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Über Mitglieder des
RRK (1993)
Fritz Schmidt |
Aus der Backstube zu den Olympischen
Spielen
Hockey-Idol
Fritz Schmidt wird heute 50 Jahre alt
Von Martin
Krieger (aus "Main-Spitze" vom 19.03.1993)
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Für
ihn ist es (fast) ein Tag wie jeder andere. Wenn sich die Mehrzahl der
Leserinnen und Leser diesen Artikel zu Gemüte führt, ist Fritz Schmidt
bereits einige Stunden auf den Beinen. Wie nach zuvor annähernd 35 Jahren kannte
der Wecker auch heute morgen kein Pardon: Um kurz vor zwei Uhr in der Früh' war
für den Rüsselsheimer Bäckermeister der erste Teil seiner täglichen Schlafration
vorbei. Ob der "Schimmi", wie nicht wenige Rüsselsheimer
das Hockey-Idol des RRK liebe-, aber nicht minder respektvoll getauft haben,
freilich auch diesen Freitag zu seiner obligatorischen "zweiten Mütze"
Nachmittagsschlaf kommt, erscheint eher unwahrscheinlich. Denn: Die Schar der
Gratulanten, die im Laufe des Tages dem beliebten "Schimmi" in seiner Backstube
in der Alte Kirchstraße zwischen Brötchen, Broten und dem speziell angesetzten
Natursauerteig für den nächsten Tag die Hand schütteln wollen, dürfte ziemlich
groß sein. Fritz Schmidt, und wer ihn sieht, wird es kaum glauben, vollendet
heute sein 50. Lebensjahr.
Für viele, die die Sternstunden des Rüsselsheimer Hockeys in den späten
sechziger und siebziger Jahren miterlebten, steht Fritz Schmidts Name
stellvertretend für die Erfolge des RRK-Herrenteams. Vom Gewinn der ersten
deutschen Feldmeisterschaft 1968 am Sommerdamm bis hin zum achten und letzten
Titel 1979 in Mönchengladbach, Fritz Schmidt war als Spielertrainer tatkräftig
dabei. Und erst als die Knochen im "gesegneten" Alter von 40 "Lenze" nicht mehr
so recht wollten, ließ sich die Seele des Rüsselsheimer Spiels notgedrungen auf
die Trainerbank verpflanzen. Den sportlichen Niedergang der RRK-Männer -
inzwischen zweitklassig - konnte auch er nicht verhindern. "Das ist das einzige,
was ich mir vorwerfen muß, daß ich damals zu wenig auf die Nachwuchsarbeit
geachtet habe", so Schmidt heute selbstkritisch.
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Stationen:
Zwischen 1966 und 1985 lenkte "Schimmi"
20 Jahre als Spielertrainer und Trainer die Geschicke des RRK, während
seine von drei Olympischen Spielen gekrönte Karriere als
Hockey-Nationalspieler "bereits" 1977 zu Ende war. |
"Die erste Meisterschaft 1968 hat die größte Bedeutung
für mich", bilanziert Schmidt seine Karriere, "weil ich damals als junger
Spund die erfahrenen Spieler dazu gebracht habe, die neuen Trainingsmethoden
mitzumachen". Lohn war der 4:2-Erfolg über Schwarz-Weiß Köln, den 5500 (!)
Zuschauer im Stadion am Sommerdamm erlebten. Fünf Jahre früher, exakt im
zarten Alter von 19 Jahren, war der damals noch Sportwart genannte
Bundestrainer Hugo Budinger auf das Rüsselsheimer Talent aufmerksam geworden.
Es war der Auftakt zu einer beispiellosen Hockeykarriere, die zunächst im
Fußballtrikot des SC Opel Rüsselsheim und als Kunstspringer begann, und
schließlich mit drei aktiven sowie einer passiven Teilnahme an Olympischen
Sommerspielen gekrönt wurde. Der Stipvisite nach Tokio 1964 - die
bundesdeutsche Mannschaft hatte die interne Ausscheidung gegen die damalige
DDR verloren und Schmidt war als einer von 22 "Härtefällen" als Zuschauer
auserwählt (Schmidt: "Damals habe ich mir geschworen: Da bist du das nächste
Mal auch dabei".), folgten die Enttäuschungen mit Platz vier in Mexiko 1968
sowie Rang fünf 1976 in Montreal. Beim Gewinn der Goldmedaille 1972 in München
kam Schmidt nach einem Bruch des Mittelhandknochens nur in einem Gruppenspiel
zum Einsatz, übernahm aber fortan bis zu seinem letzten Länderspiel 1977 die
Kapitänsbinde.
Obwohl "Schimmi" seit einigen Jahren sein sportliches Wirkungsfeld mehr und
mehr in Richtung Golf (Handicap: 7) verlagert und sich aufgrund zunehmender
beruflicher Verpflichtungen wie auch körperlicher Malaisen am Sommerdamm rar
gemacht hat, will er es in dieser Saison noch einmal wissen. "Weil ich
freitags nicht ins Training kommen kann, haben die mich nicht mitspielen
lassen", beklagt sich Schmidt. Die, daß sind die RRK-Senioren, die in der
Halle ohne ihre "Gallionsfigur" Hessenmeister wurden. Wahrscheinlich wird auch
darüber heute abend kräftig gefachsimpelt, wenn Fritz Schmidt ("Ich feiere nur
einmal, oder wieder mit 100."), ab 18.30 Uhr mit rund 200 Wegbegleitern,
Freunden, Mitarbeitern und seiner Familie im Museumskeller feiert. Wie lange,
das bleibt abzuwarten. Ab 2.30 Uhr warten einige tausend Brötchen auf ihre
Fertigstellung ...
"Main-Spitze" am 22.03.1993:
Fritz Schmidt: Bäckermeister und
Hockey-Kapitän feierte Fünfzigsten
kt. - "Ich feiere nur einmal, oder
erst mit 100 wieder", das sagte das Geburtstagskind am Freitag zur "Main-Spitze"
und genau das schienen auch die geladenen Gäste durchaus zu wissen. Es war, als
wollte sich wirklich niemand die große Geburtstagsfete im Museumskeller entgehen
lassen, die Fritz Schmidt anläßlich der Vollendung seines 50. Lebensjahres
geplant hatte. Bereits um halb sieben konnte der Bäckermeister und ehemalige
Kapitän der Hockey-Nationalmannschaft den Ansturm der Gratulanten kaum noch
bewältigen. Langsam aber sicher versank er in einem Meer von Blumen und für ein
zweites Paar Hände wäre er sicher äußerst dankbar gewesen.
Erst als sich die Gäste langsam
Richtung Buffett umsahen, das natürlich von der hauseigenen Konditorei mit
Unterstützung eines Party-Service gestellt wurde, war Zeit für ein kurzes
Gespräch. "Mit 50 bin ich
noch weit entfernt vom Rentnerdasein," lacht der dreimalige Olympiateilnehmer,
"auch wenn ich die sportliche Herausforderung nun auf dem Golfplatz suche." Erst
recht nicht zurückziehen möchte sich das Idol aus dem Berufsleben, im Gegenteil,
steht doch die Wiedereröffnung der fünften Filiale vor der Tür. So wird dann
auch in Zukunft wie bisher, morgens um zwei die Nacht erst ein mal vorbei sein
für Fritz Schmidt, für den das jedoch kein Hinderungsgrund sein sollte, in der
Nacht von Freitag auf Samstag einmal richtig die Korken knallen zu lassen. Zwar
hatte er, mit Rücksicht auf die eingeladenen Berufskollegen die Party sehr früh
gestartet, aber immerhin war der für rund 200 Personen ausgelegte Museumskeller
ebenso wie die Dixie-Band bis 1 Uhr in der Früh angemietet. Und: Am Samstag
morgen durfte sogar der Chef einmal richtig ausschlafen.
"FAZ" am 20.03.1993:
Herzlichen Glückwunsch Fritz Schmidt!
So hieß es am Freitag im
Rüsselsheimer Museumskeller hundertfach. Jürgen Grabowski (Mitte) hatte seine
Frau mitgebracht, der er dann bei der Gratulation für den 50 Jahre alt
gewordenen ehemaligen Hockeynationalspieler den Vortritt ließ. Den
Fußballnationalspieler von einst und das Rüsselsheimer Idol verbindet seit
Jahren eine gemeinsame Leidenschaft: Golf. Das Interesse an der Sportart, in der
sie jeweils groß geworden sind, ist geblieben, doch der Golfbazillus hat sie
akut und von Dauer erfaßt. Die Mannschaftskameraden von einst und die
Golfgefährten von heute haben Fritz Schmidt hochleben lassen. Als
Mannschaftskapitän des Rüsselsheimer RK war der Bäckermeister die treibende
Kraft einer Elf, die es zu deutschen Meisterehren brachte. Nicht so gern denkt
Fritz Schmidt an die Olympischen Spiele in München zurück, wo ihn ein
Daumenbruch daran hinderte, mitzuhelfen die Goldmedaille zu gewinnen. Jene, die
damals 1:0 über Pakistan siegten, waren gern nach Rüsselsheim gekommen.
Schließlich wurden Erinnerungen an glorreiche Zeiten lebendig.
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