mitgliedern der Opel-Familie. Verbindungen
zwischen den verschiedenen Familien, die zum Teil in der Schweiz leben, bestehen
kaum noch. In Börsenkreisen will man wissen, dass diese Opel-Nachfahren schon
seit langem verkaufsbereit sind, aber bislang vergeblich Ausschau nach einem
Käufer gehalten haben, der bereit war, auf ihre Preisvorstellungen einzugehen.
Die Deutsche Bank
sieht ihr Paket nicht als Dauerbesitz an – eine Formulierung, die schon einmal
gebraucht wurde, als die Bank 1958 die Mehrheit der Hapag übernahm. Das
Aktienpaket ist heute noch im Besitz der Bank.
Auf die Frage,
warum sich gerade Georg von Opel von seinem Conti-Paket getrennt hat, sagt er,
dass er als Vertreter der Aktionäre für eine möglichst hohe Dividende eintreten,
andererseits aber auch im Interesse des Unternehmens für eine hohe
Selbstfinanzierung, gleichzeitig aber auch für angemessene Löhne der Belegschaft
sorgen muss. Der Koordinierung dieser Aufgaben sei er als
Aufsichtsratsvorsitzender nicht mehr gewachsen gewesen.
In Börsenkreisen
heißt es dazu, dass von Opel bei kommenden Kapitalerhöhungen (zur Abwehr eines
unerwünschten Großaktionärs?) sein persönliches Engagement an Conti-Gummi nicht
mehr verstärken wollte.
Zur gleichen Zeit,
da von Opel bei Conti-Gummi abtrat, veräußerte er seine "Volks-Kraftstoff GmbH
Georg von Opel", Frankfurt, an die "Conoco Deutschland Inc.", Hamburg. Der
Preis: 50 bis 55 Millionen Mark.
Die 1956 gegründete
Benzin-Gesellschaft sollte den damals hohen Benzinpreis drücken, um über
preiswerten Kraftstoff das Autogeschäft zu fördern. Georg von Opel ist noch
Komplementär der "Autohaus Georg von Opel KG", Frankfurt, die mit 900
Beschäftigten den Automobilhandel mit Opel- und General-Motors-Fahrzeugen sowie
industrielle Großreparaturen betreibt.
Was von Opel mit
den ihm jetzt zugeflossenen 130 bis 140 Millionen Mark vorhat, blieb bislang
sein Geheimnis. Er will das Geld wieder investieren. Ob im In- oder Ausland, ist
unbekannt.
Die Conoco hat mit
der Übernahme der Volks-Kraftstoff-Organisation einen wichtigen Schritt auf dem
deutschen Markt gemacht. Bisher war Conoco/USA durch die "Sopi Mineralölprodukte
GmbH", München, und die "Conoco Deutschland Inc." vertreten. Beide Firmen
verkaufen ihre Erzeugnisse in der Bundesrepublik und Österreich über 380
Tankstellen.